Propsteikirche St. Petrus und Andreas

Propsteikirche St. Petrus und Andreas
Propsteikirche St. Petrus und Andreas
Mittelschiff

Die Propsteikirche St. Petrus und Andreas ist die Hauptkirche der 1925 mit päpstlichem Breve Pius XI. von Bischof Caspar von Paderborn zur Propstei erhobenen katholischen Kirchengemeinde in Brilon.[1]

Vom Marktplatz aús gesehen liegt die Kirche ein wenig erhöht hinter dem historischen Rathaus. Der mächtige Westturm ist weithin sichtbar.[2]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Um 1220 gründete der Kölner Erzbischof Engelbert von Berg auf einem erworbenen Grund südlich des bestehenden alten Brilons die befestigte Stadt. Etwa gleichzeitig mit der Stadtgründung wurde mit dem Bau der Kirche begonnen. Es entstand eine dreischiffige, dreijochige Hallenkirche mit rechteckigem Chor und kleinem Westturm im spätromanischen Stil. Um 1250 begann der Bau des mächtigen Turmes im frühgotischen Stil, der heute ein Wahrzeichen der Stadt ist. Die für den 4. Juni 1276 bezeugte Weihe der Kirche und zweier Altäre durch den Kölner Weihbischof Edmund dürfte eine Neuweihe nach größeren Bauarbeiten sein, denn für 1248 werden schon ein Pfarrer und ein Kaplan an dieser Kirche erwähnt. In der ersten Hälfte den 14. Jahrhunderts wurde die Kirche im Osten durch ein Querhaus und einen zweijochigen Chor erweitert. Um 1350 dürfte der Bau in seiner heutigen Form und Größe fertiggestellt gewesen sein.[3]

Beschreibung

Hochaltar
Pieta

Die dreischiffige Hallenkirche im spätromanischen Stil wird im Osten durch ein gotisches Querhaus und einen zweijochigen rechteckigen Chor abgeschlossen. Im Westen schließt sich der mächtige, 63 m hohe gotische Turm (15 mal 15 m) mit seiner barocken Haube an. An der Nordostseite wurde 1910 eine neue Sakristei angebaut, die 1967 erweitert wurde.

Die drei Joche des Kirchenschiffs werden von mächtigen rechteckigen Säulen aus Sandstein getragen. Diese besitzen halbrunde Vorlagen. Die attischen Basen sind mit Eckblättern und Tierfüßen und die Kapitelle der Halbsäulen mit Blattknollen und Menschenköpfen verziert. Die Gratgewölbe sind spitzbogig ausgeführt. Ein eigenartiger Schlussstein mit je vier Menschen- und Tierköpfen schließt das Gewölbe des Ostjoches im Mittelschiff ab.

Im Osten schließen sich das schiefwinklige Querschiff und der zweijochige Chor an. Die Rippen der Kreuzgewölbe sind einfache, die der Gurtbögen dreifache Birnstäbe. An der Ostwand des Chores befindet sich ein großes sechsteiliges Fenster. Davor steht der neugotische Altar aus dem Jahr 1880.

An der Ostwand des südlichen Seitenschiffs steht heute die Orgel aus dem Jahr 1970. Im Untergeschoss der dahinterliegenden ehemaligen Sakristei mit Kreuzgewölbe wurde ein Andachtsraum eingerichtet.

Der Kirchenbau hat eine Gesamtlänge von 67 m, das Langhaus ist 23 m breit. Der Langhausfußboden steigt von Ost nach West um 60 cm an.

Turm

Blick in die Ratsstube
Taufstein

Erbaut wurde der Turm ab etwa 1250, er ist quadratisch und 15 x 15 m dick.[4] Im Westen gelangt man über ein paar Stufen durch die 3,3 m starke Außenwand in die untere Turmhalle. Von da geht es aufwärts in die obere Turmhalle. Diese wird Ratsstube genannt, weil im Mittelalter der Magistrat hier getagt hat. In dem Stockwerk darüber befindet sich eine Bretterhütte, in dem früher das Turmuhrwerk stand. Sowohl die untere als auch die obere Turmhalle besitzen ein Kreuzgewölbe mit Mittelpfeiler. Im gemauerten Teil des Turmes folgen noch drei weitere Geschosse. Etliche Brände lassen sich am Turm und seiner Bekrönung nachweisen, der jetzige Turmhelm ist nicht ursprünglich.

