Mediation

Mediation

Mediation (lateinisch „Vermittlung“) ist ein strukturiertes freiwilliges Verfahren zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes. Die Konfliktparteien – teilweise auch Medianten oder Medianden genannt – wollen mit Unterstützung einer dritten "allparteilichen" Person (dem Mediator) zu einer gemeinsamen Vereinbarung gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Der Mediator trifft dabei keine eigenen Entscheidungen bezüglich des Konflikts, sondern ist lediglich für das Verfahren verantwortlich.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Die Mediation in ihrer heutigen Form entwickelte sich aus der Praxis der außergerichtlichen Konfliktregelung. Sie hat dabei Ansätze der Konflikt- und der Verhandlungsforschung, des psychologischen Problemlösens, der Psychotherapie sowie der Systemischen Therapie aufgegriffen. Eingeflossen sind auch Erkenntnisse aus den Fachgebieten Konflikt- und Kommunikationswissenschaft und Humanistische Psychologie, weshalb die Grundlagen des Verfahrens auf unterschiedlichen Quellen ruhen. In Deutschland hat sich das Verfahren seit etwa 1990 zunehmend etabliert und ist auch empirisch evaluiert worden.

Die interdisziplinäre Entstehungsgeschichte der Mediation und ihre daraus folgende systematische Stellung zwischen psychosozialen, rechtswissenschaftlichen und verhandlungstheoretischen Ansätzen sowie das weitgehende Fehlen von (gesetzlichen) Vorgaben führen dazu, dass es nur wenige allgemein anerkannte oder gar zwingende Vorgehensweisen in der Mediation gibt.

Wichtigste Grundidee der Mediation ist die Eigenverantwortlichkeit der Konfliktparteien: Der Mediator ist verantwortlich für den Prozess, die Parteien sind verantwortlich für den Inhalt. Dahinter steht der Gedanke, dass die Beteiligten eines Konflikts selbst am besten wissen, wie dieser zu lösen ist, und vom Mediator lediglich hinsichtlich des Weges dorthin Unterstützung benötigen.

Abgrenzungen

Die Mediation ist ein Verfahren, keine Institution wie Schiedsgericht, Gütestelle, Schlichtungsstelle o. ä. Es ist jedoch möglich, dass sich verschiedenste Institutionen der Mediation als Verfahren bedienen, soweit sie dem Wesen nach mit ihr vereinbar sind. Vom Mediator werden keine Entscheidungen getroffen, keine Empfehlungen und keine Vorschläge für eine mögliche Konfliktregelung formuliert. Mit der Schlichtung hat Mediation gemein, dass ohne Zustimmung der Parteien keine verbindliche Entscheidung gefällt wird. Insofern kann man sie als besonderes Schlichtungsverfahren bezeichnen. Allerdings zeichnet sich die Mediation gegenüber der Schlichtung dadurch aus, dass der Mediator die Entscheidung ganz den Konfliktbeteiligten überlässt, also auch keine Kompromissvorschläge macht. Ebenso ist das Verfahren mit der Tätigkeit einer Einigungsstelle nicht vergleichbar.

Weiterhin ist Mediation auch keine Form einer Psychotherapie. Im engeren Sinne läuft Mediation immer auf die Arbeit einer (oder mehrerer) den (Kommunikations-)prozess strukturierenden und moderierenden Person(en) mit (allen) beteiligten Konfliktparteien hinaus. Insofern ist die beratende Arbeit mit einer einzelnen Konfliktpartei keine Mediation, sondern Konflikt-Coaching.

Eine umstrittene Sonderform der Mediation ist die Shuttle-Mediation, wie sie beispielsweise 1978 von Jimmy Carter im Rahmen der ägyptisch-israelischen Verhandlungen in Camp David eingesetzt wurde. Hier verhandelt der Mediator mit den Parteien in vertraulicher Einzelsitzung, auch caucus genannt.[1]

Konzepte

Die konzeptionellen Grundlagen der Mediation bilden u. a.:

Prozedurale Voraussetzungen für die Durchführung einer Mediation sind u. a.:

