Moeritherium

Moeritherium
Moeritherium
Moeritherium, Darstellung von Heinrich Harder (1912)

Moeritherium, Darstellung von Heinrich Harder (1912)

Zeitraum
Eozän (Priabonium)
37 bis 35 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Säugetiere (Mammalia)
Höhere Säugetiere (Eutheria)
Afrotheria
Rüsseltiere (Proboscidea)
Moeritherium
Wissenschaftlicher Name
Moeritherium
Andrews, 1906

Moeritherium ist nach Phosphatherium die älteste bekannte Gattung der Rüsseltiere (Proboscidea) und damit einer der ältesten Vorfahren der heutigen Elefanten.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Moeritherium, zu deutsch Tier des Moeri-Sees, lebte vor etwa 37 bis 35 Millionen Jahren im Oberen Eozän (Priabonium) und ähnelte in seinem Aussehen dem heute lebenden Tapir, in seiner Lebensweise jedoch dem Flusspferd. Es besaß einen schweineähnlichen Kopf und verlängerte Schneidezähne im Unter- und im Oberkiefer, aber keine Stoßzähne. Die Schulterhöhe betrug um 60, im Extremfall bis 100 Zentimeter, die Körperlänge um 70 Zentimeter. Das plump gebaute Tier dürfte an die 200 Kilogramm gewogen haben. Seine Nase endete knapp vor dem Oberkiefer. Ob die Tiere einen kleinen Rüssel oder auch nur eine verdickte Oberlippe besaßen ist nicht zu entscheiden. Seine Augen und insbesondere die Ohren lagen sehr hoch am Schädel und somit wahrscheinlich immer über der Wasseroberfläche. Wahrscheinlich lebte das Tier amphibisch in Seen und Flüssen und ernährte sich vornehmlich von Wasserpflanzen [1].

Geschichte

Schädel von Moeritherium lyonsi im Muséum national d'histoire naturelle in Paris

Im Jahr 1901 wurden bei der Oase Fayyum in Ägypten Fossilreste in der Qasr-el-Sagha-Formation entdeckt, die von Charles William Andrews als Moeritherium lyonsi erstmals beschrieben wurden. Bereits ein Jahr später wurde nahebei ein weiteres, etwas kleineres Exemplar in einer fluvio-marinen Formation aufgefunden und von Andrews dem Taxon Moeritherium gracile zugewiesen. 1904 fand Andrews die ersten Moeritherium trigodon-Fossilien in Oasensedimenten der Fayyum. Max Schlosser aus München teilte 1911 von Moeritherium lyonsi ein weiteres Taxon ab, welches er als Moeritherium andrewsi bezeichnete. Letzteres Taxon war ebenfalls recht groß und stammte aus einer fluvio-marinen Formation. Vor noch nicht allzu langer Zeit (2006) kamen in Bir El Ater in Algerien erstmals Überreste des Taxons Moeritherium chehbeurameuri zum Vorschein.

Taxa

Schädel von Moeritherium andrewsi
  • Moeritherium andrewsi Schlosser, 1911
  • Moeritherium chehbeurameuri Delmer et al., 2006
  • Moeritherium gracile Andrews, 1902
  • Moeritherium lyonsi Andrews, 1901
  • Moeritherium trigodon Andrews, 1904

Fundorte

Stammesgeschichtliche Entwicklung

(Folgt dem Kladogramm und Phylogramm von Domning, D. - 1986)

Moeritherium war kein direkter Vorfahre der Rüsseltiere, sondern ein evolutiver Seitenzweig in der stammesgeschichtlichen Entwicklung hin zu den ersten echten Probosciden, die im Unteren Eozän Algeriens beheimatet waren. Der Seitenzweig der Moeritheriden war von dem gemeinsamen Vorfahren Minchenella aus dem späten Paläozän Chinas (Nonshan-Formation, Guangdong) ausgegangen. Aus Minchenella hatten sich der Zweig der Desmostylen und der Anthracobuniden entwickelt; letzterer war den Moeritheriden unmittelbar vorgeschaltet. Der Seitenzweig der Barytheriden folgte nach dem so genannten Brezina-Tier (Numidotherium) dann auf die Moeritheriden.

Mit dem Aussterben von Moeritherium erlosch der Seitenzweig ohne weitere Nachfahren.

Unter den auf Moeritherium folgenden Probosciden finden sich Phiomia, die Deinotherien (Hauerelefanten) und über das Palaeomastodon auch die Mastodonten und später die Elefanten mit den Mammuts und den heute lebenden Elefantenarten.

Einzelnachweise

  1. Alexander G. S. C. Liu, Erik R. Seiffert, Elwyn L. Simons (2008): Stable isotope evidence for an amphibious phase in early proboscidean evolution. PNAS Abstract
  2. Andrews, C.W.: A Descriptive Catalogue of the Tertiary Vertebrata of the Fayum, Egypt; Based on the Collection of the Egyptian Government in the Geological Museum, Cairo, and on the Collection in the British Museum (Natural History), London, xxxvii -I- 324 pages, 26 plates, 101 figures, frontispiece. London: British Museum (Natural History) 1906.
  3. Coiffait, P.-E., Coiffait, B., Jaeger, J.-J. & Mahboubi, M.: Un nouveau gisement a Mammiferes fossiles d'age Eocene superieure sur le versant sud des Nementcha (Algerie orientale): decouverte des plus anciens Rongeurs d'Afrique. In: Comptes Rendus de I'Academie des Sciences. series 2, 299(13), Paris 1984, S. 893-898, 7 figures.
  4. Schlesinger, G.: Studien über die Stammesgeschichte der Proboscidier. In: Jahrbuch der Kaiserlich-Königlichen Geologischen Reichsanstalt. 62(1), Wien 1912, S. 87-182, 10 figures, plates 6, 7.
  5. Sahni, A.& Mishra, V.P.: Lower Tertiary Vertebrates from Western India. In: Monographs of the Palaeontological Society of India. 3, 1975, S. 48 pages, 6 figures, 6 plates.
  6. Arambourg, C.& Magnier, P.: Gisements de Vertebres dans le bassin tertiaire de Syrte (Libye). In: Comptes Rendus Hebdomadaires des Seances de I'Academie des Sciences. 252(8), Paris 1961, S. 1181-1183.
  7. Tobien, H.: The Structure of the Mastodont Molar (Proboscidea, Mammalia), Part 3: The Oligocene Mastodont Genera Palaeomastodon, Phiomia and the Eo/Oligocene Paenungulate Moeritherium. In: Mainzer Geowissenschaftliche Mitteilungen. 6, 1978, S. 177-208, 26 figures.
  8. Gorodiski, A. & Lavocat, R.: Première découverte de Mammifères dans le Tertiaire (Lutetien) du Sénégal. In: Compte Rendu Sommaire des Séances, Societé Géologique de France, 15 (Séance du 7 Décembre 1953). 1953, S. 315-317.

Weblinks

 Commons: Moeritherium – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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