Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf

Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf

Das Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf war ein großes Stahl- und Walzwerk im brandenburgischen Hennigsdorf. Es wird seit 1992 als H.E.S. Hennigsdorfer Elektrostahlwerke GmbH vom Riva-Konzern weiter betrieben.

Geschichte

Schichtwechsel im VEB Stahl- und Walzwerk „Wilhelm Florin“, 1962

Im Jahr 1917 fasste der Aufsichtsrates der AEG den Beschluss zum Bau eines Elektrostahl- und Walzwerkes der AEG in Hennigsdorf. Am 18. April wurde mit dem Bau begonnen. In den folgenden Jahren wurde das Werk zum „Stahl- und Walzwerk“ entwickelt, das aus vier Betrieben bestand:

  • dem Siemens-Martin-Werk,
  • der Stahlformgießerei,
  • dem Walzwerk und
  • einem eigenen Kraftwerk.

Am 20. Juli 1918 erfolgte der erste Stahlabstich. Am 1. Oktober 1921 wurde die Aktiengesellschaft „Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf AG“ gegründet. Am 1. Oktober ging die Fabrik in den Besitz der Mitteldeutschen Stahl AG über. Während des Zweiten Weltkrieges war das Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf in die Kriegsproduktion integriert. Nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges wurde das Stahl- und Walzwerk gemäß dem Potsdamer Abkommen zu großen Teilen demontiert. Die Demontage war am 30. Juni 1946 abgeschlossen.

Auf Befehl der Sowjetischen Militäradministration vom Oktober 1947 wurde das entkernte Stahl- und Walzwerk als eines der ersten volkseigenen Betriebe der Landesregierung Brandenburg zum Wiederaufbau übergeben. Danach wurde das Stahl- und Walzwerk als VEB Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf und ab Mitte der 1950er Jahre als VEB Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf „Wilhelm Florin“ geführt. Am 12. März 1948 erfolgte der erste Stahlabstich nach Kriegsende. Im Jahre 1951 konnte das Stahlwerk den Vorkriegswert an produziertem Stahl wieder erreichen. Zu DDR-Zeiten wurde das Werk beständig erweitert. 1948 wurde die Betriebssportgemeinschaft (BSG) Stahl Hennigsdorf gegründet, die Sportarten wie Fußball, Tischtennis, Boxen, Volleyball und Rugby anbot. Im Rugby wurde die BSG mit 27 Meistertiteln DDR-Rekordmeister.

Nach der Wende wurde das Werk durch die Treuhandanstalt in die Hennigsdorfer Stahl GmbH eingebracht und systematisch auf das Kerngeschäft zurückgeführt. So wurden unter anderem durch Verkauf, Bildung von Tochtergesellschaften oder Betriebseinheiten mit eigener Gewinn- und Verlustrechnung verselbständigt:

  1. Ziehwerk Delitzsch,
  2. Konsumgüterproduktion (Wohnwagen),
  3. Kfz-Zubehör,
  4. Graugießerei Velten,
  5. die wichtigsten Abteilungen der Hauptenergetik,
  6. einige Instandhaltungsgewerke (Ratiomittelbau),
  7. Datenverarbeitung und
  8. diverse Betriebseinheiten (Gärtnerei, Jugendclub, Ferienheime, Kinderferienlager, Bibliothek, Arbeiter- und Lehrlingswohnheime, …).

Das Sanierungskonzept der Treuhand sah weiterhin im Kernbetrieb die kurzfristige Stilllegung der veralteten Siemens-Martin-Öfen vor und eine Reduzierung der Belegschaft auf 3.800 im Jahr 1991.

Bereits 1977 hatte das „VEB Qualitäts- und Edelstahlkombinat Brandenburg“ durch Vermittlung des Anlagenbauers Danieli einen Know-how-Transfer des Riva-Konzerns erhalten. Als die Treuhandanstalt im März 1992 das Elektrostahlwerk und die Drahtstraße der „Brandenburger Elektrostahlwerke GmbH“ gemeinsam mit dem Elektrostahl- und dem Walzwerk der „Hennigsdorfer Stahl GmbH“ privatisierte, griff Riva zu. Die „H.E.S. Hennigsdorfer Elektrostahlwerke GmbH“ wurden gegründet und in diese die gewünschten Immobilien und Anlagen der „Hennigsdorfer Stahl GmbH“ überführt. Riva musste somit vor allem keine personellen Altlasten übernehmen. Riva machte den von ihr benötigten Mitarbeitern der HES Arbeitsangebote. Dabei bestand die Schwierigkeit, dass zu dieser Zeit die Arbeitslosenunterstützung (Kurzarbeit „0") teilweise höher war, als die von Riva angebotenen Arbeitsentgelte.

Riva modernisierte die Anlagen – teilweise mit Mitteln der Treuhand – durchgreifend und steigerte die Produktion innerhalb weniger Jahre erheblich, belieferte vor allem die Großbaustelle am Potsdamer Platz mit Baustahl.

Zahlen

Produktion:

  • 1929/1930 an flüssigem Stahl insgesamt 90.700 t
  • 1931/1932 an flüssigem Stahl insgesamt 45.013 t
  • 1934/1935 an flüssigem Stahl insgesamt 118.362 t
  • 1938/1939 an flüssigem Stahl insgesamt 180.561 t.

Im Feinblechwalzwerk wurden:

  • 1929/1930 49.152 t
  • 1934/1935 79.115 t
  • 1938/1939 125.182 t

erzeugt.

Das Stahl-und Walzwerk Hennigsdorf beschäftigte bis 1989 über 8500 Arbeiter und Angestellte. Hinzu kamen etwa 700 Auszubildende.

2007 erzeugte das Unternehmen 937.112 t Elektrostahl, im Walzwerk 767.864 t und in der Weiterverarbeitung 66.835 t. Am 31. Dezember 2007 waren bei der H.E.S. GmbH 725 Mitarbeiter einschließlich 35 Auszubildender beschäftigt. Bei einem Umsatz von rund 142 Mio EUR wurde ein Gewinn von rund 1,9 Mio EUR an den Riva-Konzern abgeführt[1].

Einzelnachweise

  1. Bilanz der H.E.S. für 2007 im elektronischen Bundesanzeiger, abgelesen am 09-03-28.
52.65033333333313.211805555556

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