Rechtsflucht

Rechtsflucht

Rechtsflucht ist ein wenig gebräuchlicher Begriff, der benutzt wird, wenn sich Gerichte und juristische Institutionen in ihrer Interpretation des Rechts vom Wortlaut des Gesetzes entfernen, in Extremfällen die Wertungen des Gesetzgebers durch eigene Wertungen ersetzen.

Kritisiert wird mitunter, dass Rechtsflucht eine Kompetenzüberschreitung der Judikative darstelle, da ihr die Gesetzgebungskompetenz fehle, weil dies ausschließlich dem Gesetzgeber vorbehalten sei. Diese Kritik ist zwar grundsätzlich berechtigt, ist aber in erster Linie auf die Wertungsersetzungen anwendbar. Es ist anerkannt, dass Gerichte auch rechtsstaatskompatibel die Möglichkeit haben, Analogien in rechtlicher Hinsicht zu bilden, wenn im Gesetzeswerk eine planwidrige Lücke besteht. Mitunter ist es, zum Beispiel in Zeiten des technischen Fortschrittes unumgänglich, dass die Gerichte das Recht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung erweitern, weil die bisher bestehenden Normen die neu auftretenden Rechtsprobleme nicht regeln. In diesem Fall sind die Gerichte gehalten, die gesetzgeberischen Leitlinien und Wertentscheidungen, die den kodifizierten Normen entsprechen heranzuziehen, und die ggf. erforderlich werdenden Neuregelungen in diesem Sinne zu entwickeln. Eine Ersetzung der gesetzgeberischen Wertung durch eine eigene Wertung der Gerichte darf nicht erfolgen, es sei denn, der subjektive Wille des Gesetzgebers zum Zeitpunkt der Normverabschiedung wäre überholt vom sog. objektiven Willen des Gesetzgebers zum aktuellen Zeitpunkt. Zu fragen ist durch das Gericht, wie der Gesetzgeber die Materie regeln würde, wenn er das zugrunde liegende Gesetz aktuell schaffen würde, sog. objektive Methode.

Der Begriff Rechtsflucht wurde im in Europa bezüglich des Patentrechts gebraucht, insbesondere in Zusammenhang mit Softwarepatenten.

Rechtsflucht kann dazu führen, dass Gesetze uminterpretiert werden und sich die Fortentwicklung des Rechtes der Kontrolle des Gesetzgebers entzieht. In so einem Fall muss er korrigierend eingreifen, um seinen ursprünglichen Willen wieder herzustellen oder sich der Meinung der Gerichte anzuschließen (Kodifikation ex post).

Mitunter flieht auch der Gesetzgeber aus der Verantwortung, an sich unabdingbare Rechtsregelungen zu schaffen und schiebt die entsprechende Regelungsverantwortung auf die Gerichte ab, die sich nicht dagegen wehren können, da sie Rechtsstreitigkeiten entscheiden müssen, auch wenn die kodifizierten Normen nicht geeignet sind, die anhängigen Verfahren rechtlich zu entscheiden.

Siehe auch

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