Philippinisch-Amerikanischer Krieg

Philippinisch-Amerikanischer Krieg
Philippinisch-Amerikanischer Krieg
Amerikanische Truppen der Kompanie B, First Nebraska Volunteers, in der Nähe von Manila im Jahre 1899.
Amerikanische Truppen der Kompanie B, First Nebraska Volunteers, in der Nähe von Manila im Jahre 1899.
Datum 4. Februar 18994. Juli 1902
(offizielles Kriegsende)
4. Februar 189915. Juni 1913
(eigentliches Kriegsende)
Ort Philippinen
Ausgang Sieg der Vereinigten Staaten
Konfliktparteien
Flag of the United States.svg
Vereinigte Staaten
Philippines flag original.png
Erste Philippinische Republik
Befehlshaber
William McKinley
Theodore Roosevelt
Arthur MacArthur
John Pershing
Jacob Smith
Emilio Aguinaldo
Antonio Luna
Paciano Rizal
Miguel Malvar
Macario Sakay
Verluste
4.196 (Soldaten) ~12.000–20.000 (Soldaten)
200.000–1.500.000 (Zivilbevölkerung)

Mit dem Philippinisch-Amerikanischen Krieg von 1899 bis 1902 bezeichnet man den Kampf der philippinischen Unabhängigkeitsbewegung gegen die neue Kolonialmacht der Vereinigten Staaten. Unter Emilio Aguinaldo proklamierte die Unabhängigkeitsbewegung Katipunan eine nationale Republik, die mit dem Ende des Widerstands ihre Grundlage verlor. Der Konflikt war eine direkte Folge des von den USA 1898 gewonnenen Spanisch-amerikanischen Kriegs, bei der die Unabhängigkeitsbewegung die USA gegen Spanien unterstützt hatte. Den amerikanischen Truppen gelang in einer Reihe von Feldzügen die Unterwerfung der meisten Inseln des philippinischen Archipels und die Errichtung einer Kolonialherrschaft, welche bis zur japanischen Besetzung der Inseln im Zweiten Weltkrieg andauerte. Etwa 1 Million Filipinos (20 % der damaligen Bevölkerung) kamen aufgrund des Kriegs ums Leben, die rein militärischen Verluste waren deutlich niedriger und beliefen sich auf etwa 4.000 Amerikaner und 20.000 Filipinos.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Ab 1896 war es auf den Philippinen zu einer Erhebung gegen die spanische Fremdherrschaft gekommen, in deren Verlauf zum ersten Mal eine eigene philippinische Verfassung entstanden und eine provisorische Regierung gebildet worden war. Die Aufständischen konnten sich dabei aber militärisch nicht gegen die Spanier durchsetzen. Ihre Anführer willigten Ende 1897 nach Verhandlungen mit den Spaniern ein, die Inseln zu verlassen. Nach Ausbruch des Spanisch-amerikanischen Kriegs im April und der Schlacht in der Bucht von Manila im Mai 1898 kehrten sie zurück und begannen damit, das Land auf die Unabhängigkeit vorzubereiten. Am 12. Juni 1898 erklärte der junge Emilio Aguinaldo die Unabhängigkeit und berief eine verfassunggebende Versammlung ein. Die USA waren zu diesem Zeitpunkt nur mit dem US-Asiengeschwader unter Kommodore George Dewey vertreten.

Um die spanische Herrschaft zu brechen, aber auch aufgrund der argwöhnisch betrachteten Unabhängigkeitserklärung, wurden in der Folge Truppen in Marsch gesetzt, die im August die spanische Garnison in Manila besiegten und von da ab die Stadt besetzt hielten. Dies war gleichzeitig die letzte Kampfhandlung und Abschluss des spanisch-amerikanischen Kriegs.

Im Juni 1898 wurde in den USA die Anti-Imperialist League gegründet, die sich gegen die Annektierung der Philippinen und anderer Gebiete aussprach. Zu der breit angelegten Liga gehörten prominente Persönlichkeiten wie Mark Twain, William James, George S. Boutwell, Samuel Gompers und Carl Schurz sowie auch der Industrielle Andrew Carnegie.[1] Im Krieg publizierte die Liga Kriegsberichte von Soldaten um über die Gräuel während der Kämpfe aufzuklären.[2]

Im Januar 1899 kam es zur Ausrufung der philippinischen Verfassung und zur Gründung der philippinischen Republik. Schon einen Monat zuvor hatten jedoch Spanien und die USA den Pariser Vertrag unterzeichnet, nach dem die Philippinen, ebenso wie Guam, Kuba und Puerto Rico, den USA gegen Zahlung von 20 Millionen Dollar als Besitz überschrieben werden sollten. Die Frage der Ratifizierung durch den US-Kongress löste eine heftige Debatte aus, denn der Erwerb von Kolonien widersprach dem amerikanischen Selbstverständnis als einer Nation, die selbst erst durch eine Rebellion gegen das Mutterland entstanden war.

