Schloss Fürstenstein

Schloss Fürstenstein
Gesamtansicht Schloss Fürstenstein von Süden
Östliche Hauptfront des Schlosses Fürstenstein
Schloss Fürstenstein um 1860, Sammlung Alexander Duncker

Das Schloss Fürstenstein (schlesisch Schlessla Ferschtensteen, poln. Zamek Książ) oder - seltener - auch Burg Fürstenstein ist das größte Schloss Schlesiens bei Wałbrzych (Waldenburg).

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Das Schloss liegt bei Walbrzych (Waldenburg) in Niederschlesien (Polen). Es gilt als größtes Schloss Schlesiens und dürfte nach der Marienburg (heute Malbork) und dem Krakauer Wawel das drittgrößte im heutigen Polen überhaupt sein.

Geschichte

Die Geschichte bis zum 2. Weltkrieg

Erstmals erwähnt wurde der Fürstenstein im 13. Jahrhundert. Der Name wechselte von Wistenberch, Vorstinberech, Vorstinburg und Fürstenberg zum jetzigen Fürstenstein.

Die erste Burg wurde im Jahr 1263 von Přemysl Ottokar II. zerstört. Wahrscheinlich an derselben Stelle ließ in den Jahren 1288-1292 Bolko I. der Strenge, Herzog von Schweidnitz und Jauer, eine Burg errichten. Die entstandene Burg wurde Hauptsitz der Herzöge und diente mit einer Reihe von anderen Burgen dem Schutz des Herzogtums. Der letzte Besitzer aus der Piastendynastie war Bolko II. (ein Neffe des polnischen Königs Kasimir III. des Großen. Nachdem Bolko II. 1368 ohne Nachkommen verstorben war, erhielt seine Witwe Agnes von Habsburg ein lebenslanges Nutzungsrecht über das Herzogtum. Gleichzeitig wurde das Land als Erblehen der Böhmischen Krone inkorporiert. Nach ihrem Tod 1392 wurde das Herzogtum von König Wenzel IV. direkt der Krone Böhmen unterstellt. Im Jahr 1401 übernahm Janko von Chotiemitz die Burg vom böhmischen König. In den Jahren 1428-1429 wurde die Burg von den Hussiten eingenommen und besetzt. Im Jahr 1464 wurde Birka von Nassiedel (Bírka z Násile) vom böhmischen König mit der Burg belehnt. Dieser verkaufte sie an Hans von Schellendorf. Während des Krieges um Schlesien wurde er im Jahr 1482 vom böhmischen König Matthias Corvinus gefangen genommen und die Burg von der Schweidnitzer Bürgerschaft unter Georg von Stein zerstört. Das Herzogtum wurde nun bis 1497 Teil des Königreiches Böhmen.

Im Jahr 1509 übernahm Konrad I. von Hoberg (ab 1714 Hochberg) die Burg.[1] Im Jahr 1605 wurde der Fürstenstein dann erblicher Besitz des Adelsgeschlechtes von Hochberg. Bedeutendster Vertreter war Hans Heinrich XI. Fürst von Pless und Reichsgraf von Hochberg. Dieser wurde als Mitglied des preußischen Oberhauses und kaiserlicher Oberjagdmeister 1905 von Kaiser Wilhelm II. zum Herzog von Pless ernannt.

Das Schloss ist Geburtsort des deutschen Publizisten Theodor Opitz (1820–1896).

Das Schloss im 2. Weltkrieg und Teil des „Komplexes Riese“

Die Hochbergs nutzten das Schloss ab 1928 nicht mehr, blieben jedoch bis 1941 sein Eigentümer. Zu diesem Zeitpunkt mussten sie es einesteils wegen Überschuldung an den deutschen Staat übergeben. Dass dies jedoch auch durch den NS-Staat erzwungen gewesen sein könnte (bevorstehende Beschlagnahme wegen Landesverrates) liegt nahe, denn nach der Familienüberlieferung der Hochbergs trug zu dieser Übertragung auch bei, dass Hans Heinrich VII von Hochberg bereits 1932 nach Großbritannien übergesiedelt war, dort später die britische Staatsangehörigkeit erhielt und in der britischen Armee kämpfte, währenddessen sein Bruder Alexander sich der polnischen Armee gegen Hitlerdeutschland anschloss. Ebenso hatte andererseits die SS allerdings größtes Interesse am Schloss, um hier nicht nur eine Luftwaffenschule einzurichten, sondern auch das Kellersystem im Rahmen des "Projektes Riese" als Lager-, Aufenthalts- und Führungsort höherer und höchster Führungsstäbe auszubauen.

