30. Sinfonie (Haydn)

30. Sinfonie (Haydn)
Joseph Haydn
Joseph Haydn.jpg
Sinfonie Nr. 30 in C-Dur
Hob: I:30
Entstehungsjahr: 1765
Schaffensperiode: Esterházy
Beiname: Alleluja
AD: ca. 15 min
Besetzung
Streicher
Flöte
2 Oboen
2 Hörner
Continuo: Fagott, Cembalo
Sätze
1. Allegro
2. Andante
3. Tempo di Menuet, più tosto Allegretto
Sinfonien Joseph Haydns

Die Sinfonie Nr. 30 C-Dur (Hob. I:30) komponierte Joseph Haydn im Jahr 1765 in Eisenstadt. Ihr Beiname „Alleluja“ geht auf das Hauptthema des ersten Satzes zurück, das auf dem österlichen Alleluja des entsprechenden gregorianischen Chorals aufbaut.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Aus dem Entstehungsjahr der Sinfonie Nr. 30 (1765) sind drei weitere Sinfonien Joseph Haydns in datierten Autographen erhalten: Nr. 28, Nr. 29 und Nr. 31.

Der Name „Alleluja“ ist bereits auf zeitgenössischen Abschriften der Sinfonie vorhanden. Er basiert auf der Verwendung des gregorianischen Alleluja der österlichen Liturgie im Hauptthema des ersten Satzes. Auch andere Komponisten des 18. Jahrhunderts benutzten dieses Alleluja – z. B. Mozart in einem Kanon KV 553. Haydn selbst verwendete das Thema nochmals im Baryton-Trio D-Dur Hob. XI Nr. 64[1], dessen 1. Satz auf den 1. Satz der Sinfonie Nr. 30 zurückgeht.[2]

Aufgrund der Verwendung des gregorianischen Allelujas wurde die Sinfonie vielleicht (auch) für den kirchlichen Gebrauch (mögliche Aufführung am Ostersonntag 1765) komponiert.[3]

Eine Besonderheit der Sinfonie ist zudem die Verschmelzung von Menuett und Finale zu einem rondoartigen „Tempo di Menuet“ – ein Formtyp, den Haydn auch in Klaviersonaten und Klaviertrios verwendete, bei den Sinfonien jedoch nur selten benutzte (ähnliche Struktur z. B. bei Nr. 4 und Nr. 18).

Zur Musik

Besetzung: Flöte (diese nur im 2. und 3. Satz), zwei Oboen, zwei Hörner, zwei Violinen, Viola, Cello, Kontrabass. Zur Verstärkung der Bass-Stimme wurden damals auch ohne gesonderte Notierung Fagott und Cembalo (sofern im Orchester vorhanden) eingesetzt, wobei über die Beteiligung des Cembalos in der Literatur unterschiedliche Auffassungen bestehen.[4] Die im so genannten „Kees-Katalog“ bei der Sinfonie Nr. 30 angeführten Trompeten und Pauken sind nicht im Autograph enthalten. Möglicherweise hat Haydn sie später hinzugefügt.[1]

Aufführungszeit: ca. 15 Minuten.

Das, was später als typische Sonatensatzform bekannt werden sollte, war zum Zeitpunkt der Komposition noch nicht ausgebildet; daher können die entsprechenden Begriffe nur mit Einschränkung auf das Werk angewandt werden.[5] Dies ist bei den im Folgenden benutzten Begriffen der Sonatensatzform zu berücksichtigen. – Die hier vorgenommene Gliederung der Sätze ist lediglich als Vorschlag zu verstehen. Je nach Standpunkt sind auch andere Abgrenzungen und Deutungen möglich.

