Michelson-Experiment

Michelson-Experiment
Wenn elektromagnetische Wellen an einen ruhenden Äther gebunden wären, müsste man die Eigenbewegung von Erde und Sonne als Ätherwind messen können.

Das Michelson-Morley-Experiment war ein physikalisches Experiment, das von dem deutsch-amerikanischen Physiker Albert Abraham Michelson 1881 in Potsdam und in verfeinerter Form von ihm und dem amerikanischen Chemiker Edward Morley 1887 in Cleveland im US-Bundesstaat Ohio durchgeführt wurde.

Das Michelson-Morley-Experiment sollte erklären, ob sich auch Lichtwellen analog zu Wasserwellen und Schallwellen in einem Medium ausbreiten, das man als Lichtäther bezeichnete. Es hatte zum Ziel, diesen Äther und die Geschwindigkeit der Erde relativ zu diesem auf ihrer Bahn um die Sonne nachzuweisen. Das Experiment zeigte jedoch, dass die „Bewegung gegen den Äther“ keinen Einfluss auf die Geschwindigkeit des Lichts hatte. Das Michelson-Morley-Experiment zusammen mit anderen Experimenten wie dem Fizeau-Experiment oder dem Trouton-Noble-Experiment zeigte in aller Deutlichkeit die Probleme der Ätherphysik des 19. Jahrhunderts auf. Diese Problematik konnte erst durch die Spezielle Relativitätstheorie gelöst werden, in der auf ein bevorzugtes Bezugssystem wie den Äther verzichtet wird. Deswegen gilt es als eines der bedeutendsten Experimente in der Geschichte der Physik[1] – ein „Experimentum Crucis[2].

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Um die Relativgeschwindigkeit von Erde und Äther festzustellen, wurde ein Lichtstrahl über einen halbdurchlässigen Spiegel auf zwei verschiedene Wege getrennt, reflektiert und am Ende wieder zusammengeführt, sodass sich ein Interferenzmuster stehender Lichtwellen bildete (Michelson-Interferometer). Aufgrund der Bewegung der Erde im Äther ergibt sich, dass der Lichtstrahl in Bewegungsrichtung etwas länger benötigt als der Strahl senkrecht dazu. Da sich die drehbare experimentelle Anordnung als Teil der Bewegung der Erde um die Sonne relativ zum Äther bewegte, erwartete man Verschiebungen der Interferenzstreifen, da sich dann wegen der mit der Drehung wechselnden Geschwindigkeitskomponenten in Richtung der beiden Wege die Laufzeit des Lichts ändern würde. Das Experiment, das wegen der im Verhältnis zur Lichtgeschwindigkeit c geringen Bahngeschwindigkeit v der Erde nicht einfach war, lieferte wider Erwarten im Rahmen der Messgenauigkeit beinahe ein Nullresultat - obwohl das Ergebnis also nicht vollständig negativ war, war es lt. Michelson und den anderen Physikern jener Zeit viel zu gering um etwas mit dem erwarteten Ätherwind zu tun zu haben. (Moderne Messungen haben die ursprüngliche Methode Michelsons weiter verfeinert und liefern tatsächlich im Rahmen der Messgenauigkeit vollständige Nullresultate.)

Um dieses erstaunliche Resultat mit der damaligen Ätherphysik in Einklang zu bringen wurde angenommen, dass das Experiment eine vollständige Mitführung des Äthers an der Erdoberfläche beweisen würde. Doch dies musste verworfen werden, da eine solche Mitführung unter anderem nicht mit der beobachteten Aberration des Sternenlichts vereinbart werden konnte. So lieferte Hendrik Antoon Lorentz 1892 mit der Lorentzkontraktion zunächst eine Ad-hoc-Erklärung, wobei angenommen wurde, dass der Interferometer in Bewegungsrichtung relativ zum Äther schrumpft, wodurch die unterschiedlichen Lichtlaufzeiten angeglichen werden. Die Lorentzsche Äthertheorie wurde jedoch als sehr unwahrscheinlich eingestuft, da hier der Äther einerseits Grundlage aller physikalischen Phänomene, andererseits jedoch gänzlich unentdeckbar sein soll. Vollends verstanden wurde das Ergebnis des Michelson-Morley-Experiment erst durch Albert Einsteins Spezielle Relativitätstheorie von 1905, welche auch eine Längenkontraktion enthält, jedoch auf die Ätherhypothese verzichtet und als zentrale Postulate das Relativitätsprinzip und die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit in mit beliebiger Geschwindigkeit gegeneinander bewegten Bezugssystemen enthält.

