Oberkommando der Wehrmacht

Oberkommando der Wehrmacht
Soldaten des Geheimen Funkmeldedienstes des OKW beim Ver- oder Entschlüsseln von Nachrichten mithilfe der Schlüsselmaschine ENIGMA

Das Oberkommando der Wehrmacht (OKW) war die höchste deutsche militärische Planungs- und Verwaltungsbehörde im Zweiten Weltkrieg mit Hauptsitz in Wünsdorf bei Zossen und einer Feldstaffel am jeweiligen Standort des Führerhauptquartiers.

Inhaltsverzeichnis

Gründung

Adolf Hitler nutzte die Blomberg-Fritsch-Krise, die mit der Demission des Reichswehrministers Blomberg endete, um die Führungsspitze der Wehrmacht stärker auf seine Person und die NSDAP zu verpflichten. Er übernahm selbst die Funktion des Reichskriegsministers und Oberbefehlshabers und gliederte das Wehrmachtamt um zum „Oberkommando der Wehrmacht“ in der Funktion eines militärischen Stabes. An seine Spitze setzte er die ihm treu ergebenen Generale Wilhelm Keitel und Alfred Jodl. Gleichzeitig erhielt das Heer mit Walther von Brauchitsch einen neuen Oberbefehlshaber, der direkten Zugang zu Hitler erhielt. Weitere sechzehn Generale wurden von ihren Kommandostellen abgelöst. Weil die Oberbefehlshaber aller Teilstreitkräfte Vortragsrecht bei Hitler erhielten, konnte Keitel nicht mehr die Belange der Wehrmacht als Ganzes vertreten. Keitel konnte nur partiell die Funktionen des Stellvertretenden Kriegsministers übernehmen, nur insoweit, wie es die Oberbefehlshaber der Teilstreitkräfte Heer, Marine und Luftwaffe zuließen.

Die rechtliche Grundlage beruht auf einem Führererlass vom 4. Februar 1938. Darin heißt es:

Erlaß über die Führung der Wehrmacht
vom 4. Februar 1938.
Die Befehlsgewalt über die gesamte Wehrmacht übe ich von jetzt an unmittelbar persönlich aus.
Das bisherige Wehrmachtamt im Reichskriegsministerium tritt mit seinen Aufgaben als „Oberkommando der Wehrmacht” und als mein militärischer Stab unmittelbar unter meinen Befehl.
An der Spitze des Stabes des Oberkommandos der Wehrmacht steht der bisherige Chef des Wehrmachtamts als „Chef des Oberkommandos der Wehrmacht”. Er ist im Range den Reichsministern gleichgestellt.
Das Oberkommando der Wehrmacht nimmt zugleich die Geschäfte des Reichskriegsministeriums wahr, der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht übt in meinem Auftrage die bisher dem Reichskriegsminister zustehenden Befugnisse aus.
Dem Oberkommando der Wehrmacht obliegt im Frieden nach meinen Weisungen die einheitliche Vorbereitung der Reichsverteidigung auf allen Gebieten.
Berlin, den 4. Februar 1938

Verurteilung wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Der Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht wurden im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher zwar angeklagt, konnte aber aus formalen Gründen nicht, wie etwa die Waffen-SS, als verbrecherische Organisation verurteilt werden, da hier keine Organisation im juristischen Sinne vorlag. Das Gericht empfahl, den Mitgliedern einzeln den Prozess zu machen. Dies geschah im Nürnberger Prozess Oberkommando der Wehrmacht, in dem OKW-Generäle und Oberbefehlshaber von Armee- und Heeresgruppen angeklagt wurden. Zentrale Anklagepunkte waren die Weitergabe verbrecherischer Befehle wie des Kommissarbefehls von 1941, der die Erschießung aller politischen Kommissare der Roten Armee anordnete, die millionenfache Ermordung von Kriegsgefangenen und die Beteiligung am Judenmord. Elf Angeklagte wurden zu Haftstrafen zwischen drei Jahren und lebenslänglich verurteilt, zwei wurden freigesprochen.[1]

Gliederung

Das OKW gliederte sich in sechs Ämter, die Adjutantur beim Führer und den Obersten Befehlshaber der Wehrmacht:

