3. Sinfonie (Bruckner)

3. Sinfonie (Bruckner)

Anton Bruckners Sinfonie No. 3 in d-Moll (WAB 103) war Richard Wagner gewidmet und wird gelegentlich auch als Bruckners Wagner-Sinfonie bezeichnet. Bruckner schrieb sie 1873, überarbeitete sie 1877 und ein zweites Mal im Jahre 1891.

Inhaltsverzeichnis

Besetzung

Aufführungsdauer:

  • Originalfassung ca. 75 Min.
  • Zweit- und Drittfassung ca. 55-60 Min.

Entstehung

Der erste Satz war in der Skizze am 21. Februar 1873 beendet und am 16. Juli in der Partitur, das Adagio am 24. Mai. Das Scherzo trägt den Vermerk "Wien, 11. März 1873" und das Finale wurde in der Skizze am 31. August in böhmischen Marienbad beendet. Am selben Tag reiste er nach Bayreuth und legte Wagner, sowohl seine 2. Sinfonie als auch sein neuestes Werk in d-Moll (3.) vor, mit der Bitte, die auszuwählen, die ihm besser gefalle und diese ihm widmen wolle. Als Bruckner am späteren Tag Wagner, auf dessen Einladung, erneut aufsuchte um seine Wahl zu erfahren, Wagner wollte sich etwas Zeit nehmen die Noten durchzusehen, genossen die beiden zu viel Bier, so dass Bruckner nach seiner Rückkehr sich nicht mehr erinnern konnte, welche Wagner gewählt hatte. Die beiden mussten schriftlich klären, welches die Gewählte war. Das Verhältnis zwischen den beiden Komponisten war nach diesem Abend aber sehr freundschaftlich.

Auf der letzten Seite der Partitur der 3. Sinfonie hatte Bruckner eingetragen „vollständig fertig 31. Dezember 1873 nachts“. Das Autograph der 3. Sinfonie ist in dieser Form allerdings nicht erhalten, weil Bruckner die Änderungen zur 2. Fassung von 1877 in das Manuskript eintrug und bei der grundlegenden Überarbeitung der Sinfonie einzelne Bögen des Manuskripts ganz austauschte. Zum Glück haben sich die Bögen der ersten Fassung erhalten, so dass sich aus ihnen und den veränderten Bögen des Autographs die erste Fassung (mit Unsicherheiten) wieder gewinnen ließ. 1888 wandte sich Bruckner dieser Sinfonie nochmals zu und überarbeitete sie wiederum grundlegend. Aus diesem Grund existieren nun insgesamt drei Fassungen dieser Sinfonie. Die erste Fassung wurde durch ihre Wagnerzitate aus Tristan und Ring berühmt, die blockweise eingefügt waren und darum ohne Eingriff in die Substanz entfernt werden konnten. Dies verdeutlicht auch die grundlegende Kompositionsweise der ersten Fassung, bei der periodische Abschnitte, die als solche gekennzeichnet sind, durch Pausen und Fermaten voneinander getrennt nebeneinander stehen.

Zur Musik

Zweiter Satz

Der zweite Satz verweist mit seiner bogenförmig, symmetrischen Gliederung in A - B - C - Av -Bv auf den Rondotypus anderer Brucknerscher Adagios.