Der Turm wird von einem 31 m hohen barocken Turmhelm in Holzkonstruktion abgeschlossen. An den vier Ecken sind Zwergtürme mit schlanker Spitze angebracht. Ein Türmchen wurde zur sogenannten Wächterstube Auch Wichhäuschen genannt, ausgebaut. Vom insgesamt 63 m hohen Turm hat man einen guten Blick über die Briloner Hochfläche.[5]

In den Jahren 1964 bis 1966 wurde der mittlerweile schadhaft gewordene Turm renoviert. Im Turminneren wurde die Empore mit der defekten Orgel entfernt, der Korbbogen wurde abgetragen und das Westportal wieder geöffnet. Der Turm hatte nun eine direkte Verbindung zum Kirchenschiff und die Ratsstube wurde vom Inneren aus sichtbar.[6]

Glocken

Chorfenster

Im Glockenstuhl des Turmes hängen sechs Glocken: Die aus dem Jahr 1583 stammende, 850 kg schwere Alte Bürgerglocke hat einen Durchmesser von 104 cm und trägt eine Inschrift in gotischen Minuskeln: „is gadt met uns wal kan weder uns ut dem fuir ich flot rochus nelman mi godt anno domini m.d.l.xxxiii“. Diese Glocke wird, um Beschädigungen zu vermeiden, nicht mehr geläutet.

Aus dem 17. Jahrhundert stammt die 150 kg schwere zweite Glocke mit einem Durchmesser von 68 cm. Diese Glocke trägt die Inschrift „VERBUM DOMINI MANET IN AETERNUM MDCLXV“.

Die dritte Glocke stammt aus dem 18. Jahrhundert. Sie hat einen Durchmesser von 90 cm. Die 450 kg schwere Glocke trägt die Inschrift „SIT LAVS PLENA SIT SONORA SIT IVCVNDA SIT DECORA TONI IVBILATIO AD.M.D.G“.

Die Brandglocke ist mit 3100 kg und einem Durchmesser von 177 cm die größte Glocke im Turm der Propsteikirche. Sie wurde 1947 von der Glockengießerei Albert Junker in Brilon als Ersatz für die im 2. Weltkrieg eingeschmolzene Brandglocke gegossen und trägt die Inschrift „LAUDATE DOMINUM IN SANCTIS EIUS LAUDATE EUM IN SONO TUBAE LAUDATE EUM IN PSALTERIO ET CITHARA LAUDATE EUM IN TYMPANO ET CHORO“.

Die Totenglocke mit einem Durchmesser von 140 cm und einem Gewicht von 1520 kg wurde 1946 ebenfalls als Ersatz für eine im Krieg verloren gegangene Glocke gegossen. Sie trägt die Inschrift „ICH TÖNE DEN LEBENDEN WIE DEN TOTEN SOWOHL DEN REICHEN WIE DEN ARMEN“.

Ebenfalls von der Glockengießerei Albert Junker wurde 1946 die Bürgerglocke gegossen. Diese 900 kg schwere Glocke hat einen Durchmesser von 118 cm und trägt die Inschrift „TU ES PETRUS ET SUPER HANC PETRAM AEDIFICABO ECCLESIAM MEAM ET PORTAE INFERI NON PRAEVALEBUNT ADVERSUS EAM! ALBERTUS JUNKER ME FUDIT. A.D. 1946.“[7]

In dem Dachreiter der Propsteikirche hängen noch zwei kleine Angelusglocken. Zum Festgeläut erklingen die fünf Glocken zwei bis sechs.

Sonstiges

  • Bei einem Wintergewitter am 25. Februar 1810 traf ein Blitz die Kirchturmspitze und setzte sie in Brand. Bei der anschließenden Erneuerung der Turmspitze wurde auch die Installation eines Blitzableiters erwogen. Nach einem erneuten Blitzschlag am 3. März 1811 wurde dieser im Sommer desselben Jahres angebracht.
  • In der Zeit von 11. November bis zum 30. April wird abends von 20:55 Uhr bis 21 Uhr die Bürgerglocke geläutet. Mit diesem „Schneeläuten“ genannten Brauch soll Verirrten der Weg nach Brilon gewiesen werden.

Ausstattung

Seitenaltar

Neugotischer Hochaltar

Der neugotische Hochaltar wurde 1880 anstelle der barocken Einrichtung errichtet. In der Mittelnische des Altars wurde ein gotisches Kreuz aus dem 14. Jahrhundert angebracht.

Sakramentshäuschen

An der Nordecke der Ostwand des Chores befindet sich ein Sakramentshäuschen aus dem 17. Jahrhundert, oberhalb der gotischen Wandnische in einem Rundbogen ein Relief Anbetung der heiligen drei Könige. Rechts und links stehen auf Konsolen die Apostel Petrus und Paulus.

