Messe (Wirtschaft)

Messe (Wirtschaft)

Eine Messe (in der Schweiz auch: Salon) im wirtschaftlichen Sinne ist eine zeitlich begrenzte, wiederkehrende Marketing-Veranstaltung. Sie ermöglicht es Herstellern oder Verkäufern einer Ware oder einer Dienstleistung, diese zur Schau zu stellen, zu erläutern und zu verkaufen.

Kunden haben auf einer Messe die Möglichkeit, die Angebote verschiedener Anbieter zu vergleichen und sich ein Bild von der Marktsituation zu machen. Ausstellenden Unternehmen geht es um die Akquise oder die Auffrischung von Kundenkontakten, Steigerung des Bekanntheitsgrades sowie Informationsaustausch. Gesamtwirtschaftlich tragen Messen zu Schaffung von Markttransparenz bei und können regional positive Beschäftigungseffekte auslösen (siehe Umwegrendite).

Neue Messe Leipzig (Juni 2003)

Inhaltsverzeichnis

Begriff und Entwicklung

Der Ausdruck Messe bezeichnet im Kontext mittelalterlicher Geschichte einen einmal oder an mehreren bestimmten Tagen im Jahr abgehaltenen Waren- bzw. Geldmarkt, der sich vom Jahrmarkt durch seine überregionale Bedeutung abhob.

Um für eine ausreichende Nachfrage der angebotenen Handelsgüter zu sorgen, wurden die Messen zunächst meistens mit einem – von der Bevölkerung gut besuchten – kirchlichen Fest verbunden. Dort gedachte man ein- oder mehrmals jährlich in der Regel des Namensgebers beziehungsweise des Schutzheiligen einer Kirche. Hieraus leitete sich der Name vom lat. missa = kirchlicher Festtag ab. Später entwickelten sich die Messen zu einem Anlaufpunkt für den Fernhandel, weshalb sie in der Regel an geographisch besonders günstig gelegenen Orten stattfanden. Den teilnehmenden Kaufleuten wurden häufig Privilegien im Zusammenhang mit ihrer Messeteilnahme gewährt, wie Geleit für die Hin- und Rückreise oder Schutz am Messeort. Von besonderer Bedeutung für die kaufmännische Praxis waren die Messen als Fälligkeitstermine von Krediten, unter anderem im Zusammenhang mit Wechseln.

Einen ersten Beleg für eine Messe liefert eine auf den 9. Okt. 634/635 datierte Schenkung des merowingischen Königs Dagobert I. für Saint-Denis bei Paris. Quellen aus merowingischer oder karolingischer Zeit sind jedoch nur spärlich überliefert. In Flandern fanden die Messen von Torhout (erstmals 1084 erwähnt), Ypern, Lille (beide erstmals 1127 erwähnt), Messines (erstmals 1159 erwähnt) und Brügge (erstmals 1200 erwähnt) statt. Die bekanntesten mittelalterlichen Messen sind die in den Orten Lagny, Provins, Troyes und Bar-sur-Aube veranstalteten Champagnemessen, die sich bis um das Jahr 1300 als Märkte von europäischer Bedeutung behaupteten und die im Spätmittelalter von den Messen in Chalon-sur-Saône, Genf und Lyon abgelöst wurden.

Für den Handel der Hanse waren die seit der Mitte des 12. Jahrhunderts in Skanör und seit der Mitte des 13. Jahrhunderts außerdem in Falsterbo jährlich von August bis Oktober auf einer Landzunge an der Südwestspitze Schwedens abgehaltenen Schonischen Messen von besonderer Bedeutung. Wichtigstes Handelsgut war der im Öresund gefangene Hering, neben dem auch andere Waren aus dem Ostseegebiet wie Holz, Pelze, Wachs und Eisen zum Verkauf gelangten. Das für die Konservierung des Fischs nötige Salz kam aus Oldesloe und Lüneburg oder aus der französischen Baye de Bourgneuf. Im 15. Jahrhundert verloren die Schonischen Messen ihre Bedeutung und entwickelten sich zu reinen Heringsmärkten.

Die Tradition, dass Messen im Frühjahr und Herbst stattfinden, ist in einigen Fällen bis heute erhalten geblieben. Kirchenzentren auf der Messe oder Meditationsräume, die unter anderem Gebetsteppiche zur Verfügung stellen, bringen den religiösen Ursprung wieder ins Spiel.

Begriffliche Differenzierungen

Sachliche Unterscheidungen

Handelte es sich bei Messen ursprünglich um Verkaufsveranstaltungen (Warenmessen), die dem direkten Kauf- und Verkauf von Waren dienten, dominieren heute Mustermessen, auf denen Produkte nur als Muster vorhanden sind und der Informationsaspekt im Vordergrund steht.

