Konradihaus

Konradihaus

Das Konradihaus oder auch St. Konradihaus ist eine Einrichtung zur Jugendhilfe in Schelklingen. Es verfügt über etwa zwölf Gruppen im Kernbereich sowie sechs Außenwohngruppen, davon zwei für Jungen (Blaubeurer Straße, Hofgut Oberschelklingen), eine für Mädchen (Schillerstraße) und drei gemischte (Goethestraße, Lützelberg, Justingen). Es hat eine private Schule zur Erziehungshilfe, sowie ein Ausbildungszentrum. Derzeit hat es eine Kapazität von 150 Plätzen.

Inhaltsverzeichnis

Konzept

Die Jugendlichen leben im Konradihaus in Gruppen mit höchstens neun Jugendlichen, die von je vier Fachkräften, Erziehern und Sozialpädagogen, betreut werden. Alle Gruppen außer der Außenwohngruppe Schillerstraße und Goethestraße sind reine Jungengruppen, die WG (Wohngruppe) Schillerstraße ist eine Mädchengruppe, und die WGs Goethestraße und Lützelberg sowie Justingen sind koedukativ, also gemischt.

Das Leben im „Koni“ bietet den Jugendlichen mehr Freiheiten als in vielen anderen Einrichtungen, ist allerdings auch mit mehr Eigenverantwortung verbunden. Es gibt zahlreiche Freizeitangebote, so zum Beispiel Fußball, Basketball und eine einmal pro Woche geöffnete Teestube, in der Darts, Billard, Taifun, sowie alkoholfreie Getränke und Knabbereien angeboten werden. Auch pädagogisches Reiten wird im Koni angeboten. Es gibt auch zahlreiche Vereine in Schelklingen, die Jugendliche aus dem „Koni“ aufnehmen, die einzige Ausnahme bildet hier der Schützenverein. Ebenso hat Schelklingen eine kleine aber sehr gut ausgestattete Bücherei, in der sich die Jugendlichen Bücher, CDs, Videos und DVDs sowie PC-Spiele und anderes ausleihen können.

Das „Koni“ verfügt über einen Hofladen, der Produkte aus der eigenen Zucht und diverse Anbauprodukte vom ebenfalls dem St. Konradihaus zugehörigen Hofgut verkauft.

Das Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung gestaltet sich zeitweise schwierig, denn obwohl das Konradihaus seit 125 Jahren in Schelklingen heimisch ist, haben viele Bewohner der Kleinstadt Vorbehalte gegen die Jugend aus dem Haus. Die gesellschaftliche These das im St. Konradihaus nur Jugendliche wohnen, die von ihrem Grundverhalten anders agieren oder verbalisieren, bereitet den Bewohnern, den Mitarbeitern sowie der Leitung immer wieder größere Probleme. Obwohl eine breite Masse aus der Gesellschaft z. B. regelmäßige Kunden im zugehörigen Hofladen, dem Restaurant oder die Angebote der Ausbildungsbetriebe in Anspruch nehmen, versucht das St. Konradihaus regelmäßig mit Qualitätsoffensiven oder Aktionen, der falschen These Konkurrenz zu machen. Aus jedem Jahrgang bleiben einige Jugendliche in Schelklingen wohnen. Es bestehen auch viele Kontakte zwischen den Jugendlichen aus Urspring und dem „Koni“. Abschließend ist zu sagen, dass viele Jugendliche aus meist schwierigen Verhältnissen in Schelklingen auf ein Leben außerhalb des Heimes vorbereitet werden, und dabei oft eine schöne Zeit erleben.

Joann Baptist Sproll Schule

Die Joann Baptist Sproll Schule am St. Konradihaus ist eine in allen Schularten staatlich anerkannte Privatschule.

Die Schule verfügt bisher über zwei verschiedene Schulzweige. Neben dem Förderzweig gibt es auch einen Hauptschulzweig wo die Schüler(Innen) die Chance haben, den erweiterten Hauptschulabschluss zu erreichen. Eine Möglichkeit für externe Schüler, die externe Abschlussprüfung an der Schule abzulegen ist gegeben.

Im Unterricht gehen erfahrene Pädagogen auf die persönliche Leistungsfähigkeit der Schüler ein. Kleine Klassen schaffen eine intensive Lernatmosphäre. Sie orientiert sich an den besonderen Bedürfnissen der Schüler, die fast ausschließlich in der Einrichtung leben. In allen Bereichen bietet die Schule pädagogische Freiräume, die für eine persönliche Arbeit mit den Schülern unerlässlich sind.

