Argonautenfahrt

Argonautenfahrt
Argonauten an Bord der Argo, Ritzzeichnung um 400 v. Chr. an der Wandung der Ficoroni-Cista (Umzeichnung)

Die Argonautensage erzählt von der Fahrt des Jason (Iason) und seiner Begleiter nach Kolchis und dort von der Suche nach dem Goldenen Vlies und dessen Raub. Die Reisegefährten werden nach ihrem „sagenhaft“ schnellen Schiff, der Argo, die Argonauten genannt.

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsangabe

Pelias schickt Jason nach dem Vlies.
Argonautenschiff (Lorenzo Costa, 16. Jahrhundert)

Jason, der Sohn Aisons, erhielt von seinem Onkel Pelias, dem Herrscher von Iolkos in Thessalien, den Auftrag, das Goldene Vlies des Widders Chrysomallos, auf dessen Rücken die Zwillinge Phrixos und Helle, vor ihrer Stiefmutter Ino, geflohen waren, aus dem Ares-Hain auf Kolchis zu rauben.

Zu dieser Fahrt ließ Jason von Argos, dem Sohn des Phrixos, die mit 50 Rudern bestückte Argo bauen und forderte die berühmtesten Helden Griechenlands zur Teilnahme an dem Unternehmen auf. Von diesen, welche sehr verschieden und in sehr verschiedener Zahl genannt werden, sind die bekanntesten: Admetos, Amphiaraos, Amphion, Ankäos, Argos (der Erbauer des Schiffs und Enkel des Aietes), Herakles, Jason, Idas, Idmon, Kalais, Kastor, Kepheus, Laertes, Lynkeus, Meleagros, Mopsos, Nestor, Oileus, Orpheus, Peleus, Philammon, Polydeukes (Pollux), Polyphemos, Telamon, Theseus, Tiphys, Tydeus, Zetes.

Iolkos war der Sammelplatz, an dem sich alle einfanden. Bald hatte das Schiff den Hafen hinter sich; Orpheus belebte den Mut mit Harfenspiel und Gesang. Zuerst stieg man am Pelion aus und besuchte Cheiron, dann ging die Fahrt um Chalkidike nach Samothrake. Von hier wurde das Schiff an die illyrische Küste verschlagen und von da nach der Insel Lemnos, wo die Frauen ihre Männer wegen Untreue ermordet hatten und als Amazonen lebten. Sie gewährten den Fremden gastliche Aufnahme, und diese hätten in der Umarmung der Amazonen Kolchis vergessen, wenn nicht Herakles, der mit einigen Genossen auf dem Schiff zurückgeblieben war, die Säumigen gemahnt hätte. Jason riss sich von der Königin der Insel Hypsipyle los und bestieg zuerst das Schiff. Sie segelten an die phrygische Küste nach Kyzikos, wo die sechsarmigen Giganten und die friedlichen Dolionen nebeneinander wohnten. Letztere nahmen die Argonauten gastlich auf und erklärten ihnen den weiteren Weg.

Nach mühevoller Fahrt landeten sie endlich zwischen der Propontis und dem Schwarzen Meer bei der Stadt Kios (später Prusias), wo sie von den Mysiern freundlich empfangen wurden. Bei der Abfahrt vergaßen sie Herakles, der einen Freund suchen gegangen war, und segelten allein weiter.

An einem anderen Morgen, kurz darauf, landeten die Argonauten im Bebrykenland (Bithynien). Der König Amykos hatte allen Fremden auferlegt, sich mit ihnen im Faustkampf zu messen; verächtlich forderte er die Argonauten heraus, worauf Pollux ihn im Kampf tötete.

Harpyie

Weiter fahrend, wurden sie an die thrakische Küste nach Salmydessos verschlagen, wo Phineus von den Harpyien gequält wurde, die ihm seine Speise raubten oder sich darauf entleerten. Den abgemagerten Greis retteten Zetes und Kalais. Dafür erzählte Phineus den Argonauten, wie sie durch die am Eingang zum Schwarzen Meer stehenden Symplegaden (Kyaneischen Felsen), welche alles Passierende, ob Schiff oder Vogel, zerquetschten, gelangen könnten. Zuerst wurden die Argonauten durch 40-tägige Nordwestwinde aufgehalten, bis Opfer und Gebet halfen. Auf der Fahrt durchs Schwarze Meer kamen sie zu den Mariandynern, deren König Lykos sie als die Besieger seines Feindes Amykos freundlich aufnahm. Später kamen sie zum Land der Chalyber, dann noch zu mancherlei Völkern und zur Insel Tia (Aresinsel), wo die stymphalischen Raubvögel hausten, welche ihre ehernen Federn als Pfeile abschossen. Danach sahen die Argonauten die Spitzen des Kaukasus emporragen und vernahmen des Prometheus Stöhnen und den Flügelschlag des Adlers, der in dessen Leber wühlte.