Das Michelson-Morley-Experiment stellt nun einerseits die wohl wichtigste Bestätigung des Relativitätsprinzips dar, wonach die physikalischen Naturgesetze für alle gleichförmig bewegten Beobachter identisch sind. Es zeigt nämlich, dass sich Licht nicht konstant in einem bevorzugten Bezugssystem wie dem Äther ausbreitet, sondern immer konstant für einen mit dem Experiment (bzw. der Lichtquelle) mitbewegten Beobachter ist. Es stellt jedoch vorerst keinen direkten Beweis für die universelle Konstanz der Lichtgeschwindigkeit dar.[3][4] Denn das Experiment kann auch mit einer Emissionstheorie erklärt werden, wonach sich Licht in allen Bezugssystemen ausschließlich konstant relativ zur Lichtquelle, und somit keineswegs konstant für einen nicht mitbewegten Beobachter, ausbreitet. Andere Experimente wie der Sagnac-Effekt konnten die Emissionstheorie jedoch ausschließen, wodurch die Spezielle Relativitätstheorie die einzige Theorie ist, welche alle Experimente, einschließlich des Michelson-Morley-Experiments, erklären kann.

Das Experiment

Siehe auch: Michelson-Interferometer

Der Ansatzpunkt für Michelson und Morley war, die Relativgeschwindigkeit, mit der sich die Erde durch einen als ruhend angenommenen Äther bewegt, zu messen. Wie bei einem Flugzeug, das sich durch die Luft bewegt, wäre hier ein nachweisbarer „Ätherwind“ zu erwarten, da die Erde sich auf ihrer Bahn um die Sonne mit etwa v = 30 km/s = 3·104 m/s bewegt (immer noch relativ wenig im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit c von rund 3·108 m/s).

Die Auswirkung des Ätherwindes auf Lichtwellen würde nach den Vorstellungen der klassischen Physik genauso sein wie die Auswirkung einer starken Strömung eines Flusses auf einen Schwimmer, der sich mit konstanter Geschwindigkeit c zwischen zwei Punkten erst flussaufwärts und dann flussabwärts bewegt.

Wenn in diesem Bild der zweite Punkt direkt flussaufwärts des ersten wäre, würde der Schwimmer durch die Strömung (Geschwindigkeit v) zuerst verlangsamt und dann beim Rückweg beschleunigt werden. Die Zeit für den Hin- und Rückweg über eine Strecke L wäre:

t_1 = \frac{L}{c + v} + \frac{L}{c - v} = \frac{2 c L}{c^2 - v^2} = \frac{2 L}{c} \frac {1}{1 - \frac{v^2}{c^2}} \approx \frac{2 L}{c} \left(1 + \frac{v^2}{c^2}\right)

Dabei würde ausgenutzt, dass (v / c)2 sehr klein (Größenordnung 10 − 8) ist, wenn für v die Bewegungsgeschwindigkeit der Erde und für c die Lichtgeschwindigkeit eingesetzt würden.

Verliefe die Strecke zwischen Start- und Endpunkt senkrecht zur Strömungsrichtung, müsste der Schwimmer das kompensieren, indem er in einem kleinen Winkel schräg zu seinem Ziel schwimmt. Die Gesamtgeschwindigkeit wäre dann senkrecht zur Strömungsrichtung \sqrt{c^2 - v^2}, und die Laufzeit wäre:

t_2 = \frac{2 L}{\sqrt{c^2 - v^2}} = \frac{2 L}{c} \frac{1}{\sqrt{1 - \frac{v^2}{c^2}}} \approx \frac{2 L}{c} \left(1 + \frac {v^2}{2 c^2}\right)

Die Gesamtzeit für Hin- und Rückweg ist für die Richtung senkrecht zur Strömung etwas kleiner. Genauso wäre die Auswirkung des Ätherwindes auf einen Lichtstrahl (Geschwindigkeit c) senkrecht zur Windrichtung geringfügig niedriger als für einen Lichtstrahl, der parallel zum Ätherwind verliefe.

