Vermittlungsgutschein

Vermittlungsgutschein

Ein Vermittlungsgutschein (VGS) [ab 01.04.2012: Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS)] ist ein Dokument, in dem sich die Bundesagentur für Arbeit oder eine andere staatliche Institution der Arbeitsförderung (z. B. Jobcenter oder Optionsmodell) verpflichtet, an einen privaten Arbeitsvermittler einen bestimmten Betrag zu zahlen, wenn dieser den Inhaber des Vermittlungsgutscheins in eine mindestens 15 Wochenstunden umfassende sozialversicherungspflichtige Tätigkeit vermittelt.

Ein zentrales Ziel bei der Einführung des Vermittlungsgutscheins war und ist die Stärkung des Wettbewerbs in der Arbeitsvermittlung.

Inhaltsverzeichnis

Anspruchsgrundlage für die Ausstellung

Nach § 421g SGB III haben in Deutschland Bezieher von Arbeitslosengeld einen Rechtsanspruch auf einen Vermittlungsgutschein (bei Arbeitslosengeld II handelt es sich um eine Ermessensentscheidung nach § 16 Absatz 1 SGB II in Verbindung mit § 421g SGB III), die innerhalb der letzten 3 Monate sechs Wochen arbeitslos gemeldet sind und Leistungen (Arbeitslosengeld I oder II) beziehen.

Personen, die nach § 46 an einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung oder Förderung der beruflichen Weiterbildung (§ 77 ff. SGB III) teilnehmen, erhalten den Vermittlungsgutschein nur, wenn sie die Wartezeit vor Beginn der Maßnahme erfüllt haben. Wartezeiten vor und nach einer solchen Maßnahme werden aber zusammengezählt.

Bei einer Arbeitsunfähigkeit werden nur die Tage, an denen Arbeitslosengeld I oder II fortgezahlt wird, als Zeiten der Arbeitslosigkeit und damit Wartezeit berücksichtigt. Für Zeiten des Bezuges von Krankengeld gilt dies nicht. Sperrzeiten werden als Wartezeit gezählt.

Auch während der Teilnahme an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme oder Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung kann ein Vermittlungsgutschein ausgestellt werden. Dies ergibt sich aus dem Vorrang von sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit auf dem 1. Arbeitsmarkt.

"Der Vermittlungsgutschein gilt für einen Zeitraum von jeweils drei Monaten." (§ 421g SGB III) Eine kürzere Laufzeit entspricht nicht der Gesetzeslage, da nur die Anspruchsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Antragsstellung zu prüfen sind. Dennoch bestimmt die BA Bundesagentur für Arbeit über eine interne Geschäftsanweisung (GA-VGS), dass und in welchen Fällen von diesen gesetzlichen Bestimmungen abgewichen werden soll. So soll der Vermittlungsgutschein nur bis zum Ende des Leistungsbezuges ausgestellt werden. Beantragt man demnach den Vermittlungsgutschein am letzten Tag des Leistungsbezuges, wird dieser so nur für diesen einen Tag ausgestellt.

Eine erneute Ausstellung nach Ablauf des Vermittlungsgutscheins ist immer wieder möglich, wenn die o.g. Anspruchsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der erneuten Antragsstellung erfüllt sind.

Der Vermittlungsgutschein kann beim Leistungsträger (Arbeitsagentur, ARGE oder Optionskommune) persönlich, schriftlich, telefonisch, per Fax oder per E-Mail beantragt werden.