  • Freiwilligkeit – alle Beteiligten einschließlich des Mediators können die Mediation jederzeit abbrechen.
  • Verschwiegenheit – Der Mediator äußert sich außerhalb der Mediation nicht zu den Verfahrensinhalten. Ein Problem kann sich dabei allerdings in Deutschland aus dem fehlenden Zeugnisverweigerungsrecht nicht-anwaltlicher Mediatoren ergeben. In der Schweiz ist seit 1. Januar 2011 ein Zeugnisverweigerungsrecht in Art. 166 Abs. 1 lit. d der neuen Zivilprozessordnung (ZPO) vorgesehen. In Österreich sind eingetragene Mediatoren gemäß § 18 ZivMediatG durch ein Verschwiegenheitsgebot geschützt.
  • Ergebnisoffenheit – Eine Mediation ist dann nicht möglich, wenn das Ergebnis bereits zu Beginn feststehen soll. Alle Konfliktparteien müssen mit einer gewissen Verhandlungsbereitschaft in die Mediation gehen. Dies umfasst auch die prinzipielle Verhandlungs- und Abschlussfähigkeit der Beteiligten, ein Aspekt, der insbesondere bei umfangreichen Verfahren in der Wirtschaft oder im öffentlichen Bereich zum Tragen kommt.
  • Allparteilichkeit – Der Mediator leitet die Mediation allparteilich bzw. allparteiisch, das heißt, er steht auf der Seite jedes Beteiligten. Diese Haltung geht deutlich über eine einfache Neutralität hinaus; die inhaltliche Neutralität des Mediators erstreckt sich nicht auf seine Stellung gegenüber den Konfliktparteien. So gleicht er beispielsweise ein Machtgefälle zwischen den Parteien aus, indem er vorübergehend als Sprachrohr der kommunikationsschwächeren Partei agiert.

Vergleiche: Kommunikator (Psychologie)

Ziele

Das Ziel der Mediation ist die Lösung eines Konfliktes – möglichst durch den wechselseitigen Austausch über die Konflikthintergründe und mit einer verbindlichen, in die Zukunft weisenden Vereinbarung der Teilnehmer. Dabei steht im Gegensatz zum Gerichtsverfahren die Frage nach einer eventuellen Schuld nicht im Vordergrund. Auch Veränderungen im Verhalten der Mediationsteilnehmer untereinander werden nur insoweit gefördert, als sie für die verbindliche Lösung des Konflikts notwendig sind. Insofern grenzt sich die Mediation von therapeutischen Verfahren ab.

Neben dem eigentlichen Ziel der Mediation – beispielsweise der Regelung von Vermögensfragen bei einer Scheidung; der Vereinbarung über eine gemeinsame elterliche Sorge trotz Trennung der Eltern oder der Fortsetzung einer Kooperation zweier Unternehmen – gibt es auch Ziele, die außerhalb des eigentlichen Verfahrens stehen:

  • Berücksichtigung von Interessenlagen, die in einem Zivilprozess unbeachtet bleiben würden;
  • Reduzierung der Verfahrenskosten und der Konfliktfolgekosten;
  • Möglichkeit eines unbürokratischen und flexiblen Verfahrens;
  • Schonung personeller und betrieblicher Ressourcen;
  • keine Öffentlichkeit durch Berichte in den Massenmedien.

Methoden

Die Methode der Mediation ist eine Synthese zahlreicher Elemente diverser Disziplinen. In methodischer Hinsicht sind es insbesondere Elemente aus den Fachgebieten Problemlösen, Kommunikation (Systemtheorie) und Themenzentrierte Interaktion. Ein zentrales Anliegen jeder Mediation ist es, die Konfliktparteien wieder in ein Gespräch zu bringen. Der neu beginnende kommunikative Ablauf ist so zu steuern, dass die Konfliktparteien

  • Sache und Person von einander trennen;
  • individuelle Wahrnehmungsphänomene als Konfliktfaktoren anerkennen;
  • unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen des oder der Konfliktpartner/innen anerkennen und
  • für sich Entscheidungsverzerrungen aufdecken.