Der Zeitunterschied zwischen beiden Wegen ist

\Delta t = t_1 - t_2 = L \frac{v^2}{c^3}

also um so größer, je länger L ist. Setzt man L = 1 m würde sich mit dem oben angegebenen Wert v der Bewegung der Erde durch den Äther ein Zeitunterschied von \Delta t = 3\cdot10^{-17} Sekunden ergeben, verglichen mit einer Schwingungsperiode im Bereich des sichtbaren Lichts von etwa T = 10 − 15 Sekunden. Der Unterschied \frac{\Delta t}{T} läge im Bereich von 3 Prozent, die mit dem verbesserten Apparat von Michelson und Morley nachweisbar gewesen wären.

In ihrem Experiment von 1887 bemühten sich Michelson und Morley, die Auswirkungen von Erschütterungen, auf die ihre Messapparatur sehr empfindlich reagierte, soweit wie möglich auszuschalten. Der optische Aufbau bestand aus einer monochromatischen Lichtquelle, deren Lichtstrahl durch einen teilversilberten Spiegel in zwei Strahlen rechtwinklig zueinander aufgespalten wurde. Nach Verlassen des Strahlteilers wurden beide Strahlen jeweils an einem Spiegel reflektiert und auf einem Beobachtungsschirm wieder zusammengeführt. Dort erzeugten sie ein Streifenmuster aus konstruktiver und destruktiver Interferenz, das äußerst empfindlich auf Änderungen in der Differenz der optischen Wege der beiden Lichtstrahlen reagiert. Man erwartete, dass diese optischen Wege durch die Bewegung der Erde im Äther beeinflusst würden, sodass sich das Interferenzmuster bei Drehung der die Apparatur tragende Steinplatte verschieben müsste.

Dreht man das Experiment beispielsweise um 90 Grad, vertauschen die obigen Formeln für die Laufzeiten von t1 und t2, und man erhält einen Zeitunterschied von

\Delta t = t_2 - t_1 = - L \frac{v^2}{c^3}

Somit ergibt sich ein Laufzeitunterschied von 2 \,\Delta t zum Ausgangsexperiment. Dies entspricht einem optischen Weglängenunterschied von

d = c \cdot 2 \Delta t = 2 L \frac{v^2}{c^2} = 2{,}2 \cdot 10^{-7}\,\mathrm{m},

falls wie im Experiment von 1887 eine effektive Armlänge des Interferometers von L = 11 m gewählt wird. Die relative Verschiebung der Interferenzmuster ergibt sich mit z.B. einer Wellenlänge \lambda = 500 \,\mathrm{nm} = 5 \cdot 10^{-7}\,\mathrm{m} als

\frac{d}{\lambda} = \frac{2{,}2}{5} = 0{,}44

Die beobachteten Verschiebungen betrugen jedoch nicht 0.44, sondern lagen unter 0,01. Das Ergebnis war also zwar nicht vollständig negativ, jedoch wurde es angesichts des erwarteten, sehr viel größeren Wertes allgemein als ein Nullresultat gewertet. Inzwischen wurde bei vielen neueren Experimente vom Michelson-Morley-Typ mit erheblich gesteigerter Genauigkeit das negative Ergebnis von 1887 bestätigt.

Erklärungen

Lorentzkontraktion

Lorentzsche Äthertheorie

Weiterführende Information: Lorentzsche Äthertheorie

Wie oben gezeigt wurde, ist die Lichtlaufzeit nach Auffassung der Ätherphysik in Bewegungsrichtung länger als quer zur Bewegungsrichtung. Um die Laufzeiten gleich zu machen, und um die Idee eines ruhenden Äthers zu retten, führten George Francis FitzGerald (1889) und Hendrik Antoon Lorentz (1892) die Kontraktionshypothese bzw. Lorentzkontraktion ein.[5][6] Das heißt sie spekulierten, dass die Länge der Versuchsanordnung in Bewegungsrichtung relativ zum Äther um den Faktor \sqrt {1 - v^2 /c^2} verkürzt wird. Der Laufzeit in dieser Richtung wird dadurch ebenso verkürzt und ist jetzt gleich lang wie senkrecht zur Bewegungsrichtung, womit das negative Resultat erklärbar wird. Würde man in der oben angegebenen Formel für \,t_1 die durchlaufene Strecke der Länge L mit diesem Faktor multiplizieren, würde sich folgende Laufzeit ergeben:

t_1 = \frac {2 L \sqrt {1 - \frac{v^2}{c^2}} }{c} \frac {1} {1- \frac {v^2}{c^2}} = \frac {2 L}{c} \frac {1} {\sqrt {1- \frac {v^2}{c^2}}}= t_2