1. Satz: Allegro

C-Dur, 4/4-Takt, 81 Takte

Die auf dem Alleluja basierende Hauptmelodie

Der Satz eröffnet mit einem achtaktigen Thema, das aus zweitaktigen Bausteinen besteht und durch seine Triller und Läufe einen barocken Charakter bekommt. Stimmführend sind dabei 1. Oboe und 1. Violine. Versteckt in den Mittelstimmen (2. Oboe, Hörner, 2. Violine, z. T. Bass) tritt zudem – von der „Hauptmelodie“ überlagert – das gregorianische Alleluja auf (in rhythmisch angepasster Form: mit Auftakt und durch Pausen unterbrochen, Notenbeispiel bei Landon (1963)[1]). Die Hauptmelodie kann dabei als Umspielung der von den Mittelstimmen vorgetragenen Alleluja-Version interpretiert werden.

Ab Takt 8 schließt sich eine Passage mit kleinen Fanfaren, virtuosen Läufen und einem Tonwiederholungs-Motiv an. Das 2. Thema (Takt 20 ff.) in der Dominanttonart G-Dur stellt eine weitere Variante des Allelujas dar: Die parallel geführten Violinen spielen im Piano unter lang ausgehaltenem D der 1. Oboe den Anfang des Themas, verziert mit Triller, Trübung nach Moll und Modulierungen über g-Moll, D-Dur, B-Dur und Es-Dur. Der Themenkopf (die ersten vier Töne) wird dann in einer Tremolopassage (Takt 30 ff.) fortgesponnen und führt zur kurzen Schlussgruppe (Takt 35 -37). Die Exposition endet mit Akkordschlägen auf G und wird einmal wiederholt.

Die Durchführung beginnt in G-Dur wie die Exposition mit der Überlagerung beider Themen. Ab Takt 45 moduliert Haydn mit 16tel-Läufen in den Violinen über a-Moll, d-Moll, G-Dur, C-Dur und E-Dur – unterlegt vom Themenkopf des Alleluja-Motivs in den übrigen Streichern und der 2. Oboe. Über eine im Tremolo fallende Linie erfolgt die Rückführung zur Tonika C-Dur, in der in Takt 58 die Reprise einsetzt.

Im Gegensatz zur Exposition tritt das Alleluja-Thema nun deutlich hörbar in den solistisch geführten Bläsern auf. Nach nur einem Überleitungstakt folgt bereits die dem 2. Thema entsprechende Variante des Allelujas in C-Dur / Moll (Takt 64 ff. analog Takt 20 ff.) mit lang ausgehaltenem G in der 1. Oboe bzw. den Hörnern. Die anschließende Tremolopassage und die Schlussgruppe entsprechen strukturell der Exposition. Durchführung und Reprise werden einmal wiederholt.

Möglicherweise hat Haydn das erste Auftreten des Allelujas den Mittelstimmen zugewiesen, um den Bibelspruch „die Letzten werden die Ersten sein“ in die Musik einfließen zu lassen.[3]

2. Satz: Andante

G-Dur, 2/4-Takt, 71 Takte, mit Solo-Flöte, ohne Hörner
Das periodisch aufgebaute Hauptthema des Satzes bekommt durch seinen charakteristischen punktierten Rhythmus einen schreitenden Charakter. Von den Elementen dieses Hauptthemas (insbesondere dem punktierten Rhythmus) lassen sich die weiteren Motive des Satzes ableiten.

Von Takt 9-12 greift die Solo-Flöte die den Themenkopf in einer Variante auf. Auch das folgende vogelrufartige Motiv in der Oboe im Dialog mit einer Streicher-Unisono-Floskel lässt sich auf das Hauptthema zurückführen. Dieser Dialog wird einmal mit veränderten Rollen (Violinen anstelle der Oboen, Flöte anstelle der Violinen) wiederholt. Die Passage steht in der Dominanttonart D-Dur und kann daher und aufgrund ihrer zum vorigen Geschehen kontrastierenden Instrumentierung / Klangfarbe ggf. als 2. Thema angesehen werden.

Der Abschnitt von Takt 21 ff. basiert auf einer Figur in den Violinen, die sich im punktierten Rhythmus nach zwei Anläufen aufwärts schraubt und in das Schlussmotiv mündet (Takt 27 ff.). Hier greift die Oboe das „Vogelruf-Motiv“ wieder auf, das dem Motiv der Schlussgruppe vom 1. Satz ähnelt. Die Exposition endet in Takt 29 in D-Dur.