Nun gelangten sie ans Ziel, an den Fluss Phasis, in den sie das Schiff ruderten. Links schaute man den ragenden Kaukasus und die Hauptstadt Kyta, rechts, als Schauplatz der Dinge, die da kommen sollten, Feld und Hain des Ares.

Am anderen Morgen begab sich Jason mit Telamon und den Kindern des Phrixos zum König Äetes, um das Goldene Vlies zu fordern. Äetes versprach, es auszuliefern, wenn Jason mit den feuerschnaubenden, erzfüßigen Stieren, die ihm Hephästos geschenkt hatte, die Aresflur pflüge und Drachenzähne säe. Jason bewältigte dieses Unterfangen mit Hilfe Medeas, Tochter des Königs, die sich in ihn verliebt hatte. So waren die Bedingungen zwar erfüllt, aber Äetes verweigerte das Fell und gedachte über Nacht, die Argonauten zu erschlagen. Medea verriet ihres Vaters Plan und half Jason, das Vlies zu stehlen, unter der Bedingung, dass er sie zur Frau nähme.

Über die Heimfahrt der Argonauten weichen die Sagen sehr voneinander ab. Die einen lassen sie auf demselben Weg, den sie gekommen, andere durch den Phasis in den Okeanos (Meer), um Asien herum, durch den Nil und teils zu Lande, wo sie das Schiff trugen, teils zu Wasser über Libyen (Afrika) durch den See Triton in das Mittelländische Meer gelangen. Apollonios („Argonautica“) zufolge wollten die Argonauten nach Phineus' Rat nicht auf demselben Weg zurückkehren, sondern durch den Pontus Euxinus in den Ister (Donau) fahren; die Kolchier folgten ihnen aber und schnitten ihnen den Ausweg ab (siehe auch Absyrtos).

Darauf gelangten die Argonauten aus dem Ister in den Adriatischen Meerbusen und zu einer Insel an der Mündung des Eridanos, fuhren weiter zum Lande der Hylleer in Illyrien, an Korkyra, Melite und Kalypsos Insel vorbei. Nach weiteren Irrfahrten hatte Hera ein Einsehen und begünstigte die weitere Fahrt. Orpheus' Gegengesang brachte sie glücklich bei den Sirenen vorbei, Thetis und die Nereiden halfen ihnen an Skylla und Charybdis (Meerenge von Messina) vorbei, und so kamen sie fröhlich zu dem glücklichen Volk der Phäaken, dessen König Alkinoos sie gastlich aufnahm. Letzterer, von den einholenden Kolchiern, welche die Auslieferung Medeas forderten, wie von den verfolgten Argonauten als Schiedsrichter anerkannt, wollte nun die Jungfrau den Kolchiern zusprechen. Seine Gattin Arete aber wusste Jasons und Medeas eheliche Verbindung zu bewirken, und die Kolchier mussten verzichten.

Jason überreicht Pelias das Vlies.

Sie irrten noch eine Weile zu Land und zu Wasser durch die Gegend, bis sie endlich auf der Insel Ägina landeten und in die Heimat gelangten. Nach Ovid lebte Aison noch bei Jasons Rückkehr und ward von Medea verjüngt. Jasons Mutter hatte den Pelias verflucht und sich getötet; auch ihren Sohn Promachos hatte Pelias ermordet. Nun kam Jason und überreichte das Goldene Vlies.

Nachdem er die Argo Poseidon geweiht hatte, forderte er Medea zur Rache an Pelias auf. Diese beredete dessen Töchter, ihren Vater zu zerstückeln und zu kochen, um ihn so zu verjüngen. Akastos aber, Pelias' Sohn, bestattete ihn und vertrieb Jason und Medea aus Iolkos. Sie gingen nach Korinth und lebten dort glücklich zehn Jahre lang, bis der König Kreon seine Tochter Glauke mit Jason verlobte und dieser Medea verstieß. Über die Rache der letzteren s. Medea.

