Michael Servet

Michael Servet

Michael Servetus (eigentlich Miguel Serveto y Reves; * 1511 in Villanueva de Sigena (Huesca); † 27. Oktober 1553 in Genf) war ein spanischer Arzt, Gelehrter, Humanist, Theologe, Freidenker und Antitrinitarier. Er wird häufig auch als Servet geschrieben.

Servetus studierte Rechtswissenschaft an der Universität Toulouse und kam im Gefolge Karls V., dessen Kaiserkrönung er beiwohnte, in das Heilige Römische Reich und stand hier in Diensten des kaiserlichen Beichtvaters Quintana. Als es ihm um 1530 nicht gelang, Johannes Oekolampad für seine von der Kirchenlehre abweichenden Ansichten von der Trinität zu gewinnen, wandte er sich im Oktober jenes Jahres nach Straßburg, wo ihm Wolfgang Capito und Martin Bucer bekannt waren, und veröffentlichte in Hagenau sein Werk De trinitatis erroribus (1531), von dem der Rat zu Basel viele Exemplare vernichten ließ, und von dessen Verfasser Bucer urteilte, er „sei würdig, daß man ihm die Eingeweide aus dem Leibe reiße“.

Dagegen suchte Servetus seine Ansichten in den am gleichen Ort erschienenen Dialogi de trinitate (1532) weiter zu begründen. Dann kehrte er nach Frankreich zurück, lebte meist in Paris oder Lyon, studierte Astrologie, Mathematik und Medizin und erwarb sich durch seine Herausgabe des Ptolemäus einen ebenso geachteten Namen als Geograph, wie er als Arzt und Physiologe sich namentlich durch seine bahnbrechenden Ausführungen über den kleinen Blutkreislauf hervortat.

Seit 1540 in Vienne lebend, geriet er durch seine 1553 in Lyon herausgegebene theosophische Schrift Christianismi restitutio mit der katholischen und protestantischen Theologie in Zwiespalt. Zwar entkam er aus dem Gefängnis in Lyon im April 1553, wurde aber in Genf festgenommen, und die Behörden wandten sich am 21. August um Auskunft nach Vienne, von wo man seine sofortige Auslieferung verlangte. Servetus wurde vor die Wahl gestellt, ausgeliefert zu werden oder sich in Genf dem Gericht zu stellen, und entschied sich für Genf. Calvins Rolle beim Prozess war die des Experten, der Servetus Häresie nachwies. Das Gericht holte weitere Gutachten von Zürich, Bern, Basel und Schaffhausen ein, die sich alle, ebenso wie Calvin, für die Hinrichtung aussprachen. Am 26. Oktober 1553 wurde Servetus vom Rat zu Genf zum Feuertod verurteilt, den er, auf seiner Lehre beharrend, am 27. Oktober 1553 erlitt. Am 27. Oktober 1903, dem 350. Jahrestag seiner Hinrichtung, wurde etwa an der Stelle, wo seinerzeit der Scheiterhaufen brannte, der Servetus-Gedenkstein aufgestellt. Eine Straße zwischen der Einmündung der Avenue de la Rosaire in die Avenue de Beau-Séjour und dem Plateau de Champel trägt heute den Namen Rue Michel-Servet.

Literatur

  • Stefan Zweig: Castellio gegen Calvin oder Ein Gewissen gegen die Gewalt. Reichner, Wien u. a. 1936
  • Roland Herbert Bainton: Michael Servet. 1511–1553. Mohn, Gütersloh 1960
  • Rosemarie Schuder: Serveto vor Pilatus. Rütten & Loening, Berlin 1982
  • Antonio Orejudo: Feuertäufer. Knaus, München 2005, ISBN 3-8135-0266-X (Roman, spanischer Originaltitel: Reconstrucción.)
  • Albert J. Welti: Servet in Genf. Genf, 1931
  • Wilhelm Knappich: Geschichte der Astrologie. Veröffentlicht von Vittorio Klostermann, 1998, ISBN 3465029844, ISBN 9783465029847

Weblinks

Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.

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