Im Laufe der Jahrzehnte haben sich verschiedene Phasenmodelle der Mediation entwickelt. Obwohl die Phasen von Modell zu Modell verschieden ausdifferenziert sind, finden sich bei den meisten Modellen irgendwo die folgenden fünf Phasen als Handlungsstrategie wieder:[2]

1. Auftragsklärung

Zunächst werden die Parteien über das Mediationsverfahren, die Rolle und Haltung des Mediators informiert, für die Konfliktvermittlung wird eine Mediationsvereinbarung abgeschlossen und das weitere Vorgehen miteinander abgestimmt.

2. Themensammlung

Zu Beginn der zweiten Phase stellen die Parteien ihre Streitpunkte und Anliegen im Zusammenhang dar, so dass die Themen und Konfliktfelder gesammelt und für die weitere Bearbeitung strukturiert werden können.

3. Positionen und Interessen/Sichtweisen- und Hintergrunderkundung

In der dritten Phase beginnt die eigentliche Problembearbeitung mit der Entscheidung über das erste zu behandelnde Thema. Danach erhalten die Beteiligten Gelegenheit, ihre Sicht des jeweiligen Aspekts des Konflikts zu jedem Themenpunkt umfassend darzustellen. Informationen, Daten und Wahrnehmungen werden ausgetauscht, bevor auf die unterschiedlichen und gemeinsamen Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der Parteien vertieft eingegangen und damit der Konflikt umfassend erhellt werden kann. Wichtig ist in dieser Phase vor allem der Übergang von Positionen zu dahinter liegenden Interessen. Außerdem werden üblicherweise Maßstäbe für eine aus Sicht der Beteiligten gerechte bzw. sinnvolle Lösung entwickelt. Dabei kommen neben den Positionen der Konfliktparteien deren Hintergründe, Ziele, Interessen, und – je nach Ausrichtung und Ausbildung des Mediators – Emotionen und Identitätsaspekte (Rollen, Selbstbild) zum Vorschein.

4. Sammeln und Bewerten von Lösungsoptionen

In der vierten – der kreativen – Phase werden zu den einzelnen Problemfeldern zunächst im Wege des Brainstormings Lösungsoptionen bewertungsfrei gesammelt. Nach Abschluss der Ideenfindung werden diese Lösungsoptionen von den Medianden bewertet und verhandelt. Der Mediator wird in dieser Phase meist das vorschnelle Beschließen von Lösungen bremsen, indem er gegenüber den Teilnehmern hinterfragt, inwieweit die gefundenen Lösungen mit den in der vorherigen Phase ermittelten Interessen der Parteien oder den vorher erarbeiteten Kriterien für eine gerechte Lösung im Einklang stehen. Auch wird der Mediator gemeinsam mit den Beteiligten überprüfen, ob und wie sich die jeweiligen Lösungsoptionen in der Realität umsetzen lassen.

5. Abschlussvereinbarung

Zum Abschluss der Mediation werden die Ergebnisse (meist schriftlich) festgehalten. Üblich ist dabei die konkrete Regelung des weiteren Vorgehens einschließlich der Festlegung von Umsetzungsfristen bis hin zum Verhalten im zukünftigen Konfliktfall.

Die Entwicklung dieser fünf Phasen sowie ihr Einsatz in den vergangenen zwanzig Jahren haben Kommunikationstechniken integriert, die in den folgenden Artikeln detailliert beschrieben sind:

Begleitende Maßnahmen

Darüber hinaus ist die Mediation bemüht, eine Transformation des Konfliktes bewirken zu können durch den Einsatz folgender Techniken:

Das Vorgehen in einer Mediation nach diesen fünf Phasen dient inzwischen als Vorbild für die Didaktik und das Curriculum einer Ausbildung zum Mediator.

Anwendungsfelder

Historisch gesehen hat in Deutschland die Entwicklung vor mehr als 20 Jahren in der Familienmediation begonnen. Inzwischen ist eine zunehmende Diversifikation der Anwendungsfelder zu beobachten, die zu einer speziellen Aufteilung geführt hat:

In vielen Konfliktsituationen ist die Mediation die einzige Alternative zum Gerichtsverfahren, das meist zeitlich und finanziell höhere Risiken für die Beteiligten birgt. Neue Wege geht in diesem Zusammenhang die

