Windeldermatitis

Windeldermatitis
Klassifikation nach ICD-10
L22 Windeldermatitis
ICD-10 online (WHO-Version 2011)
Eine Mutter wickelt ihren Säugling.

Eine Windeldermatitis, auch bekannt als Windelausschlag, ist nicht der Begriff für eine bestimmte Erkrankung, da die Ursachen vielfältig sein können. Der Begriff gibt nur den Ort der akuten, seltener chronischen, Reizung (Entzündung) der Haut an. Die lateinischen Begriffe hingegen beziehen sich entweder auf die Region (Erythema glutaeale) oder auf die Ursachen (Dermatitis ammoniacalis, Dermatitis pseudosyphilitica papulosa, Erythema papulosum posterosivum, posterosives Syphiloid).

Eine Windeldermatitis äußert sich durch das Wundsein im Bereich der Windelregion.

Aus einer zunächst einfachen Hautreizung können durch das Aufweichen der Haut kleine Verletzungen hinzukommen und die Besiedelung vor allem mit Pilzen, aber auch Bakterien begünstigen. So wird schnell aus einer banalen Rötung (Erythema) eine Infektion. Haben sich Pilze angesiedelt, so spricht man nicht mehr von Windeldermatitis, sondern von Windelsoor.

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie

Die Windeldermatitis ist als Zivilisationskrankheit weit verbreitet. Betroffen sind etwa zwei Drittel aller gewickelten Kinder, die im Säuglings- oder Kleinkindalter mindestens einmal, häufig aber auch öfter, eine zumindest leichte Form der Windeldermatitis erleiden.[1]

In Großbritannien ist sie für zwanzig Prozent der durch Hautkrankheiten verursachten Arztbesuche in der Kindheit verantwortlich, wobei sie schon in den ersten vier Lebenswochen bei fünfundzwanzig Prozent der Neugeborenen auftritt.[2] Am häufigsten sind Säuglinge zwischen dem neunten und zwölften Lebensmonat betroffen. In den USA ist die Windeldermatitis der Grund für eine Million Arztbesuche pro Jahr, wobei keine Unterschiede bezüglich der Ethnie feststellbar sind.[3]

Im Gegensatz zu Störungen im Bereich des Verdauungstraktes, entwickeln voll gestillte Säuglinge nur geringfügig seltener eine Windeldermatitis als früh entwöhnte Kinder.[4]

Die Erkrankung beschränkt sich allerdings nicht nur auf Kinder. Personen jeden Alters, die aufgrund einer Stuhl- oder Harninkontinenz eine Schutzhose tragen, können ebenfalls eine Windeldermatitis entwickeln.

Ursachen

Die Ursachen für eine Windeldermatitis können vielfältig sein:

Symptome (Erkennungs-Merkmale)

Typische Blasen und eingetrocknete Krusten bei einem Patienten mit Impetigo contagiosa.
  • Die Windeldermatitis tritt im Windelbereich, also im Genital- und Analbereich, auf. Betroffen sind die Hautareale, die von der Windel bedeckt werden, also Gesäß, äußere Geschlechtsorgane, Leistenregion und Oberschenkel. Sie kann sich jedoch bis auf den Rücken und Unterbauch ausbreiten. Die tiefen Hautfalten sind weniger betroffen, da dort kein direkter Kontakt zwischen Haut und Windel stattfindet.
  • Es tritt eine unscharf begrenzte Rötung mit eventuell nässenden Bläschen (Vesikeln) oder Blasen, Schwellungen (Ödemen), sekundären Haut- oder Schleimhautveränderungen (Erosionen) und Schuppung (Desquamation) oder Schorf (Exsudat) auf.
  • Berührungen in der betroffenen Region (Zum Beispiel beim Windelwechsel), aber auch das Scheuern der Windel können für das Kind sehr schmerzhaft sein, sodass ihm unwohl ist und es vermehrt schreit.

