Musikermedizin

Musikermedizin

Die Musikermedizin untersucht typische Beschwerdebilder von Musikern (Musikerkrankheiten) und sucht nach Therapieansätzen.

Gelegentlich wird die Musikermedizin auch mit dem mehrdeutigen Begriff Musikmedizin benannt, der aber auch für verschiedene Formen der Musiktherapie verwendet wird.

Der verwandte Forschungsbereich der Musikphysiologie befasst sich mit der Erforschung der physiologischen Grundlagen des Musizierens und der Prophylaxe von typischen Musikerkrankheiten. Bei dem oft synonym verwendeten Begriff der Musikergesundheit geht es vor allem um die Gesunderhaltung und das Wohlbefinden des Musikers sowie um vorbeugende Maßnahmen. Dazu gehören neben ausreichend Bewegung durch geeignete Sportarten auch gesunde Ernährung und genügend Schlaf.

Durch stundenlanges Üben werden viele Muskelgruppen einseitig beansprucht, so dass es bei vielen Musikern zu Verspannungen im Schulter- und Rückenbereich kommt. Je nach Haltung und Art des Instruments sind verschiedene Körperregionen betroffen. Aber auch psychische Probleme wie Bühnenangst befinden sich im Fokus der Forscher, die sich mit Musikermedizin beschäftigen.

Inhaltsverzeichnis

Typische Beschwerden von Musikern

Häufig treten bei Musikern auf:

Forschung und Wissenschaft

Wichtiger Wissenschaftler dieses Faches ist Christoph Wagner, der 1974 das Institut für Musikphysiologie und Musikermedizin an der Hochschule für Musik und Theater Hannover mit dem Forschungsschwerpunkt Physiologische Eignungsdiagnostik für das Instrumentalspiel begründete und das Grundlagenwerk Hand und Instrument schrieb. Aber bereits 1832 erschien der Ärztliche Ratgeber für Musiktreibende von Karl Sundelin. In den 1920er-Jahren schrieb Julius Flesch über die Berufskrankheiten des Musikers (Flesch, Celle 1925). Der Nervenarzt Dr. Kurt Singer veröffentlichte 1926 das Buch Berufskrankheiten der Musiker, er lehrte seit 1923 an der Hochschule für Musik (Berlin). Nach ihm wurde das Kurt-Singer-Institut für Musikermedizin in Berlin (Universität der Künste und Musikhochschule Hanns Eisler) benannt, dessen Leitung heute Prof. Dr. Helmut Möller hat. In der DDR wurde in der Arbeitsmedizinischen Beratungsstelle der Theater und Orchester in Berlin im Fachgebiet geforscht und therapiert. Weitere Institute oder Abteilungen für Musikphysiologie und Musikermedizin befinden sich u.a. an den Musikhochschulen Freiburg, Weimar, Leipzig, Dresden und Frankfurt.

1994 wurde die Deutsche Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin gegründet, die jedes Jahr einen Kongress ausrichtet. Auch in der Schweiz, Österreich, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, USA und Neuseeland haben sich in den letzten Jahren entsprechende Verbände etabliert.

Die neueste Studie (2005) mit über 700 befragten Musikstudenten zeigt auf, dass bei Musikern im Vergleich zu Nichtmusikern (Daten aus dem Gesundheitssurvey 1998) überhäufig Beschwerden auftreten, sie aber ihren Zustand positiver einschätzen. Die Musiker, die keine Probleme haben, schlafen ausreichend, ernähren sich gesund und sind Nichtraucher.

Prävention und Therapie

Prävention bildet den Schwerpunkt der musikermedizinischen Arbeit, d. h. Musiker sollen über Vorbeugungsmöglichkeiten aufgeklärt werden. Ergonomie (sowohl eine optimale Anpassung des Instruments an den Körper mit entsprechenden Hilfsmitteln sowie gute Stühle), geeignete Sportarten und das Wissen um die physiologischen und anatomischen Grundlagen des Musizierens sind wichtige Bausteine in der Prävention von Erkrankungen des Bewegungsapparates. Auch gesunde Ernährung und ausreichend Schlaf ermöglichen leistungsfähigeres Musizieren. Zusätzlich können Entspannungstechniken hilfreich sein. Hierzu zählen Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen, Autogenes Training, Meditation aber auch Taichi chuan und Qigong. Darüber hinaus sind Bewegungslehrmethoden wie Eutonie, Alexander-Technik, Feldenkrais, Dispokinesis oder Funktionelle Bewegungslehre besonders geeignet, um Fehlhaltungen und Fehlbewegungen zu erkennen und zu verändern. Diese Techniken spielen nicht nur bei der Prävention eine wichtige Rolle, sondern können auch bereits vorhandene Störungen reduzieren oder ganz beseitigen.

Literatur

  • Eckart Altenmüller: Neurologische Erkrankungen bei Musikern. Steinkopff, Darmstadt 2003, ISBN 3-7985-1375-9 .
  • C. Spahn, B. Richter, E. Altenmüller: MusikerMedizin: Diagnostik, Therapie und Prävention von musikerspezifischen Erkrankungen. Schattauer, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-7945-2634-5.
  • BAuA (Hrsg.): Music - Safe and Sound. Hearing Conservation for Professionals in Music and Entertainment. Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 2008, ISBN 978-3-86509-866-5 (Informationen des Herausgebers).
  • Jochen Blum (Hrsg.): Medizinische Probleme bei Musikern. Thieme, Stuttgart 1995, ISBN 3-1310-028-16.
  • S. Klein-Vogelbach, A. Lahme, I. Spirgi-Gantert: Musikinstrument und Körperhaltung. Springer, Berlin und Heidelberg 2000, ISBN 3-54064-537-3.
  • Renate Klöppel: Die Kunst des Musizierens. Von den physiologischen und psychologischen Grundlagen zur Praxis. Schott, Mainz 2003, ISBN 3-7957-8706-8.
  • A. Lahme, S. Klein-Vogelbach, I. Spirgi-Gantert: Berufsbedingte Erkrankungen bei Musikern. Springer, Berlin, Heidelberg 2000, ISBN 3-54067-115-3.
  • Christoph Wagner: Hand und Instrument. Musikphysiologische Grundlagen. Praktische Konsequenzen. Breitkopf & Härtel, Wiesbaden u.a. 2005, ISBN 3-7651-0376-4.
  • Pia Skarabis: Der gesunde Musiker: Trainingsprogramme für Beruf und Hobby. Henschel Verlag, Leipzig u.a. 2005, ISBN 3-89487-520-8.

Weblinks


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