Historisch gesehen heißen Orte mit traditionsreichen Universal- und Mehrbranchenmessen häufig Messestadt. Bekannteste Beispiele hierfür sind Leipzig, Frankfurt am Main und Nürnberg. Leipzig führte bis 1945 den Beinamen „Reichsmessestadt“ und wurde auch noch bis 1990, wenngleich inoffiziell, als „Messestadt“ Leipzig bezeichnet.

In der diversifizierten Messewirtschaft haben sich auf einzelne Branchen spezialisierte Messen (Fachmessen) durchgesetzt und traditionelle Mehrbranchenmessen (Universalmessen) wie die Leipziger Herbstmesse weitgehend verdrängt. Allein mit der Hannover Messe besteht noch eine große branchenübergreifende Industrieschau, die jedoch erst 1947 als Konkurrenz zu Leipziger Messe gegründet worden war und somit kein Traditionsmesseplatz ist.

Meistens wird der Begriff Fachmesse nicht zur Abgrenzung von Universalmessen eingesetzt. Vielmehr wird damit in der Regel ausgedrückt, dass sich die Veranstaltung an Fachbesucher richtet, statt an ein allgemeines Publikum, das demzufolge die Zielgruppe einer Publikumsmesse bildet, die auch Besuchermesse oder Verbrauchermesse genannt wird.

Gewerbeordnung (Deutschland)

Nach § 64 Abs. 1 Satz 1 der deutschen Gewerbeordnung (GewO) ist eine Messe eine „im allgemeinen regelmäßig wiederkehrende Veranstaltung“, auf der das „wesentliche Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige ausgestellt und überwiegend nach Muster an gewerbliche Wiederverkäufer, gewerbliche Endverbraucher oder Großabnehmer“ vertrieben wird. In begrenztem zeitlichen Umfang können auch „Letztverbraucher“ zum Kauf zugelassen werden.

Eine Ausstellung (§ 65 GewO) ist nicht unbedingt zeitlich wiederkehrend, jedoch wird das „repräsentative“ (nicht das wesentliche) Angebot eines Wirtschaftszweiges ohne besondere Differenzierung des Publikums ausgestellt und/oder vertrieben.

Ausstellungs- und Messe-Ausschuss (Deutschland)

Nach der Definition des deutschen Messeverbandes Ausstellungs- und Messe-Ausschuss (AUMA) sollte eine Messe sich vornehmlich an Fachbesucher wenden (Fachmesse). Richtet sich die Veranstaltung hingegen vor allem an die breite Bevölkerung, handelt es sich um eine Ausstellung (auch: Publikumsmesse). Ein Beispiel dafür bietet die klare Aufteilung im Bereich Spielwaren. Jedes Jahr Anfang Februar findet in Nürnberg die Spielwarenmesse statt, weltgrößte Fachmesse für Spielwaren-Innovationen. Sie dient dem Einkauf der Handelsunternehmen bei den Herstellern und ist ausschließlich Fachbesuchern zugänglich. Dem steht gegenüber die jährlich Mitte Oktober in den Messehallen Essen/Ruhr stattfindende Publikumsmesse SPIEL, platziert vor dem Weihnachtsgeschäft. Diese ist mit Ausnahme des Donnerstags eine Veranstaltung für die am Gesellschaftsspiel Interessierten in der breiten Bevölkerung.

Die Unterscheidung zwischen Messen und Ausstellungen ist teilweise umstritten, da auch sogenannte Ausstellungen (z. B. die Münchner Systems) häufig einen hohen Fachbesucher-Anteil, andererseits Messen wie die Frankfurter Buchmesse oder die Düsseldorfer Medica häufig zumindest an den Schlusstagen einen hohen Privatbesucher-Anteil haben.

Weitere Unterscheidungsmöglichkeiten

Manchmal wird auch unterschieden zwischen einer Ausstellung als regionaler Veranstaltung, die sich vor allem an privates Publikum richtet und das Angebotsspektrum einer Region statt eines Wirtschaftszweiges zeigt (z. B. Euregio Maas-Rhein), sowie einer Messe als überregionaler Veranstaltung, die das Angebot einer oder mehrerer Branchen präsentiert.

Eine weitere Ebene spiegelt sich in den Begriffen Gewerbeschau und Handelsmesse wieder, bei der zwischen Herstellung und Handel unterschieden wird.