Der ad hoc-Charakter dieser Hypothese wurde jedoch gleich kritisiert. Lorentz selbst sprach vage von einem Einfluss des Äthers als Ursache und führte als Analogie das Verhalten von elektrostatischen Feldern an, welche ebenfalls in Bewegungsrichtung mit einem geschwindigkeitsabhängigen Faktor kontrahiert sind[7]. Wird angenommen, dass die Bindungskräfte in der Materie elektrischer Natur sind, könnte dies die Kontraktion erklären. Lorentz selbst gestand jedoch ein, dass eine solche Annahme keineswegs notwendig ist[8]. Von Lorentz und Henri Poincaré wurde die Lorentzkontraktion (1899, 1904) durch Einführung der vollen Lorentztransformationen unter Einbeziehung der Zeit ergänzt, wobei in der lorentzschen Theorie die im Äthersystem gemessenen Zeitkoordinaten die gewöhnliche „absolute Zeit“ der klassischen Physik Newtons anzeigen, während die von ihm eingeführten Zeitkoordinaten in dazu bewegten Systemen („lokale Zeit“) für Lorentz nur eine „heuristische Arbeitshypothese“ ohne wirkliche physikalische Bedeutung waren[9]. Dadurch wird eine scheinbare Gültigkeit des Relativitätsprinzips und der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit erreicht, aber es führt auch zu der Situation, dass der Lichtäther, der die Basis der Theorie bildet, außerhalb jeder experimentellen Überprüfbarkeit steht. Das ist ein Hauptgrund, warum trotz des korrekten mathematischen Formalismus diese Theorie als überholt eingestuft wird.

Spezielle Relativitätstheorie

Weiterführende Information: Geschichte der speziellen Relativitätstheorie

Albert Einstein leitete 1905 die spezielle Relativitätstheorie (SRT) auf Basis zweier Postulate, nämlich des Relativitätsprinzips und der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, ab. Dabei interpretierte er im Gegensatz zu Lorentz und Poincaré diese als Transformation zwischen gleichberechtigten Raum- und Zeitkoordinaten (also keine Unterscheidung zwischen „wahren“ und „scheinbaren“ Koordinaten) und schaffte damit den Äther endgültig ab. Die Erklärung des negativen Ausganges des Versuchs entspricht zwar rein formal der Erklärung der Lorentzschen Äthertheorie, jedoch ist in der SRT die Annahme eines Äthers nicht mehr nötig. In einem mit v bewegten Bezugssystem, in dem das Interferometer ruht, sind die Laufzeiten gleich. Betrachtet man ein Bezugssystem, in dem sich das Interferometer mit der Geschwindigkeit v bewegt und die Lichtgeschwindigkeit weiter unverändert ist, erklärt man sich das Ergebnis wie oben erklärt mit der Lorentzkontraktion. Diese Erklärung wird als die derzeit gültige angesehen. Obwohl in vielen Schilderungen zur Entwicklung der SRT dieses Experiment als Ausgangspunkt der Theorie geschildert wird, hat Einstein selbst einen direkten Einfluss des Experiments auf seine Ideen abgestritten.[10]

Widerlegte Alternativen

Vollständig mitgeführter Äther

Bei dieser Theorie, welche auf George Gabriel Stokes (1845) zurückgeht, würde der Äther nicht ruhen, sondern bis in einer bestimmten Entfernung von der Oberfläche die Bewegung der Erde mitvollziehen. Dies kann das Nullresultat erklären, denn in diesem Falle ruht der Äther relativ zur Erdoberfläche. Jedoch, wie Lorentz (1886) aufzeigte, waren die Probleme dieser Theorie vor allem im Zusammenhang mit der Aberration des Sternenlichts zu groß, sodass diese Erklärung nicht in Erwägung gezogen werden kann. Michelson selbst glaubte nach seinem ersten Experiment 1881, dass sein Experiment die Theorie von Stokes bestätigt habe. 1887 kannte er jedoch bereits die Einwände von Lorentz und verwarf auch diese Theorie.

