Architekturepoche

Architekturepoche

Die Geschichte der Architektur umfasst die technische, funktionale und ästhetische Entwicklung der Architektur und der Bauwerke über alle historischen Epochen vom Beginn menschlicher Bautätigkeit bis heute.

Lange Zeit prägten sich dabei in zeitlicher Abfolge bestimmte Stilepochen aus, auch Baustil oder Architekturstil genannt. Die Entwicklung war dabei abhängig von klimatischen, technischen, religiösen und kulturellen Randparametern. Dieser Stil war in dem jeweiligen Kulturkreis lange Zeit allgemein anerkannt, bis sich dann langsam eine neue Art zu Bauen durchsetzte.

Seit der Moderne und mit der Industrialisierung beschleunigte sich dieser Prozess enorm. Seit dem 19. Jahrhundert folgten immer schneller aufeinander neue "Moden" in der Architektur, die teilweise gleichzeitig und in der gesamten westlichen Welt auftraten.

Seit der Nachkriegszeit wird eine zeitliche und räumliche Abgrenzung von Stilen weltweit immer schwieriger. Die Kriterien zur Kategorisierung von Architekturstilen sind nun vorwiegend formaler Natur. In der zeitgenössischen Architektur gibt es eine große Vielfalt von Stilen und Architekturauffassungen, die räumlich und zeitlich nebeneinander existieren.

Inhaltsverzeichnis

Architektur in der Vor- und Frühgeschichte

Ausgrabung der jungsteinzeitlichen Siedlung Skara Brae auf Orkney/Schottland

Im archäologischen Zeitalter der Vor- und Frühgeschichte, zunächst in der Vorgeschichte und verstärkt in der Frühgeschichte der Menschheit werden die Menschen sesshaft. Bauten entstehen für die Urbedürfnissen und frühe Baustile entwickeln sich von von Steinzeit bis zur Eisenzeit:

  • Die Neolithische Architektur der Jungsteinzeit: 10.000 v. Chr – 3.300 v. Chr, in Mitteleuropa ab 5.500 v. Chr - 2.200 v. Chr.
  • Die Bronzezeitliche Architektur in der Bronzezeit: Ab 3.300 v. Chr, 2.200 v. Chr in Mitteleuropa – um 1.000 v. Chr
  • Die Eisenzeitliche Architektur in der Eisenzeit: Im vorderen Orient 1.200 v. Chr - 6. Jh. v. Chr., in Mitteleuropa 800 v. Chr – bis 6. Jh. n. Chr.

Frühe Hochkulturen

Ägypten: Karnak-Tempel
Babylonisches Ischtar-Tor im Pergamonmuseum
Persien: Ruinen von Persepolis
Minoisch: Knossos auf Kreta
Mykene: Löwentor

Während in der Frühgeschichte der Menschheit die Bauten sich zumeist nur an die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen - also an Wohnen, Lagerung und Viehhaltung - orientieren, entwickeln sich in den frühen Hochkulturen weitere Bedürfnisse. Erste bäuerliche Siedlungen und Kulturen werden zu städtischen Besiedlungen mit Wohn-, Gewerbe-, Handels- und Kulturbauten. Die Architektur der dann folgenden frühen Hochkulturen orientierte sich an Klima, Baumaterial, Topografie, Konstruktionskenntnisse, Wirtschaftsstruktur, Religion, Staat und Gesellschaft. Sakralbauten (z. B. Tempelstätten in Uruk), Palastbauten (z. B. mesopotamische Hofhäuser) und Befestigungsanlagen (z. B. Stadtmauer von Uruk) bestimmen die frühen, führenden Bauaufgaben. Die folgenden frühen Hochkulturen prägten die Architektur:

Westliche Welt

Die Architektur der westlichen Welt in Europa und später dann in anderen Kontinenten entwickelte sich in mehreren "doppelten Zyklen", von einem eher einfacheren Stil hin zur verstärkten Verwendung des Ornaments und der Plastizität sowie von einer eher horizontalen Gliederung hin zur verstärkten Betonung der Vertikalen.

Antike

Griechische Antike: Großes Theater von Pompeji

Die Antike (von lateinisch antiquus, = alt, altertümlich) bezeichnet die Epoche des Altertums im Mittelmeerraum (1200 v. Chr. - ca. 600 n. Chr.).

