Armand Jean du Plessis (Herzog von Richelieu)

Armand Jean du Plessis (Herzog von Richelieu)
Philippe de Champaigne: Kardinal Richelieu (um 1637) – Nicht wie ein kirchlicher Machthaber sitzend porträtiert, sondern stehend wie ein weltlicher Fürst.
Wappen

Armand-Jean I. du Plessis de Richelieu, genannt vor allem Kardinal Richelieu, (* 9. September 1585 auf Schloss Richelieu, Dépt. Indre-et-Loire; † 4. Dezember 1642 in Paris), Marquis du Chillou, Bischof von Luçon (1608), Kardinal (1622), 1. Herzog von Richelieu (1631) und 1. Herzog von Fronsac (1634), Generalabt von Cluny, Cîteaux und Prémontré. Auch „rote Eminenz“ genannt; maßgeblicher Berater und Minister Ludwigs XIII.; seine vorrangigen Ziele waren die Umgestaltung Frankreichs in einen absolutistischen Staat und das Beenden der habsburgischen Vormachtstellung in Europa.

Inhaltsverzeichnis

Familie

Der Vater: François du Plessis de Richelieu

Armand du Plessis war das vierte von fünf Kindern und der jüngste von drei Söhnen. Seine Familie war, obwohl sie nur zum niederen Adel des Poitou zählte, relativ bedeutend: Sein Vater, François du Plessis, war Militär und Höfling, der das Amt des Großpropstes von Frankreich bekleidete; seine Mutter Susanne de La Porte war die Tochter eines berühmten Juristen.

Finanzielle Schwierigkeiten

Als Richelieu sechs Jahre alt war, fiel sein Vater im Krieg der Katholischen Liga gegen den zunächst noch protestantischen Heinrich IV. Mit Hilfe von königlichen Zuschüssen war Richelieus verschuldete Familie in der Lage, ihre finanziellen Schwierigkeiten zu überstehen.

Im Alter von neun Jahren wurde der junge Richelieu an das Collège de Navarre in Paris geschickt, um dort eine Allgemeinbildung zu erhalten. Nach dem Abschluss des Kollegs begann er eine militärische Ausbildung, um in die Fußstapfen seines Vaters zu treten.

Belohnung durch Heinrich III.

König Heinrich III. hatte Richelieus Vater für seine militärischen Verdienste belohnt, indem er der Familie den vakant gewordenen Posten des Bischofs von Luçon zusprach, mit der Maßgabe, ihn baldmöglichst mit einem ihrer Söhne zu besetzen. Die Familie bezahlte, was für eine Übergangszeit möglich und nicht unüblich war, einen Stellvertreter und verbrauchte selbst den Großteil der dem Bischof zustehenden Einkünfte. Um diese Einkommensquelle für die Familie zu erhalten, sollte sich Richelieus älterer Bruder, Alphonse Louis du Plessis, für die Übernahme der Bischofswürde von Luçon vorbereiten.

Studium

Als jedoch Alphonse, anstatt Bischof zu werden, in den Kartäuserorden eintrat, musste Richelieu an die Stelle seines Bruders treten. Er beendete daher seine militärische Ausbildung und begann ein Theologiestudium. Da er ohnehin ein kränkliches und schwaches Kind gewesen war und Freude am Studieren gehabt hatte, war er auch nicht abgeneigt, Geistlicher und Bischof zu werden.

Kirchliche Karriere

Studium und Weihe zum Bischof

Im April 1607 wurde er mit Dispens des Papstes (er hatte das kanonische Alter noch nicht erreicht) zum Bischof von Luçon geweiht und promovierte kurz darauf in Paris. Schon kurz nachdem er im Jahre 1608 nach Luçon zurückkehrte, begann er mit großer Energie die Ordnung seiner in den Wirren der Hugenottenkriege verwahrlosten Diözese wieder herzustellen. Er war der erste Bischof in Frankreich, der die Beschlüsse des Konzils von Trient umsetzte.

Freundschaft mit „Père Joseph“

Ungefähr zu dieser Zeit freundete sich Richelieu mit François Le Clerc du Tremblay an (besser bekannt als „Père Joseph“), einem Kapuziner, der später zu einem engen Vertrauten Richelieus wurde. Richelieu entwickelte früh politische Interessen und hätte gerne an den Beratungen in Loudun zur Beilegung eines Adelsaufstands teilgenommen, bei denen du Tremblay als Vertrauter der Königin-Mutter Maria von Medici und des päpstlichen Gesandten fungierte.

