Kühlung geschlossener Räume

Kühlung geschlossener Räume

Kühlung geschlossener Räume, die als Wohn- und Arbeitsräume dienen. Die durch die Kühlung zu beseitigende Wärmemenge ergibt sich aus der Wärmeübertragung der von der heißeren Außenluft bespülten Wände, Fenster, Dachflächen durch Strahlung und Leitung auf die Raumluft, ferner aus der Wärmeentwicklung im Räume selbst durch die in ihm befindlichen Personen, wärmeabgebenden Maschinen und Apparate, Beleuchtungsvorrichtungen u.s.w., dann aus der Wärmezuführung durch die absichtlich zugeführte oder durch Undichtheit der Umschließungswände, Oeffnen der Türen eintretende heißere Außenluft und aus der Wärmemenge, die infolge Verdichtung eines Teils der in der Raumluft und in der zutretenden Außenluft enthaltenen Feuchtigkeit frei wird.

Bei Kühl- und Gefrierräumen ist auch den in diese eingebrachten Gegenständen eine gewisse Wärmemenge zu entziehen, um sie auf die gewünschte Temperatur zu bringen (vgl. Kältemaschine, S. 272, und [6]–[9]).

Die Berechnung der zu beseitigenden Wärmemenge (Kältebedarf) erfolgt wie die Berechnung des Wärmebedarfs von Heizungsanlagen (s. Heizung geschlossener Räume) [5]. Durch geeignete Herstellung der zu kühlenden Räume, insbesondere durch Schutz gegen die Besonnung und Verwendung von schlechten Wärmeleitern beim Bau der Wände, ferner durch Anwendung elektrischen Lichts statt der mehr Wärme abgebenden Gasbeleuchtung kann der Kältebedarf vermindert werden; bei Arbeitsräumen sind gegebenenfalls die etwa sich entwickelnden heißen Dämpfe oder Gase abzuleiten, die Feuerungseinrichtungen möglichst abzusperren oder mit wärmedichten Vorrichtungen zu umgeben, die heißen Flächen von Kesseln, Dampfleitungen u. dergl. mit Isoliermaterial zu umhüllen. Nähere Angaben über geeignete Herstellung von Arbeitsräumen s. [2]–[4], über den Bau der Häuser in warmen Ländern [1].

Die Mittel zur Kühlung sind folgende:

1. Einführung frischer Luft, welche an einer vor der Sonne möglichst geschützten Stelle entnommen wird, durch natürliche oder künstliche Lüftung. Die Wirkung ist nur gering und daher vielfach nicht ausreichend; sie kann dadurch erhöht werden, daß die Lüftung hauptsächlich während der Nacht durchgeführt wird.

2. Lüftung mit frischer Luft, die behufs Abkühlung vorher durch Brunnen, Keller, ausgedehnte im Kellergeschoß befindliche Kanäle geführt wird. Hierbei wird die Erdtemperatur benutzt; die Wirkung ist nicht groß und nimmt im Sommer rasch ab, da sich die Kanalwände allmählich erwärmen. Zur Erzielung der notwendigen großen Kühlflächen werden in die Luftkanäle Mauerkörper mit zahlreichen Durchgängen eingebaut. Es empfiehlt sich, auch während der Nacht zu lüften.

3. Lüftung durch künstlich gekühlte Luft. Eine künstliche Kühlung wird bei den Einrichtungen der Luftbefeuchtung (s. Befeuchtung der Luft) erhalten, wenn diese mittels kalten Wassers (Brunnenwasser, künstlich gekühltes Wasser) erfolgt. Die Kühlung entsteht dabei teils durch die unmittelbare Berührung der Luft mit dem kalten Wasser, teils durch die bei der Wasserverdunstung entstehende Wärmebindung. Diese Kühlungsart läßt sich mit der unter 2. angegebenen verbinden, wenn die unterirdisch angelegten Luftkanäle und die etwa in diese eingebauten Mauerkörper mit kaltem Wasser berieselt werden. Die Kühlung durch Wasser ergibt einen großen, vielfach unerwünschten und manchmal auch unzulässigen Feuchtigkeitsgehalt der Luft, so daß dieses Verfahren nur in seltenen Fällen, z.B. bei Spinnereien und Webereien, zweckmäßig ist. – Das Vorbeileiten der zuzuführenden Luft an Eismassen geschieht vielfach für Brauereikeller; näheres enthält [5], [7]–[9]. Durch Schmelzen zu Wasser von 0° bindet 1 kg Eis 80 W.E.; eine weitere Wärmebindung läßt sich durch Vorbeiführen der Luft an dem Schmelzwasser erzielen. – Statt des Eises können Kühlkörper oder -leitungen verwendet werden, durch welche Brunnenwasser oder künstlich gekühltes Wasser oder eine durch Kältemischungen oder eine Kälteerzeugungsmaschine abgekühlte Flüssigkeit bezw. der verdampfende Kälteträger dieser Maschine (indirekte und direkte Verdampfung, s. Kältemaschine) fließt. Solche künstlich gekühlte Flüssigkeiten, gewöhnlich Salzwasser (Sole), werden auch in der Weise verwendet, daß die Luft in unmittelbare Berührung mit ihnen gebracht wird. Kälteflüssigkeiten werden dann, wenn es sich weniger um Erzielung einer gesundheitlich zuträglichen Luftbeschaffenheit als um Erzeugung sehr geringer Raumtemperaturen, z.B. in Lager- und Gärkellern bei Brauereien, Kühlanlagen in Schlachthöfen und Markthallen, Kühlhäuser für Aufbewahrung von Nahrungsmitteln, [732] Früchten, Pflanzen, Hopfen, Tabak, Wein, Fette, Häute, Pelzwaren u.s.w., handelt, in der Weise angewendet, daß nicht frische Außenluft zugeführt, sondern die Raumluft selbst immer wieder gekühlt wird, so daß nur ein Umlauf der Luft, entweder unter Benutzung des durch den Temperaturunterschied der zu den Kühlapparaten strömenden wärmeren und des an dieser gekühlten Luft entstehenden natürlichen Auftriebs oder unter Herbeiführung einer künstlichen Luftbewegung mit Hilfe von Ventilatoren, erreicht wird. Nähere Angaben über diese Arten von Luftkühlanlagen s. Kältemaschine, S. 272, und [5], [7]–[9]. In gleicher Weise läßt sich die bei der Ausdehnung verdichteter Luft, wie sie den Luftmotoren entströmt, entstehende Wärmebindung benutzen.

