St. Stephani (Bremen)

St. Stephani (Bremen)
Blick von der Schlachte
St. Stephani um 1734
Kronleuchter (17. Jh.)
Chor mit Glasfenstern von Erhart Mitzlaff (1967)
Beckerath-Orgel (1965)
Kirchraum im Nordschiff

Die Kirche St. Stephani (Plattdeutsch Sunte Steffen) ist eine am westlichen Ende der bremischen Altstadt gelegene Pfarrkirche, die seit 1973 unter Denkmalschutz steht.[1] Sie bildet den städtebaulichen Mittelpunkt des altstädtischen Stephaniviertels, welches nach völliger Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut wurde.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Architektur

Die Kirche wurde um 1050 von Erzbischof Adalbert I. auf dem Steffensberg, einer Erhebung der Bremer Düne vor den Toren der Stadt, gegründet. Erzbischof Adalbert II. erhob sie 1139 zur Stifts- und Pfarrkirche. Zunächst trug sie den Namen St. Wilhadi und St. Stephani oder kurz St. Wilhadi, erst später setzte sich der Name St. Stephani durch.[2] Im 13. Jahrhundert musste die Kirche unter Gebhard II. nach einem Brand erneuert werden. Ende des 14. Jahrhunderts wurde sie zu einer Hallenkirche umgebaut. Seit 1856 prägt der schlanke neugotische Südturm der Kirche die Silhouette der Stadt.

Während der Zeit des Nationalsozialismus widersetzte sich die Gemeinde den Eingriffen der sogenannten Deutschen Christen. Anstelle des mundtot gemachten Gemeindevorstands bildete sich 1934 ein „Bruderrat“ aus zwei Frauen und drei Männern, die alle der Bekennenden Kirche angehörten. Ihr schlossen sich beide Pastoren, Wiard Rosenboom und Dr. Gustav Greiffenhagen (Vater von Martin Greiffenhagen) sowie viele Gemeindemitglieder an. Pastor Greiffenhagen wurde zeitweilig suspendiert und in „Schutzhaft“ genommen. Nach dem frühen Tod von Pastor Rosenboom 1937 wurde an dessen Stelle Pastor Fritz Schipper „illegal“ eingestellt: Er wurde weder vom deutschchristlichen Landesbischof noch von der Landeskirche anerkannt, sondern von der Gemeinde bezahlt.

Bei Bombenangriffen 1944 wurde die Kirche stark beschädigt. Das südliche Hallenschiff wurde danach nicht wiederhergestellt. Das nördliche Hallenschiff wurde nach dem Krieg vom Mittelschiff abgetrennt und als Gemeindekirche wieder instandgesetzt. Das Mittelschiff wurde zwischen 1947 und 1959 unter Leitung des Architekten Arthur Bothe neu aufgebaut, die östlichen Seitenschiffjoche zum Querhaus zurückgewandelt. Der ebenfalls schwer beschädigte Südturm wurde unter Vereinfachung seiner Spitze wiederhergestellt.

Am Heiligabend 1992 wurden drei neue Bronzeglocken eingeläutet. Sie stammen aus der Glockengießerei der Gebrüder Rinker in Sinn und tragen die Namen: Schöpfung (Ton: d′, 1520 kg), Frieden (Ton: e′, 1074 kg) und Gerechtigkeit (Ton: g′, 689 kg).[3]

Abmessungen

Der Südturm ist am Fußpunkt etwa 6 Meter breit und bis zur Spitze 75 Meter hoch. Der kleinere Nordturm ist etwa 7 Meter breit und mit der goldenen Kugel auf der Spitze des Daches 37 Meter hoch. Das Kirchenschiff hat eine Höhe von 24,5 Meter.[Anmerkung 1]

Der gesamte Kirchenbau hat heute eine Länge von 57 Metern und eine Breite von 36 Metern.[Anmerkung 2]

Orgel

Nach dem Brand der Kirche 1754 wurde 1763 der Orgelbauer Heinrich Wilhelm Eckmann mit einem Orgelneubau beauftragt. Er vollendete 1768 hier sein größtes Werk, das drei Manuale, Pedal und 45 klingende Stimmen besaß.[4] Der geschnitzte Orgelprospekt dazu wurde 1768 von „Snitker“ Johann Krusebecker geschaffen. Die Orgel wurde 1907 durch einen völligen Neubau der Orgelbaufirma Walcker Cie (Ludwigsburg) ersetzt, wobei der spätbarocke Orgelprospekt erhalten blieb. Teile dieses Prospektes konnten vor der Zerstörung der Kirche 1944 ausgelagert werden und befinden sich in der Obhut des Landesamtes für Denkmalpflege.[5]

1965 bekam die Kirche ein neues Instrument aus der Hamburger Orgelbauwerkstatt Beckerath.

Sehenswürdigkeiten

Zerstörungen und Umbauten haben von der künstlerischen Ausstattung früherer Jahrhunderte kaum etwas übrig gelassen. Bruchstücke des geschnitzten Orgelprospektes von 1768, der an Schönheit die von St. Martini und St. Ansgarii noch übertraf, können kaum restauriert werden.[6] Gerettet wurden drei kostbare Messingkronen mit Inschriften und einem Gewicht bis zu 500 kg – gestiftet von frommen Nachbarn, Handwerkern und Schiffern im 17. und frühen 18. Jahrhundert.[7]

Aus etwa 10.000 farbigen Glasstücken besteht das sechsteilige Fenstermosaik der Altarwand, das der Fischerhuder Künstler Erhart Mitzlaff 1967 unter dem Gesamtthema „Alte und Neue Welt“ geschaffen hat.