Liste der Teilnehmer des Argonautenzuges

Für die Teilnahme an dem Zug nach Kolchis konnte Jason die größten Helden seiner Zeit gewinnen, darunter die Väter vieler Trojakämpfer. Verschiedentlich ist von fünfzig Argonauten die Rede:

  1. Admetos, Gemahl der Alkestis
  2. Akastos
  3. Aithalides
  4. Amphiaraos einer der Sieben gegen Theben, Feldherr aus Argos
  5. Amphion, Sohn des Hyperasios
  6. Ankaios, Heros von Tegea
  7. Argos, der Erbauer des Schiffes „Argo“
  8. Askalaphos
  9. Asterion, Sohn der Antigone, der Tochter des Pheres
  10. Atalante, die windschnelle Läuferin
  11. Autolykos, Dieb und Sohn des Hermes
  12. Butes
  13. Echion
  14. Erginos von Orchomenos
  15. Euphemos, ein Sohn von Poseidon und Europa einer Okeanide
  16. Euryalos
  17. Herakles, der Sohn des Zeus und der Alkmene
  18. Hylas, der Waffenträger des Herakles
  19. Iason, der Führer des Zuges
  20. Idas, der Sohn des Aphareus
  21. Idmon, der Seher
  22. Iolaos
  23. Kalais, einer der Boreassöhne
  24. Kanthos
  25. Kastor, einer der Dioskuren
  26. Kepheus
  27. Klythios, Sohn des Eurytos von Öchalia
  28. Kytissoros
  29. Laertes
  30. Lynkeus, der Lotse der Argo
  31. Melas
  32. Meleagros, Sohn des Oineus und der Althaia
  33. Menoitios (Menötius), der Vater des Patroklos
  34. Mopsos, der Wahrsager der Argonauten
  35. Neleus (Nileus, ein Krieger, der behauptet ein Abkömmling des Nils zu sein)
  36. Nestor, Sohn des Neleus aus Pylos
  37. Oileus
  38. Orpheus, der Sänger
  39. Palaimon
  40. Peleus, Vater des Achilleus
  41. Philoktetes, der Bogenschütze
  42. Phrontis
  43. Peirithoos, Sohn des Ixion
  44. Poeas
  45. Polydeukes (Pollux), einer der Dioskuren
  46. Polyphemos, (wird bei den Mysiern zurückgelassen)
  47. Poriklymenos
  48. Talaos
  49. Telamon, der Vater des Ajax
  50. Theseus, Sohn des Ägeus
  51. Tiphys
  52. Zetes, einer der Boreassöhne

Künstlerische Bearbeitungen

Die Argonautensage, in welcher mythische und geschichtliche Elemente zusammengewoben sind, ist vielfach poetisch bearbeitet worden, sowohl als Epos als auch als Tragödie, z. B. von Eumelos, Peisandros, Äschylos, Sophokles u. a. Was wir besitzen, sind die griechischen Epen des Apollonios und des sogen. Orpheus und das lateinische Heldengedicht des Valerius Flaccus. Eine ziemlich ausführliche Geschichte dieses Zugs gibt auch Pindar in dem vierten pythischen Siegeslied. Auch Künstler machten den Argonautenzug zum Gegenstand ihrer Darstellungen, so Lykios in einem plastischen Bildwerk, worüber nichts Näheres bekannt ist; der Maler Mikon stellte die Rückkehr der Argonauten im Tempel der Dioskuren zu Athen dar. Auch das vom Redner Hortensius um 144.000 Sesterzien angekaufte Gemälde des Kydias behandelt die Argonautensage (vielleicht dasselbe, welches später im Porticus Neptuni oder Argonautarum zu Rom aufgestellt war). Unter den noch vorhandenen Kunstwerken ist die Darstellung der Besiegung des Amykos durch Polydeukes auf der sogen. Ficoronischen Suche Ciste (s. d.) in Rom als das schönste uns erhaltene Werk der zeichnenden Kunst der Alten zu nennen. Auch auf Vasenbildern ist der Mythus mehrfach behandelt. Von neuern Darstellungen verdienen Erwähnung: der Argonautenzug von Carstens (hgg. von Riegel, Leipz. 1884, 24 Tafeln) und der Szenen daraus enthaltende Fries von Schwanthaler in der Residenz zu München.

Christa Wolf hat sich extreme Freiheiten bei der Bearbeitung des Materials genommen.

Literatur

  • Friedrich Vater: Der Argonautenzug. Aus den Quellen dargestellt und erklärt. Universitätsdruckerei, Kasan 1845
  • Julius Stender: De Argonautarum ad Colchos usque expeditione fabulae historia critica. Kiel 1874.
  • Apollonius von Rhodos: Die Fahrt der Argonauten. Griechisch/Deutsch von Paul Dräger. Stuttgart 2002, ISBN 3-15-018231-X

Weblinks


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