Der anschließende „Mittelteil“ (keine Durchführung im engeren Sinne, da kein Material der Exposition verarbeitet wird) bringt zunächst nochmals das Hauptthema in D-Dur, um dann für ein längeres Solo für die Flöte Raum zu bieten. Dabei moduliert Haydn im Quintenzirkel abwärts (Takt 35 ff.): e-Moll / Dur, a-Moll, D-Dur, G-Dur und C-Dur. Die Reprise (T. 45 ff.) ist ähnlich der Exposition strukturiert, jedoch ist die Instrumentierung etwas verändert (bspw. Beteiligung der Flöte in der Schlussgruppe).

Mit dem schreitenden Charakter des Hauptthemas und den an Vogelrufe erinnernden Motiven von Flöte und Oboe entsteht eine Atmosphäre, die an einen österlichen Frühlingsspaziergang erinnert (ähnlich bei [3]).

3. Satz: Tempo di Menuet, più tosto Allegretto

C-Dur, 3/4-Takt, 115 Takte
Eine Besonderheit der Sinfonie ist die Verschmelzung von Menuett und Finale zu einem rondoartigen „Tempo di Menuet“ (siehe oben unter „Allgemeines“). Das Menuett hat zwei Trios, jedoch keine Wiederholungen des Menuett-Teils zwischen Trio I und II (Formtyp: A-B-C-A). Beim Menuett (Takt 1-32 sowie 71 ff.) und beim Trio II (Takt 53-70, a-Moll) ist das ganze Orchester beteiligt, während das ländlerartige Trio I (Takt 32-52, F-Dur) nur für Flöte und Streicher gesetzt ist.

Der Satz endet mit einer kurzen Coda im Fortissimo. Das Trio II weist u. a. wegen seiner Chromatik – wie auch die Trios der ebenfalls 1765 entstandenen Sinfonien Nr. 28 und Nr. 29 – slawische Züge auf.[6]

Einzelnachweise

  1. a b c Christa Landon: Joseph Haydn, Symphony No 30 („Alleluja“). Ernst Eulenburg Ltd., Nr. 566, London / Zürich ohne Jahresangabe (Vorwort und Revisionsbericht von 1963 zur Taschenpartitur)
  2. Finscher (Ludwig Finscher: Joseph Haydn und seine Zeit. Laaber-Verlag, Laaber 2000, ISBN 3-921518-94-6) schreibt dazu: „Der Triosatz baut aus den drei Choralzeilen, Ableitungen und sekundären Motiven aus Exposition, Durchführung und Reprise und mit eigenen, nicht aus der Symphonie stammenden motivischen Ableitungen eine Art motivisches Puzzle, das nur der entwirren kann, der den Symphoniesatz ziemlich genau kennt.“
  3. a b c Anton Gabmayer: Joseph Haydn: Symphonie Nr.30 C-Dur, Hob.I:30 "Alleluja". Begleittext zur Aufführung der Sinfonie am 30. Mai 2009 bei den Haydn-Festspielen Eisenstadt, http://www.haydn107.com/index.php?id=32, Stand August 2009
  4. Die Haydn-Festspiele Eisenstadt (http://www.haydn107.com/index.php?id=21&pages=besetzung, Stand September 2009), schreiben hierzu: „Haydn setzte, außer in London, für seine Symphonien höchstwahrscheinlich kein Tasteninstrument ein. Diese Ansicht, die von früheren Meinungen abweicht, wird heute unter Musikwissenschaftlern weithin anerkannt.“
  5. bspw. benutzt Walter (Michael Walter: Haydns Sinfonien. Ein musikalischer Werkführer. C. H. Beck-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-406-44813-3) die Begriffe „erster Teil“, „zweite Hauptperiode“ und „Reprise“.
  6. James Webster: Hob.I:30 Symphonie in C-Dur. Informationstext zu Joseph Haydns Sinfonie Nr 30 im Rahmen des Projekts Haydn 100&7 der Haydn-Festspiele Eisenstadt: http://www.haydn107.com/index.php?id=2&sym=30, Stand 22. März 2009

Weblinks, Noten


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