Usurpation

Usurpation

Als Usurpation (von lat. usurpatio bzw. von lat. usurpare, eigentlich durch Gebrauch an sich reißen, widerrechtlich die Macht an sich reißen) wird im neueren Sprachgebrauch die Anmaßung eines Besitzes, einer Befugnis, besonders aber der öffentlichen Gewalt bezeichnet – also insbesondere die gewaltsame Verdrängung eines legitimen Herrschers, der Umsturz der Verfassung und die Unterdrückung der Selbstständigkeit eines Staates durch einen Usurpator.

Ist der Usurpator nur zwischenzeitlich in den Besitz der Staatsgewalt gelangt, so muss ein wieder restaurierter rechtmäßiger Landesherr meist die in der Zwischenzeit vorgenommenen Regierungshandlungen in ihren tatsächlichen und rechtlichen Folgen anerkennen, da sonst offenbare Unbilligkeiten und Unzuträglichkeiten entstehen würden.

Inhaltsverzeichnis

Die Usurpation der Macht

Meist ist im historisch-politischen Kontext dann von einer Usurpation die Rede, wenn der bislang legitime Herrscher zum Zeitpunkt der Erhebung des Konkurrenten noch lebt und amtiert. Es kommt also stets zu einem Konflikt zwischen dem bisherigen Herrscher und seinem Herausforderer, der oft Züge eines Bürgerkriegs trägt.

Mit dem Begriff der Usurpation ist die Vorstellung eines Mangels an Legitimität verbunden. Die Usurpation kann aber nachträglich einen legitimen Charakter erhalten, falls der dem Usurpator unterlegene bisherige Herrscher oder eine dazu befugte Körperschaft sie nachträglich billigt oder das Volk den neuen Herrscher akzeptiert. Doch auch ohne solche Legitimierung sind Staatsakte der usurpierten Gewalt zunächst gültig, denn die Befugnis zur Ausübung der Staatsgewalt ist nicht an den rechtmäßigen Gebrauch, sondern an den tatsächlichen Besitz der Staatsgewalt gebunden.

Da es für eine klare Abgrenzung von usurpierter und legitimer Macht keine generell anwendbaren Kriterien gibt, entscheidet oft nur der Ausgang des Machtkampfes darüber, wer als Usurpator gezählt wird. So begann beispielsweise der römische Kaiser Diokletian 284 als Usurpator, konnte sich aber gegen seinen Konkurrenten Carinus durchsetzen und galt daher ab 285 als legitimer Herrscher. Ein erfolgreicher Usurpator kann also zum rechtmäßigen Herrscher werden, sobald seine Gegner ausgeschaltet sind. Die formale Anerkennung seiner Herrschaft ist dann zwar juristisch bedeutsam, ist aber in der Regel nur eine direkte Konsequenz der realen Machtverhältnisse.

In der Spätantike wurde in der Regel der (eigentlich etwas anderes bezeichnende) Ausdruck „Tyrann“ (gr. týrannos, lat. tyrannus) zur Kennzeichnung eines Usurpators verwendet.

Zivilrecht

Das deutsche Recht kennt die „Usurpationstheorie“. Gemäß § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Eigentümer vom Störer die „Beseitigung der Beeinträchtigung“ verlangen. Ein Teil der Literatur meint, dass der Anspruch aus § 1004 BGB entgegen den deliktischen Ansprüchen aus §§ 823 ff., §§ 249 ff. BGB keine vollkommene Wiederherstellung geben könne. Das ergebe sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift. Der Anspruchsteller könne dagegen nur den Rückzug des Störers aus dem fremden Rechtskreis fordern (Neuner JuS 2005, 385, 391). Die Rechtsprechung dagegen folgt der „Wiederherstellungstheorie“ und sieht eine partielle Überlappung zwischen der deliktischen Naturalrestitution und der Rechtsfolge aus § 1004 BGB. Eine moderate Wiederherstellung auch etwaiger Schäden ist demnach möglich (BGH NJW 2004, 603, BGH V ZR 142/04).

Literatur

  • Egon Flaig: Den Kaiser herausfordern. Die Usurpation im Römischen Reich. Frankfurt am Main 1992.
  • François Paschoud, Joachim Szidat (Hrsg.): Usurpationen in der Spätantike. Stuttgart 1997.
  • Joachim Szidat: Usurpationen in der römischen Kaiserzeit. Bedeutung, Gründe, Gegenmaßnahmen. In: H. Herzig, R. Frei-Stolba (Hrsg.): Labor omnibus unus. Gerold Walser zum 70. Geburtstag. Stuttgart 1989, S. 232–243.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Usurpation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary Wiktionary: Usurpator – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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  • usurpation — [ yzyrpasjɔ̃ ] n. f. • 1374; lat. usurpatio ♦ Action d usurper; son résultat. ⇒ 1. appropriation. ♢ Dr. Usurpation de pouvoir, commise par un agent administratif qui empiète sur le domaine réservé aux autorités judiciaires. Usurpation de… …   Encyclopédie Universelle

  • Usurpation — d identité L usurpation d identité (improprement qualifiée de vol d’identité) est le fait de prendre délibérément l identité d une autre personne, généralement dans le but de réaliser une action frauduleuse, comme accéder aux finances de la… …   Wikipédia en Français

  • Usurpation — U sur*pa tion, n. [L. usurpatio ? making use, usurpation: cf. F. usurpation.] [1913 Webster] 1. The act of usurping, or of seizing and enjoying; an authorized, arbitrary assumption and exercise of power, especially an infringing on the rights of… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • usurpation — index arrogation, assumption (seizure), distress (seizure), infringement Burton s Legal Thesaurus. William C. Burton. 2006 …   Law dictionary

  • Usurpation — (v. lat.), 1) die widerrechtliche Anmaßung der Rechte eines Andern; 2) im Völkerrecht die Besitzesergreifung der Staatsgewalt über ein Land od. einen Landestheil an Stelle des früheren Souverains, mit der Absicht Letzteren von dem Wiedereintritt… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Usurpation — (lat.), im ältern röm. Rechte die Unterbrechung der Verjährung; im neuern Sprachgebrauch die Anmaßung eines Besitzes, einer Befugnis, besonders der öffentlichen Gewalt; daher die gewaltsame Verdrängung eines legitimen Herrschers, der Umsturz der… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Usurpation — (lat.), Anmaßung eines Besitzes, einer Befugnis, bes. der öffentlichen Gewalt durch Verdrängung des rechtmäßigen Herrschers; Usurpātor, der unrechtmäßige Besitzer, bes. Thronräuber; usurpieren, widerrechtlich sich zueignen, an sich reißen …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Usurpation — Usurpation, unerlaubte Aneignung, z.B. von Servitutsrechten, der Herrschergewalt; usurpiren, widerrechtlichen Besitz nehmen; Usurpator, wer dies thut …   Herders Conversations-Lexikon

  • usurpation — late 14c., from O.Fr. usurpacion, from L. usurpationem (nom. usurpatio), noun of action from usurpare (see USURP (Cf. usurp)) …   Etymology dictionary

  • usurpation — [yo͞o΄sər pā′shən, yo͞o΄zərpā′shən] n. [ME usurpacion < L usurpatio] the act of usurping; esp., the unlawful or violent seizure of a throne, power, etc …   English World dictionary

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