Voraussetzungen für die Einlösung

Damit ein privater Vermittler einen Vermittlungsgutschein einlösen kann,

  • muss ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis von mindestens 15 Wochenstunden begründet werden,
  • muss eine Beschäftigungsdauer von mindestens drei Monaten vereinbart werden,
  • muss (seit dem 1. Januar 2005) die faktische Dauer des Arbeitsverhältnisses mindestens 6 Wochen betragen,
  • darf der Arbeitsuchende beim betreffenden Arbeitgeber während der letzten vier Jahre vor der Arbeitslosmeldung längstens drei Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein (Ausnahme: Bei Schwerbehinderten gilt diese Einschränkung nicht),
  • darf der Vermittler nicht bereits von einer staatlichen Institution der Arbeitsförderung mit der Vermittlung beauftragt worden sein,
  • muss der Arbeitsuchende einen schriftlichen Vermittlungsvertrag mit dem Vermittler geschlossen haben,
  • muss der Vermittler einen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitsuchenden haben,
  • muss der Vermittler die Arbeitsvermittlung als Gegenstand seines Gewerbes angemeldet haben (Ausnahme: Bei Schwerbehinderten gilt diese Einschränkung nicht!).
  • Nach dem Bundessozialgericht[1] dürfen, wie bei jedem Maklervertrag üblich, Arbeitgeber und Vermittler nicht wirtschaftlich und personell verflochten sein.

Für den Rechtskreis des SGB II (Arbeitslosengeld II, sogenanntes „Hartz IV“) können auch andere Regelungen durch ARGEn oder Optionskommunen vereinbart werden. Beispielsweise wird dort teilweise die Vermittlung in die Zeitarbeit/Personalleasing oder eine Unterschreitung eines bestimmten Stundenlohns von einer Vermittlungsprämie ausgeschlossen andererseits beim Bestehen von besonderen Vermittlungshemmnissen auch eine höhere Prämie gewährt.

Höhe und Fälligkeit der Vermittlungsprämie

Im Rechtskreis des SGB III (Arbeitslosengeld I) ist die Höhe des Vermittlungsgutscheins auf 2000 € incl. der gesetzlichen Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) festgelegt. Daraus ergibt sich ein Netto-Betrag von 1680,67 €. Nur für Langzeitarbeitslose und Schwerbehinderte kann auch ein Gutschein über 2500 € ausgestellt werden. Für Arbeitslosengeld II-Empfänger der ARGEn werden dieselben Regelungen angewendet. Optionskommunen fallen teilweise durch deutlich niedrigere Beträge auf.

Im Rechtskreis des SGB III (Arbeitslosengeld I) sind nach einer ununterbrochenen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses von 6 Wochen die erste (1000 €) und nach 6 Monaten die zweite Rate (1000–1500 €) zu zahlen. Für Arbeitslosengeld II-Empfänger der ARGEn gelten dieselben Regelungen. Optionskommunen hingegen variieren Ratenzahl und Ratenhöhe.

Der private Vermittler hat nach gängiger Praxis neben dem Auszahlungsantrag den Original-Vermittlungsgutschein, die Original-Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung des Arbeitgebers sowie die Kopien des Vermittlungsvertrags und der Gewerbeanmeldung beizufügen.

Historie des Vermittlungsgutscheines seit 2002

Der Vermittlungsgutschein wurde seit seiner Einführung mehrfach zur Erprobung befristet:


• 1. Januar 2002 - 31. Dezember 2004

-Wartezeit 6 Wochen Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug (innerhalb der letzten 3 Monate)

-Auszahlung sofort mit Unterzeichnung des Arbeitsvertrages

-Höhe zwischen 1500 Euro und 2500 Euro


• 1. Januar 2005 - 31. Dezember 2007

-Wartezeit 6 Wochen Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug (innerhalb der letzten 3 Monate)

-Auszahlung 1.000 Euro nach 6-wöchiger Beschäftigung, 1.000 Euro nach 6-monatiger Beschäftigung

-Höhe einheitlich 2.000 Euro


• 1. Januar 2008 - 31. Dezember 2010

-Wartezeit 2 Monate Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug (innerhalb der letzten 3 Monate)

-Auszahlung 1.000 Euro nach 6-wöchiger Beschäftigung, Rest nach 6-monatiger Beschäftigung

-Höhe 2.000 Euro, bei Langzeitarbeitslosen und Behinderten Aufstockung auf 2.500 Euro möglich


• 1. Januar - 31. Dezember 2011

-Wartezeit 6 Wochen Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug (innerhalb der letzten 3 Monate)

-Auszahlung 1.000 Euro nach 6-wöchiger Beschäftigung, Rest nach 6-monatiger Beschäftigung

-Höhe 2.000 Euro, bei Langzeitarbeitslosen und Behinderten Aufstockung auf 2.500 Euro möglich