Rechtlicher Rahmen der Mediation

Deutschland

In Deutschland gibt es auf der Ebene der Länder viele und oft erfolgreiche Initiativen zur Förderung der Mediation. Konkrete gesetzliche Vorgaben wurden jedoch bisher mit Ausnahme der Aufnahme der Mediation in die Berufsordnung für Rechtsanwälte und das Rechtsdienstleistungsgesetz nicht beschlossen. Im August 2010 wurde jedoch seitens des Bundesministerium der Justiz ein Referentenentwurf für ein Mediationsgesetz an die Bundesländer sowie die entsprechenden Verbände verschickt[3], mittels dessen die Mediation in Deutschland gefördert werden soll. Außerdem soll durch dieses Gesetz die Richtlinie 2008/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und Handelssachen[4] bis zum 20. Mai 2011 in deutsches Recht umgesetzt werden. Am 12. Januar 2011 wurde der überarbeitete Entwurf des Mediationsgesetzes vom Bundeskabinett beschlossen. [5]

Gerichtsinterne und gerichtsnahe Mediation in den Ländern

Als erstes Bundesland initiierte Niedersachsen ein Projekt zur sogenannten „gerichtsnahen Mediation“ im Jahr 2002. Viele Amts- und Landgerichte, Verwaltungs- und Sozialgerichte in Niedersachsen bieten seit diesem Zeitpunkt gerichtliche Mediation in Konfliktfällen an, die beim Gericht anhängig sind.[6] Jährlich organisiert das Justizministerium seit dem Jahr 2003 einen Konfliktmanagement-Kongress in der Landeshauptstadt Hannover. Seit 2008 führt das Niedersächsische Justizministerium die auf zwei Jahre angelegte Wanderausstellung „Neue Wege der Streitbeilegung“ durch, die insbesondere die Vorteile der außergerichtlichen Mediation ins Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen soll.[7]

Mediation wurde von 2005 an auch in Ostwestfalen/NRW von der Justiz gefördert. Im Rahmen des Modellprojektes Justizmodell in OstWestfalenLippe (NRW), das in erster Linie für Bürokratieabbau in der Modellregion Ostwestfalen stand, ist Mediation ein wichtiges Standbein geworden. In den Landgerichtsbezirken Paderborn und Detmold sowie am Verwaltungsgericht Minden wurden Gerichtsinterne Mediationen durchgeführt. Bei diesen wurde ein Richter als Mediator tätig, an den das Verfahren von seinem für das streitige Verfahren zuständigen Richterkollegen abgegeben wurde. Gelang die Mediation, wurde das Ergebnis als vollstreckbarer Vergleich vom Richtermediator protokolliert. Scheiterte die Mediation, so wurde das streitige Verfahren beim originär zuständigen Richter weitergeführt und von diesem entschieden[8]

In Bayern haben zum Güterichter in der Zivilgerichtsbarkeit[9] und zum Mediator in der Sozialgerichtsbarkeit[10] Modellversuche bzw. Pilotprojekte stattgefunden.

Im Freistaat Sachsen sind zum 1. Januar 2010 zahlreiche gerichtsinterne Mediationsprojekte an den Start gegangen[11][12].

Ebenfalls im Rahmen des Projektes Justizmodell OWL wird seit 2007 auch am Landgericht Bielefeld Mediation in der Form der Gerichtsnahen Anwaltsmediation stattfinden. Hierbei wird das bei Gericht anhängige Verfahren an einen ausgebildeten anwaltlichen Mediator zwecks Durchführung einer Mediation abgegeben. Gelingt die Mediation, protokolliert der Richter des streitigen Verfahrens den geschlossenen „Vergleich“. Gelingt die Mediation nicht, wird der Fall im streitigen Verfahren weiter verhandelt und vom Richter entschieden. Durch die Mediation beim Anwalt entstehen den Parteien vor Gericht nur geringfügige Zusatzkosten, die zu gleichen Teilen zu tragen sind.

Am Landgericht Köln besteht seit Februar 2007 ebenfalls die Möglichkeit der gerichtsnahen Anwaltsmediation – vergleichbar mit dem beschriebenen Bielefelder Modell.

Die gerichtsinterne Mediation, bei der das an einem Gericht bereits anhängige Verfahren von dem zur Entscheidung berufenen gesetzlichen Richter an einen anderen Richter gem. § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO analog abgegeben wird, wird in der juristischen Literatur weiterhin kontrovers diskutiert[13][14][15][16].