Heiliggrab-Nische

Die gotische Heiliggrab-Nische befindet sich in der Wand des nördlichen Seitenschiffes. In ihr steht eine neuere Darstellung der schmerzhaften Mutter.[8]

Chorfenster

Die Verglasung des Chorfensters zeigt in leuchtenden Farben: in der Mitte die Krönung Mariens, daneben die Kirchenpatrone St. Petrus und St. Andreas, außen St. Liborius (mit Pfau) und St. Joseph (mit Kind).

Opferaltar

Der Opferaltar wurde bei der Renovierung 1969/70 aus vorhandenen neugotischen Teilen passend zum Hochaltar erstellt.

Kreuze

Triumphkreuz

Triumphkreuz

Im Triumphbogen des Chores hängt ein spätgotisches Triumphkreuz aus dem 16. Jahrhundert. Der Triumphbogen ist der Gurtbogen, der Chor und Laienkirche voneinander trennt. Es trägt einen überlebensgroßen Korpus und endet in Vierpässen mit den Symbolen der Evangelisten. Die geflügelten Symbole Mensch, Löwe, Stier und Adler gehen auf Schriften des Propheten Ezechiel zurück, an die Johannes in der Offenbarung anknüpft. Es ist dort vom Thron Gottes und vier Lebewesen die Rede. Das erste glich einem Löwen, das zweite einem Stier, das dritte sah aus wie ein Mensch, das vierte glich einem fliegenden Adler. Die Füße des Corpus sind entsprechend dem Zeitgeschmack übereinander gesetzt und mit einem Nagel befestigt.[9]

Wilgefortiskreuz

Wilgefortiskreuz

Im südlichen Querschiff steht das Kreuz in einer Nische. Das Kreuz stammt ursprünglich aus dem 12. Jahrhundert und wurde in späterer Zeit umgearbeitet. Es ist aus Eichenholz geschnitzt. Wilgefortis ist eine fiktive Heilige, über die in einer Legende berichtet wird. Der Körper ist nur an den Händen genagelt, die Füße bleiben frei. Der Corpus schwebt vor dem Kreuz, der Kopf ist erhoben.[10]

Pankratiuskreuz

Das Pankratiuskreuz ist ein kupfervergoldetes Kreuz aus den Anfängen des 12. Jahrhunderts. Es wird im Tresor der Kirche aufbewahrt.

Wandgemälde St. Christophorus

Wandmalereien

  • Über der Wilgefortisfigur ist eine Wandmalerei des hl. Christophorus aus dem 14.Jahrhundert zu sehen. Die Darstellung ist 3,36 m hoch und 1,19 m breit. Die Arbeit ist in Freskotechnik ausgeführt. Sie wurde 1952 bei Renovierungsarbeiten freigelegt.[11]
  • Malereien in der Mariennische im nördlichen Querschiff aus dem 14. Jahrhundert. Bei Renovierungsarbeiten 1970 wurden die Malereien aus dem Katharinen-Martyrium entdeckt. Die Malereien der Martinus-Legende und der Törichten Jungfrauen wurden in der Nische des südlichen Querschiffes freigelegt und in die Marienkirche übertragen, um Raum für die neue Orgel zu schaffen.
  • Am Langhausvierungsbogen wurden mittelalterliche Malereien gefunden, ein mittelalterliches Fragment wurde am Turmbogen des Langhauses freigelegt.
  • Die Darstellung eines Zimmermannes bei der Arbeit (möglicherweise Josef), findet sich am Turmbogen.[12]

Beichtstühle

Die Beichstühle wurden in die Wände eingebaut, die historischen Fassaden blieben erhalten und erhielten verschließbare Türen.

Historisches Gestühl

Das Gestühl stammt aus der Zeit um 1840. Es wurde so umgebaut, dass bequemes Sitzen und Knien möglich ist.

Kreuzweg

Andachtskapelle

Die Kreuzwegstationen stammen aus dem Jahr 1954 und wurden von Prof. Plontke gemalt.

Grabplatten

In der unteren Turmhalle sind gusseiserne Grabplatten aus dem 17. und 18. Jahrhundert angebracht worden. Eine davon ist die des ehemaligen Bürgermeisters Johann Heinrich Kannegießer, eine andere die des Albert Gerling.

