Metin Kaplan

Metin Kaplan

Muhammed Metin Kaplan (* 14. November 1952 in Erzurum) – selbsternannter „Kalif von Köln“ ist ein islamischer Fundamentalist, der in Köln lebte und 2004 in die Türkei abgeschoben wurde.

Kaplan stammt aus der Türkei und kam 1983 nach Deutschland, wo er ab 1992 als Asylberechtigter lebte. Als Nachfolger seines 1995 gestorbenen Vaters Cemalettin Kaplan führte er die radikale Vereinigung Kalifatstaat (siehe auch Islamische Organisationen in Deutschland). 1996 rief er öffentlich zur Ermordung seines politischen Gegners Ibrahim Sofu auf. Nachdem dieser 1997 tatsächlich erschossen worden war, begannen die städtischen Behörden ein Ausweisungsverfahren, welches nach mehreren Gerichtsurteilen am 12. Oktober 2004 mit der Abschiebung endete. Kaplan ist derzeit in einem Typ-F-Gefängnis inhaftiert, nachdem er in der Türkei Mitte 2006 wegen Hochverrats zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist. Wegen des mutmaßlich unfairen Verfahrens in der Türkei und Gefahr der Folter konnte er erst nach langer Diskussion abgeschoben werden.

Kalif“ darf sich nach islamischer Tradition nur das geistliche Oberhaupt des Islams als Nachfolger Mohammeds nennen.

Inhaltsverzeichnis

Aufruf zum Mord

Ein politischer Gegner Kaplans, Halil Ibrahim Sofu - genannt Yusuf Hoca, der sich in Berlin zum Gegenkalifen ausrufen ließ, wurde am 8. Mai 1997 ermordet.[1] Zuvor forderte Kaplan in seiner Verbandszeitung Ümmet-i Muhammed vom 19. Juli 1996 den Tod des Gegenkalifen: „Was passiert mit einer Person, die sich, obwohl es einen Kalif gibt, als einen zweiten Kalifen verkünden läßt? Dieser Mann wird zur Reuebekundung gebeten. Wenn er nicht Reue bekundet, dann wird er getötet.“[2]

Der „Mobilisierungsruf“

Zu einer weiteren Radikalisierung der Bewegung Kaplans kommt es durch einen Aufruf Kaplans vom 14. Mai 1998: „Mobilisierungsruf zum allgemeinen Glaubenskampf[3]

Juristische Verfahren

Aufgrund der oben genannten Ereignisse leitet der Generalbundesanwalt ein Ermittlungsverfahren gegen ihn und andere Personen aus dem Führungskreis des Verbands wegen des Verdachts der Bildung einer terroristischen Vereinigung sowie wegen des Mordes an Ibrahim Sofu ein. Nachdem Metin Kaplan am 25. März 1999 durch Einsatzkräfte der GSG 9[4] in Untersuchungshaft genommen worden war, begann gegen ihn am 8. Februar 2000 der Prozess unter Leitung des Vorsitzendes Richters Ottmar Breidling vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die Kaplan-Bewegung Kontakte zur Hizbullah (Türkei) unterhalten soll. Am 15. November 2000 wurde Kaplan wegen öffentlichen Aufrufs zu einer Straftat zu vier Jahren Haft verurteilt.