Es wird Unterschieden in

Römische Antike: Pont du Gard in Frankreich

Beginnendes Mittelalter

Byzantinik: Hagia Sophia
Frühe Epoche: Sant'Apollinare in Classe (Hauptschiff) in Ravenna
Mittlere Epoche: Kiewer Sophienkathedrale
Karolinger Zeit: Torhalle Lorsch

Die Übergangszeit oder Zwischenzeit von der Römischen Antike bis zur Romanik wird unterteilt in:

Mittelalter vom 10. bis 16. Jahrhundert

Hochromanik: Speyerer Dom
Spätromanik: Limburger Dom
Early English Period: Kathedrale von Salisbury
Flamboyant: Sainte-Chapelle

Neuzeit im 15. bis 18. Jahrhundert

Bramantes Grundriss vom Petersdom in Rom
  • Barock (etwa 1600 – 1780): Als Kunstform des Absolutismus und der Gegenreformation ist der Barock (Portugiesisch: Unregelmäßig geformte Perlen) durch üppige Prachtentfaltung gekennzeichnet. Ornament und Plastizität nahmen zu. Zuerst entwickelte sich der Stil in Italien bevor er sich in Europa und in der Neuen Welt durchsetzte. Kunstgeschichtlich wird unterteilt in

Neuzeit im 18. und 19. Jahrhundert

Klassizismus: Fridericianum in Kassel, 1779
  • Klassizismus (1750–1840) ist eine Stilepoche, in der die Nachahmung des Bauformen der Antike (vorrangig der griechische Tempelbau) erfolgte. Auch die Baukunst Palladios (1508 bis 1580) in der Renaissance wird öfters als Klassizismus bezeichnet. Es wird unterschieden in
    • Frühklassizismus (in Frankreich auch als goût grec bezeichnet) (1750–1770).
    • Revolutionsarchitektur (1750 – 1790) als Teil der Stilepoche.
    • Klassizismus (1770–1840)
    • Der Federal Style in den USA von 1780 bis 1830; verschiedene Capitolgebäude in den Hauptstädten der US-Bundesstaaten sind Beispiele dieser Richtung.
Neugotik: Erfurter Rathaus
  • Historismus (1840 – 1900) ist die Stilepoche bei der man auf verschiedene (Stilpluralismus) ältere Stilrichtungen zurückgriff und diese nachahmte. Die Untergruppen sind keine zeitlichen, sondern stilistische Abgrenzungen, für die ihre Hauptzeiten angegeben sind
    • Neugotik (1840, mit früheren Ansätzen – 1900)
    • Neorenaissance (1850 – 1885)
    • Neuromanik (1870, bis in die 1920er)
    • Neobarock (1880, bis in die 1920er), in der Innenarchitektur auch als Neurokoko
    • Neoklassizismus (ab etwa 1890, hält sich über das Ende des eigentlichen Historismus hinaus („Neohistorismus“) bis in die 1930er, in den USA und im Ostblock bis in die 1950er)
    • Im Eklektizismus (von griech. eklektós = ausgewählt) des Historismus wurden verschiedene Stile bei einem Bauwerk verwendet.

Moderne

Jugendstil/Art Nouveau: Haus Singer in Sankt Petersburg, 1904
Heimatschutzstil: Rathaus von Wiehl
Organisches Bauen: Robie House (1908) im Oak Park bei Chicago von Frank Lloyd Wright
frühe(r) Moderne/Bauhausstil: Fagus-Werk in Alfeld von Walter Gropius (1912)
Bauhaus: Die Meisterhäuser des Bauhaus
Expressionismus: Einsteinturm von 1919/21
Internationaler Stil: Gebäude der Vereinten Nationen in New York
  • Klassische Moderne (ca. 1920 bis heute). Sie beginnt zunächst mit minimalistischen und funktionalen Tendenzen. 1911/12 entstanden die von Walter Gropius entworfenen Fagus-Werk in Alfeld. Der Erste Weltkrieg verzögert noch diese Entwicklung in der Architektur. Danach setzt sich diese Stilrichtung immer mehr durch. Als große Architekten und Vordenker der Modernen können genannt werden Mies van der Rohe, Le Corbusier, Frank Lloyd Wright, Walter Gropius und Louis Sullivan. Die nachfolgenden Begriff sind Strömung der klassischen modernen Architektur, oft nur andere Bezeichnungen für die neue Stilrichtung:
    • Neue Sachlichkeit wurde als Abkehr vom Expressionismus und Jugendstil der ersten Nachkriegsjahre der neue Stil genannt. Die Kölner Werkbundausstellung von 1914 zeigte bereit diese Stilrichtung an.
    • Neues Bauen war in Rahme der Neuen Sachlichkeit eine Bewegung in der Architektur und im Städtebau in Deutschland (1907–1933), die im Kontext stand mit der sich entwickelnden Bewegung De Stijl in den Niederlanden.
    • Das Bauhaus war im eigentlichen Sinne eine deutsche Bauschule, die von 1919 bis 1933 bestand; als Stilrichtung fand der Begriff eine erweiterte Anwendung für eine Architektur der Neuen Sachlichkeit, u. a. Vertreten von Gropius, Mies van der Rohe und Hannes Meyer.
    • Als Funktionalismus (auch Rationalismus) wurde ein Stil bezeichnet für das Zurücktreten rein ästhetischer Gestaltungsprinzipien hinter dem die Form bestimmenden Verwendungszweck (Louis Sullivan: Form follows function). Im 19. Jahrhunderts bereit vorgedacht entwickelte sich diese Denkrichtung in Deutschland erst mit der Gründung des Deutschen Werkbundes von 1907, die in die Baustile der Neuen Sachlichkeit, des Bauhauses und des Funktionalismus mündeten.
    • Internationaler Stil, ist schließlich eine allgemeine Bezeichnung der Baustile der Modernen, welche sich ab 1922 in Europa und dann in der ganzen Welt durchsetzt hat. Das Gebäude der Vereinten Nationen(UNO) in New York ist ein Repräsentant dieses Stils.
  • Die Industriearchitektur im 19. und 20. Jahrhundert ist keine gesonderte Stilrichtung der Architektur; auch sie unterliegt den Wandlungen der Architekturstile. Sie gilt aber oft als Vorreiter moderner Architektur. Herausragende Beispiele der Entwicklung sind u. a. die AEG-Turbinenfabrik von 1909 in Berlin von Peter Behrens, die Fagus-Werk von 1911/12 in Alfeld (Leine) von Walter Gropius und Adolf Meyer oder die Völklinger Hütte.

