Osterspiel von Muri

Osterspiel von Muri
Vorderseite des Osterspiel von Muri
Hinterseite des Osterspiel von Muri

Das Osterspiel von Muri ist ein nur in wenigen Fragmenten erhaltenes, unvollständiges Osterspiel, das 1840 als Verstärkung der lederüberzogenen Holzdeckel einer zweibändigen Vulgata-Ausgabe im Kloster Muri entdeckt wurde.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

1840 entdeckte Theodor Oehler die Bruchstücke des Osterspiels im Einband einer zweibändigen Vulgata-Ausgabe der Klosterbibliothek von Muri. Das Pergament war in Streifen geschnitten als Verstärkung für den Einband verwendet worden. Die Vulgata-Ausgabe, ein Wiegendruck aus dem Frühjahr 1466 hatte Heinrich Eggestein in Strassburg gedruckt.[1]

Die beiden Bände hatten wohl einem Jacob Gelinger gehört, einem Geistlichen, der in der Vulgata-Bibel zahlreiche Randnotizen und auf der letzten Seite von Band 2 auch einen Besitzernachweis hinterliess. Dort zu lesen ist "1527 Dominus Jacobus Gelinger alias Erni". Die Vulgata-Bibel wurde wohl noch vor 1527 gebunden, wobei dann auch die Osterspielfragmente Verwendung fanden. Nach diesem Zeitpunkt gelangten die Bände in den Besitz des Klosters Muri, worauf ein entsprechender Besitznachweis "Monasterii Murensis" noch aus dem 16. Jahrhundert hinweist. Nach der Klosteraufhebung von 1841 kamen u.a. die umfangreichen Bibliotheken aus den Klöstern Wettingen und Muri - und damit sowohl die zweibändige Bibel wie auch das Osterspiel - in die Aargauer Kantonsbibliothek.

Das Osterspiel von Muri gilt als das älteste bekannte Schauspiel in deutschen Reimen. Der Autor ist unbekannt. Sprachanalysen lassen auf eine Herkunft aus dem mittleren oder westlichen Teil des hochalemannischen Raums schliessen. Die erhalten gebliebenen Teile des Osterspiels deuten auf ein reines Rededrama ohne lateinische oder musikalische Elemente hin.

Edition

Für die Edition wurden die Pergamentstreifen mit dem Text des Osterspiels von den Holzdeckeln abgelöst. Dass dabei auf dem Holz Schriftspuren zurückblieben, erleichterte später die Arbeit der Editoren, die auf dem Pergament allein einige Stellen nicht mehr entziffern konnten. Eine erste Edition erfolgte 1846 durch Karl Oehler, den Bruder des Entdeckers in Aarau. 1863 gaben Karl Bartsch und 1937 Eduard Hartl das Osterspiel heraus, wobei jeweils verschiedene Fehler der Edition verbessert wurden. Friedrich Ranke, Germanist an der Basler Universität, besorgte schliesslich 1944 die erste selbstständige und wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Ausgabe des Osterspiels.

Ausgaben

  • Das Osterspiel von Muri. Faksimiledruck der Fragmente und Rekonstruktion der Pergamentrolle. Text des Osterspiels nach der Ausgabe von Friedrich Ranke. Übersetzung von Max Wehrli. Hrsg. unter dem Patronat des Regierungsrates des Kantons Aargau. Basel 1967.
  • Das Osterspiel von Muri Faksimile auf e-codices, virtuelle Handschriftenbibliothek der Schweiz. Osterspiel von Muri

Literatur

Anmerkungen

  1. Siehe dazu im Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. IV, Leipzig 1930, Nr. 4205

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