Mark Twain schrieb in der Presse unter anderem: "Why, we have gotten into a mess, a quagmire from which each fresh step renders the difficulty of extrication immensely greater. I'm sure I wish I could see what we were getting out of it, and all it means to us as a nation."

Letztlich setzten sich die Imperialisten mit knapper Mehrheit durch, wodurch der Vertrag im Februar ratifiziert wurde. Auf den Philippinen war man sich der Gefahr eines möglichen Krieges mit den USA infolge des Pariser Vertrags bewusst. Die Truppen der nationalen Armee wurden daher vorsorglich um Manila zusammengezogen, wo es mehrfach zu gegenseitigen Provokationen mit US-Truppen kam. Zum Ausbruch des Krieges kam es am 4. Februar, als eine US-Patrouille das Feuer auf eine Gruppe philippinischer Soldaten eröffnete.

Verlauf der Kämpfe

In der nun folgenden Schlacht von Manila erlitten die militärisch unterlegenen Philippiner eine empfindliche Niederlage und mussten sich ins Landesinnere zurückziehen. Durch interne Machtkämpfe und der daraus folgenden Ermordung des talentierten philippinischen Generals Antonio Luna kam es zu einer weiteren Schwächung des Widerstandes, so dass den Filipinos nur noch der Guerillakrieg übrig blieb. Die Kampfhandlungen des ersten Kriegsjahres konzentrierten sich auf die Hauptinsel Luzon. Es wurde dabei schnell deutlich, dass die Zahl der US-Truppen zu gering war, um eine entscheidende Niederlage der philippinischen Armee herbeizuführen. Es gelang dieser zumeist, größeren Gefechten auszuweichen. Außerdem konnten sie auf die Unterstützung der Bevölkerung zählen. Da ein Nachlassen des Widerstands nicht zu erwarten war, begann man auf Seiten der Amerikaner damit, auch gegen die Zivilbevölkerung vorzugehen. Es wurde eine Taktik der "verbrannten Erde" angewendet, durch die nach und nach die Grundlage des Widerstands ausgetrocknet werden sollte.

Eine groß angelegte Aktion zur Eroberung des philippinischen Hauptquartiers in Zentral-Luzon schlug 1900 fehl, da Aguinaldo rechtzeitig entkommen konnte. Er führte danach den Kampf vom Norden der Insel aus weiter. Nach diesem Fehlschlag gab der amerikanische Befehlshaber Elwell Stephen Otis seinen Posten ab. Neuer Befehlshaber wurde General Arthur MacArthur, der Vater des späteren Befehlshabers der Pazifikstreitkräfte Douglas MacArthur. Im selben Jahr wurde auch William H. Taft auf die Philippinen entsandt. Ihm gelang es, einen Teil der Oberschicht für eine amerikanisch geführte Zivilverwaltung zu gewinnen.

"Kill every one over ten" – Illustration zu Massenexekutionen im philippinisch-amerikanischen Krieg

Unter MacArthurs Kommando und dem seines Nachfolgers Adna R. Chaffee wurde die Strategie der verbrannten Erde intensiviert. Auf den kleineren Inseln wurde nach einem festen Schema vorgegangen: zunächst wurde die Bevölkerung aufgefordert, sich in Sammellagern einzufinden. Wer nach Ablauf einer festgelegten Frist außerhalb der Lager angetroffen wurde, galt als feindlicher Kombattant und wurde erschossen. Die auf diese Weise entvölkerten Dörfer wurden in Brand gesteckt.

Etliche Kriegsverbrechen der US-Armee fanden ihren Weg in die amerikanische Presse. Es wurde Folter gegenüber philippinischen Gefangenen angewandt, insbesondere der berüchtigte water cure bei dem Wasser gewaltsam durch den Mund eingeflößt wurde, um Todesangst vor dem Ertrinken zu erzeugen (siehe Waterboarding), ähnlich dem Schwedentrunk. In einigen Dörfern wurden wahllos Männer, Frauen und Kinder über 10 Jahre ermordet.

Aguinaldo erteilte 1900 auch den Befehl, zu einer Guerillataktik überzugehen, da die vorhergehenden Kämpfe die hoffnungslose Überlegenheit der Amerikaner hinsichtlich Bewaffnung und Ausbildung gezeigt hatten. Zu einer kurzzeitigen Offensive der Filipinos kam es Ende 1900, kurz vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen. Das verfolgte Ziel einer Beeinflussung des Wahlkampfs wurde damit nicht erreicht, Präsident McKinley wurde wiedergewählt. Im Frühjahr 1901 wurde Aguinaldo schließlich gefasst, die Führung der philippinischen Aufständischen übernahmen auf der Insel Luzon General Miguel Malvar und auf der Insel Samar General Vicente Lukban. Das amerikanische Militär war nach der Verhaftung Aguinaldos der Meinung, den Krieg faktisch gewonnen zu haben und rechnete nicht mehr mit organisiertem Widerstand durch die Filipinos und einem Ende der Kampfhandlungen bis zum Dezember 1901. Als Folge dieser Fehleinschätzung wurden auf Samar am 27. September 1901 59 amerikanische Soldaten während eines Überfalls durch philippinische Guerilleros getötet. Von den restlichen Mitgliedern der ursprünglich 88 Soldaten umfassenden Einheit wurden 23 verwundet. Nur 6 Soldaten blieben unverletzt. Dies war die schlimmste militärische Katastrophe für die US-Streitkräfte seit der Schlacht am Little Bighorn.[3]