Am Landgerichtsbezirk Heidelberg wurde im Jahr 2010 ein Projekt gestartet, in dem als Mediatoren neben Rechtsanwälten auch Sachverständige tätig sind. Hier soll der fachlich kompetenteste Mediator eingesetzt werden.

Mediation und Anwaltstätigkeit

Früher war die Tätigkeit des nicht anwaltlichen Mediators wegen ihrer potentiell rechtsberatenden Tätigkeit und eines dementsprechend möglichen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz juristisch umstritten. Mit dem Inkrafttreten des Rechtsdienstleistungsgesetzes zum 1. Juli 2008 ist gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 4 geklärt, dass Mediation keine Rechtsdienstleistung ist, solange sie nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift.

Für Rechtsanwälte, die als Mediatoren tätig sind, enthält § 7a der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) eine Regelung, derzufolge Rechtsanwälte sich nur dann als Mediatoren bezeichnen dürfen, wenn sie eine geeignete Ausbildung nachweisen können. Unabhängig von der Frage der Berechtigung zum Führen eines entsprechenden Titels ist die Mediation jedoch als Teilbereich der anwaltlichen Tätigkeit anerkannt, sodass jeder Rechtsanwalt mediierend tätig werden darf. Der zunehmenden Bedeutung der Mediation im Anwaltsberuf entspricht deren explizite Aufnahme in die Berufsordnung, deren § 18 nunmehr lautet: Wird der Rechtsanwalt als Vermittler, Schlichter oder Mediator tätig, so unterliegt er den Regeln des Berufsrechts. Damit ist insbesondere klargestellt, dass der Rechtsanwalt, auch soweit er als Mediator tätig wird, der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt.

Die der Mediation eigene Neutralitätsverpflichtung eines Mediators verbietet es, dass ein Rechtsanwalt in einem Fall mediiert, mit dem er zuvor als Anwalt befasst war. Ebenso ist eine anwaltliche Tätigkeit nach der Mediation unter dem Gesichtspunkt der Verschwiegenheitspflicht und des Verbots der Wahrnehmung widerstreitender Interessen ausgeschlossen, es sei denn, der Anwalt würde im gemeinsamen Interesse und Auftrag aller an der Mediation beteiligten Parteien tätig.

Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob ein Rechtsanwalt als Mediator tätig werden darf, wenn er eine der an der Mediation beteiligten Parteien zuvor in anderer Sache anwaltlich vertreten hat. Das berufsrechtliche Problem der Vertretung widerstreitender Interessen stellt sich hier nicht; gleichwohl dürfte die Neutralität des Mediators auch in diesem Falle in Frage gestellt sein. Die Verletzung der Neutralitätspflicht zieht jedoch keine berufsrechtlichen Konsequenzen nach sich, sondern ist lediglich die Verletzung einer vertraglichen Pflicht des Mediationsvertrages, für welche der Anwalt gegebenenfalls schadensersatzpflichtig sein kann. Umgekehrt liegt eine Pflichtverletzung ersichtlich nicht vor, wenn der Rechtsanwalt auf seine frühere Tätigkeit vor Abschluss des Mediationsvertrages hinweist.

Österreich

In Österreich verpflichtet Art II des seit 1. Juli 2004 geltenden Nachbarrechtsänderungsgesetz streitende Nachbarn, eine außergerichtliche Einigung anzustreben, ehe eine Klage eingebracht werden kann. Die Forcierung von Methoden der außergerichtlichen Streitbeilegung wie Mediation, Schlichtung und Schiedsgerichtsbarkeit trägt zur Gerichtsentlastung bei. Eine von einem eingetragenen Mediator durchgeführte Mediation bewirkt, dass die Verjährungsfristen während der Dauer der Mediation gehemmt sind (§ 22 ZivMediatG).

Mit dem sog. Behindertengleichstellungspaket wurde per 1. Jänner 2006 u.a. auch der Diskriminierungsschutz in weiten Teilen des täglichen Lebens für Menschen mit Behinderungen gesetzlich verankert. Wird das Diskriminierungsverbot verletzt, können gerichtlich Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, allerdings ist vorher verpflichtend ein Schlichtungsversuch durchzuführen, in dessen Rahmen auch Mediation als alternative Konfliktregelung anzubieten ist (§ 15). Die Kosten für das Verfahren, also auch einer Mediation, trägt der Bund nach Maßgabe einer diesbezüglichen Richtlinie, abzurufen beim Bundessozialamt.

