Gattungsschuld

Gattungsschuld

Gattungsschuld ist ein Rechtsbegriff aus dem Schuldrecht. Es handelt sich dabei um ein Schuldverhältnis über eine Sache, die nur nach allgemeinen Merkmalen (Gattungsmerkmalen) geschuldet wird. Ob eine Gattungsschuld gegeben ist, ergibt sich aus der Parteivereinbarung. Die Parteien sind dabei nicht daran interessiert, dass dem Gläubiger eine bestimmte Sache übereignet werde. Das ist der Fall, wenn es sich bei dieser Sache etwa um ein Erzeugnis aus der Serienproduktion handelt, das typischerweise allen anderen Erzeugnissen gleichartig ist.

Beispiel: Bei einem Kaufvertrag über einen CD-Spieler des Typs 602 wird nur eine Gattung (Typ 602) vereinbart, nicht jedoch die konkrete Kaufsache.

Wurde eine Gattungsschuld vereinbart, so hat der Gläubiger gemäß § 243 Abs. 1 BGB Anspruch auf eine handelsübliche Qualität (mittlere Art und Güte). Der Schuldner muss also weder eines der besten Stücke herausgeben, noch darf er eines der schlechtesten liefern.

Eine Leistungsbefreiung des Schuldners wegen objektiver Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB) ist erst gegeben, wenn die gesamte Gattung untergegangen ist. Brennt beispielsweise das Lager des Händlers ab, so bleibt der Anspruch des Käufers grundsätzlich bestehen, solange die Sache noch auf dem Markt erhältlich ist.

Der Gläubiger geht dem Anspruch auf Übereignung einer der Gattung nach geschuldeten Sache auch dann verlustig, wenn nur seinem Schuldner die Leistung unmöglich geworden ist (persönliche Unmöglichkeit). Die persönliche Unmöglichkeit ist bei Gattungsschulden verhältnismäßig selten, da der Gattung nach bestimmte Sachen üblicherweise auf dem Markt frei verfügbar sind. Für den Gläubiger bewendet es dann bei Gewährleistungsrechten. Ist die geschuldete Sache nur der Gattung nach bestimmt, so hat aber in der Regel der Schuldner, solange die Leistung aus der Gattung möglich ist, sein Unvermögen zur Leistung auch dann zu vertreten, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt (Beschaffungsrisiko).

Sobald der Schuldner jedoch alles Erforderliche zur Leistung einer bestimmten Sache getan hat (sogenannte Konkretisierung), wandelt sich die Gattungsschuld gemäß § 243 Abs. 2 BGB in eine Stückschuld. Wann dies im Einzelnen der Fall ist, hängt von der Art der Schuld ab:

  • Schickschuld: Die Konkretisierung tritt ein, wenn der Schuldner die Sache in ordnungsgemäßer Weise (also zum Beispiel: ausreichend frankiert und mit korrekter Adresse versehen) einer geeigneten Transportperson übergibt.
  • Holschuld: Die Konkretisierung tritt ein, wenn der Schuldner die Sache aussondert und den Gläubiger benachrichtigt, dass diese zur Abholung bereitstehe.
  • Bringschuld: Die Konkretisierung tritt ein, wenn der Schuldner, beziehungsweise sein Gehilfe, die Sache dem Gläubiger an dessen Wohnsitz übergibt.

Kommt der Gläubiger in Annahmeverzug, so geht nach § 300 BGB die Gefahr mit Wirkung des Verzuges auf den Gläubiger über - die Gattungsschuld konkretisiert sich zur Stückschuld.


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