Emissionstheorie

Ebenso mit dem Nullresultat verträglich ist diese ursprünglich von Isaac Newton und später von Walter Ritz (1908) ausgearbeitete Theorie, welche die Existenz des Äthers negiert und eine konstante Lichtgeschwindigkeit relativ zur Lichtquelle postuliert. Beim Wechsel der Bezugssysteme wird die Galilei-Transformation benutzt, womit die Theorie das klassische Relativitätsprinzip erfüllt. In einem Bezugssystem, in dem die Interferometeranordnung ruht, ist die Lichtgeschwindigkeit in Bezug zum ruhenden Interferometer konstant und es ergibt sich eine gleiche Lichtlaufzeit in beide Richtungen. Aus einem relativ dazu mit v bewegten System betrachtet bekommt das Licht die Geschwindigkeit des Interferometer (das hier als Lichtquelle fungiert) wie bei einem Geschoss hinzuaddiert und bewegt sich folglich mit c ± v. Die Lichtgeschwindigkeit relativ zur Lichtquelle bleibt dabei jedoch konstant und es ergeben sich wiederum gleiche Laufzeiten. Jedoch gilt diese Theorie vor allem aus folgenden Gründen als widerlegt:

  • Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen das Licht je nach Position von Doppelsternen in der Umlaufbahn ausgesandt wird, würden das auf der Erde empfangene Bild der Umlaufbahnen verzerren. D.h. die Sterne verhalten sich scheinbar so, als ob sie den Keplerschen Gesetzen nicht mehr unterworfen seien. Das ist jedoch nicht der Fall, wie vor allem Willem de Sitter (1913) anführte. [11]
  • Auch wurden durch Alväger et al. (1966) π0-Mesonen beobachtet, welche bei einer Geschwindigkeit von 99,9 % der Lichtgeschwindigkeit in Photonen zerfallen. Nach der Emissionstheorie müssten die Photonen nun den Impuls und damit die Geschwindigkeit der Mesonen aufaddiert bekommen. Jedoch bewegten sich die Photonen weiter mit Lichtgeschwindigkeit. [12]
  • Die Emissionstheorie widerspricht dem Sagnac-Effekt, der bei einer Quellenabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit überhaupt nicht auftreten dürfte.

Geschichte

Ausgangssituation und Vorgeschichte

Weiterführende Information: Äther (Physik)

Zum Zeitpunkt, als das erste Experiment (1881) durchgeführt wurde, gab es zwei konkurrierende Äthertheorien.

  1. Augustin Jean Fresnel (1819) nahm an, dass der Äther in der Nähe der Körper gar nicht, und nur in den Körpern selbst mitgeführt werde. Die Geschwindigkeit des Lichts in einem mit der Geschwindigkeit v bewegten Medium ergab sich in dieser Theorie als c = c0 + φ mit dem Mitführungskoeffizienten φ = (1 − 1 / n2)v, wobei n die Brechzahl ist. [13]
  2. George Gabriel Stokes (1845) nahm dagegen an, dass der Äther in und in der Nähe der Körper vollständig mitgeführt werde. [14]

Eine wichtige Entscheidung zwischen den Theorien erbrachte das Fizeau-Experiment von Armand Hippolyte Louis Fizeau (1851). Er verwendete eine Interferometer-Anordnung, mit der die Lichtgeschwindigkeit im Wasser gemessen wurde.[15] Das Ergebnis sprach für eine teilweise Mitführung des Äthers im Sinne Fresnels und konnte mit Stokes Theorie nur mit umständlichen Hilfshypothesen vereinbart werden. Ebenso war die Existenz der Aberration des Lichtes besser mit Fresnels als mit Stokes Theorie in Einklang zu bringen. Schließlich veröffentlichte Lorentz 1886 eine Schrift, in der gezeigt wurde, dass die Hilfshypothesen von Stokes sich selbst widersprachen. Deswegen wurde schließlich die durch Lorentz modifizierte Theorie Fresnels bevorzugt. [16]

Fresnels Mitführungskoeffizient hatte zu Folge, dass bei Ätherdrift-Experimenten keine positiven Resultate in der Größenordnung von v / c zu erwarten waren, wobei v die Relativgeschwindigkeit Erde-Äther und c die Lichtgeschwindigkeit ist. Jedoch sollte es bei Experimenten, welche Effekte in der Größenordnung von v2 / c2 aufzuzeigen vermochten, unbedingt zu positiven Resultaten kommen. Das Michelson-Morley-Experiment war das erste Experiment dieser Art.