Seit 1. Juli 2008 ist eine Änderung des Berufsausbildungsgesetzes in Kraft, mit der der Gesetzgeber eine außerordentliche Auflösung von Lehrverhältnissen zum Ende des ersten und zweiten Lehrjahres ermöglicht, allerdings nur, wenn davor ein Mediationsverfahren mit einem eingetragenen Mediator stattgefunden hat.

Die Mediation im Strafrecht ist in Form des Tatausgleichs verankert, mit Bestimmungen vor allem in den §§ 198 - 209b der Strafprozessordnung, sowie in den §§ 29, 29a und 29b des Bewährungshilfegesetzes.

Schweiz

In der Schweiz ist erstmalig eine Gesamtschweizerische Zivilprozessordnung am 1. Januar 2011 in Kraft getreten. Darin wurden neu die Schnittstellen zur Mediation geregelt. Vorbehältlicher gewisser Ausnahmen ist vor dem Gang vor den Richter ein Schlichtungsverfahren durchzuführen. Den Parteien steht es frei, sich anstelle eines staatlichen Schlichtungsverfahrens auf eine Mediation zu einigen. Das Mediationsverfahren ist von den Parteien zu organisieren und hat vom Gericht oder der Schlichtungsbehörde unabhängig zu erfolgen.

Der Schweizerische Dachverband Mediation (SDM) und die Schweizerische Kammer für Wirtschaftsmediation (SKWM) publizieren auf ihrer Homepage (SDM: infomediation.ch; SKWM: www.skwm.ch) ihre Berufsregeln sowie eine Liste anerkannter Mediatoren und anerkannter Ausbildungen.

Kostenvergleich

Die Konfliktlösung mit Unterstützung eines stundenweise honorierten Mediators kann insbesondere bei hohen Streitwerten kostengünstiger sein als die streitige Austragung vor Gericht mit Hilfe eines Rechtsanwalts.

Mitunter bringt die Mediation keine Konfliktregelung, sodass die Kosten des Gerichtsverfahrens zusätzlich anfallen. Andererseits besteht immer die Möglichkeit weiterer Auseinandersetzungen, soweit ein gerichtliches Urteil keine dauerhaft befriedende Wirkung entfalten konnte.

Wird in einer Mediation dem Grundsatz der Informiertheit der Streitbeteiligten nicht ausreichend Rechnung getragen – zum Beispiel wegen mangelnder externer anwaltlicher Beratung – so besteht außerdem die Gefahr, dass sich im Nachhinein eine Konfliktpartei durch die erzielte Regelung rechtlich benachteiligt fühlt. Dementsprechend sollten sich insbesondere bei existenziellen Streitigkeiten die Mediationsteilnehmer über die rechtlichen Rahmenbedingungen durch hierzu befähigte Anwälte beraten lassen.

Ausbildung

Die Berufsbezeichnung Mediator ist in Deutschland gesetzlich nicht geschützt, es gibt keine gesetzliche Regelung einer Mediationsausbildung. Einige private Mediatorenverbände haben sich die Definition von Ausbildungsstandards zur Aufgabe gemacht. Die Deutsche Gesellschaft für Mediation (DGM), die Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM), der Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt (BMWA) und der Bundesverband Mediation (BM) fordern gleichermaßen eine Zusatzausbildung von mindestens 200 Zeitstunden und zertifizieren Mitgliedsunternehmen, die nach den Standards des Verbandes ausbilden. Tatsächlich gibt es Institute, die nur 110 Stunden ausbilden, andere weisen einschließlich der folgenden Intervisionssitzungen 450 Stunden auf. In der Regel verlangen die Mediatorenvereine für die Ausstellung eines Zertifikats den Nachweis einer qualifizierten, vom Verband anerkannten Ausbildung, eine Dokumentation von Mediationen in vier Fällen, entsprechende Inter- bzw. Supervision sowie ein Kolloquium. Dies berechtigt nach einem erfolgreichen Anerkennungsverfahren zur Führung des Zusatzes des jeweiligen Verbandsnamens, also beispielsweise Mediator BAFM. Seit 2009 erkennen die drei Verbände BAFM, BM und BMWA gegenseitig die von einem von ihnen zertifizierten Mediatoren an, wenn die jeweiligen Mediatoren eine Gebühr von € 250 an den anerkennenden Verband zahlen.