  • Amtsgruppe Allgemeines Wehrmachtamt (AWA) (Chef: 1939–1945 General der Infanterie Hermann Reinecke)
    • Abteilung Inland
    • Allgemeine Abteilung
    • Wehrmachtsfürsorge- und versorgungsabteilung
    • Wehrmachtsfachschulunterricht
    • Wissenschaft
    • Wehrmachtsverwaltungsabteilung
    • General zu besonderen Verfügung für Kriegsgefangenenwesen
    • Abteilung Wehrmachtverlustwesen (WVW)
  • Amtsgruppe Ausland/Abwehr (militärische Spionage) (Chef: 1. September 1939 – 12. Februar 1944 Admiral Wilhelm Canaris; 13. Februar 1944 – 1. Juni 1944 Oberst i.G. Georg Hansen, 1. Juni 1944 – 4. Mai 1945 SS-Brigadeführer Walter Schellenberg, ab 5. Mai 1945 SS-Obersturmbannführer Otto Skorzeny)
    • Chef des Stabes
    • Zentralabteilung (Chef: 1. September 1939 – Januar 1944 Generalmajor Hans Oster, Januar 1944 – Juni 1944 Oberst Jacobsen)
    • Abteilung Ausland (Chef: 1. September 1939 – 30. Juni 1944 Vizeadmiral Leopold Bürkner)
      • Gruppe I: Außen- und Wehrpolitik
      • Gruppe II: Beziehung zu fremden Wehrmächten
      • Gruppe III: Fremde Wehrmachten, Meldesammelstelle des OKW
      • Gruppe IV: Etappenorganisation der Kriegsmarine
      • Gruppe V: Auslandspresse
      • Gruppe VI: Militärische Untersuchungsstelle für Kriegsvölkerrecht
      • Gruppe VII: Kolonialfragen
      • Gruppe VIII: Wehrauswertung
    • Abteilung Nachrichtenbeschaffung (Chef: 1. September 1939 – März 1943 Oberst Hans Piekenbrock, März 1943 bis Februar 1944 Oberst Georg Hansen
      • Gruppe H: Geheimer Meldedienst Heer
      • Gruppe M: Geheimer Meldedienst Marine
      • Gruppe L: Geheimer Meldedienst Luftwaffe
      • Gruppe G: Technische Arbeitsmittel
      • Gruppe wi: Geheimer Meldedienst Wirtschaft
      • Gruppe P: Presseauswertung
      • Gruppe i: Funknetz Abwehr Funkstelle
    • Abteilung Sonderdienst (Chef: 1. September 1939 – Juli 1943 Oberst Erwin von Lahousen, Juli 1943 – Juni 1944 Oberst Wessel Freiherr von Freytag-Loringhoven)
      • Gruppe I: Minderheiten
      • Gruppe II: Sondermaßnahmen
    • Abteilung Abwehr (Chef: 1. September 1939 – August 1943 Oberst Franz Eccard von Bentivegni, August 1943 – 20. September 1943 Oberst Heinrich, 20. September 1943 – März 1944 Oberst Franz Eccard von Bentivegni)
      • Führungsgruppe W: Abwehr in der Wehrmacht
      • Gruppe Wi: Abwehr Wirtschaft
      • Gruppe C: Abwehr Inland
      • Gruppe F: Abwehr Ausland
      • Gruppe D: Sonderdienst
      • Gruppe S: Sabotageabwehr
      • Gruppe G: Gutachten
      • Gruppe Z: Zentralarchiv
    • Auslands(telegramm)prüfstelle
      • Gruppe I: Sortierung
      • Gruppe II: Chemische Untersuchung
      • Gruppe III: Privatbriefe
      • Gruppe IV: Handelsbriefe
      • Gruppe V: Feldpostbriefe
      • Gruppe VI: Kriegsgefangenenbriefe
      • Gruppe VII: Zentralkartei
      • Gruppe VIII: Auswertung
      • Gruppe IX: Kriegsgefangenen-Brief-Auswertung
  • Wehrmacht-Führungsamt (ab 1940 Wehrmachtführungsstab) (Chef: 1. September 1939 – 8. Mai 1945 Generaloberst Alfred Jodl)
    • Abteilung Landesverteidigung + stellv. Chef WFSt (Chef: 1. September 1939 – 6. September 1944 Generalmajor Walter Warlimont, 6. September 1944 – 30. November 1944 Generalmajor Horst Freiherr Treusch von Buttlar-Brandenfels, 1. Dezember 1944 – 23. April 1945 General der Gebirgstruppe August Winter, 23. April 1945 – 8. Mai 1945 Oberstleutnant Kleyser)
    • Abteilung Wehrmachtpropaganda (Chef: 1. September 1939 – 8. Mai 1945 Generalmajor Hasso von Wedel)
    • Heeresstab (Chef: 15. Februar 1942 – 8. Mai 1945 General der Infanterie Walter Buhle)
    • Inspekteur der Wehrmachtsnachrichtenverbände
  • Wehrmacht-Zentral-Abteilung
    • Gruppe I Mobile Gruppe
    • Gruppe II Personalgruppe
    • Gruppe III Allgemeines
    • Referat IV Personalangelegenheiten
    • Registratur
    • Verwaltungsreferat
    • Bürodirektor der OKW
    • Bücherei der OKW
    • Stabsquartier der OKW
  • Wehrwirtschaftsamt
    • Wehrwirtschaftliche Abteilung
    • Rüstungswirtschaftliche Abteilung
    • Rohstoffabteilung
    • Abteilung Vertrags- und Preisprüfwesen
  • Justizdienststelle beim Chef des OKW mit Wehrmacht-Rechtsabteilung (WR), dort auch die Wehrmacht-Untersuchungsstelle (WuSt)
    • Gruppe I Wehrstrafrecht
    • Gruppe II Völkerrecht
    • Gruppe III öffentliches und privates Recht

Außerdem waren das Reichskriegsgericht und das Reichsfürsorge- und Versorgungsgericht dem OKW organisatorisch zugeordnet. Ab 1942 kam ferner der Stab z. B.V. unter General der Infanterie Walter von Unruh hinzu.

Siehe auch

Literatur

  • Geoffrey P. Megargee: Inside Hitler's High Command, Lawrence: Univ. Press of Kansas 2000, ISBN 0-7006-1015-4
  • Hans-Adolf Jacobsen (Hrsg.): Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht. Bd. 1: 1. August 1940 – 31. Dezember 1941, Augsburg 2005, DNB.

Weblinks

 Commons: Standarten des OKW – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Annette Weinke: Die Nürnberger Prozesse. C.H. Beck, München 2006, ISBN 3-406-53604-2, S. 80–84

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