Späteres 20. Jh. und aktuelle Tendenzen

Brutalismus: Royal National Theatre in London
Strukturalismus: European Space Research and Technology Centre in Noordwijk
Dekonstruktivismus: Guggenheim Museum Bilbao

Zeitgenössische Architektur

Architektur ist heute globalisiert. Aktuelle Trends und Tendenzen werden von internationalen Architekturbüros gesetzt und sind weder räumlich noch zeitlich klar abgrenzbar. Zwar gehen die Architekten auch heute noch auf lokale Gegebenheiten und Traditionen ein, der Stil ist jedoch international. Einige neue Strömungen können dabei registriert werden:

Minimalismus: Kunsthaus Bregenz von Peter Zumthor (1997)
  • Ökologisches Bauen soll ressourcenschonend sein; als Stilrichtung kann noch keine besondere Ausprägung erkannt werden.
  • Supermodernismus soll eine Stiltendenz beschreiben, die im Gegensatz zur Postmodernen und zum Dekonstruktivismus steht und sich auf die klassische Moderne bezieht. Es ist fraglich, ob sich der Begriff durchsetzen kann.

Architektur in einzelnen Länder

An dieser Stelle werden nur Hinweise auf Artikel zur Architekturentwicklung in einzelnen Ländern oder Regionen aufgezeigt:

Im Westen

Die folgenden Artikel gehen im Detail auf die Architekturgeschichte einzelner Länder ein:

Nicht-Abendland

osmanische Selimiye-Moschee (1568–1575) in Edirne/Türkei
Kaiserpalast (Chinesische Architektur)
Angkor Wat (Südostasiatische Architektur)

Einzelne Länder

Siehe auch

Literatur

  • Übersichten
    • Glancey, Jonathan: Geschichte der Architektur. Mit einem Vorwort von Norman Foster, Dorling Kindersley Verlag, Starnberg 2006, bis 2006: ISBN 3-8310-9048-3; ab 2007: ISBN 978-3-8310-9048-8.
    • Koch, Wilfried: Baustilkunde. Orbis, München 1994, ISBN 3-572-00689-9 (behandelt die europäische Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart, mit 50 Verbreitungskarten und fünfsprachigem Glossar).
    • Paegelow,Claus: Internationales Architektenlexikon, 2004, ISBN 978-3-00-012851-6.
    • Philipp, Klaus Jan: Das Reclam Buch der Architektur, Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2006, 463 S. mit 359 ein- und mehrfarb. Abb., ab 2007: ISBN 978-3-15-010543-6; bis 2006: ISBN 3-15-010543-9 (eine Geschichte der Architektur in Themen-Doppelseiten).
    • Prina, Francesca: Atlas Architektur. Geschichte der Baukunst. DVA, München 2006, ISBN 978-3-421-03606-3.
    • Seidl, Ernst (Hg.): Lexikon der Bautypen. Funktionen und Formen der Architektur. Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-15-010572-6.
    • Dieter Struss (Redaktion): Der große Bildatlas der Architektur (The World History of Architecture); Orbisverlag, München 2001, ISBN 3-572-01302-X.
  • Einzelne Epochen
    • Werner Müller und Gunther Vogel: dtv-Atlas Baukunst. Band 1 und 2: Baugeschichte von Mesopotanien bis Byzanz und von der Romantik bis zur Gegenwart; Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2005, ISBN 3-423-03020-8 und ISBN 3-423-03021-6.
    • Benevolo, Leonardo, Geschichte der Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts, 2 Bände, 3. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1987.
    • Lampugnani, Vittorio Magnago: Architektur und Städtebau des 20. Jahrhunderts, Verlag Gerd Hatje, Stuttgart 1980, ISBN 3-7757-0144-3.
  • Teilaspekte
    • Parkyn/Neil: Siebzig Wunderwerke der Architektur. Die kühnsten Werke der Baugeschichte und wie sie realisiert wurden, Verlag Frederking & Thaler, München 2005, ISBN 3-89405-536-7.

Weblinks

  • archinoah.de Studienarbeiten zur diversen Themen der Architekturgeschichte


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