Metrik (Poetik)

Metrik (Poetik)
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Die Verslehre oder Metrik (griechisch μετρική, griechisch-lateinisch metrica) ist die Lehre vom Versmaß oder Metrum (griechisch-lateinisch) in der Literatur.

Inhaltsverzeichnis

Definition

In der Lyrik, im Epos oder im Drama ist der Vers in Einheiten aus mehreren Silben untergliedert, dabei wird eine einzelne dieser Silben-Einheiten als Versfuß (bzw. Metrum) bezeichnet. Ein bestimmtes sich wiederholendes Muster von zum Beispiel betonten und unbetonten Silben ergibt dann ein Versmaß. Das Metrum eines Textes bezeichnet man auch als dessen „metrischen Rahmen“. Auf diese Art metrisch geregelte Texte nennt man Texte in gebundener Sprache. Weitere Einheiten (wie z. B. lyrische Strophenformen) werden damit noch nicht erfasst.

Wichtig bei der Untersuchung des Metrums ist die Frage, in welcher Sprache ein Text abgefasst ist, denn unterschiedliche Sprachen haben eine jeweils andere natürliche Prosodie. So gibt es quantitierende Sprachen, in denen die Länge der einzelnen Silben das metrisch relevante Merkmal ausmachen (z. B. Latein, Altgriechisch). Auf der anderen Seite gibt es akzentuierende Sprachen, in denen die Betonung (der exspiratorische Nachdruck) einer Silbe das metrisch relevante Merkmal darstellt (Deutsch, Englisch). Ferner gibt es Sprachen mit vorwiegend melodischer oder intonatorischer Prosodie (Französisch), in denen es auf die Tonhöhe einzelner Silben oder Kola ankommt, und einige Mischformen (z. B. Russisch).

So wurden ursprünglich, im Altgriechischen und im Lateinischen, kurze und lange Silben nach zahlreichen unterschiedlichen Schemata aneinandergereiht – wie dies geschieht, ist Gegenstand der antiken Metrik (siehe Einzelheiten dazu im Artikel Hexameter sowie im Artikel Lateinische Metrik).

Im Deutschen wird stattdessen seit Martin Opitz (1624) die unterschiedliche exspiratorische Betonung der Silben zum einzigen Gliederungselement gebundener Sprache (siehe auch Hebung und Senkung). Dabei herrschen grob folgende Entsprechungen:

Eine kurze Silbe ( = υ ) in der antiken Metrik entspricht einer unbetonten Silbe ( = x ) in der deutschen Verslehre; eine lange Silbe ( = – ) in der antiken Metrik entspricht einer betonten Silbe ( = ´x bzw. X ) heute. So konnten die ursprünglich auf quantitierender Betonung beruhenden antiken Versfüße auch auf die deutsche Sprache angewandt werden.

Zur Kennzeichnung des Metrums werden aber häufig auch im Deutschen noch die antiken Bezeichnungen genutzt, so dass man unter die Silben im Vers ein υ oder ein – setzt. Stattdessen kann man jedoch auch die betonten Silben mit einem Akzentzeichen ( ´ ) kennzeichnen, die unbetonten bleiben unbezeichnet.

Im Sachwörterbuch der Literatur[1] tauchen überdies noch weitere differenzierende Notationen (überwiegend aus der antiken Metrik stammend) auf, zum Beispiel über dem Hebungsstrich „-“ bzw. dem Senkungsbogen „U“ noch ein ´ [Akut] oder ` [Gravis] und ^ [Zirkumflex] (z. B. S. 385 s. v. „Jambelegos“, „Jambus“, S. 152 s. v. „Daktylus“, v. a. s. v. „Akzent“ auf S. 14). Zuweilen können sogar die Senkungsbögen unterstrichen sein, um eine gewollte „schwere (Hervorhebg. durch d. Verf.) Senkung“ zu erzielen zwecks „Vermeidung eintönigen Klapperns …“ (ebd., S. 340 s. v. „Hexameter“).

Beispiel
   Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde! (Goethe, Willkommen und Abschied)
 = Es schlúg mein Hérz, geschwínd zu Pférde!

Versfuß und Takt

Der Versfuß der antiken Metrik stellt die kleinste metrische Einheit dar.

Im Deutschen (und anderen Sprachen) lässt sich aufgrund der akzentuierenden Betonung stattdessen auch erfolgreich eine aus der Musik entliehene Takt-Einteilung verwenden. Dabei wird vor eine betonte Silbe ein Taktstrich ( = | ) gesetzt, so dass jeder Takt mit einer betonten Silbe beginnt.

Beispiel:

   Es schlúg mein Hérz, geschwínd zu Pférde! (Goethe, Willkommen und Abschied)
 =  x    ´x    x   ´x    x    ´x   x  ´x  x
 =  x   |´x    x  |´x    x   |´x   x |´x  x

Man erkennt hieran, dass Taktgrenzen und Wortgrenzen nicht identisch sein müssen.