Daneben bieten andere Fachverbände und Ausbildungsinstitutionen sowie semi-öffentliche Ausbildungsstätten (private Einrichtungen mit öffentlicher Förderung) aber auch universitäre Bildungseinrichtungen (z. B. Universität Bielefeld, Universität Heidelberg, FernUniversität in Hagen, Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder, Universität Potsdam) Ausbildungen zum Mediator an, die teilweise bis zum akademischen Grad des Masters reichen.

Im Bereich der Rechtsanwälte werden die Ausbildungsstandards von den Rechtsanwaltskammern bestimmt. Diese prüfen, ob sie eine Ausbildung gem. § 7a BORA als geeignet ansehen, damit ein Anwalt die Zusatzbezeichnung Mediator tragen darf.

In Österreich ist für die Mediation in Zivilrechtssachen der Zugang zur Tätigkeit des Mediators seit 2004 im Bundesgesetz über Mediation in Zivilrechtssachen (ZivMediatG) gesetzlich geregelt[17]. Bei fachlicher Qualifikation und einem Mindestalter von 28 Jahren kann sich ein Mediator in die Liste der eingetragenen Mediatoren in Zivilrechtssachen (§ 15 ZivMediatG) beim Justizministerium eintragen lassen.[18] Der eingetragene Mediator muss – im Gegensatz zu anderen, nicht eingetragenen Mediatoren – in einem Gerichtsverfahren nicht über den Inhalt der Mediation aussagen (§ 18 ZivMediatG).

Die auf Grundlage des österreichischen Mediationsgesetzes erlassene Ausbildungsverordnung (ZivMediat-AV)[19] fordert für eingetragene Mediatoren in Zivilrechtssachen eine Mediationsausbildung von mindestens 365 Einheiten, von Juristen und Angehörigen psychosozialer Berufsgruppen wird ein reduzierter Ausbildungsumfang von 220 Einheiten gefordert.

Einzelnachweise

  1. Patrick Horvath, Jimmy Carters Mediation in Camp David, Wien 1999
  2. Redlich, Alexander: Konfliktmoderation – Handlungsstrategien für alle, die mit Gruppen arbeiten. Mit vier Fallbeispielen. 6. Aufl., Windmühle Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-922789-63-3; Trenczek, T.: Leitfaden zur Konfliktmediation; ZKM 2005, S. 193 ff.
  3. Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz zum einem Mediationsgesetz
  4. Mediationsrichtlinie der EU
  5. bmj.bund.de
  6. Website zur gerichtsnahen Mediation in Niedersachsen
  7. Website zur niedersächsischen Wanderausstellung
  8. Abschlussbericht zum Justizmodell OWL
  9. Gerichtsinterne Mediation an bayerischen Landgerichten
  10. Gerichtsinterne Mediation in der bayerischen Sozialgerichtsbarkeit
  11. Mediation am Sächsischen Oberverwaltungsgericht
  12. Mediation am Sächsischen Landessozialgericht
  13. Jan Malte von Bargen, Gerichtsinterne Mediation, Tübingen 2008
  14. http://www.adr-blog.de/?p=513
  15. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=13791
  16. Härting, Für eine mediationsferne Justiz, AnwBl. 2007, S. 700; Spellbrink: Mediation im sozialgerichtlichen Verfahren – Baustein für ein irrationales Rechtssystem, in DRiZ 2006, 88
  17. Bundesgesetz über Mediation in Zivilrechtssachen. öBGBL. I 29/2003Vorlage:§§/Wartung/alt-URL
  18. Informationsseite zur Liste der Mediatoren in Zivilrechtssachen des Österr. Bundesministeriums für Justiz mediatorenliste.justiz.gv.at
  19. Zivilrechts-Mediations-Ausbildungsverordnung – ZivMediat-AV

Literatur

Siehe auch

Weblinks

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