Eine formelle Abgrenzung stellt schließlich die Sonderform einer Hausmesse dar, bei der statt einer Messegesellschaft ein Anbieter, oft ein Großhandelsunternehmen, selbst als Veranstalter auftritt und die von ihm vertriebenen Herstellerfirmen ihre Angebote präsentieren.

Bedeutung und Standorte im deutschsprachigen Raum

Deutschland ist der international führende Standort für Messen und Ausstellungen. Fünf der zehn größten Messegesellschaften der Welt stammen aus Deutschland, zusammen erzielten sie im Jahr 2006 einen Umsatz in Höhe von 2,45 Mrd. €. Jährlich werden zwischen 150 und 160 internationale Messen und Ausstellungen durchgeführt, die von ca. 170.000 Ausstellern genutzt und von 9–10 Mio. Besuchern besucht werden.

Messegelände in Deutschland

Messegesellschaften in Deutschland vermieten das Gelände entweder an Gastveranstalter oder treten selbst als Veranstalter auf. Die großen deutschen Messegesellschaften haben allesamt eine kommunale Gesellschafterstruktur und unterscheiden sich deshalb sehr deutlich von ausländischen, insbesondere amerikanischen Gesellschaften. Beispiele, in denen eine Messegesellschaft nicht selbst als Veranstalter auftritt, sind in Frankfurt am Main die Frankfurter Buchmesse (jährlich), die IAA (jedes zweite Jahr) und die Achema (alle drei Jahre); in Berlin die Internationale Funkausstellung Berlin (jährlich), die Internationale Tourismus-Börse (jährlich), die Grüne Woche (jährlich) und die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung Berlin (jedes zweite Jahr).

Die größten Flächen an Ausstellungshallen

Frankfurter Messegelände
  1. Deutsche Messe, Hannover (496.000 m²)
  2. Messe Frankfurt (345.700 m²)
  3. Koelnmesse (284.000 m²)
  4. Messe Düsseldorf (263.888 m²)
  5. Messe München (180.000 m²)
  6. Messe Berlin (160.000 m²)
  7. Messe Nürnberg (160.000 m²)
  8. Messe Essen (110.000 m²)
  9. Messe Stuttgart (105.200 m²)
  10. Leipziger Messe (103.000 m²) (altes Messegelände: 500.000 m²)

Größte Freiluftgelände

  1. Messe München (253.000 m²)
  2. Mannheimer Maimarkt (210.000 m²)
  3. Messe Bremen (101.200 m²)
  4. Messe Berlin (100.000 m²)
  5. Koelnmesse (100.000 m²)
  6. Messe Frankfurt (95.721 m²)
  7. Deutsche Messe, Hannover (58.000 m²)

Messegelände in Österreich

Die bedeutendsten Veranstaltungsorte für Messen sind:

Messegelände in der Schweiz

Die wichtigsten Messegelände in der Schweiz sind:

Siehe auch

Literatur

  • AUMA (Hrsg.) (2011): Die Messewirtschaft: Fakten, Funktionen, Perspektiven, Berlin
  • AUMA (Hrsg.) (2011): AUMA-Klassifizierung von Messen und Ausstellungen in Deutschland
  • Charles Verlinden: Markets and Fairs, in: The Cambridge economic history of Europe, Band 3: Economic organization and policies in the Middle Ages, hrsg. von M. M. Postan, Cambridge [u.a.] 1963, S. 119–153.
  • J. A. van Houtte: Messe (Handelsmesse), in: Lexikon des Mittelalters, Band 6: Lukasbilder bis Plantagenêt, München 2003, S. 558–560.
  • Kirchgeorg, Manfred/Werner M. Dornscheidt/Wilhelm Giese/Norbert Streck (Hrsg.) (2003): „Handbuch Messemanagement: Planung, Durchführung und Kon-trolle von Messen, Kongressen und Events“, Gabler-Verlag, Wiesbaden
  • Arnold, Dieter (2003): „Erfolgreiches Messemarketing: Veranstaltungstrends – Aussteller-angebote – Messeservices“, expert-Verlag, Reinningen
  • D. S. ter Weiler (2008):>> Messen Machbar Machen >>.........mehr Intelligenz pro m². 4. Aufl. ~ 400 S.+ CD. ISBN 3-540-23556-6. Springer Vlg., Heidelberg. Tlw. übersetzt ins Chinesische und Englische.
  • AUMA (Hrsg.) (2011): Die Messewirtschaft: Bilanz 2010
  • Eduard Philippi (1877): Die Messen der Stadt Frankfurt an der Oder, Frankfurt/Oder 1877

Weblinks

  • Wim Blokmans: Das westeuropäische Messenetz im 14. und 15. Jahrhundert, online abrufbar im PDF-Format.

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