Name

Die Stephanikirche, niederdeutsch Sunte Steffen genannt, wurde nach dem heiligen Stephanus (um 1 bis um 36/40 n. Chr.) benannt. Er gilt als erster christlicher Märtyrer.

In Bremen steht der Name in Verbindung mit

  • dem Stephaniviertel (auch Steffensstadt genannt), eines der vier historischen Viertel,
  • der Stephanibrücke über die Weser,
  • der Stephanikirchweide als frühere Kirchweide der Steffensstadt (heute Teil der Überseestadt),
  • dem Stephanitor („portam sancti Stephani“) von 1284 bis 1802/04 in der Bremer Stadtmauer
  • dem Stephanitorzwinger, auch Bräutigam genannt, von 1525 bis 1535 erbaut, 1647 als Pulverturm explodiert,
  • der Stephanimühle, eine Bock- und seit 1840 Holländermühle, die bis 1911 auf der Bastion am Stephanitor stand,
  • einer weiteren Stephanimühle, die von 1638 bis 1856 neben dem früheren Zucht- und Werkhaus stand,
  • den Straßen Stephanistraße, Stephanikirchhof, Stephanitorbollwerk, Stephanitorsteinweg (früher), Stephanikirchweide, Stephaniwall und Steffensweg
  • dem Stephaniwall als westlicher Teil der Bremer Wallanlagen,
  • der Stephanischule im Kirchspiel von St. Stephani, die 1576 der Gemeinde übergeben wurde und deren Gebäude auf dem Stephanikirchhof 1944 zerbomt wurden,
  • der Schule vor dem Stephanitor, die um 1916 Teil der Schule Helgolander Straße wurde.

Heutige Bedeutung

Die Anzahl der Gemeindemitglieder ist seit den 1950er-Jahren von 6000 auf 1500 Personen gesunken. Neben anderen Faktoren hat dazu insbesondere die Abwanderung aus der Stadtmitte in die Vororte beigetragen. Zum 1. Januar 2009 haben sich die beiden ehemals selbständigen Gemeinden, St. Michaelis mit der Michaeliskirche und St. Stephani, zu einer Gemeinde zusammengeschlossen – zur „St. Michaelis - St. Stephani Gemeinde in Bremen“.[8]

Im Jahre 1884 wurde der erste St.Stephani-Chor gegründet. Er gehört damit zu den ältesten großen Chören der Hansestadt Bremen. Aus dieser Tradition und den Veränderungen der letzten Jahre erwuchs die heutige Bremer Kantorei St. Stephani, ein moderner, leistungsfähiger Konzert- und Kirchenchor mit einem breitgefächerten Repertoire.[9]

Die Gemeinde ist sowohl im kirchlichen Kernbereich wie auch hinsichtlich darüber hinausgehender Veranstaltungen sehr aktiv. Hervorzuheben sind regelmäßige Kirchenmusikkonzerte und das Projekt „Kulturkirche“.

Bekannte ehemalige Pastoren

Kulturkirche

Am 1. Januar 2007 wurde das Hauptschiff der Kirche zur ersten Kulturkirche in Bremen. Die Gemeinde benutzt seitdem für den Gottesdienst das Nordschiff, wie sie es schon in der Zeit nach der Zerstörung bzw. dem ersten Wiederaufbau bis 1967 tat.

Seemannsheim

Seemannsheim an der Stephani-Kirche

Im Jahr 1854 gründete der Bremer Reeder Vietor ein Heim für Matrosen und Schiffsjungen. Er tat dies aus seiner christlichen Überzeugung heraus und fühlte sich verantwortlich für das Wohl der Seeleute. Aus diesen Anfängen entstand die heutige Bremer Seemannsmission. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht das geistige und leibliche Wohl der Seeleute und Binnenschiffer zu fördern, sie zu unterstützen und kirchlich zu versorgen.[10]

Im Seemannsheim soll jeder Seemann ein Zuhause für die Zeit finden können, die er in der Fremde lebt - unabhängig von seiner Herkunft, Rasse, Hautfarbe oder Religion. Die Herberge bietet günstige Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten, einen kostenlosen Bustransfer, günstige Telefonkarten, Geldwechselservices und einen Seemannsclub.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Denkmaldatenbank des LfD
  2. Rudolf Stein: Romanische, gotische und Renaissance-Baukunst in Bremen. Hauschild Verlag, Bremen 1962, S. 19
  3. Claus Heitmann: Von Abraham bis Zion. Edition Temmen, 2000, S.42–43, ISBN 3-86108-619-0
  4. www.orgelbau-ostfriesland.de – Die Restaurierung der Eckmann Orgel erbaut 1773 zu Amdorf
  5. Dr. Rolf Kirsch: Teile des ehemaligen Orgelprospektes des Snitkers Johann Krusebecker von 1768. Landesamt für Denkmalpflege, Bremen
  6. www.bremen-tourismus.de – St. Stephani
  7. Hans Scheidulin, Werner Kloos, Jürgen Wittstock: St. Stephani in Alte Kirchen in und um Bremen. Verlag Karl Schünemann, Bremen.
  8. www.kirche-bremen.de – St. Michaelis - St. Stephani Gemeinde
  9. www.bremen.de – Bremer Kantorei St. Stephani
  10. www.seemannsheim-bremen.de – Seemannsheim gestern & heute

Anmerkungen

  1. Höhen von St. Stephani durch indirekte Höhenmessungen am 16. Juli 2009 durch J. Möhring ermittelt. Ältere Angabe: 72 Meter (Herkunft der Angabe unbekannt).
  2. Bestimmung der Gesamtlänge und -breite über Satellitenbild (Juli 2009).

Weblinks

 Commons: Kategorie: St. Stephani – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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