Spinnerei Hard

Spinnerei Hard
Ansicht von der Winterthurerstrasse in Neftenbach (2011)
Die Spinnerei Hard um 1820

Die Spinnerei Hard ist die erste Fabrik und maschinelle Spinnerei der Schweiz. Sie wurde 1801-1802 am westlichen Rand von Wülflingen an der Töss errichtet, das heute ein Stadtteil von Winterthur (Kanton Zürich) ist. Die Fabrik, die anfangs auch eine Aktiengesellschaft war, wurde von den Familien Sulzer, Sulzer-Wart, Ziegler und Haggenmacher als «Hardgesellschaft Winterthur» erbaut. Die im klassizistischen Stil erbaute Anlage steht heute unter nationalem Denkmalschutz.

Geschichte

Der Spinnerei wurde daher in der Hard erbaut da dort der nächstliegende, noch nicht wasserrechtlich geschützte Wasserfall in der Nähe von Winterthur war. Zu Beginn gab es in der Spinnerei 44 mechanische Spinnstühle, die zusammen rund 8'000 Heimspinner arbeitslos machten. Neben den Spinnstühlen gehörten auch ein Arbeiter-, Pächter- sowie Herrschaftshaus zum Betrieb. Neun Jahre später, 1811, wurde die Spinnerei bereits zum ersten Mal erweitert. 1817 kam ein Internat für die Arbeiter mit Schlafsaal sowie eine Bäckerei und ein Waschhaus dazu. Um eine eigene Nahrungsversorgung zu haben wurden 1922 eine Scheune mit Landwirtschaftsbetrieb und 1925 eine eigene Mühle fertiggestellt. 1824 kam zur Spinnerei auch eine Weberei hinzu. In den 1820er-Jahren geht die erste Blütezeit der Fabrik zu Ende und infolgedessen wird das Internat auch wieder geschlossen.

1841/42 wurde die Hardgesellschaft im Rahmen der dazumaligen Wirtschaftskrise (Panik von 1837) liquidiert und Karl Sebastian von Clais übernahm die Spinnerei. Dieser modernisiert die Spinnerei 1845 mit dem Einbau einer Jonvalturbine von Rieter. Zu dieser Zeit produziert die mechanische Werkstätte der Hard auch eigene Spinn- und Webmaschinen und verkauft diese an andere Spinnereien. Mit der Wirtschaftskrise von 1857 begann jedoch der Niedergang der Spinnerei Hard. Schliesslich konnten die drei Söhne nach dem Tod von Clais im Jahre 1858 die Firma nicht mehr halten und so wurde sie 1866 verpfändet.

Übernommen wurde die Spinnerei von Elmar Wild aus Glarus und den Gebrüdern Honegger aus Wald. Diese verlängerten den Wasserkanal und erweiterten damit nochmals Wasserkraftanlage und liessen die Spinnerei nochmals aufblühen. Im Jahr 1874 wurden an der Wülflingerstrasse sieben Arbeiterwohnungen errichtet. 1918 wird die Hard ans öffentliche Stromnetz angeschlossen. Nach dem ersten Weltkrieg verschlechterte sich jedoch die Wirtschaftslage der Spinnerei zusehend und die Textilproduktion wurde 1924 schliesslich endgültig eingestellt.

Nutzung nach Niedergang der Spinnerei

Nach dem Niedergang der Spinnerei übernimmt die Knopffabrik Neftenbach im Februar 1924 die Fabrik, die jedoch vier Jahre später den Betrieb einstellte. Nach der eingegangenen Knopffabrik erwirbt Hans Stüdli (mit seinem Kunststoff-Spritz/Presswerk) das Gebäude und baut die Fabrikhallen nach seinen Bedürfnissen um. Zudem baute er auf dem Areal eine neue Industriehalle mit stützfreien Hallen. 1937 wurde zudem die Wasserkraftanlage elektrifiziert und 1939 wurden zwei neue Francis-Turbinen angeschafft. Das international tätige Unternehmen war bis zu seinem Konkurs 1985 in der Hard ansässig.

Im Rahmen der Wirtschaftskrise der 1930er Jahre wurde auf dem Areal der Hard 1935 das erste Schweizerische Berufslager für arbeitslose, jugendliche Metallarbeiter eröffnet. Diesem Beispiel folgten in der ganzen Schweiz 94 weitere Arbeitslager mitunter ein weiteres Lager für Elektrotechniker ebenfalls in der Hard. 1942 wurde ein weiterer Erweiterungsbau für Automechaniker erstellt. 1946 wurden die Arbeitslager von der Stiftung «Fachschule Hard» übernommen, die dort Weiterbildungskurse für organisierte. Die heutige Schweizerische Technische Fachschule blieb bis 1962 in der Hard, danach bezog sie einen Neubau im Schlosstal.

Heute wird das Areal von der Gemeinschaft Hard verwaltet, die das Areal nach dem Niedergang der Firma Stüdli übernommen hat. Heute leben ca. 140 Personen auf dem Areal und es gibt etwa gleich viele Arbeitsplätze in diversen Gewerbebetrieben. Die Wasserturbinen produzieren zurzeit das achtfache der für die Selbstversorgung des Areals nötigen Energie.

Weblinks

 Commons: Spinnerei Hard – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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