Andachtskapelle

Die ehemalige Sakristei hinter der Orgel wurde zu einer Andachtskapelle umgebaut und entsprechend eingerichtet. Sie ist bestuhlt und mit einer Vorrichtung zum Abbrennen von Opferkerzen ausgestattet. Im Zentrum steht der alte Klappaltar aus der früheren Kapelle des Maria-Hilf-Krankenhauses. Dieser ist neugotisch und stammt aus der Zeit um 1900. Zu sehen sind Reliefs aus der Erlösungsgeschichte. Weiterer Bestandteil der Kapelle ist ein Bild der „Immerwährenden Hilfe“ mit vergoldetem und reich verziertem Rahmen. [13]

Orgel

Orgel

Die ursprüngliche Orgel stand auf einer von Holzsäulen getragenen Empore im Westjoch des Mittelschiffes. 1920 wurde diese in den Turm versetzt. Die untere Turmhalle wurde durch einen Bogen aus Rabitz geöffnet und als Kriegergedächtniskapelle eingerichtet. Somit war die Sicht auf die Ratsstube verdeckt.[14]

1970 erbaute die Orgelbaufirma Anton Feith (Höxter) die jetzige Orgel der Propsteikirche. Das Instrument hat 40 Register (Schleifladen) auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltraktur ist mechanisch, die Registratur elektrisch.[15]

I Hauptwerk C–g3

1. Quintade 16′
2. Prinzipal 8′
3. Rohrflöte 8′
4. Octave 4′
5. Gemshorn 4′
6. Octav 2′
7. Mixtur V 2′
8. Zimbel III 1/2
9. Trompete 16′
10. Silbermanntrompete 8′
II Oberwerk C–g3
11. Holzgedackt 8′
12. Praestant 4′
13. Koppelflöte 4′
14. Prinzipal 2′
15. Quinte 11/3
16. Scharff IV 1′
17. Terzian II
18. Krummhorn 8′
III Schwellwerk C–g3
19. Holzflöte 8′
20. Gedackt 8′
21. Salicional 8′
22. Singend Principal 4′
23. Spitzgedackt 4′
24. Nasat 22/3
25. Waldflöte 2′
26. Terz 13/5
27. Blockflöte 1′
28. Mixtur IV 11/3
29. Dulzian 16′
30. Oboe 8′
Pedal C–f1
31. Prinzipal 16′
32. Subbass 16′
33. Quintbass 102/3
34. Octav 8′
35. Pommer 8′
36. Choralbass 4′
37. Nachthorn 2′
38. Hintersatz V 2′
39. Posaune 16′
40. Clarine 4′
  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P

Sonstiges

Säbelwetzrillen
  • An eínigen Säulen kann man scharfe Rillen erkennen. Hierbei handelt es sich um seltene Spuren des sogenannten Säbelwetzens.

Propst

Der Inhaber der Pfarrstelle führt den Titel Propst. Auf dem gewöhnlichen Messgewand trägt er ein weiß emailiertes Kreuz. Es ist auf der Vorderseite mit Bildern der Heiligen Petrus und Andreas geschmückt. Auf der Rückseite ist ein Bild des Hl. Liborius.[16]

Einzelnachweise

  1. 750 Jahre Stadt Brilon, 1970, Seite 123
  2. NRW-Live
  3. Propsteikirche Brilon – Herausgeber Propsteipfarramt Brilon, 3. Auflage 1988
  4. Propsteikirche Brilon Hrsg. Propsteipfarramt Brilon, 1999, gedruckt bei Hecker in Brilon, Seite6
  5. Der Westen
  6. Propsteikirche Brilon Hrsg. Propsteipfarramt Brilon, 1999, gedruckt bei Hecker in Brilon, Seite6
  7. Propsteikirche St. Petrus und Andreas, 3. Auflage von 1988
  8. Propsteikirche Brilon Hrsg. Propsteipfarramt Brilon, 1999, gedruckt bei Hecker in Brilon, Seite 10
  9. Joachim Merz, Briloner Heimatbuch VII, Seiten 99 und 100
  10. Joachim Merz, Briloner Heimatbuch Band VII, Seite 101
  11. 750 Jahre Stadt Brilon Hrsg. Stadt Brilon, Seite 101
  12. Propsteikirche Brilon Hrsg. Propsteipfarramt Brilon, 1999, gedruckt bei Hecker in Brilon, Seite 12
  13. Propsteikirche Brilon Hrsg. Propsteipfarramt Brilon, 1999, gedruckt bei Hecker in Brilon, Seite 12
  14. Propsteikirche Brilon Hrsg. Propsteipfarramt Brilon, 1999, gedruckt bei Hecker in Brilon, Seite6
  15. Pastoralverbund Brilon
  16. 750 Jahre Brilon , 1970, Seite 123

Weblinks

 Commons: Propsteikirche Brilon – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
51.3941666666678.5672222222222

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