Vorbereitung und Durchführung

Altes Observatoriumsgebäude (Michelson Gebäude), Telegrafenberg Potsdam. Im Keller wurde das ursprüngliche Experiment 1881 ausgeführt.
Originaler Nachbau des in Potsdam von Michelson durchgeführten Experimentes. Dieser Nachbau befindet sich an dem Ort (im Keller des Michelson Gebäudes am Telegrafenberg Potsdam), an welchem Michelson sein Experiment 1881 durchführte.

Michelson hatte 1879 aus einem Brief von James Clerk Maxwell an D. P. Todd, den Leiter des Nautical Almanac Office, wo er als junger Marineinstrukteur tätig war und Messungen der Lichtgeschwindigkeit durchführte, von der Möglichkeit der experimentellen Überprüfung der Bewegung der Erde durch den Äther gehört. Maxwell erwähnte darin zunächst die mögliche Überprüfung durch die Beobachtung der Verdunkelungszeiten der Jupitermonde, ein Effekt 1. Ordnung, damals aber zu schwer zu beobachten, und dann, dass bei Experimenten auf der Erde eine relative Genauigkeit von 10 − 8 erforderlich wäre (Effekt 2. Ordnung), was nach seiner Ansicht jenseits des damals Messbaren läge. Michelson führte das Experiment zuerst im April 1881 im Keller des Hauptgebäudes des Observatoriums auf dem Telegrafenberg in Potsdam (das erst 1879 fertiggestellt wurde) durch, während er mit einem Stipendium von Bell 1880 bis 1882 in Berlin war (ermutigt wurde er dabei durch den Direktor Hermann von Helmholtz). Versuche, es zuvor im Physikalischen Institut in Berlin-Mitte, Wilhelmstr.67a durchzuführen, scheiterten an Erschütterungen durch den starken Verkehr. Michelson erhielt zwar ein Nullresultat, aber die Genauigkeit war nicht sehr hoch (er benutzte ein drehbares Messing-Gestell mit Armlängen von rd. 1 m): Erwartet wurde eine Verschiebung von 0,04 Interferenzstreifen, falls die Fresnelsche Ätherhypothese richtig war, und die Fehlergrenze lag bei 0,02. Michelsons Experiment wurde dann auch sogleich von Lorentz (1884 und 1886) kritisiert, der inzwischen eine eigene Äthertheorie entwickelt hatte. [17]

Michelson wiederholte das Experiment[18] auf Drängen u.a. von Rayleigh und Kelvin 1887 in Cleveland (Ohio, an der heutigen Case Western Reserve University) zusammen mit dem Chemie-Professor Edward Morley. Hierbei verwandte er Verbesserungen wie Mehrfachreflexion zur Verlängerung des Lichtweges auf 11 m statt den rund 1,2 m in Potsdam, eine bessere Dämpfung, eine in einem Quecksilberbad schwimmende und somit leicht drehbare Versuchsplattform und einen schweren Steintisch. Um die Erschütterungen zu minimieren, wurde der Verkehr weiträumig abgesperrt. Die bei Gültigkeit der Fresnelschen Ätherhypothese erwartete Verschiebung betrug nun 0,4, die Beobachtete lag unter 0,01. Es wurde somit das berühmteste Experiment mit Nullresultat. Statt die Relativgeschwindigkeit zum ruhenden Äther aufzuzeigen, zeigte es keinen der erwarteten Effekte, so als existiere der „Ätherwind“ überhaupt nicht. Eine Relativbewegung zwischen Erde und Äther konnte nicht nachgewiesen werden. [19] Das Experiment selbst wurde vom 8. bis 12. Juli 1887 durchgeführt, wobei bei insgesamt 36 Drehungen gemessen wurde.[20] Auf die eigentlich beabsichtigten Wiederholungen zu verschiedenen Jahreszeiten (und damit verschiedenen Relativgeschwindigkeiten der Erde gegen den „Äther“) verzichteten beide.

