Soziale Diagnostik

Soziale Diagnostik

Die Soziale Diagnostik befasst sich mit der Erkenntnis und Beurteilung (Diagnose) des gesamten Lebensbereiches eines Menschen. Das Verfahren, der Prozess, die Fähigkeit und die Lehre zu erkennen ist die Soziale Diagnostik.

Geschichte

Der Begriff Soziale Diagnostik wurde von Alice Salomon, angelehnt an eine Übersetzung aus dem amerikanischen von Mary Richmond, in den deutschsprachigen Raum eingeführt. In ihrem Werk Soziale Diagnose von 1926 widmete Salomon sich diesem Thema.

Die fruchtbaren Entwicklungen zur Zeit der Weimarer Republik im Bereich Soziale Arbeit/Soziale Diagnostik wurden durch den Nationalsozialismus unterbrochen. Die Soziale Diagnostik wurde vom Nationalsozialismus zu Selektionsverfahren missbraucht (vgl. Kuhlmann).

Die Bewegung der 1970er und 1980er Jahre brachte neue Aspekte in die Soziale Diagnostik, indem sie das Klientenbild wesentlich veränderten. Die Klienten werden nun als aktive Teilnehmer am Diagnostikprozess gesehen (vgl. Harnach-Beck).

Gegenwärtig halten Diskussionen zur Sozialen Diagnostik wieder vermehrt Einzug in der Bereich der Sozialen Arbeit. Publikationen auf dem deutschsprachigen Markt entstehen.

Soziale Diagnostik in der Sozialen Arbeit

Dreischritt (siehe Michael Galuske - Methoden der Sozialen Arbeit):

  1. Anamnese: Sammlung relevanter Daten für den Fall
  2. Soziale Diagnose: Zusammenfassung, Verdichtung und Deutung der gesammelten Daten durch die Fachkraft
  3. Behandlung

Soziale Diagnostik kann, professionell eingesetzt, Soziale Arbeit wesentlich bereichern, in dem sie in strukturiertes, systematisierter Weise Datenerhebung ermöglicht.

Es geht um eine Erkenntnis, eine Beurteilung von komplexen Sachverhalten. Um zu möglichst nachvollziehbaren und logischen Schlussfolgerungen zu gelangen, werden strukturierte Verfahren eingesetzt, die es ermöglichen, komplexe Sachverhalte zu erheben, die Inhalte zu ordnen und auf eine Essenz, eine Diagnose, zusammenzufassen. Es ist eine Möglichkeit die Anliegen eines Klienten zu identifizieren, zu strukturieren und zu ordnen (vgl. Cormier & Nurius & Osborn)

Der Diagnostikprozess an sich kann bereits Problem reduzierend wirken, indem er Probleminhalten bewusst aufzeigt, strukturiert und einteilen hilft. Soziale Diagnostik kann als partnerschaftlicher Prozess zwischen Fachkraft und Klient verstanden werden (wenngleich die Beziehung Fachkraft – Klient eine asymmetrisch ist). Die Ergebnisqualität hängt wesentlich von der gelungenen Gestaltung des Diagnostik-Prozesses ab.

Literatur

  • Alice Salomon: Soziale Diagnose. Die Wohlfahrtspflege in Einzeldarstellungen, Bank 3. Carl Heymann Verlag, Berlin, 1926
  • Maja Heiner: Diagnostik und Diagnosen in der Sozialen Arbeit. Lambertus-Verlag, 2004, ISBN 3784117244
  • Peter Pantucek: Soziale Diagnostik. Verfahren für die Praxis sozialer Arbeit. FACTS Beiheft 1. Böhlau-Verlag, 2. Auflage, 2005, ISBN 3205773500
  • Peter Pantucek / Dieter Röh (Hrsg.): "Perspektiven Sozialer Diagnostik. Über denStand der Entwicklung von Verfahren und Standards." LIT Verlag, 2009, ISBN 978-3643500748

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