1941/42 definierte der damalige schlesische Denkmalpfleger Grundmann auf Anforderung der NS-Dienststellen, welche denkmalpflegerischen Ansprüche an die bevorstehende Umnutzung erhoben werden. Im Wesentlichen verlangte er darauf hin die Erhaltung des Maximiliansaales sowie des Roten und des Blauen Salons sowie die Erhaltung der äußeren Erscheinung des Schlosses, wobei er selbst dies nur aus dem Gedächtnis aufführte - ein eigener Besuch und eine genaue Festlegung vor Ort war ihm nach eigenem Bekunden in diesen Schreiben nicht möglich gewesen. Die Kopien seines Schriftwechsels mit den NS-Dienststellen sind heute im Schloss öffentlich zu besichtigen (Stand: 5. Juni 2011).

Im Ergebnis der Nutzung durch die SS und die 1943 erfolgte Übergabe an die Organisation Todt entstand hier ein zentraler Punkt des Komplex Riese mit vielen weiteren Standorten im Eulengebirge. Im Schloss Fürstenstein gingen in der Folge dieser Nutzung wertvolle bauliche Inneneinrichtungsteile und Architekturzeugnisse für immer verloren: Unter anderem wurde die Innenarchitektur des "Krummen Saales" komplett vernichtet, vom spätbarocken "Konradsaal" blieben lediglich Reste, der "Ballsaal" wurde als Hauptquartier genutzt und dadurch ebenfalls komplett vernichtet, er ist bis heute nur ein Torso.

Das Gangsystem unterhalb des Schlosses (die Tunnel besitzen eine Gesamtlänge von etwa 2 km), das unter größter Geheimhaltung durch KZ-Häftlinge des KZ Groß-Rosen (Außenlager Riese, "AL Riese") errichtet wurde, sollte dem Aufenthalt höherer und höchster Wehrmacht- und SS- Führer und als deren Kommandozentrale dienen. Vor dem Schloss grub man einen 50 Meter tiefen Schacht, in dem man einen Aufzug einrichten wollte. Man vermutet überdies, dass eine Bahnlinie von Liebichau bis zum Schloss gebaut werden sollte. Für die Arbeiten wurden anfänglich Zivilarbeiter aus Italien eingesetzt, jedoch sehr rasch dann Häftlinge des "AL Riese“, die in der Nähe des Schlosses hausen mussten. Insgesamt setzte man bei diesem Projekt des Umbaus von Schloss Fürstenstein etwa 3 000 Zwangsarbeiter und Häftlinge ein. Das System ist heute, soweit es nicht vom Geophysikalischen Institut PAN genutzt wird, dem es zum Teil als Standort für Gravimetrie-Meßgeräte dient, im Rahmen von Führungen zugängig. Auf den Standort des "AL Riese" weist an den noch heute sichtbaren Überresten eine Gedenktafel im Park des Schlosses hin.

Nachkriegszeit und Gegenwart

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss von sowjetischen Truppen besetzt und vor allem die Inneneinrichtung und das Mobiliar geplündert. Von 1946 bis 1948 war es Sitz der Direktion für Kohleindustrie, dann gehörte es dem Verband für Arbeitsgenossenschaften und seit 1971 Sitz des Kreiszentrums für Sport, Touristik und Erholung in Wałbrzych (Waldenburg). Von 1986 bis 1990 war es Sitz des wojewodschaftlichen Kultur- und Kunstzentrum ’’Zamek Książ’’ und ist seit dem 1. Juni 1990 als eigenständige GmbH Eigentum der Stadt Wałbrzych.

Der gesamte Schlosskomplex einschließlich der Terrassen, der Wirtschaftsgebäude und des Gestütes ist heute öffentlich zugängig, wobei die nicht oder nur teilweise rekonstruierten Räume verschiedenste Nutzungen (Galerien, Wechselausstellungen, Restaurants, Souvenirstände) erhalten haben.

Architektur

Der Ursprung war die in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts errichtete Oberburg mit unregelmäßigen Grundriss und dem damals 30 m hohen Bergfried. Davorliegend gibt es noch die Niederburg mit spätgotischen Bauten, wie dem so genannten Matthäus-Trakt (Matthias-Flügel).

Die Goldbalkone im Maximiliansaal
Barocksaal im heutigen Zustand nach Entfernung des spätbarocken Kamins 1943, ursprünglich in Bildmitte
Spielsalon

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhundert begann die Umgestaltung der Burg im Renaissancestil. Der eigentliche Burgcharakter ging dadurch verloren und musste mehr und mehr repräsentativen Stilelementen weichen. Die im Dreißigjährigen Krieg entstandenen Schäden wurden in den Jahren 1671-1688 beseitigt und teilweise wurden einige Burgteile, wie der Südflügel, im Stile des italienischen Barock von Antonio Domenico Rossi umgebaut. Eine weitere Umgestaltung erfolgte von 1718 bis 1734 und die Burg wurde mehr und mehr Barockresidenz des Adelsgeschlechtes von Hochberg. So entstanden ein fünfgeschossiger Wohnbau in der Südseite und ein viergeschossiger Bau in der Ostseite. In der zweiten Hälfte der 18. Jahrhundert wurde die Vorburg umgestaltet und dabei das zweitürmige Torhaus errichtet und die Schlossbrücke mit Statuen aus der griechischen Mythologie geschmückt. Im vorherigen Jahrhundert begann ein nochmaliger größerer Umbau, der von 1908 bis 1923 dauerte. Dabei wurde der monumentale Westflügel mit dem Weißen Turm und dem Georgturm angebaut, und auch die Nordseite wurde im Neorenaissancestil umgestaltet. Der Hauptturm erhielt bis 1923 abschließend seine heutige Gestalt.