4. Kühlung durch im Räume selbst angebrachte Kühlapparate, welche Eis oder eine abgekühlte Flüssigkeit enthalten, oder Kühlleitungen, durch welche eine Kühlflüssigkeit (Brunnenwasser oder gekühlte Sole) fließt. Letzteres findet, wie schon erwähnt, vielfach Anwendung bei Kühlanlagen für Brauereien, Schlachthöfe u.s.w. (s. Kältemaschine, S. 272). Eine geringe, manchmal aber doch für Arbeitsräume u. dergl. erwünschte Wirkung wird durch Aufstellung von Wasserverdunstungsapparaten (s. Befeuchtung der Luft) erhalten.

5. Berieselung der Wand- und Dachflächen, unter Umständen auch Besprengen des Fußbodens mit Wasser; Wirkung gering.

6. Bewegung der Luft durch bewegte fächerartige Flächen. Dieses in Arbeitsräumen bei vorhandener Transmission oder auch sonst beim Antrieb durch Elektromotoren leicht anzuwendende Verfahren ergibt keine Kühlung der Luft; aber es erfolgt eine stetige Mischung der kälteren und wärmeren Luftschichten, welch letztere bei ruhiger Arbeitstätigkeit sich an den menschlichen Körpern bilden und dessen Wärmeabgabe besonders hindern. Die bewegte Luft erzeugt eine stärkere Verdunstung des Schweißes und dadurch eine Wärmebindung.

Wenn für Räume, in denen Menschen sich aufhalten, eine Kühlung erfolgt, so ist darauf zu achten, daß nicht kalte und dadurch belästigende Luftströmungen entstehen. Wird künstlich gekühlte Luft in den Raum geleitet, so darf diese nur um einige Grade kälter als die Raumluft sein und muß möglichst verteilt und so eingeführt werden, daß die kalte Luft zuerst sich mit der Raumluft mischt, ehe sie die Menschen trifft (s. Lüftung geschlossener Räume und [5]). Bei Anwendung von Kühlapparaten im Raum selbst sind diese unter der Decke anzubringen. In vielen Fällen, z.B. für bewohnte oder Arbeitsräume, Aufbewahrungsräume für Nahrungsmittel, ist z.B. durch Ausscheidung von Wasser aus der Luft an starkgekühlten Flächen dafür zu sorgen, daß der Feuchtigkeitsgehalt der Raumluft eine gewisse Grenze (50–70% relative Feuchtigkeit) nicht überschreitet. Ferner ist namentlich in Kühlhäusern für eine Beseitigung der sich aus den aufbewahrten Nahrungsmitteln etwa entwickelnden riechenden Gase und der sich bildenden Sporen durch große Reinlichkeit der Kühlräume, teilweise Erneuerung der Kühlhausluft durch Zuführung frischer Außenluft, Niederschlagung der Gase, Staubteilchen und Sporen mit einem Teil des Wassergehaltes der Luft am Luftkühler, bei offener Bauart der letzteren auch durch Klärung und Reinigung der Kühlflüssigkeit zu sorgen. – Eine eingehende Darlegung der Kühlung geschlossener Räume, in denen sich Menschen aufhalten, bieten [1], [4] und [5]; die Kühlung der Arbeitsräume behandeln [2] und [3]. Kühlanlagen mit niedrigeren Temperaturen s. S. 272 ff.


Literatur: [1] Dessoliers, H., De l'habitation dans les pays chauds, Paris 1883. – [2] Deny, Ed., Étude sur les moyens de combattre l'excès de chaleur dans les ateliers etc., Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse 1885, 1. Heft; auszugsweise im Gesundheitsingenieur 1885, S. 507. – [3] Hartmann, K., Kühlung der Arbeitsräume, im Handbuch der praktischen Gewerbehygiene, Berlin 1894, S. 385. – [4] Weyl, Th., Handbuch der Hygiene, Bd. 8, Jena 1897. – [5] Rietschel, H., Leitfaden zum Berechnen und Entwerfen von Lüftungs- und Heizungsanlagen, 3. Aufl., Berlin 1902. – [6] u. [7] Brückner, E., Eisbehälter, und Spillner, E., Kühlanlagen mit künstlicher Kälteerzeugung, im Handbuch der Architektur, 3. Teil, Bd. 6, 3. Aufl., Stuttgart 1904. – [8] Zeitschr. f. die gesamte Kälteindustrie, München und Berlin 1894–1907. – [9] Eis- und Kälteindustrie, Berlin 1898–1907; vgl. a. die Literatur S. 277.

K. Hartmann.


http://www.zeno.org/Lueger-1904.

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