Da er von den Beratungen ausgeschlossen blieb, logierte Richelieu in der Priorei de Coussay nur wenige Kilometer von Loudun entfernt und fuhr du Tremblay mit einer Karosse entgegen, um mit ihm lange vertrauliche Gespräche über die innen- und außenpolitische Lage des französischen Königreichs und der Monarchie zu führen, bei denen beide ihre Aversion gegen das Haus Habsburg entdeckten. Aufgrund seiner engen Beziehung zu Richelieu, der als Kardinal später Anspruch auf die Anrede Eminenz (l’éminence) hatte und der grauen Farbe seines Habits erhielt du Tremblay den Spitznamen l'Éminence grise („Die Graue Eminenz“). In späteren Jahren setzte Richelieu du Tremblay oft bei diplomatischen Verhandlungen als Vermittler ein.

Repräsentant des Klerus

An der Generalständeversammlung von 1614 nahm er als Repräsentant des Klerus von Poitou teil und beeindruckte die übrigen Teilnehmer mit einer brillanten Rede. Maria von Medici, als Königinmutter Regentin für ihren Sohn Ludwig XIII., holte ihn 1616 an den französischen Königshof. Im selben Jahr wurde er Staatssekretär mit den Ressorts Außenpolitik und Krieg. Als der junge Ludwig die Herrschaft seiner Mutter abschüttelte, fiel Du Plessis in Ungnade. Der König ließ den ersten Minister Concino Concini beseitigen und schickte seine Mutter ins Exil. Richelieu verlor sein Amt und wurde nach Avignon verbannt. Erst 1619 holte ihn der König zurück an den Hof, um zwischen ihm und seiner Mutter, die zwischenzeitlich aus dem Exil geflohen war und zusammen mit ihrem zweiten Sohn Gaston d'Orléans eine Revolte angeführt hatte, zu vermitteln. Richelieu gelang eine Aussöhnung zwischen Mutter und Sohn, was ihm die Gunst des Königs einbrachte.

Politisches Wirken

Ludwig XIII. mit Richelieu

Als der königliche Favorit und erste Minister Ludwigs, Charles de Luynes, der 1621 eine Ernennung Richelieus zum Kardinal verhindert hatte, am 15. Dezember 1621 plötzlich starb, stand Richelieus Aufstieg nichts mehr im Wege. Der König hatte jedoch entschieden, dass es an seinem Hof künftig weder einen Connétable noch einen Favoriten geben sollte.

Am 3. November 1622 wurde Richelieu auf Betreiben von Maria von Medici durch Papst Gregor XV. zum Kardinal ernannt. Ab dem 29. April 1624 gehörte er wieder dem Staatsrat an und wurde zu einem unverzichtbaren Berater für den König, der sehr streng darauf achtete, die ihm zukommende Entscheidungskompetenz an keine andere Person zu delegieren. Am 13. August 1624 machte ihn der Monarch zum Ersten Minister.

Seinen Einfluss auf den König nutzte Richelieu, um Frankreich nach seinen Vorstellungen umzugestalten. Er reformierte die Verwaltung, entmachtete den Amtsadel (siehe: Journée des Dupes), ließ Père Joseph ein eigenes System ihm treu ergebener Verwaltungsbeamten und Spionen aufbauen, beschnitt die Rechte und den Einfluss des Adels und betrieb die Vernichtung der militärischen Kraft der Hugenotten. Er gab den Anstoß, dass eine seiner „Kreaturen“ (créatures), Théophraste Renaudot, ab dem 12. Mai 1631 die wöchentlich erscheinende Zeitung La Gazette herausgab, in der neben Nachrichten vom Hofe, Gesetze und Edikte auch Ordonnanzen und Berichte des Königs sowie Richelieus auf die öffentliche Meinung der nachrichtenhungrigen Militärs, Hofkleriker, Gelehrten und Beamten einwirkten.

Zu den übrigen „Kreaturen“ Richelieus gehörte der Abt von Saint-Germain-des-Pres Mathieu de Morgues, der Domherr von Saint-Germain-l'Auxerrois François Dorval-Langlois de Fancan, Paul Hay du Châtelet, einer der Gründer der Académie française Jean Sirmond, die vom Calvinismus zum Katholizismus konvertierten Jacques Pelltier und Jérémie Ferrier, der Jurist Pierre Dupuy und der Historiker Théodore Godefroy.