• 1.Januar - 31. März 2012

-Wartezeit 6 Wochen Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug (innerhalb der letzten 3 Monate)

-Auszahlung 1.000 Euro nach 6-wöchiger Beschäftigung, Rest nach 6-monatiger Beschäftigung

-Höhe 2.000 Euro, bei Langzeitarbeitslosen und Behinderten Aufstockung auf 2.500 Euro möglich

Veränderungen ab dem 01.04.2012

Der Bundestag hat am 23.09.2011 mit dem "Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt" (DS 17/6277 in der Fassung der Beschlussempfehlung DS 17/7065) im § 45 SGB III (neu) den Vermittlungsgutschein unbefristet verlängert (entfristet) und verbessert.

Die Neuregelungen ab dem 01.04.2012 sind im Wesentlichen:

•Bezieher von Arbeitslosengeld I können nach dem Ermessen der Arbeitsagentur den Vermittlungsgutschein ab dem ersten Tag der Arbeitslosmeldung erhalten. Nach 6 Wochen Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug (innerhalb der letzten 3 Monate) haben ALG-I-Empfänger einen Rechtsanspruch auf den Vermittlungsgutschein.

•Bezieher von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) können nach dem Ermessen des Jobcenters / der Optionskommune den Vermittlungsgutschein ohne Wartezeit erhalten.

•Nichtleistungsbezieher (Arbeitssuchende ohne Leistungsbezug) erhalten erstmals den Vermittlungsgutschein, dieser kann wie für Hartz-IV-Empfänger nach dem Ermessen des Leistungsträgers erteilt werden.

Die Höhe (2.000 Euro, bei Langzeitarbeitslosen und Behinderten Aufstockung auf 2.500 Euro möglich) sowie die Auszahlungsbedingungen des Vermittlungsgutscheines bleiben unverändert (1.000 Euro nach 6 Wochen Beschäftigung, Rest nach 6 Monaten).

Ab dem 01.01.2013 müssen alle Privaten Arbeitsvermittler, die einen Vermittlungsgutschein einlösen wollen, eine Zertifizierung nachweisen.

Der Vermittlungsgutschein wurde umbenannt in "Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein". Mit dem Aktivierungsgutschein können Arbeitssuchende Leistungen wie Bewerbungstraining und -coaching in Anspruch nehmen. Dafür ist für den Ausführenden (Bildungsträger, Arbeitsvermittler usw.) eine gesonderte Träger- und Maßnahmezertifizierung nötig.

Der AVGS kann vom Leistungsträger zeitlich und räumlich begrenzt werden.

Mehrfachbeauftragung

Grundsätzlich kann der Arbeitsuchende so viele Arbeitsvermittler einschalten, wie er wünscht. Das Original des Vermittlungsgutscheins benötigt der private Arbeitsvermittler erst nach der Arbeitsaufnahme des Vermittelten, um den Antrag auf Auszahlung nach 6 Wochen Beschäftigungsdauer stellen zu können. Jeder Arbeitsvermittler bekommt vorab nur eine Kopie des Original-Vermittlungsgutscheins.

Inanspruchnahme

Nach der Untersuchung des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2010 (Zahlen 2004-2007) werden knapp 800.000 Vermittlungsgutscheine pro Jahr ausgegeben. Davon werden weniger als zehn Prozent (zwischen 50.000 und 68.000) eingelöst.[2]

Seit Februar 2007 darf auf Grundlage eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes auch in das EU- sowie EWR-Ausland vermittelt werden.

Missbrauch

In der Zwischenzeit hat der Gesetzgeber die gesetzlichen Grundlagen für den Vermittlungsgutschein verändert, um Missbrauch und Mitnahmeeffekte zu reduzieren. Vor allem hat er die Frist für die Auszahlung der ersten Rate für eine erfolgreiche Arbeitsvermittlung verschoben. Vor der Änderung wurde die erste Rate für den privaten Vermittler bereits sofort nach Zustandekommen eines Arbeitsvertrages ausgezahlt. Seit dem 1. Januar 2005 wird die erste Rate erst gezahlt, wenn das vermittelte sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis sechs Wochen Bestand hatte.

