Hermannstadt

Hermannstadt

Hermannstadt, 1) (bis 1851 Nagy-Szebeny-Szek), Stuhl im Lande der Sachsen (Siebenbürgen), 34 QM., 115,000 Ew.; jetzt 2) Kreis in Siebenbürgen, welcher das Land der Sachsen zum größten Theil nebst Theilen anderer Stühle umfaßt, 147,98 QM., 12 Bezirksämter; grenzt an die Kreise Kronstadt, Udvarhely, Maros Vasarhely, Karlsburg u. Broos u. an die Walachei, wohin der Rothe-Thurm-Paß führt; ist gebirgig durch die Karpaten u. wird vom Alt, dem Großen Kokel u. dem Sebes durchflossen; die hauptsächlichsten Erwerbszweige bilden Ackerbau, Vieh- u. Bienenzucht, Holzarbeit u. Holzhandel, Weinbau, welcher aber nur geringes Gewächs liefert; unweit H. gibt es Steinsalzgruben; 3) (lat. Cibinium, ungarisch Nagy-Szeben, walachisch Szibin), Hauptstadt desselben u. von Siebenbürgen, am Zibin, einem Nebenfluß des Alt; besteht aus der oberen befestigten, der unteren Stadt u. drei Vorstädten; 8 Kirchen, darunter die evangelisch-gothische Domkirche u. die katholische Parochialkirche; H. ist Sitz des Statthalters, des Oberlandesgerichts, der siebenbürgischen Finanz-Landesdirection u. anderer Behörden, eines griechischen nichtunirten Bischofs, eines lutherischen Oberconsistoriums, Sächsische Universität od. Nationalversammlung, Nationalarchiv u. Nationalmuseum in dem Brückenthalschen Palais, mit Bibliothek, Gemälde-, Münz- u. Mineraliensammlung, lutherisches u. katholisches Gymnasium, walachische Hauptschule, eine k. k. Rechtsakademie, 2 Waisenhäuser, Militärerziehungshaus, 4 Kranken- u. Versorgungshäuser, Armenanstalt, Zuchthaus, Casernen; fertigt viel Tuch, Kotzen, Haarkämme, Hüte, Silber- u. Seilerwaaren, auch gibt es Wachsbleichen, Gerbereien, Kupferhammer, Papier- u. Pulvermühle, Fabriken für Stearinkerzen, Schwefelsäure u. Zucker, 5 Buchdruckereien, 2 Buchhandlungen; der Handel ist ausgedehnt u. wird durch eine Deutsche Societät u. nach der Türkei durch eine Griechische Handelsgesellschaft gefördert; auf der öffentlichen Promenade das Broncedenkmal des Kaisers Franz I. etc.; 19,500 Ew. – H. gründete wahrscheinlich der Nürnberger Bürger Hermann, welcher 1160 mit einer Colonie unter König Geisa II. hierher kam. Es soll hier auch ein Bisthum gewesen sein. 18. März 1442 hier Siegder Ungarn unter Joh. Hunyades über die Türken; wurde 1438, 1531, 1532 u. 1535 von den Türken vergeblich belagert; 1536 erobert. Große Drangsale. erlitt die Stadt in den Jahren von 1610–13 durch Gabriel Bathor. Hier am 21. Jan. 1849 Schlacht zwischen den Österreichern unter Puchner u. den Ungarn unter Bem; am 24. zweite Schlacht bei H. zum Nachtheil der Österreicher, worauf die Stadt am 28. von den Ungarn besetzt wurde; am 15. Febr. 1849 abermals Treffen zwischen den ungarischen Insurgenten unter Bem u. den Österreichern; Anfangs März d. I. wurde H. von den Ruffen unter Skariotin u. 11. März wieder von Bem besetzt; am 8. Juli von den Russen u. Österreichern vergeblich angegriffen, am 20. Juli Gefecht zwischen den Ungarn u. Russen, am 21. Juli wurde die Stadt von den Russen besetzt, am 4. Aug. wieder von den Ungarn unter Bem genommen. 4) so v.w. Herzman-Miestecz.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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