Country-Musik im deutschen Sprachraum

Country-Musik im deutschen Sprachraum
Bobbejaan 1943

Die ursprünglich aus den Vereinigten Staaten stammende Country-Musik und die dazugehörige Kultur wird auch im deutschsprachigen Raum in ihren diversen Stilformen rezipiert und produziert. Dabei besteht zumeist eine sehr enge Anlehnung an die entsprechenden Szenen in den Vereinigten Staaten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Anfänge

Seit Beginn der Aufnahmen von Countrymusik Anfang der 1920er-Jahre wird Country auch im deutschsprachigen Raum gehört. Die ersten Schellackplatten der Carter Family und von Jimmie Rodgers wurden fast zeitgleich auch in Deutschland veröffentlicht. Allerdings war die Popularität von Country nicht annähernd vergleichbar mit der des Jazz, sondern eher wenigen Kennern vorbehalten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte der US-amerikanische Soldatensender AFN für eine Popularisierung des Genres in Deutschland. Große Countrystars, von Hank Williams in den 1940er-Jahren bis Garth Brooks in den 1990er-Jahren, kamen seitdem nach Deutschland, um für die hier stationierten US-amerikanischen Truppen, aber auch für ihre deutschen Fans zu spielen. Ab 1948 trat der belgische Sänger Bobbejaan bei der US-amerikanischen Armee in Deutschland auf. Auch im deutschsprachigen Teil der Schweiz entstand Ende der 1940er-Jahre eine lebendige Countryszene.

Die 1950er Jahre

1959 sang Bobbejaan beim bekannten Komponisten Peter Kreuder vor, bekam einen Plattenvertrag und veröffentlichte den Country-Comedy-Song Ich steh an der Bar und ich habe kein Geld. Der Titel kam 1960 in die Charts und konnte sich über 30 Wochen dort halten. Seit dem Aufkommen der Hollywood-Western hatte auch die Cowboy-Musik eine gewisse Popularität erreicht. Stars dieser Zeit waren beispielsweise Bruce Low mit dem Cowboy-Schlager „Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand“ aus dem Jahr 1957 oder die Nilsen Brothers mit der deutschen Coverversion des Kingston Trio-Hits Tom Dooley von 1959, der sich sieben Wochen auf Platz 1 der deutschen Charts halten konnte.

Die 1960er Jahre

1961 wurde von Chuck Steiner das Magazin Hillbilly gegründet, das die deutschsprachigen Angänger der Country-Musik mit Veranstaltungsinfos, Plattenkritiken und Hintergrundberichten versorgte. 1965 folgte in Deutschland die Zeitschrift Country Corner. Aktive Persönlichkeiten waren unter anderem Hauke Strübing, Walter Fuchs oder E. Reinald Schuhmann. Der Sänger Ronny hatte mehrere Hits.

In Österreich moderierte Connie „Tex“ Hat eine Radiosendung mit Country-Musik.

Die 1970er Jahre

Gunter Gabriel (2006)

In den 1970er-Jahren griffen Musiker wie Gunter Gabriel, Tom Astor, Larry Schuba & Western Union (Band), Winchester 75 und Truck Stop die Countrymusik auf und verarbeiteten sie dem Zeitgeist entsprechend. Freddy Quinn hatte eine Show namens „It’s Country Time“ im deutschen Fernsehen. Der norddeutsche Richard Weize hatte in den 1960er-Jahren seine Leidenschaft für die Countrymusik entdeckt und bereiste seitdem die USA auf der Suche nach raren und verschollenen Aufnahmen. 1975 gründete er sein Wiederveröffentlichungs-Label Bear Family Records. Das Label gilt als eine Quelle für rare und sowohl grafisch, textlich als auch klanglich kompetent und liebevoll aufgearbeitete Aufnahmen. Weize lernte viele der Musiker, u.a. Johnny Cash, persönlich kennen.

1980 veröffentlichte der Country-Experte Walter Fuchs, der ebenfalls viele Musiker persönlich kannte und sich seit Jahren in der Szene bewegte, zum ersten Mal sein Lexikon der Countrymusik. Es ist noch immer das Standardwerk zum Thema und wurde 2005 in überarbeiteter Fassung neu aufgelegt. Nach Fuchs wurde deutschsprachiger Country 1978 mit dem Erfolg des Liedes Ich möcht' so gern Dave Dudley hör'n von Truck Stop „salonfähig“, und die Szene wuchs schnell. Er bemerkt jedoch, dass die Songs in der „Schlagerecke“ landeten, aufgrund der oft banalen Texte und weil die afroamerikanischen Elemente, die sich im Country finden, nahezu völlig fehlten.