  • Am 19. Dezember 2001 forderte Innenminister Otto Schily in einem Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen eine Zusage, dass bei einem möglichen Todesurteil gegen Metin Kaplan die Todesstrafe nicht vollstreckt wird.
  • Am 24. März 2003 endete die Strafhaft für Kaplan. Daraufhin erließ das Gericht zwischenzeitlich einen Auslieferungshaftbefehl, weshalb jener dennoch nicht freikam.
  • Am 27. Mai 2003 wurde Kaplan aus der Haft entlassen, nachdem das Oberlandesgericht die Auslieferung Kaplans an die Türkei abgelehnt hatte und der Auslieferungshaftbefehl aufgehoben worden war.
  • Am 27. August 2003 entschied das Verwaltungsgericht Köln, dass Kaplan in Deutschland bleiben darf. Er habe zwar kein Recht auf Asyl mehr, dürfe aber auch nicht abgeschoben werden, da ihm in der Türkei ein nicht rechtsstaatliches Strafverfahren drohe.
  • Am 17. Oktober 2003 bestätigte das Bundesverfassungsgericht das Verbot der fundamentalistischen Vereinigung „Kalifatstaat“ vom Dezember 2001.
  • Am 4. Dezember 2003 bestätigte das Oberverwaltungsgericht Münster das Kölner Urteil, wonach Kaplan kein Recht auf Asyl habe.
  • Am 11. Dezember 2003 wurden bei einer bundesweiten Razzia rund 1.100 Wohnungen von Anhängern des verbotenen „Kalifatstaats“ durchsucht, darunter auch die Wohnung Kaplans.
  • Am 19. Mai 2004 bestätigte das Kölner Verwaltungsgericht die von der Stadt Köln beantragte Ausweisung Kaplans. Damit wird Kaplan in Deutschland nur noch geduldet und besitzt keine Aufenthaltserlaubnis mehr.
  • Am 26. Mai 2004 entschied das Oberverwaltungsgericht Münster, dass keine schwerwiegenden Hindernisse für die Abschiebung Kaplans vorliegen. Das Amtsgericht Köln erließ darauf einen Haftbefehl auf Antrag der Stadt Köln.
    Kaplan wurde bei dem Versuch der Verhaftung nicht zu Hause angetroffen und darauf europaweit zur Fahndung ausgeschrieben. Die Fahndung und der Haftbefehl wurden jedoch einen Tag später am 27. Mai 2004 aufgrund einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln aufgehoben bzw. eingestellt, da das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster noch nicht rechtskräftig und Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht möglich war. Diese Information wurde dem Amtsgericht Köln bei der Erwirkung des Haftbefehls unterschlagen, so dass Kritiker von einem Erschwindeln des Haftbefehls sprachen.
  • Am 28. Mai 2004 stellte Kaplan über seine Anwältin beim Kölner Ausländeramt einen Duldungsantrag. Später stellte sich heraus, dass Kaplan sich in der Wohnung eines Nachbarn im selben Gebäude aufgehalten hatte.
  • Am 12. Oktober 2004 lehnte das Verwaltungsgericht Köln einen von Kaplan gestellten Antrag auf Abschiebeschutz ab; Kaplan wurde noch am selben Abend in die Türkei abgeschoben und bei seiner Landung von den türkischen Behörden festgenommen. Ihm wurde vorgeworfen, 1998 ein Attentat auf das Mausoleum Atatürks geplant zu haben. Er habe mit Hilfe eines sprengstoffbeladenen Flugzeugs die im Mausoleum versammelte Staatsspitze töten wollen.
  • Am 7. Dezember 2004 wurde die Revision von Kaplan gegen seine Abschiebung durch das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.
  • Am 20. Juni 2005 wurde er in der Türkei zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Die Richter des Istanbuler Gerichts befanden ihn des Hochverrats für schuldig. Mit dem Urteil folgte man dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Es sei erwiesen, dass Kaplan 1998 einen Anschlag auf das Atatürk-Mausoleum in Ankara befohlen habe. Er habe mit Hilfe eines sprengstoffbeladenen Flugzeugs die im Mausoleum versammelte Staatsspitze töten wollen.
    Vor der Urteilsverkündung hatte er erklärt, er halte das Verfahren für nicht rechtsstaatlich. Einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter lehnte das Gericht zuvor ab.
  • Am 30. November 2005 hob das Oberste Berufungsgericht das Urteil gegen Kaplan auf. Grund dafür waren Verfahrensfehler und nicht ausreichende Ermittlungen. Auch das im Juni in Kraft getretene neue Strafrecht musste in seinem Fall Anwendung finden.
  • Im Oktober 2008 bestätigte ein türkisches Berufungsgericht die lebenslange Freiheitsstrafe. Kaplan wurde erneut für schuldig befunden.[5]
  • Am 2. Juli 2010 wurde die Strafe durch ein Gericht in Istanbul auf 17 Jahre und sechs Monate reduziert.[6]

Einzelnachweise

  1. spiegel.de 11. August 1997: [1]
  2. zitiert nach: Ministerium für Inneres und Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen 1998b, S. 50.
  3. eine Wiederholung des Aufrufs in deutscher Sprache findet sich in einem Flugblatt vom 22. August 1998 (Ebd. S. 52).
  4. Die Originalaufnahmen der Festnahme sind Teil der Dokumentation GSG 9 – Die Spezialeinheit von Dietmar Noss
  5. welt.de (AP/lk): Der „Kalif von Köln“ bleibt lebenslang in Haft, abgerufen am 20. Oktober 2008
  6. Stern.de: "Kalif von Köln" in Türkei zu mehr als 17 Jahren Haft verurteilt (vom 2. Juli 2010, abgerufen am 5. Oktober 2011)

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