Kampf gegen die Hugenotten

Kardinal Richelieu bei der Belagerung von La Rochelle, von Henri Motte (1881)

Die Hugenotten bildeten im Frankreich Ludwigs XIII. einen Staat im Staate. Durch die Garantien des Edikts von Nantes verfügten sie über Städte und Befestigungsanlagen unter eigener Verwaltung („militärische Sicherheitsplätze“) und über erhebliche Subsidien ihres natürlichen Verbündeten England.

Nach der Ermordung der Integrationsfigur Heinrich IV. kam es wiederholt zu Unruhen und militärischen Auseinandersetzungen. Richelieu musste das militärische Potenzial der Hugenotten brechen, um den Absolutismus in Frankreich dauerhaft zu etablieren.

Nach dem Fall der bedeutendsten hugenottischen Stadt La Rochelle nach über einjähriger Belagerung im Jahre 1628 beließ Richelieu den Hugenotten im Gnadenedikt von Alès von 1629 zwar ihre Kultfreiheit, nahm ihnen jedoch ihre militärischen Sicherheitsplätze: die hugenottische Militärpartei war damit dauerhaft entmachtet.

Rolle im Dreißigjährigen Krieg

Um die spanische Vormachtstellung in Europa zu brechen, nutzte Richelieu Spaniens Engagement im Dreißigjährigen Krieg. Er stützte die protestantischen Fürsten, um Spaniens Kräfte im Krieg zu binden. Im Vertrag von Bärwalde (1631) sicherte er dem schwedischen König Gustav II. Adolf eine Unterstützung von 1 Million Livres (Pfund) pro Jahr zur Kriegsführung zu, was jenem ermöglichte, mit seinen Truppen bis nach Süddeutschland vorzudringen. 1635 trat das katholische Frankreich unter Führung eines katholischen Bischofs dann aktiv an der Seite des protestantischen Schwedens in den Krieg gegen den Papst und den katholischen Habsburger Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ein.

1640, gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges, versuchte Richelieu die iberische Linie der Habsburger durch einen Angriff auf die spanische Pyrenäenfestung Perpignan zu schwächen. Aus dem nämlichen Grund unterstützte er auch Rebellen in Katalonien und in Portugal, die sich gegen die Zentralmacht in Madrid auflehnten, indem er dort Geld, Waffen und eigene Soldaten bereitstellte.

Die Frau Königs Ludwig XIII, Anna von Österreich, war über diese Strategie sehr bestürzt.

Der gesundheitlich bereits sehr angeschlagene Kardinal arbeitete ab 1642 für jene Vermittler, welche Frankreich bei den Friedensverhandlungen dereinst vertreten sollten. Seine Vision war ein neu geordnetes Europa unter der Hegemonie der Französischen Krone anstelle der habsburgischen Universalmonarchie.

Verschwörungen gegen Richelieu

In der Wahl seiner Methoden folgte Richelieu dem Grundsatz „Der Zweck heiligt die Mittel“. Politische Gegner wurden rücksichtslos ausgeschaltet, Bündnisse nach Zweckmäßigkeit eingegangen. Seine Bündnisse mit verschiedenen protestantischen Fürstenhäusern sorgten für Empörung beim Adel und der katholischen Kirche. Seine Politik stieß auf große Widerstände im eigenen Land. Es gab zahlreiche Verschwörungen und Attentate, die er dank seines Spionagenetzes meist rechtzeitig aufdecken konnte.

Chalais

1626, als er gemeinsam mit der Königinmutter versuchte, den Bruder des Königs, Gaston d'Orleans, in eine Ehe mit Marie de Bourbon-Montpensier zu zwingen, kam es zum ersten hochrangig besetzten Mordkomplott. Einige hohe Adlige, darunter die Herzogin von Chevreuse und ihr Liebhaber, der Comte de Chalais, unterstützten d’Orleans Widerstand und planten Richelieus Tod. Das Komplott wurde aufgedeckt, Chalais hingerichtet, Mme. de Chevreuse nach Poitou verbannt. D’Orleans wurde begnadigt, musste aber die ungeliebte Frau heiraten. Damit begann eine lebenslange Feindschaft zwischen dem Bruder des Königs und dem Ersten Minister.

