Paulus Melchers

Paulus Melchers
Paulus Kardinal Melchers, Foto mit Unterschrift
Paulus Kardinal Melchers
Paulus Kardinal Melchers auf dem Sterbebett, zeitgenössisches Foto, in Rom aufgenommen
Wappen von Kardinal Melchers

Paulus Ludolf Kardinal Melchers (* 6. Januar 1813 in Münster; † 14. Dezember 1895 in Rom) war Erzbischof von Köln, Bischof von Osnabrück und Jesuit.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Paulus Ludolf Melchers war der Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns aus Münster in Westfalen. Nach dem Abitur 1829 am Gymnasium Paulinum studierte er Philosophie in Münster und Jura in Bonn. 1833 legte er sein Staatsexamen ab und leistete anschließend bis 1834 seinen Wehrdienst ab. Danach schlug er eine juristische Berufslaufbahn ein, entschied sich jedoch 1839 für den Priesterberuf und studierte in München Katholische Theologie.

Karriere vom Priester zum Erzbischof von Köln

Am 5. Juni 1841 weihte man Melchers in Münster zum Priester, 1844 wurde er Subregens des Priesterseminars und sieben Jahre später Regens. Vom 18. Mai 1848 bis zum 21. Juli 1848 gehörte er als Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung an. 1852 trat er die Nachfolge seines Onkels Franz Arnold Melchers als Generalvikar des Bistums Münster an und übernahm die Aufgabe eines Domkapitulars. 1854 wurde Melchers Domdechant, 1847 und 1856 kandidierte er für die Wahl zum Bischof von Münster bzw. Paderborn. 1857 wählte man ihn zum ersten residierenden Bischof von Osnabrück seit der Säkularisation. Im gleichen Jahr ernannte ihn die Stadt Münster zu ihrem Ehrenbürger. Das Bistum Osnabrück war durch eine Diasporasituation geprägt. Der Seelsorge vor Ort maß Melchers eine überragende Stellung ein, konsequent besuchte er daher innerhalb von zwei Jahren jede einzelne Pfarrei seines Bistums und förderte zur Hebung des christlichen Lebens die Volksmission.

Papst Pius IX. bestellte ihn 1858 zum Apostolischen Provikar für die Nordischen Missionen. Nach dem Scheitern der regulären Wahlverhandlungen wurde er als Kompromisskandidat am 8. Januar 1866 zum Erzbischof von Köln ernannt. 1867 wurde Melchers der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda.

Kritik an der päpstlichen Unfehlbarkeit

Melchers stand der Frage einer Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des Papstes reserviert gegenüber. Er nahm am Ersten Vatikanischen Konzil teil, hielt die Dogmatisierung der Unfehlbarkeit für nicht opportun und stimmt der Konzilsvorlage nur bedingt zu. Vor der Abschlussabstimmung des Konzils am 18. Juli 1870 reiste er, wie 54 andere Bischöfe, aus Rom ab. Er beugte sich jedoch den Konzilsentscheidungen und verkündigte das „Infallibilitätsdogma“ in seiner Diözese. Das Meyersche Konversationslexikon schrieb 20 Jahre später in ungewöhnlich kommentierender Form, Melchers habe „auf dem vatikanischen Konzil eine traurige Rolle“ gespielt und sich nicht gescheut, „nach seiner Rückkehr die Geistlichen zur Unterwerfung unter eine Lehre zu zwingen, die er in Rom selbst bekämpft hatte.“[1]

Maigesetze und Exil

In Wahrnehmung bisher einem Bischof ausschließlich zustehender Rechte verlieh Melchers geistliche Ämter, ohne um die durch die Maigesetze vorgeschriebene staatliche Genehmigung nachzusuchen. Unter anderem deshalb wurde er mit mehreren Strafverfahren überzogen. Da er die ihm gegenüber verhängten Geldstrafen nicht bezahlte, verbrachte er 1874 eine mehrmonatige Ersatzfreiheitsstrafe im Kölner Gefängnis Klingelpütz.[2] Zudem wurde durch Möbelpfändung und öffentliche Versteigerung in sein Vermögen vollstreckt.[3] 1875 entzog er sich, steckbrieflich gesucht, einer weiteren Verhaftung durch Flucht in die Niederlande. 1876 erfolgte in Anwendung der Maigesetze die Amtsenthebung durch den preußischen Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten.[4] Melchers versuchte aus dem Exil in der niederländischen Provinz Limburg, das Erzbistum Köln zu leiten.[5]

Bei der Feier zur Fertigstellung des Kölner Doms im Januar 1880, an der auch der deutsche Kaiser Wilhelm I. teilnahm, war Melchers nicht zugegen.[6] Etwa zehn Jahre lebte er in den Niederlanden im Kapuzinerkloster zu Maastricht im Exil und konnte nur über Mittelsmänner seine Diözese leiten. Nach Beendigung des Kulturkampfes verzichtete er, aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Papst und dem König von Preußen, auf das Erzbistum Köln.