Inneneinrichtung

Im Zweiten Weltkrieg wurde durch die Nutzung durch die SS vieles von der Inneneinrichtung zerstört: So wurde der im Matthiasflügel befindliche Krumme Saal komplett zerstört und die ehemalige gotische Einrichtung ging verloren. Es wurden Terrassen und Wasserleitungsanlagen zerstört, Granitportale und Kamine (so z.B. der aus dem Barocksaal) herausgerissen sowie der Stuck zu großen Teilen abgehackt. Die nicht durch Grundmann (siehe oben) als "denkmalpflegerisch wertvoll" bezeichneten Räume erhielten eine für die Naziarchitektur charakteristisches Aussehen, wie Fotogalerien beweisen. An die Vorgaben Grundmanns hielten sich zwar die SS und die Organisation Todt, so dass z.B. der im Barockstil gehaltene Maximiliansaal mit Ausnahme zweier Wandgemälde komplett erhalten geblieben ist, jedoch ist über diese Minimalvorgabe hinaus alles dem Vorhaben "Projekt Riese" untergeordnet (und damit im Zweifelsfall zerstört) worden.

Die durch die Vorgaben Grundmanns geschützten Räume, die überdies unter den Plünderungen der Nachkriegszeit und den unsachgemäßen Nutzungen bis in die siebziger Jahre hinein zusätzlich litten, sowie die Räume, bei denen trotz der Zerstörungen noch eine Wiederherstellung möglich erschien, sind in den letzten Jahren hervorragend restauriert worden. Andere Räume, bei denen dies nicht mehr möglich war (z.B. Ballsaal, Konradsaal, Rittersaal), wurden dokumentarisch gesichert. Dabei wurden auch denkmalpflegerisch-kritische Rekonstruktionen der fünfziger Jahre auf Grund ihres künstlerischen Wertes erhalten (der Krumme Saal als herausragendes Beispiel). Andere Räume, die als "verloren" gelten müssen, wurden nur in weißer Auskalkung wiederhergestellt.

Trotz dieser kritischen Anmerkungen ist in den letzten Jahren durch die Sanierung und Rekonstruktion des Schlosses herausragendes und vor allem touristisch attraktives entstanden: So besitzt das Schloss Fürstenstein nicht nur (u.a.) über dreißig sehr sehenswerte Kamine, die beim Umbau im 20. Jahrhundert hier aufgestellt wurden. Die denkmalpflegerische Sanierung des "Maximiliansaales" darf als beispielhaft und gleichzeitig als Maßstab für andere Räume und andere Schlösser gelten. An weiteren Räumen sind der Jagdsaal, Weiße Salon (Rokoko-Stil, der als ehemals "Roter Salon" mit ausgelagertem Mobilar der Familie wieder ausgestattet, jedoch in weiß gehalten rekonstruiert wurde), der Spielsalon, der chinesische Salon und der barocke Grüne Salon besondere Anziehungspunkte, nicht nur im touristischen Sinn.

Gärten

Wasserterrasse auf Schloss Fürstenstein

Die Gärten wurden bedingt durch die Lage in der Nähe der Burg terrassenförmig angelegt. So bilden hier die Wasserterrasse, die Floraterrasse, die Kastanienterrasse, die Mittlere Terrasse, die Rosenterrasse und die Hufeisenterrasse zusammen ein Gartenensemble.

Die Umgestaltung wurde seit 2007 mit EU-Fördermitteln aus dem Programm Interreg IIIa gefördert. 2010 wurde die Nordterrasse rekonstruiert übergeben, und seit 2011 ist die "Niedere Terrasse", die allerdings noch nicht rekonstruiert ist, wieder zugänglich.

Unterhalb der Burg entstand Ende des 19. Jahrhunderts ein 125 Hektar großer Landschaftsgarten entlang des Hellebaches. Durch den Park führt eine Lindenallee aus dem Jahr 1725 bis nach Liebichau. Im Garten befindet sich auch die Familiengruft, die aus einem barocken Gartenpavillon entstand.

Weblinks

Fußnoten

  1. Vergleiche z. B. Ezechiel Zivier: Fürstenstein 1509-1909, 1909.
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