Berufskläger

Berufskläger

Ein Berufskläger (teilweise auch räuberischer Aktionär oder Mehrfachkläger genannt) ist jemand, der beruflich die Interessen von Aktionären vertritt oder selbst Kleinaktionär ist und auf Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften mit dem Ziel erscheint, eigene oder Interessen Dritter – im Zweifel gerichtlich – durchzusetzen[1].

Inhaltsverzeichnis

Hintergründe

Der Beruf des „Berufsklägers“ ist weder fest definiert noch klar umrissen. Empirisch belegt ist, dass seit Beginn des 21. Jahrhunderts vermehrt wiederkehrende Anfechtungsklagen von einzelnen Personen oder Personengruppen auftreten, die oft in gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichen endeten[2]. So gab es im Jahr 1981 lediglich eine Aktionärsklage gegen die Beschlüsse einer Hauptversammlung in Deutschland, wobei es 1999 dann schon 45 waren[3]. Während der Begriff „Berufskläger“ in der öffentlichen Debatte meist negativ belegt ist, muss je nach Zielrichtung der handelnden Akteure zwischen „guten“ und „bösen“ Berufsklägern unterschieden werden.

„Böse“ Berufskläger

Im negativen Extrem werden mit „Berufskläger“ Personen bezeichnet, deren vordergründiges Ziel das Erwirken von einer Anfechtungsklage nach nicht erfolgreichem Widerspruch ist. Diese Anfechtungsklage stellt dann eine gute Verhandlungsposition dar, deren Ziel eine möglichst hohe Abfindung zum Rückzug der Klage ist. Da wichtige Beschlüsse wie die Verschmelzung von Unternehmen, Squeeze-outs oder z.B. Kapitalerhöhungen nur mit Eintragung in das Handelsregister rechtskräftig werden, diese jedoch bedingt, dass die Beschlüsse nicht angefochten wurden, können selbst Aktionäre mit nur einer Aktie durch Anfechtungsklagen die Beschlüsse eines Unternehmens nachhaltig in der Umsetzung blockieren.

Gemäß diesem Handeln versuchen die Berufskläger bzw. die hinter den Klägern stehenden Aktionäre ihren eigenen Profit zu maximieren. Da dieses oft durch Blockade von Unternehmensentscheidungen geschieht, die durch die Mehrheit der anderen Aktionäre gestützt werden, ist diese Praxis weder im Wohl des Unternehmens noch der Mehrheit der Aktionäre und somit als negativ zu bewerten.

Selbst wenn die Zahlungen für Vergleiche auf den ersten Blick nur wie Erstattungen für angefallene Anwaltskosten aussehen so entpuppen sich diese häufig doch als überdurchschnittlich hoch. Auch wenn dieses oft nicht nachgewiesen werden kann so liegt dennoch oft die Vermutung nahe, dass die Kläger selbst einen nicht unwesentlichen Teil der gezahlten Gelder erhalten.

„Gute“ Berufskläger

Positiv betrachtet können Berufskläger auch Personen sein, die schlicht Interessen von Aktionären vertreten und hierzu das notwendige Wissen zur Bewertung der Rechtmäßigkeit der Interessen und des Verfahrens der Aktiengesellschaften mitbringen. In diesem Fall steht die „objektive Rechtskontrolle“ und nicht die Klage selbst im Vordergrund. Berufskläger können so quasi als verlängerter Arm der Aktionäre bezeichnet werden der neben dem Aufsichtsrat und den Wirtschaftsprüfern die Aktiengesellschaft kontrolliert und rechtmäßiges Handeln fördert.

Rechtliche Entwicklungen

Bereits im Jahr 2005 hat die Bundesregierung durch das "Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG)[4]" versucht den Missbrauch der Klagerechte einzuschränken[5]. Dieses war jedoch nur sehr bedingt erfolgreich und schränkte den Missbrauch nicht deutlich ein.

Um den Missbrauch von Klagerechten durch Kleinstaktionäre einzuschränken wurde ausgehend von einer Bundesratsinitiative im Jahr 2008 das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie erlassen, durch das das Klageverfahren durch nun weniger notwendige Instanzen beschleunigt wurde[6]. Dadurch ist es Kleinstaktionären zwar nach wie vor möglich durch Klagen gegen einzelne Entscheidungen die Umsetzung der Beschlüsse zunächst zu blockieren, jedoch ist das allein aus der absehbaren Verfahrensdauer resultierende Drohpotential der Kläger signifikant geringer geworden[7].

Literatur zum Thema

Einzelnachweise

  1. Detlef Grumbach: Wie der Bundestag versucht, "räuberischen Aktionären" das Handwerk zu legen
  2. Deutsches Aktieninstitut - Stellungnahme zum Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie
  3. Der Spiegel (49/2004): Die Macht der Zwerge
  4. Gesetzesbeschluss des Bundestages: Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts
  5. Dr. Joachim Jahn - Wenn der Rechtsweg der Erpressung dient (Seite 39)
  6. Vorstoß gegen Berufskläger in aktienrechtlichen Verfahren – Bundesrat beschließt Gesetzesinitiative
  7. Stellungname des Bundesrates zum Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG)
Rechtshinweis Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten!

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