Montrésor

Zehn Jahre später gab es erneut ein Mordkomplott. Richelieu sollte 1636 im Feldlager von Amiens, beim Rückzug nach einer Kampagne gegen spanische Truppen in der Picardie, den Tod finden. Daran beteiligt waren unter anderem der Graf von Montrésor, Favorit Gaston d’Orleans', und der Graf von Soissons, Louis de Bourbon, Feldherr und Parteigänger der Maria de’ Medici. Louis de Bourbon floh daraufhin 1637 nach Sedan und sammelte andere Gleichgesinnte um sich. 1641 kehrte er mit einer habsburgischen Armee nach Frankreich zurück. Er besiegte den französischen Maréchal de Châtillon in der Schlacht von La Marfée am 6. Juli 1641, starb aber im Augenblick des Triumphes unter ungeklärten Umständen.[1] [2] [3]

Cinq-Mars

Die letzte Verschwörung gegen Richelieu ging 1642 vom königlichen Favoriten, dem Marquis de Cinq-Mars, aus. Der Marquis war der Sohn eines engen Freundes von Richelieu und ursprünglich sein Protegé. Richelieu brachte ihn an den Hof, in der Hoffnung, seinen Einfluss auf Ludwig durch den jungen Mann verstärken zu können. Cinq-Mars gewann auch wirklich die Gunst des Königs, wurde sein Favorit und mit Ämtern überschüttet, entwickelte aber eigenen politischen Ehrgeiz. Richelieu versuchte, den Einfluss von Cinq-Mars zu beschneiden, worauf jener mit anderen Aufständischen, darunter wieder d'Orleans, plante, den Spaniern die Grenzen zu öffnen, um Richelieu zu stürzen. Ein Geheimvertrag über spanische Unterstützung für die Rebellion fiel Richelieu in die Hände, so dass er Cinq-Mars den Prozess machen konnte. Cinq-Mars wurde am 12. Oktober 1642 in Lyon hingerichtet.

Förderer der Künste

Kardinal de Richelieu

Richelieu war ein vielseitig interessierter Mann, der neben seinen Staatsgeschäften auch ein großes Interesse an der Kunst besaß und mit seinem im Amt erworbenen Wohlstand zahlreiche Künstler förderte.

So besoldete er den Architekten Jacques Le Mercier, der bei der Erweiterung des Louvre seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Le Mercier entwarf in seinem Auftrag die Kapelle der Sorbonne, in der Richelieu gemäß seinem letzten Willen beigesetzt wurde, und den Kardinalspalast, das spätere Palais Royal in Paris. Das Palais beherbergte neben der Kunstsammlung des Kardinals auch ein Theater, das seinerzeit die modernste und schönste Bühne in Paris war. Es wurde 1641 mit einer Aufführung von Jean Desmarets Mirame eröffnet.

Die Dekoration des Palais Royal übertrug er dem ersten Hofmaler von Ludwig XIII., Simon Vouet. Ebenfalls zu seinen Schützlingen zählte der junge Philippe de Champaigne. Das Bild zu diesem Artikel ist ein Ausschnitt aus einem Dreifach-Portrait, das Champaigne ca. 1640 anfertigte. Es ist heute in der National Gallery in London ausgestellt.

Das größte künstlerische Interesse des Kardinals galt aber der Literatur. So griff er die Idee einer Gesellschaft zur Pflege der französischen Sprache und Kultur auf und machte bereits 1635 aus dem informellen Zirkel um Valentin Conrart, der sich seit 1630 dieser Aufgabe widmete, eine offizielle Einrichtung, die Académie Française. Er protegierte zahlreiche junge Dramatiker, darunter auch den hochbegabten, jungen Pierre Corneille. Im Streit um Corneilles gefeierte Tragikomödie „Le Cid“, deren Triumph zahlreiche Neider auf den Plan rief, stellte er sich allerdings gegen seinen Protegée. In seinem Auftrag erstellte die Académie Française ein Gutachten, welches negativ ausfiel und Richelieu zum Vorwand diente, weitere öffentliche Aufführungen des Stückes zu untersagen. Seine Motive hierfür sind unklar. Neid mag eine Rolle gespielt haben, ebenso wie der Umstand, dass die Moral im Cid für seine Bemühungen zur Eindämmung von Duellen nicht förderlich war.