In enger Zusammenarbeit zwischen Lehrern, Ausbildern, Sozialpädagogen und den ergänzenden Fachdiensten bildet die Joann Baptist Sproll-Schule ein wesentliches Element der pädagogischen Einheit des St. Konradihauses. Die Schule nimmt auch externe Schülerinnen und Schüler auf. Zusätzlich zum schulischen Lernen bietet die Erlebnispädagogik den Jugendlichen weitere Lernmöglichkeiten.

Die Absolventen können nach dem erfolgreichen Schulabschluss entweder in den internen Ausbildungsbetrieben tätig werden, oder einen Weiterbesuch an externen weiterführenden Schulen durchführen. Die Möglichkeit der Wahrnehmung von externen Ausbildungsmöglichkeiten wird jederzeit bedingt durch den erfolgreichen Schulabschluss gegeben. Seit dem Jahr 2009 wird die komplette Schule neu saniert und im Hauptkomplex entstehen, bedingt durch die neue Qualitätsoffensive, neue Klassenräume.

Ausbildungsbetriebe

Das St. Konradihaus bietet die Möglichkeit, z. B. für die internen Absolventen der Joann Baptist Sproll Schule, in den eigenen Betrieben eine Ausbildung zu absolvieren. Derzeit bietet das Haus folgende Ausbildungsmöglichkeiten:

  • Bäcker, Fachkraft im Gastgewerbe, Restaurantfachmann, Fachverkäufer im Nahrungsmittelhandwerk, Koch, Feinwerkmechaniker, Maler und Lackierer, Tischler, Beikoch, Fachwerker im Maler- und Lackiererhandwerk, Holzfachwerker, Landwirtschaftsfachwerker, Landwirt.

Die Betriebe und die Azubis nehmen regelmäßig bei Veranstaltungen teil und haben ebenfalls schon einige Auszeichnungen erhalten.

Geschichte

Das Haus wurde im Jahre 1878 als „Rettungshaus für ältere, verwahrloste Knaben“ erstmals erwähnt, als Standort wurde damals das ehemalige Gasthaus „Zum Hecht“ in der Schelklinger Ortsmitte ausgewählt. Dieses wurde dem damaligen Besitzer für 18.000 Reichsmark abgekauft und am 11. September 1889 feierlich als St. Konradihaus eingeweiht. Bereits im Jahre 1890 lebten 102 Kinder, damals nur Jungen, dort. In den Jahren 1902 bis 1904 wurde das Haus dann erweitert, ausgebaut, und bekam eine Badeanstalt und einen Stall. Damals wurden dort mehr als 120 Jugendliche betreut. 1909 kam eine Filiale in Pfauhausen dazu, die später eigenständig und ein Heim zur Betreuung behinderter Menschen wurde. 1912 kam ein Arbeitssaal dazu, und somit wurde Platz für bis zu 160 Jugendliche geschaffen

1914 wurde ein weiterer Schlafsaal eingeweiht und Teile des Hauses in ein Soldatenheim und Lazarett umgewandelt. 1918/1919 forderten die ortsansässigen Bauern mit Unterstützung des Soldatenbundes erfolglos die Auflösung und Enteignung des Konradihauses. 1927 wird das „Hofgut Oberschelklingen“ bei Hausen ob Urspring gekauft. 1928 wurde das Hofgut an Strom und Wasser angeschlossen, was für ein derart abgelegenes Gehöft zu dieser Zeit keine Selbstverständlichkeit war.

1929 wird zum 50. Jubiläum der Sportplatz im Längental eröffnet, der heute vom ortsansässigen Fußballverein benutzt wird. 1940 werden 40 Kinder und Betreuer aus einem anderen Pflegeheim aufgenommen. Das NS-Reichskommissariat beschlagnahmt 1941 die Anstalt, um ein Umsiedlungslager einzurichten. Alle Jugendlichen bis auf wenige Zöglinge im Hofgut Oberschelklingen werden in ihre früheren Wohnorte entlassen. 1945 wird die Landwirtschaft auf dem Talgut, einer -inzwischen nicht mehr in der Hand des Hauses befindlichen- Zweigstelle des Hofguts, in Eigenregie wiederaufgenommen.

