Sprachgebrauch

Sprachgebrauch

Sprachgebrauch bezeichnet mindestens zwei verschiedene Dinge:

  • die in einer Sprache übliche Ausdrucksweise und Bedeutung;[1] zum Beispiel juristischer Sprachgebrauch für die Ausdrucksweise und für die Bedeutung (von Ausdrücken) in der juristischen Fachsprache, oder allgemeiner Sprachgebrauch für Ausdrucksweise und Bedeutungen in der Gemeinsprache;
  • als Gegenbegriff zu Sprachsystem: die Verwendung der Einheiten und Regeln des Sprachsystems bei der Bildung von Äußerungen zum Zweck der Kommunikation (Sprachverwendung); diese Äußerungen können mündlich oder schriftlich erfolgen, aber z. B. auch in Form von Morsezeichen, Taubstummenzeichen etc.

Inhaltsverzeichnis

Sprachgebrauch als Gegenbegriff zu Sprachsystem

Der jeweilige Sprachgebrauch wird beeinflusst von situativen, sozialen, psychologischen, individuellen und eventuell weiteren Faktoren (vgl. dazu z. T. Lewandowski 1985). (Bezeichnend ist womöglich, dass der Begriff in einem der vielgenutzten Fachwörterbücher (Bußmann) als Stichwort nicht vorkommt; stattdessen wird unter „Sprachverwendung“ auf den sehr spezifischen Begriff Performanz verwiesen.) Der Dichotomie „Sprachsystem“ und „Sprachgebrauch/-verwendung“ entspricht bei Ferdinand de Saussure das Begriffspaar langue - parole und bei Noam Chomsky der Gegensatz zwischen Kompetenz (= das Wissen eines idealen Sprechers oder Hörers von seiner Sprache) und Performanz (das, was der Sprecher/ Hörer bei der Verwendung der Sprache tatsächlich tut). Es handelt sich also für die Linguistik um die Unterscheidung von zwei grundlegenden Aspekten der Sprachbetrachtung.

Der Sprachgebrauch als Gegenbegriff zu Sprachsystem umfasst unter anderem Sprechverhalten (Sprechakte), Schreiben, Umgang mit schriftlichen Aufzeichnungen (Lesen, Übersetzung, Standardisierung unter anderem). Die deskriptive (beschreibende) Linguistik beschreibt, wie eine Sprache tatsächlich verwendet wird, welche Regeln und Einheiten es gibt; die präskriptive (normative, vorschreibende) Linguistik gibt vor, wie Sprache verwendet werden soll. In vielen Fällen werden Wort- oder Satzformen durch den Sprachgebrauch (Usus) gerechtfertigt, so dass neue Regeln in die Grammatiken und neue Wörter in die Lexika (Haß-Zumkehr 2001) übernommen werden. Der Sprachgebrauch ändert sich schneller als seine Kodifizierung.

Veränderung von Sprache

Sprachgebrauch führt einerseits zur Erhaltung, andererseits zur Veränderung einer Sprache (Sprachwandel).

Wörter können innerhalb weniger Jahre neue oder verschobene Bedeutungen erhalten (Sprachdrift) oder sie können aus der Sprache verschwinden, vergessen werden. Dies ist nicht nur in der Umgangssprache der Fall, sondern auch in den sogenannten Fachsprachen.

Im Sprachgebrauch zeigen sich die sich wandelnden Bedürfnisse der Menschen, die die Sprache sprechen.

Je mehr Menschen verschiedener Sprache miteinander in Kontakt sind, desto stärker beeinflusst der Sprachgebrauch die entsprechenden Sprachen.

Siehe auch

Literatur

  • Hadumod Bußmann (Hrsg.): Lexikon der Sprachwissenschaft. 4. Auflage. Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 3-520-45204-9.
  • Ulrike Haß-Zumkehr: Deutsche Wörterbücher - Brennpunkt von Sprach- und Kulturgeschichte. de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-014885-4. Zur Bedeutung des Sprachgebrauchs für die Gestaltung von Wörterbüchern siehe vor allem die Kapitel „Der Sprachgebrauch“ und „Sprachliche Regeln - pro oder contra Sprachgebrauch?“, S. 149-152.
  • Theodor Lewandowski: Linguistisches Wörterbuch. Vierte neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Heidelberg/Wiesbaden 1985, ISBN 3-494-02050-7.

Einzelnachweise

  1. Sprachgebrauch. In: Duden Online, archiviert vom Original, abgerufen am 1. August 2011.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Sprachgebrauch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary Wiktionary: Usus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

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