Wenn ein Vers, wie in diesem Beispiel, mit einer unbetonten Silbe beginnt, so ist dies kein vollständiger Takt, sondern man spricht von einem so genannten Auftakt. Der Auftakt kann auch zwei (oder sogar noch mehr) Silben enthalten, doch hängt es dabei auch vom Leser des Textes sowie vom gesamten metrischen Rahmen ab, ob eine der unbetonten Silben des Auftakts vielleicht als eigenständige Hebung zu betrachten ist, so dass statt eines Auftaktes ein zusätzlicher Takt entsteht.

Jeder Takt enthält genau eine betonte Silbe und – je nach Metrum – beliebig viele unbetonte Silben. Es ist auch möglich, dass ein Takt nur eine betonte und keine weitere unbetonte Silbe enthält, wie z. B. im Knittelvers.

Die Anzahl der Silben in den Takten eines Verses kann sowohl regelmäßig als auch unregelmäßig sein, so dass man dadurch Kriterien zur Unterscheidung der Verse zur Hand hat.

Alternierende und nichtalternierende Verse

Alternierende Verse

Wechseln im Vers betonte und unbetonte Silben einander ab, so spricht man von einem alternierenden Vers. Alternierende Verse werden entweder als jambisch oder trochäisch bezeichnet. Dies rührt von den antiken Versfüßen Jambus ( υ– ) und Trochäus ( –υ ) her.

Beginnt ein alternierender Vers mit einem Auftakt, so ist er jambisch, beginnt er ohne Auftakt, das heißt gleich mit einer betonten Silbe, so ist er trochäisch. In Versfüßen ist der obige Beispielvers auch so darstellbar:

Beispiel:

   Es schlúg mein Hérz, geschwínd zu Pférde! (Goethe, Willkommen und Abschied)
 =  x    ´x    x   ´x    x    ´x   x  ´x  x
 =  x   |´x    x  |´x    x   |´x   x |´x  x
 =  υ     –    υ    –    υ     –   υ   –  υ
 =     υ–        υ–         υ–       υ–   υ

Man erkennt hierbei, dass die letzte Silbe in dieser Notation gar kein echter Versfuß mehr ist, man müsste sie dem letzten Jambus zuordnen, wodurch dieser zu einem Amphibrachys ( υ–υ ) würde. Deshalb ist es günstig, im Deutschen nicht von Jamben, sondern von jambischen Versen zu sprechen, d. h. alternierenden Versen mit Auftakt.

Ein alternierender Vers ohne Auftakt ist dann ein trochäischer Vers und sieht beispielsweise so aus:

Beispiel:

   Hát der álte Héxenmeíster (Goethe, Der Zauberlehrling)
 = |´x  x |´x x |´x x |´x x |
 =    –υ     –υ    –υ    –υ  

Alternierende Verse haben ein gerades Taktgeschlecht, weil jeder Takt genau zwei Silben enthält.

Nichtalternierende Verse

Verse, die nicht alternierend sind, haben mehr als zwei Silben im Takt.

Umfassen die Takte regelmäßig drei Silben, kann man sie in Anlehnung an die drei Versfüße Daktylus ( –υυ ), Anapäst ( υυ– ) und Amphibrachys ( υ–υ ) auch als daktylisch, anapästisch oder amphibrachisch bezeichnen. Da die Auftakte der Verse eines Gedichtes unterschiedlich gestaltet sein können, ist es auch möglich, den gesamten Vers ohne Rücksicht auf den Auftakt einfach als daktylischen Vers zu bezeichnen; dies bedeutet dann, dass jeder Takt drei Silben umfasst.

Daktylische Verse haben ein ungerades Taktgeschlecht, weil jeder Takt genau drei Silben enthält.

Unregelmäßige Verse

Unregelmäßige Verse sind solche, bei denen die Anzahl der Silben in den einzelnen Takten unterschiedlich ist.

Dabei können Takte mit zwei Silben überwiegen und nur hin und wieder dreisilbige Takte eingestreut sein. Auch hier liegt mehr oder weniger ein gerades Taktgeschlecht vor, da die Silben des dreisilbigen Taktes beim Vortrag meist schneller gesprochen werden, so dass sich das Tempo nach den zweisilbigen Takten richtet.

Es können auch in Versen mit dreisilbigen Takten solche mit zwei Silben eingestreut sein. Dann handelt es sich mehr oder weniger um ein ungerades Taktgeschlecht, da die Silben des zweisilbigen Taktes meist langsamer gesprochen werden, so dass die dreisilbigen Takte das Tempo des Vortrages bestimmen.

Außerdem kann die Abfolge der Silben so unregelmäßig sein, dass sich eine Einteilung in ein Taktgeschlecht erübrigt, wie z. B. beim Knittelvers. Auch die moderne Lyrik verzichtet häufig auf die klassischen poetischen Mittel von Reim und Versmaß und verwendet den freien Vers, der im 19. Jahrhundert in Frankreich als vers libre entwickelt wurde. Durch den völligen Verzicht auf die Regeln der Metrik nähert sich der freie Vers der Prosa an.