Ende

Richelieu starb am 4. Dezember 1642. Seit frühester Jugend von höchst anfälliger Gesundheit, hatte er sich sein Leben lang nicht geschont. Noch kurz vor seinem Tod fasste er die Prinzipien seiner Politik in einer umfangreichen Denkschrift zusammen, die er als politisches Testament für seinen König bestimmte. Seit dem 18. November auf dem Sterbebett liegend, ordnete er seinen politischen Nachlass und konferierte noch zwei Tage vor seinem Tod mit dem König, schon vom Tod gezeichnet. Es wird behauptet, er habe dem König Mazarin als seinen Nachfolger empfohlen; das ist nicht zu beweisen. Richelieu wurde nach eigenem Wunsch in der Kapelle der Sorbonne begraben.

Nach ihm wurde das Schlachtschiff Richelieu benannt.

Auszug aus dem politischen Testament Richelieus

…Die natürliche Einsicht läßt jeden erkennen, dass, da der Mensch vernunftbegabt geschaffen ist, er alles nur aus der Vernunft heraus tun darf, denn sonst würde er gegen seine Natur handeln und folglich gegen die Grundlage seines eigenen Wesens ... Wenn der Mensch in hervorragender Weise vernunftbegabt ist, so muß er in hervorragender Weise auch die Vernunft regieren lassen. Das aber erfordert nicht nur, dass er nichts ohne sie tut, sondern es verpflichtet ihn noch zu mehr, nämlich dass alle, die unter seiner Herrschaft stehen, sie verehren und ihr gläubig folgen ... Die Praxis dieser Regel ist umso leichter, als die Liebe das mächtigste Motiv ist, das zum Gehorsam verpflichtet, und als es unmöglich ist, dass die Untertanen einen Fürsten nicht lieben, wenn sie wissen, dass die Vernunft Führerin ist. Die Autorität zwingt, aber die Vernunft überzeugt zum Gehorsam, und es ist viel richtiger, die Menschen durch Mittel dazu zu führen, die unmerklich ihren Willen gewinnen, als durch solche, die sich oft erst durch Zwang zum Handeln bewegen.

Die öffentlichen Interessen müssen das einzige Ziel des Fürsten und seiner Minister sein, oder sie beide müssen sich wenigstens so angelegen sein lassen, dass sie sich allen Sonderinteressen vorziehen. Es ist unmöglich, das Gute zu begreifen, dass ein Fürst und die, deren er sich bei seinen Angelegenheiten bedient, tun können, wenn sie gewissenhaft diesem Grundsatz folgen, und man kann sich nicht übel vorstellen, das einem Staate zustößt, wenn man die Sonderinteressen den öffentlichen vorzieht, und wenn die letzteren durch die ersteren bestimmt werden…

Die Diamantnadelnaffäre

Der Name Richelieus ist vielen auch aus dem Roman „Die drei Musketiere“ von Alexandre Dumas d. Ä. bekannt. Dort ist der Kardinal der finstere Gegenspieler der Helden, der dem englischen Premierminister Buckingham die Liebe Anna von Österreichs (der Königin) neidet. Anna begeht den Fehler, dem Herzog von Buckingham bei einem geheimen Stelldichein ein Liebespfand zu geben, ein Kästchen mit 12 Diamantnadeln, das sie selbst als Geschenk vom König erhalten hatte. Als Richelieu davon erfährt, lässt er Buckingham zwei dieser Nadeln durch eine Agentin stehlen. Dann bewegt er den König dazu, die Königin zu einem Ball zu bitten, wo sie eben diese Diamantnadeln tragen soll. D'Artagnan muss mit Hilfe seiner Freunde die Nadeln noch vor dem Ball aus England zurückholen, damit Richelieu die Königin nicht öffentlich bloßstellen kann.

Das Grundthema dieser Handlung, die Diamantnadelnaffäre, findet sich allerdings nicht erst bei Dumas. Schon der Dichter La Rochefoucauld berichtet diese Episode in seinen Memoiren. La Rochefoucauld war sowohl ein enger Vertrauter der Königin und Herausgeber ihrer Memoiren als auch der Geliebte ihrer langjährigen Busenfreundin, der Madame de Chevreuse. Daher ist es durchaus denkbar, dass sich die Affäre tatsächlich zugetragen hat.

Literatur

Richelieus Werke

  • du Plessis, Armand: Emblema animae or morrall discourses. Translated by I. M., Printet by N. Okes, London 1635.
  • du Plessis, Armand: The principall points of the faith of the Catholic Church defended. Translated by M. C., Paris 1635.