Komplikationen (mögliche Folgen)

  • Sekundärinfektion
    • mit Hefepilzen der Candida – Gruppe (Candida – Mykose), vor allem Candida albicans. Diese kann sich auch auf den Darm ausbreiten (Darmcandidose).
    • mit Granuloma glutaeale infantum (wahrscheinlich durch Candida–Antigene verursacht).
    • mit Bakterien (Impetigo contagiosa, meist Staphylokokken wie Staphylococcus aureus und Streptokokken), dabei sind auch die Hautfalten betroffen.
  • In der näheren Umgebung können zusätzlich weißlich–gelbliche Bläschen oder Knötchen (Papelen) als Folge der Pilz–Infektion vorkommen.
  • Schuppiger Ausschlag (Seborrhoische Dermatitis).
  • Eine weitere mögliche, aber seltene Komplikation besteht darin, dass sich die Symptome auf andere Körperregionen ausdehnen: In einigen Fällen treten plötzlich am Körperstamm, an Armen und Beinen, im Gesicht und am behaarten Kopf kleinfleckige, schuppende Rötungen auf. Im Extremfall kann die gesamte Haut großflächig befallen sein.
  • Bei der Kortison–Behandlung einer Pilz–Infektion besteht die Gefahr eines Gewebsschwundes (Atrophie) der Haut. Da Säuglinge eine wesentlich größere Körperoberfläche im Vergleich zum Körpergewicht eines Erwachsenen haben, kann das Hormon von der Babyhaut und den Gefäßen besser aufgenommen werden und es besteht die Möglichkeit systemischer Nebenwirkungen, da die Haut dünner und somit poröser und anfälliger wird.

Behandlung

Diagnose (Untersuchung)

  • Genaue Begutachtung der Beschwerden.
  • Wenn der Verdacht besteht, dass sich die Windeldermatitis mit Hefepilzen oder Bakterien infiziert hat, kann der Arzt einen Abstrich für mikrobiologische Untersuchungen vornehmen.
  • Abgrenzung der Erkrankung gegen Krankheiten mit ähnlichem Erscheinungsbild wie Ekzeme unterschiedlicher Ursache, Schuppenflechte (Psorisasis) oder Herpesviren.

Prävention (Vorbeugung)

  • Die Windeln nach Bedarf regelmäßig wechseln, spätestens nach drei bis vier Stunden.
  • Wärmestauung vermeiden, indem die Windel möglichst locker, auf keinen Fall zu straff angelegt wird.
  • Möglichst wenig Waschen, damit die Haut nicht aufquillt.
  • Den intensiven Kontakt der Haut mit Pflegeprodukten, die Duft- oder Konservierungsstoffe enthalten (Reinigungstücher, Salben, Cremes, aber auch Seife) vermeiden, da diese Allergien auslösen können und die natürliche Hautbarriere zerstören.
  • Schmutz und Salbenreste mit einem sanften Öl (zum Beispiel Mandel- oder Olivenöl) beseitigen.
  • Sorgfältiges Reinigen und Abtrocknen des Genital- und Analbereiches, sowie der Innenseiten der Oberschenkel, vor allem in den Hautfalten.
  • So oft und lange wie möglich auf das Tragen von Windeln verzichten (beim Wickeln darauf achten, dass das Kind möglichst lange ohne Windel auf dem Wickeltisch liegt und strampeln kann).
  • Saure und scharfe Speisen bei Kind und stillender Mutter vermeiden.