Die Gruppe A (Takt 1-40) beginnt mit einem viertaktigen Thema A im warmen Streicherklang. Diese wirkt im Gegensatz zum weiteren Verlauf der Gruppe melodisch und harmonisch geschlossener, und ist vom Choral und dem Beethovenschen Adagio-Typ bestimmt, [1] ist allerdings weitaus chromatischer geprägt. [2] Ober- und Unterstimme bewegen sich im gemessenen Choralrhythmus, und das Terzintervall ist bestimmend. Der Bass imitiert den Terzsprung G - Bb der Oberstimme, welcher mit dem F die Quinte der Dominante ansteuert. Über Vorhaltsbildungen in Takt 2 wird wieder die Tonika erreicht. Mit den auftaktigen zwei Achteln zu Ende von Takt 2 löst sich der Bass in abwärts schreitender Viertel-Begleitung von der Tonika. Die Harmonik bewegt sich in den Bereich der Subdominanten As-Dur. Darüber erhebt sich die Solovioline in einer auf- und danach absteigenden Figur. Ein seufzerartig absinkender Vorhalt bestimmt Takt 4-8. Eine chromatisch absteigende Bassfigur über c-ces-b-as füllt dabei die Pausen des Seufzermotivs aus. Die Dynamik verebbt in einem Diminuendo bis zum ppp. Es wird nicht die Dominante angesteuert, sondern entfernte Tonarten wie Ces- und Fes-Dur. Darauf folgt ein achttaktiger Abschnitt (Takt 9-17) im Crescendo über halbtönig absteigendem Bass. Die Violinen bringen dazu in den ersten 4 Takten ein auch chromatisch durchsetztes an und aufsteigendes Frage und Antwortspiel. Und ab Takt 13 eine sich immer höher schraubende Sequenz. Sich abwechselnde, an das Seufzermotiv von Takt 4 ff. erinnernde Holzbläser und die Hörner bereichern das Klangbild zusätzlich. Es folgt eine voll instrumentierte Klimax im ff (Takt 17-20). Diese wird aber sofort von einem dreitaktigen Streicherabschnitt im pp unterbrochen. Diese wurde von Haas mit Verweis auf Bruckners Ave-Maria-Motette von 1856 als "Marien-Kadenz" charakterisiert. [3]

Wirkung

Die Uraufführung der Sinfonie war 1877 in Wien und wurde von Bruckner selbst dirigiert. Das Konzert war allerdings ein Desaster. Bruckner war zwar in der Lage, einen Chor zu dirigieren, besaß aber wenig Erfahrung in der Leitung eines Sinfonieorchesters. Das an gute Konzerte gewöhnte Wiener Publikum, das Bruckners Werk zur damaligen Zeit nicht sehr aufgeschlossen gegenüberstand, verließ zu großen Teilen die Konzerthalle noch während der Aufführung. Selbst Orchestermitglieder verließen die Bühne. Einer der wenigen Unterstützer war Gustav Mahler, der unter anderem einen Klavierauszug der Sinfonie erarbeitete und zum Dank von Bruckner das handschriftliche Manuskript der ersten drei Sätze erhielt. Gustav Mahlers Witwe Alma Mahler-Werfel versuchte Ende der 1930er Jahre dieses Autograph an die Nationalsozialisten zu verkaufen, die wegen Adolf Hitlers Interesse an Bruckners Musik europaweit versuchten, die noch verbleibenden Manuskripte zu sammeln.

Überarbeitungen

In den Überarbeitungen nach dem Debakel der Uraufführung nahm Bruckner vor allem Kürzungen an seinem Werk, insbesondere im letzten Satz, vor. Erst 1977 wurde das Originalmanuskript publiziert. Noch immer am meisten aufgeführt ist die zusammengestrichene Fassung von 1891, gefolgt von der von 1877. Einige wenige Dirigenten der neueren Zeit wie Georg Tintner oder Johannes Wildner favorisieren die Urfassung von 1873, auch wenn diese sich von den späteren Fassungen deutlich unterscheidet und angefüllt ist mit Wagner-Zitaten, die Bruckner selbst später wieder entfernt hat. Eliahu Inbal, Jonathan Nott, Kent Nagano und Simone Young spielten die Urfassung auf CD ein.

Einzelnachweise

  1. Josef Tröller: Meisterwerke der Musik - Bruckner III. Symphonie d-moll, Wilhelm Fink Verlag, München, ISBN 3-7705-1227-8, Seite 31
  2. Thomas Röder: Auf dem Weg zur Bruckner Symphonie: Untersuchungen zu den ersten beiden Fassungen von Anton Bruckners 3. Symphonie, Stuttgart, 1987, Seite 116
  3. R. Haas: Anton Bruckner, Potsdam, 1934; zitiert nach: Thomas Röder: Auf dem Weg zur Bruckner Symphonie: Untersuchungen zu den ersten beiden Fassungen von Anton Bruckners 3. Symphonie, Stuttgart, 1987, Seite 132

Literatur

  • Max Auer: Anton Bruckner - Mystiker und Musikant. Heyne, München 1982 ISBN 3-453-55095-1.
  • Renate Ulm (Hrsg.): Die Symphonien Bruckners. Entstehung, Deutung, Wirkung. Bärenreiter, Kassel 2005, ISBN 3-7618-1590-5.

Weblinks


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