Rom

1884 ging er nach Rom, wo ihn Papst Leo XIII. am 27. Juli 1885 als Kardinalpriester mit der Titelkirche Santo Stefano al Monte Celio in das Kardinalskollegium aufnahm. Melchers legte daraufhin sein Amt als Erzbischof von Köln nieder. In Rom konnte er jedoch auf Grund seines Gesundheitszustandes keine wirksame Tätigkeit ausüben. Im Jahr 1892 trat er mit Erlaubnis des Papstes der Gesellschaft Jesu bei.

Seine sterblichen Überreste wurden nach Köln übergeführt und am 27. Dezember 1895 in der bischöflichen Gruft des Kölner Doms beigesetzt. Dazu war eine besondere Genehmigung der Regierung des Königreiches Preußen erforderlich.

Gedenken

Auch im Gedenken an Melchers’ Verdienste während des Kulturkampfes wurde eine der Neustadtkirchen in Köln 1908, St. Paul, geweiht.

Einzelnachweise

  1. Das Autorenkollektiv des Meyerschen Konversationslexikons fährt fort: „Ein Märtyrer eigner Art, verließ er ohne jede Veranlassung im Herbst 1875 seine Diözese und wurde 12. Juli 1876 durch den Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten abgesetzt. Nachdem er zum Kardinal erhoben worden, verzichtete er auf sein erzbischöfliches Amt“. Zitiert nach: Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892
  2. Homepage der Staatsanwaltschaft Köln
  3. G. Behnes, Deutschlands Episcopat in Lebensbildern, II. Band. V. Heft. Ganze Sammlung XI. Heft, Paulus Melchers, Erzbischöf von Köln, Würzburg 1874, Leo Woerl’sche Buch- und kirchl. Kunstverlagshandlung, Seite 219 f.
  4. Biographien deutscher Parlamentarier 1848 bis heute
  5. Dieter Breuers, Die Kölner und ihr Dom : Geschichten und Geschichte rund um den Kölner Dom, Bastei Lübbe, Bd. 64202 Bergisch Gladbach : Bastei Lübbe, 2004, S. 288 ff.
  6. Dieter Breuers, a. a. O.

Literatur

  • Hans-Georg Aschoff: Das Verhältnis von Staat und kath. Kirche im Kgr. Hannover (1813–1866). 1976
  • Theodor Granderath: Gesch. des Vatikan. Konzils. 3 Bände, 1903/06
  • Klaus Schatz: Kirchenbild und päpstliche Unfehlbarkeit bei den dt.sprachigen Minoritätsbischöfen auf dem Ersten Vaticanum (= Misc. Hist. Pont. 40). 1975 (s. Reg.)
  • Klaus Schatz: Vaticanum I. 1869–1870, 1: Vor der Eröffnung. 1992
  • Ernst Raßmann: Nachrichten von dem Leben und den Schriften Münsterländischer Schriftsteller des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts. Neue Folge, Münster 1881
  • Wilhelm Kosch: Das katholische Deutschland. Band 2, Haas & Grabherr, Augsburg 1937 (mit Bild)
  • Kurt Galling (Hrsg.): Die Religion in Geschichte und Gegenwart. 3. Auflage, Band 4, Tübingen 1960
  • Wilhelm Kosch, fortgeführt von Eugen Kuri: Biographisches Staatshandbuch. Band 1, Francke, Bern [u. a.] 1963.
  • Heinrich Best und Wilhelm Weege: Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49. Droste, Düsseldorf 1996, ISBN 3-7700-5193-9 (= Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Band 8)
  • Walther Killy und Rudolf Vierhaus (Hrsg.): Deutsche Biographische Enzyklopädie. Band 7, Saur, München [u. a.] 1998.

Weblinks


Vorgänger Amt Nachfolger
Johannes Kardinal von Geissel Vorsitzender der Fuldaer Bischofskonferenz
1867–1883
Philipp Kardinal Krementz
Erzbischof von Köln
1866–1885
Friedrich von Braunschweig-Lüneburg Bischof von Osnabrück
1857–1866
Johann Heinrich Beckmann

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