Verse und Strophen

Durch regelmäßige Reihung mehrerer Versfüße entsteht ein Vers:

Monometer, Dimeter, Trimeter, Tetrameter, Pentameter, Hexameter, Blankvers (ein jambischer Pentameter)

Durch Zäsuren, Synkopen und Kombinationen verschiedener Versfüße entstehen besondere Verse und Strophen.

Verse, siehe auch:

Adonischer Vers, Alexandriner, Alkmanischer Vers, Anakreonteus, Archilochius minor, Archilochius major, Arte mayor, Arte menor, Asklepiadeus, Bacchius (Bakcheios), Choreus, Choriambus, Daktyloepitrit, Dichoreus, Endecasillabo, Enkomiologos, Epitrit, Galliamb, Glykoneus, Hemiepes, Hendekasyllabus, Hypodochmius, Ithyphallikos, Jambelegos, Kratineion, Madrigalvers, Meiuros, Oktonar, Parömiakos, Phalaikeios, Pherekrateus, Prosodiakos, Reizianum, Saturnier, Septenar oder Aristophanischer Vers, Sotadeus, Synaloiphe, Vagantenzeile

Strophen, siehe auch:

Alkäische Strophe, Archilochische Strophe, Asklepiadeische Strophe, Chevy-Chase-Strophe, Distichon (Zweizeiler), Glykoneische Strophe, Hipponakteische Strophe, Limerick (Gedicht), Meistersangstrophe, Nibelungenstrophe, Päon, Pindarische Strophe, Sapphische Strophe, Stanze

Kadenz und Reim

Zwei weitere Merkmale sind bei der Untersuchung von Versen wichtig: Die Kadenz und der Reim, die eng miteinander verbunden sind.

Als Kadenz bezeichnet man die metrische Gestaltung des Versendes (ähnlich wie der vorhandene oder nicht vorhandene Auftakt am Beginn eines Verses). So kann der letzte Takt eines Verses beispielsweise nur eine Silbe enthalten oder aber zwei oder die Kadenz wird sogar durch zwei Takte mit Haupt- und Nebenbetonung gebildet.

Auch bei den Reimen gibt es unterschiedliche Formen. Es handelt sich in jedem Fall um einen gleichen oder ähnlichen Klang von Wörtern oder Silben; dabei können sowohl Vokale als auch Konsonanten als auch beide der sich reimenden Worte bzw. Silben ähnlich oder gleich klingen. In der deutschen Literatur tritt am häufigsten der Endreim auf, d. h. die Enden zweier oder mehrerer Verse reimen sich. Hier sieht man die enge Verbindung zur Kadenz.

Siehe auch: Reimfülle

Liste von Versfüßen

zweigliedrige einfache Füße
υ υ Pyrrhichios
– υ Trochäus
υ – Jambus
– – Spondeios
dreigliedrige einfache Füße
υ υ υ Choreios, Tribrachys
– υ υ Daktylus
υ – υ Amphibrachys
υ υ – Anapaistos, Anapäst
υ – – Bakcheios
– υ – Amphimakros, Kretikos
– – – Molossos
viergliedrige zusammengesetzte Füße
υ υ υ υ Prokeleusmatikos
– υ υ υ Paion 1
υ – υ υ Paion 2
υ υ – υ Paion 3
υ υ υ – Paion 4
– – υ υ Ionikos größer beginnend
υ – – υ Antispastos
υ υ – – Ionikos kleiner beginnend
– υ υ – Choriambos
– υ – υ Ditrochaios
υ – υ – Diiambos
υ – – – Epitritos 1
– υ – – Epitritos 2, Karikos
– – υ – Epitritos 3, Podios
– – – υ Epitritos 4, Monogenes
– – – – Dispondeios

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Gero von Wilpert, Alfred Kröner: Sachwörterbuch der Literatur. Verlag Stuttgart 2001

Weblinks

  • [1] Übungen zum Versfuß, allerdings nur fürs Deutsche sinnvoll, nicht aber für die Sprachen des Altertums
  • [2] Übersicht über spanische Verslehre (PDF)
  • [3] Vedische Verslehre, Indien (in englischer Sprache)

Literatur

  • Erwin Arndt: Deutsche Verslehre. Ein Abriss. 12., durchgesehene Auflage. Berlin 1990
  • Herbert Bögl: Abriss der mittelhochdeutschen Metrik. Mit einem Übungsteil. Olms, Hildesheim 2006
  • Dieter Breuer: Deutsche Metrik und Versgeschichte. München 1981
  • Dieter Burdorf: Einführung in die Gedichtanalyse. Stuttgart/Weimar 1995
  • Daniel Frey: Einführung in die deutsche Metrik. München 1996
  • Burkhard Moennighoff: Metrik. Reclam, Stuttgart 2004 (RUB 17649), ISBN 3-15-017649-2.
  • Christian Wagenknecht: Deutsche Metrik. Eine historische Einführung. 5. erweiterte Auflage. C. H. Beck, München 2007, ISBN 3-406-55731-7.
  • Handbuch der Altertumswissenschaft 2

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