Danach wandte sich Michelson anderen Forschungen zu und verwendete sein Interferometer für Längenmessungen.[Fußnote 1] Ein nochmals verbessertes Experiment wurde 1904 von Morley und Dayton Miller durchgeführt, wiederum durch Verlängerung des Lichtweges, diesmal auf über 32 m.[Fußnote 2] Auch Michelson führte das Experiment noch mehrfach in verfeinerter Form aus, nachdem Miller, der in größerer Höhe beim Mount-Wilson-Observatorium in Kalifornien experimentierte, 1925 behauptet hatte, doch noch ein positives Resultat erzielt zu haben[21]. Wieder waren Michelsons Ergebnisse negativ. Michelson selbst war ebenso wie Morley bis zu seinem Tod 1931 nie vollständig von der Nichtexistenz eines Äthers überzeugt. 1930 konnte Georg Joos das Verhältnis auf erwartete 0,75 der Interferenzstreifenbreite und einer beobachteten oberen Grenze von 0,002 steigern.[22] Verbesserte Experimente vom Michelson-Morley-Typ werden bis heute durchgeführt. [23]

Andere Experimente

1932 wurde das Kennedy-Thorndike-Experiment, ein modifiziertes Michelson-Interferometer mit unterschiedlich langen Wegen, durchgeführt, bei dem ein Null-Ergebnis nicht mit der Fitzgerald-Lorentz-Kontraktion alleine erklärt werden kann, sondern die Gültigkeit der gesamten Lorentztransformation voraussetzt.

Das Trouton-Noble-Experiment (1903) bezieht sich auf das elektrostatische Äquivalent des optischen Michelson-Morley-Experiments.

Andere Experimente, bei denen die Existenz eines Äthers nachgeprüft wurde, sind:

Siehe auch

Literatur

  • Jannsen, M. & Stachel, J.: The Optics and Electrodynamics of Moving Bodies. 2004. 
  • Whittaker, E. T.: 1. Ausgabe: A History of the theories of aether and electricity. Longman, Green and Co., Dublin 1910, S. 411-466.  (One Volume: From the age of Descartes to the close of the nineteenth century (1910))
  • Whittaker, E. T.: 2. Ausgabe: A History of the theories of aether and electricity, vol. 1: The classical theories / vol. 2: The modern theories 1800–1950. London 1951. 
  • A. Brillet and J. L. Hall, „Improved Laser Test of the Isotropy of Space“, Phys. Rev. Lett. 42, 549-552 (1979) (Bestätigung des MM-Experiments mit hoher Genauigkeit)
  • Dayton C. Miller, „Ether-Drift Experiment and the Determination of the Absolute Motion of the Earth“, Rev. Mod. Phys. 5, 203–242 (1933) [Issue 3 – July 1933]
  • Robert Shankland u.a. New Analysis of Interferometer Observations of Dayton Miller, Reviews of Modern Physics 1955
  • Shankland Michelson and his interferometer, Physics Today 1974
  • Michelsons eigene Schilderung findet sich in seinen Studies in Optics 1927, Dover 1995, die Originalarbeiten sind im American Journal of Science, 3.Series, Bd.22, 1881, S.120 und Bd.34, 1887, S.333
  • Gerald Holton Einstein, Michelson und das Experimentum Crucis, in Holton Thematische Analyse der Wissenschaften, Suhrkamp 1981 (zuerst in Isis Bd.60, 1969)
  • Stuewer, Goldberg (Hrsg.) The Michelson Era in American Science 1870–1930, American Institute of Physics, New York, 1988
  • L. Swenson The ethereal Aether - a history of the Michelson Morley Aether Drift Experiment 1880–1930, University of Texas Press, Austin 1972
  • Physics Today Bd.40, 1987 Michelson-Morley Memorial Issue, S.9 - 69 (Beiträge von Stachel, Will, Jackson, Swenson, Haugman u.a.)