Truckerszene

In den 1980er- und 1990er-Jahren etablierten sich diverse Country- und Truckerfestivals, z.B. im schweizerischen Interlaken (seit 1993) und in Deutschland u.a. der Internationale ADAC Truck Grand Prix am Nürburgring (seit 1985), mit ca. 6000 Zuschauern dem größten Festival dieser Art in Europa. Diese verbinden Truckrennen und -shows mit Konzerten deutschsprachiger und US-amerikanischer Countrykünstler. Auf dem Truck Grand Prix am Nürburgring wird mit dem Silbernen, Goldenen bzw. Platin-Truck der Fernfahrerzeitschrift Trucker und Auto Bild auch die höchste Auszeichnung der deutschsprachigen Mainstream-Countryszene verliehen.

Nils Koppruch (Fink)

Charts

1993 wurde die German American Country Music Federation von Vertretern der Musikindustrie in Deutschland und den Vereinigten Staaten gegründet, um den deutschen Markt besser zu erschließen.

Bekannte aktuelle deutsche Country-Bands sind beispielsweise Silverwood oder Slow Horses; Bands wie The Twang, Texas Lightning oder The BossHoss machten sich einen Namen, indem sie bekannte Disko- und Rockhits im Countrystil einspielten. Texas Lightning vertraten im Mai 2006 Deutschland beim Eurovision Song Contest 2006 mit dem Country-Song No No Never und belegten den 15. Platz.

Alternative

Auch “alternative” Spielformen des Country, die sich in den USA im Zusammenhang mit der Popularisierung des Rock und mit der Bürgerrechtsbewegung seit Ende der 1960er-Jahre in den USA entwickelten, fanden in Deutschland ihre Anhänger. In den 1980er-Jahren nahmen auch deutsche Punks den Cowpunk auf. Dieser inspirierte den bayrischen Schriftsteller Franz Dobler, sich näher mit der Countrymusik alternativer Lesart zu befassen.

In den 1990er-Jahren verfasste er eine Country-Kolumne in der Tageszeitung „Junge Welt“ und gab 2002 zum 70. Geburtstag von Johnny Cash eine Biografie heraus. Die Begeisterung für Steve Wynn, Go To Blazes und andere US-amerikanische Musiker, die Punkgefühl mit Countrymusik verbanden, veranlassten Rembert Stiewe und Reinhard Holstein vom Label Glitterhouse Mitte der 1990er-Jahre, ihr Programm auf Alternative Country zu konzentrieren. Glitterhouse entwickelte sich zu einem der wichtigsten Labels und auch Mailorder für das Genre in Deutschland und Europa. Das jährlich veranstaltete Orange-Blossom-Special-Festival des Labels ermöglicht es deutschen Fans, US-amerikanische und europäische Bands des Genres live zu sehen. Als Label vertritt Glitterhouse auch einige US-Bands, wie z.B. 16 Horsepower, Woven Hand oder Hazeldine, sowie einige nordeuropäische Bands mit countryesken Anklängen. Auch Edgar Heckmann gründete aus Leidenschaft sein Label Blue Rose, das zumeist US-amerikanische Künstler für den europäischen Markt, aber auch einige einheimische Künstler wie Markus Rill vertritt.

Die Band The Waltons erreicht mit einer wilden Countrymischung einen gewissen Popularitätsgrad unter Jugendlichen.

Die Musiker der Band FSK näherten sich dem Thema Country und Deutschland zwischen Ende der 1980er- und Mitte der 1990er-Jahre auf ihre eigene, von der Popkultur bestimmten Weise.

Im Zusammenhang mit dem Alternative Country der 1990er-Jahre griffen junge Bands wie Fink (die sich allerdings von einem Countryimage distanzieren) und Cow Countrymusik auf und integrierten sie in die deutsche Independentszene dieser Zeit. Der Marburger Hans Settler baute Mitte der 1990er-Jahre die Webseite insurgentcountry.net auf, die sich zur wichtigsten deutschsprachigen Informationsquelle zu Alternative Country entwickeln sollte.

Festivals

Labels

Weblinks


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