Ibrahima Thioub

Ibrahima Thioub

Ibrahima Thioub (* 18. Juni 1955 in Malicounda bei M'Bour) ist ein senegalesischer Professor für moderne und zeitgenössische Geschichte und Geschäftsführender Direktor des Historischen Seminars an der Université Cheikh Anta Diop (UCAD) in Dakar.

Thioubs Forschungsgebiete sind die Geschichte der Marginalisierung und der Exklusion in senegalesischen Städten, die Geschichte der Sklaverei und des Menschenhandels in Afrika und Gefängnisse, Alkoholismus und Jugendkriminalität in der Geschichte Westafrikas. Zurzeit forscht er vor allem über Sklaverei und Menschenhandel und die damit verbundene Erinnerungskultur in Senegal und Gambia sowie über die Politik der Wissenskontrolle in den ehemaligen westafrikanischen französischen Kolonien.

Forschungsschwerpunkt

Als Ibrahima Thioub im Oktober 2006 an einer Konferenz zum Thema „Slavery in Contemporary Art. An Interdisciplinary Conference on Trauma, Memory and Visuality“ des „Centrum für Postcolonial und Gender Studies” der Universität Trier teilnahm, sprach er über das Geschichtsbild Westafrikas im Hinblick auf die Beteiligung westafrikanischer Eliten am Transatlantischen Sklavenhandel und konstatierte, dass in Westafrika bis heute eine Debatte über die eigene Beteiligung am Sklavenhandel unterdrückt wird.

Er zeigte auf, wie die postkoloniale Nationalhistoriographie in Afrika konfliktreiche Themen vermied, wie die Beleuchtung der Rolle von Sklavenfängern im Inneren Afrikas - die Geschichte der Sklaverei begann in dieser Interpretation erst an der Küste, mit der Verschiffung der Sklaven: "Ich sage immer: Woher sind denn die Sklaven gekommen? Sind sie vom Himmel auf die Küsten gefallen?"

Nach seiner Ansicht verschleiern die Gedenkstätten an den Küsten Westafrikas – wie Gorée in Senegal, Elmina und Cape Coast in Ghana oder Ouidah in Benin – die Rolle vorkolonialer Staaten wie Futa Jallon, Asante und Abomey als Drehscheiben des Sklavenhandels. Und sie ignorieren, was sich im Inneren des Kontinents abgespielt hat, im heutigen Burkina Faso, Tschad oder Niger, wo ein Großteil der Opfer herkam. Bei Anbruch der französischen und britischen Kolonisation, war im Sahelgürtel von Mauretanien bis Sudan die Mehrheit der Bevölkerung Eigentum der wenigen reichen und anerkannten Familien und Clans.

Um die offiziellen Gedenkstätten für Sklaverei ist ein regelrechter „Historikerstreit“ unter afrikanischen Geschichtswissenschaftler in Gang.

In der nationalistisch geprägte afrikanische Geschichtswissenschaft nach der Unabhängigkeit ging es hauptsächlich darum, eine glorreiche Vergangenheit zu konstruieren. Sie schrieb eine Geschichte der Eliten: Eine, die sich erst auf arabische Quellen, dann auf die nach der Unabhängigkeit rehabilitierte Tradition der Dynastien stützt. Und sie tendierte dazu, so Thioub, den sozialen Diskurs einheimischer Eliten für bare Münze zu nehmen, wenn sie soziale Hierarchien und Unterdrückung innerhalb afrikanischer Gesellschaften verharmlosen oder herunter spielen.

Deutsch-Afrikanischer Wissenschaftsaustausch

Im Rahmen des Deutsch-Afrikanischen Wissenschaftsaustausches zwischen der Philosophischen Fakultät der Universität Cheikh Anta Diop und der Leibniz Universität Hannover wird Ibrahima Thioub im Oktober 2008 in Hannover über die Themen afrikanische Diskurse über Sklaverei und transatlantischen Sklavenhandel sprechen.

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Thioub — Ibrahima Thioub (* 18. Juni 1955 in Malicounda bei M Bour) ist ein senegalesischer Professor für moderne und zeitgenössische Geschichte und Geschäftsführender Direktor des Historischen Seminars an der Université Cheikh Anta Diop (UCAD) in Dakar.… …   Deutsch Wikipedia

  • Ibrahima — ist der Name verschiedener Persönlichkeiten: Ibrahima Bakayoko (* 1976), ivorischer Fußballspieler Ibrahima Camara (* 1985), guineischer Fußballspieler Ibrahima Sonko (* 1981), senegalesischer Fußballspieler Ibrahima Thioub (* 1955),… …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Biografien/Thi — Biografien: A B C D E F G H I J K L M N O P Q …   Deutsch Wikipedia

  • École de Dakar (histoire) — Pour les articles homonymes, voir École de Dakar. L École de Dakar est la dénomination appliquée à l origine par l universitaire sénégalais Boubacar Barry aux historiens africains qui se sont inscrits dans la mouvance de l égyptologue Cheikh Anta …   Wikipédia en Français

  • Carabane — Coordinates: 12°32′16″N 16°42′03″W / 12.5378°N 16.7008°W / 12.5378; 16.7008 …   Wikipedia

  • Cheikh Anta Diop University — Université Cheikh Anta Diop Latin: Sigillum Universitatis Dakarensis Motto Lux Mea Lex …   Wikipedia

  • Economy of Senegal — Predominantly rural and with limited natural resources, the Economy of Senegal gains most of its foreign exchange from fish, phosphates, groundnuts, tourism, and services. Its agricultural sector is highly vulnerable to variations in rainfall and …   Wikipedia

  • Presidency of Nicolas Sarkozy — Nicolas Sarkozy began his mandate of President of the Republic of France on 16 May 2007 Nicolas Sarkozy, candidate of the conservative Union for a Popular Movement (UMP), was elected President in May 2007, and became the sixth President of the… …   Wikipedia

  • Achille Mbembe — est né au Cameroun en 1957. Il obtient son doctorat en histoire à l université de la Sorbonne à Paris, en France, en 1989. Par ailleurs il est titulaire d un DEA en science politique de l Institut d études politiques, toujours à Paris. Reconnu… …   Wikipédia en Français

  • Boubacar Barry — Pour les articles homonymes, voir Barry.  Ne doit pas être confondu avec Boubacar Barry Copa. Boubacar Barry (1943 ) est un universitaire sénégalais, professeur d histoire moderne et contemporaine à l Université Cheikh Anta Diop de Dakar …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”