Einzelnachweise

  1. z.B. „One of the most famous optical experiments ever performed.“ („Eines der berühmtesten Optik-Experimente, die jemals ausgeführt wurden“), Swenson, Artikel Michael Morley Experiment in Lerner, Trigg (Hrsg.) Encyclopedia of Physics, VCH 1990
  2. Albert Einstein, Leopold Infeld Evolution der Physik, Rowohlt Verlag, 1956, S.118
  3. Stachel, John: Einstein and Michelson: the Context of Discovery and Context of Justification. In: Astronomische Nachrichten. 303, 1982, S. 47-53
  4. Norton, John D.: Einstein's Investigations of alilean Covariant Electrodynamics prior to 1905. In: Archive for History of Exact Sciences. 59, 2004, S. 45-105
  5. George Francis FitzGerald: The Ether and the Earth’s Atmosphere. In: Science. 13, 1889, S. 390. doi:10.1126/science.ns-13.328.390
  6. Hendrik Antoon Lorentz: Die relative Bewegung der Erde und des Äthers. In: Abhandlungen über Theoretische Physik, S. 443-447, Leipzig: B.G. Teubner 1892/1907
  7. Eine einfache geometrische Konstruktion dafür hatte Oliver Heaviside 1889 angegeben, vgl. Sexl, Urbantke Relativität, Gruppen, Teilchen, Springer, S.96
  8. Genauer spricht er davon, dass die für die Form des starren Körpers verantwortlichen molekularen Kräfte „wahrscheinlich“ vom Äther in ähnlicher Weise wie die elektromagnetischen Kräfte übertragen werden. Lorentz The Theory of Electrons, 1909, zitiert bei Sexl, Urbantke Relativität, Gruppen, Teilchen, S.96
  9. Lorentz in Conference on the Michelson-Morley Experiment, Astrophysical Journal Bd.68, 1928, S.350, zitiert bei Sexl, Urbantke Relativität, Gruppen, Teilchen, Springer 1976, S.11
  10. Shankland Conversations with Einstein, American Journal of Physics Bd.31, 1963, 47, allerdings gab er in einem Brief von 1952 zu, doch indirekt über die Schriften von Lorentz durch das Experiment beeinflusst worden zu sein, Shankland American Journal of Physics, Bd.32, 1964, 16
  11. De Sitter, W.: Ein astronomischer Beweis für die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit. In: Physik. Zeitschr.. 14, 1913, S. 429. 
  12. Alväger, T. et al.: Velocity of high-energy gamma rays. In: Arkiv för Fysik. 31, 1966, S. 145-157. 
  13. Fresnel, A.: Lettre d’Augustin Fresnel à François Arago sur l’influence du mouvement terrestre dans quelques phénomènes d’optique. In: Annales de chimie et de physique. 9, 1818, S. 57–66. 
  14. Stokes, G. G.: On the Aberration of Light. In: Philosophical Magazine. 27, 1845, S. 9-15. 
  15. Fizeau, H.: Sur les hypothèses relatives à l’éther lumineux, et sur une expérience qui paraît démontrer que le mouvement des corps change la vitesse avec laquelle la lumière se propage dans leur intérieur. In: Comptes Rendus. 33, 1851, S. 349–355. 
  16. Lorentz, H. A.: De l’influence du mouvement de la terre sur les phénomènes lumineux. In: Archives néerlandaises des sciences exactes et naturelles. 21, 1887, S. 103–176. 
  17. Michelson, A. A.: The Relative Motion of the Earth and the Luminiferous Ether. In: American Journal of Science. 22, 1881, S. 120-129. 
  18. Nachdem er vorher nochmals 1886 mit höherer Genauigkeit das Experiment von Fizeau zu Fresnels Äther-Mitführungshypothese bestätigt hatte
  19. Michelson, A. A., Morley, E.W.: On the Relative Motion of the Earth and the Luminiferous Ether. In: American Journal of Science. 34, 1887, S. 333-345. 
  20. Die Gesamtmesszeit betrug nur etwa 5 Stunden. Swenson in Lerner, Trigg The Encyclopedia of Physics, VCH Verlag
  21. Shankland u.a. Reviews Modern Physics 1955 führten dies später auf thermische Fluktuationen zurück
  22. dargestellt in Joos Lehrbuch der Theoretischen Physik
  23. z.B. Müller, Peters, Hermann, Braxmeier, Schiller Physical Review Letters Bd.91, 2003, mit tiefgekühlten optischen Resonatoren, [1]

Fußnoten

  1. 1895 führte er allerdings nochmals ein Interferometerexperiment in Chicago aus, um festzustellen, ob sich die „Mitnahmeeffekte“ des Äthers mit der Höhe ändern würden
  2. Außerdem testeten beide die Kontraktionshypothese von Lorentz, indem sie verschiedene Materialien verwandten

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