Therapie (Behandlung)

Die Präventionsmaßnahmen gelten auch für die Therapie, aber es gibt noch weitere Behandlungsmöglichkeiten:

  • Keine Hilfsmittel wie Reinigungstücher, Salben, Cremes oder Seife verwenden. Zum Reinigen beim Windelwechsel auf warmes Wasser und weiche, saubere Tücher zurückgreifen. Die Grobreinigung erfolgt mit weichen Einwegtüchern ohne Pflegemittel, danach eine gründliche Reinigung idealerweise mit sauberen Baumwolltüchern, die anschließend in der Kochwäsche zu reinigen sind.[5]
  • Wenn unbedingt notwendig, nur feuchtigkeitsabsorbierende Pasten (zum Beispiel weiche Zinkoxid-Pasten) in einer dünnen Schicht auftragen. Am besten verwendet man die Zinkoxid-Paste in Kombination mit Paraffinöl oder Lebertran, dadurch wird sie streichfähiger, sodass sie leichter aufzutragen ist und das Kind somit geschont wird.
  • Bei Verdacht auf eine Unverträglichkeit einer bestimmten Windel, die Windelmarke versuchsweise für mehrere Tage wechseln oder Stoffwindeln verwenden.
  • Bei einer Pilz–Infektion, also Windelsoor, sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
  • Ein Windelsoor wird mit einer speziellen pilzhemmenden Paste (Antimykotikum) behandelt, bei schweren Verläufen eventuell kurzfristig kombiniert mit einem schwach wirksamen Hydrokortison auf Salbengrundlage.
  • Bei Verdacht auf eine Pilzbesiedelung des Darmes (Darmcandidose) sollte der Stuhl auf Pilzbesiedelung untersucht werden. Bei Vorliegen einer Darmcandidose muss eine Behandlung von Mund und Darm vorgenommen werden.
  • Bakterielle Infekte können mit Antibiotika behandelt werden.
  • Bei einer Pilz- oder Bakterienbesiedelung sollten Textilien, die mit den betroffenen Hautarealen in Berührung gekommen sind (zum Beispiel Kleidung und Handtücher), nur einmal verwendet und vor dem nächsten Gebrauch als Kochwäsche gewaschen werden, um die Erreger abzutöten und so eine Neuansteckung zu verhindern.

Siehe auch

Literatur

  • Das neue Handbuch der Gesundheit für die ganze Familie., 1984, Mosaik, München, Buch-Nummer 01455 5
  • P. Fritsch: Dermatologie und Venerologie., 2. überarbeitete Auflage, 2004, Springer, ISBN 3-540-00332-0
  • Helmut Hildebrand (Hrsg.): Pschyrembel – Klinisches Wörterbuch. 259. überarbeitete Auflage, 2002, de Gruyter, ISBN 3-11-017621-1
  • Malteser: Praxishandbuch Medizin und Gesundheit – Wissen, Ratschläge, Selbsthilfe. 2000, Dorling Kindersley, München, ISBN 3-8310-0049-2
  • Gernot Rassner: Dermatologie: Lehrbuch und Atlas. Elsevier, 2007, Urban und Fischer, München/Jena, ISBN 978-3-437-42762-6
  • Peter Reuter: Springer Lexikon Medizin. 2004, Springer, Berlin/Heidelberg/New York, ISBN 3-540-20412-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. P. Fritsch: Dermatologie und Venerologie., 2. überarbeitete Auflage, Springer, 2004, ISBN 3-540-00332-0
  2. R. Philipp, A. Hughes, J. Golding: Getting to the bottom of nappy rash. ALSPAC Survey Team. Avon Longitudinal Study of Pregnancy and Childhood., Br J Gen Pract., 1997 Aug;47(421):493-7. PMID 9302788
  3. Daniel B. Ward, Alan B. Fleischer Jr, Steven R. Feldman, Daniel P. Krowchuk: Characterization of Diaper Dermatitis in the United States. Arch Pediatr Adolesc Med., 2000;154:943-946. PMID 10980800
  4. P.W. Howie, J.S. Forsyth, S.A. Ogston, A. Clark, C.D. Florey: Protective effect of breast feeding against infection. BMJ., 1990 Jan 6;300(6716):11-6. PMID 2105113
  5. Kinderzeugs.de, Prävention und Behandlung von Windeldermatitis.
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