Nachkriegszeit bis heute

Im Jahre 1948 wird das Konradihaus wiedereröffnet, und nimmt bis 1949 wieder 80 Jugendliche auf, darunter viele Flüchtlingskinder, ein Maler- und ein Gipserbetrieb werden eingerichtet, die Umgestaltung des Hauses beginnt 1952, mit der Einrichtung von Wohngruppen. Damals sind sowohl die Prügelstrafe als auch psychischer Druck noch erzieherische Maßnahmen. 1956 werden die ersten mechanischen Werkstätten eröffnet, das Haus verfügt inzwischen wieder über 150 Plätze. 1962 wird das Talgut abgerissen, und an dieser Stelle die heutige Schwimmhalle und eine Schlosserei gebaut. In der alten Schlosserei wird eine Kegelbahn eingerichtet. Bis 1966 werden 17 Berufe zur Ausbildung angeboten. 1972 wird wieder eine Schule am St. Konradihaus eröffnet, 1974 das Ferienhaus Oberschmeien gekauft und ein Hartplatz für Ballsportarten eingerichtet. 1977 wird das Ausbildungszentrum eröffnet, das bis heute fast unverändert besteht. 1979 war die Eröffnung des neuen Schulgebäudes mit neuer Turnhalle. 1980 bietet das St. Konradihaus folgende Ausbildungsberufe an: Bäcker, Elektroinstallateur, Kunst- und Bauschlosser, Landwirt, Maler und Lackierer, Maschinenbauer, Schreiner. In der Schillerstraße in Schelklingen entsteht die erste Außenwohngruppe mit zehn Plätzen für männliche Jugendliche, inzwischen ist dort eine Mädchenwohngruppe.

1981 wird das Schülerwohnheim Ehingen eröffnet, das aber keinen pädagogischen Zweck hat, sondern für Berufsschüler mit Blockunterricht gedacht ist. Die barmherzigen Schwestern beenden nach 100 Jahren ihren Einsatz im Konradihaus. 1985 wird ein fachpsychologischer Dienst eingerichtet, der den Jugendlichen psychologische Lebenshilfe bietet. 1986 wird das Hofgut erweitert. 1989-91 wird das Hallenbad erneuert und erweitert, und die Cafeteria als Sitzungs- und Veranstaltungsraum eingerichtet. Von 1989 bis 1992 wird ein anderes Jugendheim eingerichtet, aber wieder aufgegeben. 1991 wird die Außenwohngruppe „am Lützelberg“ eröffnet. 1994 wird das Betreute Jugendwohnen mit zunächst 8 Plätzen eingerichtet, die Außenwohngruppe „Blaubeurer Straße“ eröffnet, und die Wohngruppe „Schillerstraße“ zur Mädchenwohngruppe umgebaut. In einer Fachwerkstatt werden lernbehinderte Jugendliche aus der Umgebung betreut. In Justingen befindet sich ein eigens für die Außenwohngruppe errichtetes Haus mit einem großen Garten für eine ausgiebige Freizeitgestaltung.

Von 1995 bis 2000 wurde der gesamte Kernbereich und alle Wohngruppen komplett saniert und umgestaltet, sowie auf dem Hofgut ein Freilauf-Rinderstall fertiggestellt und in Betrieb genommen.

Literatur zum St.-Konradi-Haus

  • St.-Konradi-Haus Schelklingen (Hrsg.); Hans Dolde (Bearb.): 100 Jahre St.-Konradi-Haus 1880-1980: Geschichte des Heimes von seiner Gründung bis heute. Oberndorf/Neckar: Schwarzwälder Bote, 1980.

Literatur zum Umsiedlungslager

  • Martin, Jörg: Das Umsiedlungslager Schelklingen 1941-1945. Ulm und Oberschwaben, Jg. 51 (2000), S. 232-247.
  • Roth-Zimmermann, Marie-Louise: Denk' ich an Schelklingen …: Erinnerungen einer Elsässerin an die Zeit im SS-Umsiedlungslager (1942-1945). 2. Aufl. St. Ingbert: Röhrig, 2001 (Annales Universitatis Saraviensis: Philosophische Fakultäten; 16) (173 S.) (dt. Übersetzung von Je me souviens de Schelklingen).
  • Streicher, Jean-Claude: Internée à 8 ans au „SS-Umsiedlungslager“ de Schelklingen (Wurtemberg). L'Outre-forêt, 2001, 115, S. 35-47 (über Yvette Wagner).

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