Als Reaktion auf dieses Ereignis wurden zwei US-amerikanische Brigaden mit der Bekämpfung der verbliebenen Aufständischen beauftragt. Eine Brigade unter dem Kommando von General J. Franklin Bell wurde auf Luzon eingesetzt, die andere unter General Jacob H. Smith auf Samar. Während Bells Vorgehen von US-amerikanischen Militärwissenschaftlern auch heute noch als Beispiel für eine erfolgreiche Bekämpfung einer Guerillabewegung angesehen wird, führte das brutale Vorgehen von Smith zu einem öffentlichen Skandal und einem Militärgerichtsverfahren gegen ihn.[3] Zur Vergeltung ordnete Smith, der ein Veteran des Wounded-Knee-Massakers war, an, die ganze Insel Samar in eine „heulende Wildnis“ zu verwandeln: „I want no prisoners. I wish you to kill and burn; the more you kill and burn the better it will please me.“ (" Ich wünsche keine Gefangenen. Ich wünsche, dass ihr tötet und niederbrennt; je mehr getötet und niedergebrannt wird, um so mehr wird es mich freuen.") Die Kriegsverbrechen von General Smiths Truppen wurden erst im März 1902 in den USA bekannt, führten aber dort zu großer Empörung.

Von Januar bis Juni 1902 fand unter dem Vorsitz des republikanischen Senators Henry Cabot Lodge eine Senatsuntersuchung zu den Verbrechen des Philippinisch-Amerikanischen-Krieges statt. Die Untersuchung führte, abgesehen von der Veröffentlichung mehrerer umfangreicher Berichte, zu keinem Ergebnis.

Erst der neue US-Präsident Theodore Roosevelt erklärte am 4. Juli 1902 den Krieg für beendet. Etwa eine Million philippinische Zivilisten kamen aufgrund der Kampfhandlungen während des Krieges ums Leben. Die militärischen Verluste waren deutlich niedriger und beliefen sich auf etwa 4.000 US-amerikanische Soldaten und 20.000 philippinische Aufständische.

Folgen

Ab etwa 1901 standen weite Teile der Inseln unter amerikanischer Verwaltung. Isoliert wurde noch über ein Jahrzehnt lang Widerstand geleistet, von den Moros im Süden der Inseln sogar bis 1916. In diesem Jahr wurde die Regierungsgewalt an die Filipinos übergeben, das Land blieb, mit der Unterbrechung durch die japanische Besetzung im Zweiten Weltkrieg, bis 1946 amerikanische Kolonie.

Siehe auch

Literatur

  • Elisabeth Glaser-Schmidt: Die Philippinen den Filipinos. Die amerikanische Debatte über die Wirtschafts- und Verwaltungspolitik auf den Philippinen, 1898–1906. Lang, Frankfurt am Main u. a. 1986, ISBN 3-8204-9646-7 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 311), (Zugleich: Köln, Univ., Diss., 1984).
  • Brian McAllister Linn: The Philippine War. 1899–1902. University Press of Kansas, Lawrence KS 2000, ISBN 0-7006-0990-3 (Modern War Studies).
  • Dieter Ruloff: Wie Kriege beginnen. Ursachen und Formen. 3. völlig neu bearbeitete Auflage. Beck, München 2004, ISBN 3-406-51084-1 (Beck'sche Reihe 294).
  • Frank Schumacher: „Niederbrennen, plündern und töten sollt ihr.“ Der Kolonialkrieg der USA auf den Philippinen. In: Thoralf Klein, Frank Schumacher (Hrsg.): Kolonialkriege. Militärische Gewalt im Zeichen des Imperialismus. Hamburger Edition, Hamburg 2006, ISBN 3-936096-70-8, S. 109–144.
  • Edward J. Filiberti: The Roots of US Counterinsurgency Doctrine. In: Military Review. 68, Januar 1988, ISSN 0026-4148, S. 50–61.
  • War Department, Bureau of Insular Affairs; Compilation of Philippine insurgent records. Contains telegraphic correspondence of Emilio Aguinaldo, July 15, 1898, to February 28, 1899. Translated and annotated by John R. M. Taylor, Captain, 14th Infantry. 1903 (Combined Arms Research Library hat .pdf)

Einzelnachweise

  1. Anti-imperialist league, Library of Congress
  2. Howard Zinn: A People’s History of the United States. Harper Perennial, New York 2005, ISBN 0-06-083865-5, S. 315
  3. a b Maj. Edward J. Filiberti: The Roots of US Counterinsurgency Doctrine., Military Review LXVIII (Januar 1988): S. 50–61

Weblinks

 Commons: Philippine-American War – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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