Neuere deutsche Werke

  • O’Connell, Daniel Patrick: Richelieu: Kardinal, Staatsmann, Revolutionär. Dt. Übers. von Holger Fliessbach, München: Heyne, 1978; ISBN 3-453-55046-3
  • Burckhardt, C. J.: Richelieu, Der Aufstieg zur Macht – Behauptung der Macht und kalter Krieg - Großmachtpolitik und Tod des Kardinals, Ausgabe in einem Band, Verlag Callwey, München, 18. Auflage 1984, ISBN 3-7667-0727-2
  • Dickmann, Fritz: Rechtsgedanke und Machtpolitik bei Richelieu. Studien an neuentdeckten Quellen, in: HZ 196 (1963) S. 265–319.
  • Erlanger, Philippe: Richelieu Der Ehrgeizige, der Revolutionär, der Diktator. Aus dem Frz. übertr. von Ulla Leippe, Frankfurt/M. 1975; ISBN 3-7973-0273-8
  • Erlanger, Philippe: Richelieu, Lübbe, Berg.-Gladb. 1980; ISBN 3-404-61054-7
  • Gloger, Bruno: Richelieu, die Karriere eines Staatskanzlers. Biogr., Berlin 1989, 1990; ISBN 3-355-00820-6
  • Kerber, Markus: Richelieu oder Die Macht des Vorzimmers, Berlin: verbum Druck- und Verlagsgesellschaft, 2004; ISBN 3-928918-23-0
  • Kinkel, Tanja: Die Schatten von La Rochelle. Roman, München 1996; ISBN 3-7645-0112-X (Ein historischer Roman)
  • Meyer, Jean: Frankreich im Zeitalter des Absolutismus, 1515-1789. Aus dem Frz. übertr. v. Friedrich Weinert (Gesch. Fkr.s 3), Stuttgart 1990; ISBN 3-421-06453-9
  • Schultz, Uwe: Richelieu. Der Kardinal des Königs. C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58358-2
  • Wollenberg, Joerg: Richelieu Staatsraison und Kircheninteresse. Zur Legitimation der Politik des Kardinalpremier, Bielefeld 1977; ISBN 3-88024-020-5

Wichtige und neuere französische Werke

  • Roland Mousnier: L'Homme rouge ou La vie du Cardinal de Richelieu (1585–1642). Robert Lafont/Bouquins, Paris 1992, ISBN 2-221-06592-1.
  • Richard Levesque; Louis, Châtellier: De Richelieu à Grignion de Montfort – la Vendée au XVIIe siècle , Paris, Somogy Éd. d'Art , 2005 , ISBN 2-85056-863-5
  • François Bluche: Richelieu, Perrin, 2003, ISBN 2-262-01718-2 (vom Richelieu-Spezialisten)
  • Françoise Hildesheimer: Richelieu. Une certaine idée d'Etat, Paris, 1985
  • Françoise Hildesheimer: Relectures de Richelieu, Paris, 2000
  • Michel Carmorna: La France de Richelieu. Fayard, Paris 1984.
  • Michel Carmorna: Richelieu. Fayard, Paris 1983.
  • Pierre Castagnos: Richelieu face à la mer. Éditions Ouest-France, Paris 1989, ISBN 2-7373-0257-9.
  • Georges Couton: Richelieu et le théâtre. Presses Universitaires de Lyon, Lyon 1986.

Neuere englische Werke

  • Richard Bonney, Political Change in France under Richelieu and Mazarin, 1624–1661, Oxford/London/Glasgow 1978;
  • Robert J. Knecht, Richelieu, London/New York 1991; ISBN 0-582-55710-0
  • Joseph Bergin, The Rise of Richelieu, New Haven/London 1991; ISBN 0-300-04992-7
  • Joseph Bergin, Richelieu and his age, Oxford: Clarendon Press, 1992; ISBN 0-19-820231-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Jean-Baptiste-Pierre Jullien de Courcelles: Dictionnaire historique et biographique des généraux français, depuis le onzième siècle jusqu’en 1821. Band 3. Courcelles, Paris 1821, S. 46.
  2. Charles Gavard: Galeries historiques du Palais de Versailles. Band 9. Imprimerie royale, Paris 1848, S. 328.
  3. Jean Chrétien Ferdinand Hoefer: Nouvelle biographie générale depuis les temps les plus reculés jusqu’à nos jours, avec les renseignements bibliographiques et l’indication des sources à consulter. Band 44. Firmin Didot, Paris 1865, Spalte 135.



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