Prospekthaftung

Prospekthaftung

Prospekthaftung bedeutet, der Emittent eines Wertpapiers und das Konsortium haften für entstandene Schäden, wenn der Emissionsprospekt eines Wertpapiers oder eines geschlossenen Fonds unwahre oder irreführende Angaben zum Nachteil von Käufern der Neuemission enthält. Dies ist unter anderem im Börsengesetz und im Verkaufsprospekt geregelt.

Inhaltsverzeichnis

Rechtsgrundlagen

Da das Prospekt wichtige Grundlage für die Anlageentscheidung des Käufers ist, soll er alle wesentlichen Angaben enthalten, die jenem ein zutreffendes Urteil über den Emittenten und die Wertpapiere ermöglichen. Der Haftungsumfang ist sehr weit gestaltet worden: Es haften Gründer, Initiatoren, Hintermänner, die übrigen Garanten des Prospekts, ggf. auch Treuhänder, allerdings nicht die Beiratsmitglieder.

Spezialgesetzliche Regeln für Schadensersatzansprüche sind im Verkaufsprospektgesetz seit dem 1. Juli 2005 und im (Auslands-)Investmentgesetz geregelt. Nach den Vorschriften dieser Gesetze haften die Prospektverantwortlichen für Prospektfehler. Die Haftung ist auf der einen Seite recht weit, weil sie kein Verschulden voraussetzt. Auf der anderen Seite ist sie stark eingeschränkt, weil die Haftung nur demjenigen gegenüber greift, der das Kapitalanlageprodukt innerhalb von sechs Monaten nach dem ersten öffentlichen Angebot zeichnet. Dem liegt eine Erfahrung aus dem Börsenwesen zugrunde. Neuemissionen an der Börse werden regelmäßig innerhalb weniger Tage gezeichnet. Insofern ist diese Regelung dort angemessen. Anders stellt es sich bei geschlossenen Fonds dar. Diese Modelle -Immobilienfonds, Windkraftfonds, Schiffsfonds etc.- sind nicht selten Monate lang im Vertrieb. So kann es passieren, dass ein Anleger die Beteiligung erwirbt und schon nicht mehr den Schutz des Gesetzes erfährt. Hieran wird zum Teil heftig Kritik geübt [1].

Daneben wurde von der Rechtsprechung durch Rechtsfortbildung praeter legem eine allgemeine Prospekthaftung nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches entwickelt. Diese beruht auf der culpa in contrahendo (c.i.c.) und greift, sofern kein Spezialgesetz vorhanden ist, für Altfälle und den nicht organisierten Kapitalmarkt. Insoweit lassen sich zwei Fälle unterscheiden, in denen Initiatoren oder mit ihnen verbundene Unternehmen für Prospektangaben haften müssen:

Die (eigentliche) Prospekthaftung im engeren Sinne, bei der zwischen dem Anleger und seinem späteren Schadensersatzschuldner keine Vertragsverhandlungen stattfinden. Vertraut ein Anleger Angaben deshalb, weil sie in einem Prospekt stehen, und ist der Prospekt unrichtig, so haften die Prospektverantwortlichen für typisiertes Vertrauen. Die Schadensersatzansprüche hieraus verjähren nach besonderen Regeln. Dem bisherigen Anwendungsbereich allgemeiner bürgerlich-rechtlicher Regeln hat das Anlegerschutzverbesserungsgesetz (AnSVG) weitgehend die Grundlage entzogen. Mit dem AnSVG wurden die Regelungen des Verkaufsprospektgesetz auf den grauen Kapitalmarkt erweitert.

Demgegenüber findet die (uneigentliche) Prospekthaftung im weiteren Sinne weiterhin Anwendung. Sie betrifft insbesondere geschlossene Fondsmodelle. Diese sind regelmäßig Personengesellschaften, die von Kapitalgesellschaften gegründet werden, die den Initiatoren der Fonds gehören. Planmäßig treten dann die Anleger den Personengesellschaften bzw Fondsgesellschaften bei. Diese Gründungsgesellschafter der Fondsgesellschaften haften für Prospektfehler, weil sie als Vertragspartner eines jeden Anlegers persönliches Vertrauen in Anspruch genommen haben aus culpa in contrahendo. Die Schadensersatzansprüche hieraus verjähren innerhalb der (längeren) Regelverjährungsfrist des § 199 BGB.

Vgl. Art. 156 des schweizerischen IPRG betreffend Ansprüche aus öffentlicher Ausgabe von Beteiligungspapieren und Anleihen: "Ansprüche aus öffentlicher Ausgabe von Beteiligungspapieren und Anleihen aufgrund von Prospekten, Zirkularen und ähnlichen Bekanntmachungen können nach dem auf die Gesellschaft anwendbaren Recht oder nach dem Recht des Staates geltend gemacht werden, in dem die Ausgabe erfolgt ist[2].

Prospektfehler

Das Prospekt muss ein zutreffendes Bild von der angebotenen Kapitalanlage vermitteln. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass sämtliche Umstände, die für die Beteiligungsentscheidung von Bedeutung sein können, richtig und vollständig dargestellt werden. [3]. Ein Prospekt ist aber nicht nur dann zu beanstanden, wenn er falsche oder unvollständige Informationen liefert. Er ist auch fehlerhaft, wenn er irreführende Darstellungen enthält. Auch wertende Aussagen müssen einen nachvollziehbaren Hintergrund haben, um nicht angreifbar zu sein. Neben diesen Kriterien spielt der Gesamteindruck des Prospekts eine Rolle; insgesamt darf er keinen unrichtigen Gesamteindruck beim Anleger über die Chancen und Risiken der Investition erwecken.[4]

Prospekthaftung bei Franchise-Verträgen

Zusätzlich zu der Prospekthaftung als Anlegerschutz kann, sofern bestimmte Grundlagen vorhanden sind, die Prospekthaftung auch bei Franchise-Verträgen (auch bei Verhandlungen vor Vertragsschluss gemäß dem Verpflichtetsein nach § 241 Abs. 2 BGB) greifen. Sie schützt hier den Franchise-Nehmer vor unrichtigen Angaben des Franchise-Gebers, insbesondere in dessen Standortanalyse und Rentabilitätsplan des Franchise-Systems. In dem Fall werden die Grundsätze für die Prospekthaftung des Kapitalmarktes analog angewendet.

Literatur

  • Jochen Lüdicke, Jan-Holger Arndt: Geschlossene Fonds. 4. Aufl., Beck, München 2007, Teil V., ISBN 978-3-406-53795-0.
  • Jan-Holger Arndt, Thorsten Voß: Verkaufsprospektgesetz. Beck, München 2008, § 13 ff.,ISBN 978-3-406-56566-3.
  • Eckhard Flohr: Franchise-Vertrag. 3. Aufl., Beck, München 2006, ISBN 3-406-54684-6.
  • Jürgen Hilp: Zur Haftung bei der Vermittlung geschlossener Fonds – Eine Analyse aus ökonomischer und rechtlicher Perspektive. Kassel, 2010, ISBN 978-3-00-031671-5.

Einzelnachweise

  1. Antrag der Fraktion der Grünen zum Anlegerschutz
  2. Schweiz
  3. Bundesgerichtshof vom 14. Juni 2007, III ZR 300/05
  4. Bundesgerichtshof vom 12. Juli 1982, Az. II ZR 175/81
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