Der BRH hat 2005 eine so genannte Kontrollprüfung durchgeführt. Dabei hat er festgestellt, dass die gesetzlichen Neuregelungen erfolgreich waren. Anhaltspunkte oder Nachweise für einen Missbrauch von Vermittlungsgutscheinen lagen nur noch in sieben Prozent der Fälle vor. Nach Auffassung der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Missbrauchsquote noch geringer, weil der Bundesrechnungshof zum Teil auch Mitnahmefälle als Missbrauchsfälle gezählt hat. Im Jahr 2006 ist nach Einschätzung der BA ein weiterer Rückgang des Missbrauchs zu erwarten.

Studien zum Vermittlungsgutschein

Eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung WZB und des Instituts für angewandte Sozialwissenschaft infas „Neuausrichtung der Vermittlungsprozesse“ zieht das folgende Fazit: "Die neuen Instrumente der Arbeitsvermittlung unter Einschaltung Dritter haben sich bis auf den Vermittlungsgutschein in der Praxis nicht bewährt. Nur beim Vermittlungsgutschein gelang es privaten Anbietern besser als den Arbeitsagenturen, Arbeitssuchende in Jobs zu bringen. Die Teilnehmer der anderen Instrumente – Beauftragung privater Dienstleister mit der Vermittlung, PSA, Beauftragung von Trägern mit Eingliederungsmaßnahmen – hatten sogar eine geringere Wahrscheinlichkeit, in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert zu werden als andere Arbeitslose." Das Eigengutachten im Auftrag der Bundesvereinigung für Fachverbände Privater Arbeitsvermittler (Dorothea Hegele: Der Vermittlungsgutschein - Entwicklung von 2002 bis 2008 und Fortführung des erfolgreichen Instruments der Arbeitsvermittlung.) beurteilt den Vermittlungsgutschein für private Arbeitsvermittler als positiv.

Die eingelösten VGS kumulieren seit Beginn des Instruments (2002) sich auf 396.169 (Quelle Statistik BA). davon ALG I nach 6 Wochen = 204.992 = 51,5%

    ALG II nach  6 Wochen = 131.412 = 33,4%

Abbrecher gesamt 59.765 = 15%

Ausgezahlte Gutscheine nach 6 Monaten

     ALG I nach  6 Monaten =  178.062 = 48%
    ALG II nach  6 Monaten =   50.117 = 12,8%

Abbrecher gesamt 167.990 = 42,5%

Nach der Untersuchung des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von 2010 (Zahlen 2004-2007) würden Gutscheine eher an Arbeitslose mit besseren Beschäftigungschancen vergeben. Weniger als zehn Prozent der Vermittlungsgutscheine wurden eingelöst, wobei bei dieser Statistik zu beachten ist, dass Arbeitssuchende im Jahr bis zu 4 Vermittlungsgutscheine erhalten können. Von den Vermittelten waren 47 Prozent (2007) nach sechs Monaten noch im vermittelten Job beschäftigt, wobei der Wert im Vergleich zu 2004 gestiegen ist.[2]

Nach einer Studie des Arbeitskreises Leipziger Personalvermittler e.V. (Gegendarstellung [3] zum IAB-Kurzbericht 11/2011 [4]) betrafen 2009 50,68% und im Jahr 2010 55,66% der erfolgreichen Privatvermittlungen über den Vermittlungsgutschein Bezieher von Arbeitslosengeld II, also im wesentlichen Langzeitarbeitslose aus dem Hartz-4-Bereich. Für den Vermittlungszeitraum 07/2009 - 01/2010 wurde als Erfolgsquote (Beschäftigung auch noch nach 6 Monaten) 53,54% berechnet, davon 45,47% für Vermittlungen aus dem ALG-I-Bereich und 62,21% für ehemalige Bezieher von ALG-II.

Einzelnachweise

  1. BSG, B 7a AL 56/05 R, Urteil vom 6. April 2006.
  2. a b Kurzbericht des IAB zum Vermittlungsgutschein, 2010 ((PDF)
  3. Gegendarstellung zum Kurzbericht des IAB 11/2011 zum Vermittlungsgutschein, 2010 ((PDF)
  4. Kurzbericht des IAB zum Vermittlungsgutschein, 2011 ((PDF)

Weblinks

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