ARMA-Modell

ARMA-Modell

Das Akronym ARMA (AutoRegressive-Moving Average) und die daran angelehnten Kunstwörter ARMAX und ARIMA bezeichnen lineare Modelle für stationäre, zeitdiskrete stochastische Prozesse. Sie werden zur Zeitreihenanalyse in der Messtechnik, in der Statistik und dort insbesondere in der Ökonometrie eingesetzt. Hier sind sie auch unter dem Namen Box-Jenkins-Modelle bekannt. Die Prognosemodelle der Wirtschaftsinstitute und Banken sind in der Regel aus ARMA-Modellen zusammengesetzt. Ihr mathematischer Kern ist ein lineares Gleichungssystem. Man kann solche Modelle auch als Differenzengleichungen bzw. Differenzengleichungssysteme ansehen.

Inhaltsverzeichnis

Mathematische Definition eines ARMA-Prozesses

In das Modell fließen Rauschterme und gewichtete frühere Werte der Zeitreihe linear ein. ARMA-Modelle sind eines der Hauptwerkzeuge zur Vorhersage von beobachteten, stochastischen Signalen. Sind die zu modellierenden Signale nicht stationär, dann muss man sie gegebenenfalls vor der Modellierung differenzieren, um den Trend zu beseitigen.

MA-Modell

y_t=\sum_{j=0}^m b_j \epsilon_{t-j}

Das Signal setzt sich aus einem durch ein gleitendes Mittel (Moving Average) der Länge m geglätteten Signal, einer (nicht direkt messbaren) anderen Zeitreihe und einem Rauschterm (j=0) zusammen.

Siehe auch: FIR-Filter finite impulse response filter zu deutsch: Filter mit endlicher Impulsantwort

AR-Modell

y_t=\epsilon_t + \sum_{i=1}^n a_i y_{t-i}

Das Signal setzt sich aus einem geglätteten Signal seiner n vorhergehenden Werte und einem Rauschterm zusammen.

Siehe auch: IIR-Filter (Infinite Impulse Response-Filter)

ARMA-Modell

y_t=\epsilon_t + \sum_{i=1}^n a_i y_{t-i} + \sum_{j=1}^m b_j \epsilon_{t-j}

Dieses Modell wird auch als ARMA(n,m)-Modell bezeichnet, wobei n und m die Ordnung des Prozesses heißen.
Mit Hilfe des so genannten Verschiebungsoperators L (von lag=Zeitverschiebung):

Ldxt = xtd

schreibt man kürzer auch:

 (1-\Phi(L))y_t = (1+\theta(L)) \epsilon_t

wobei Φ und θ beides endliche Polynome (der Grade n und m) darstellen:

\Phi(x) = \Phi_1 x+ \cdots + \Phi_n x^n

Inhaltliche Interpretation: Was ist MA und was ist AR?

Moving Average

\epsilon_t ist ein so genanntes weißes Rauschen, eine Zufallsvariable, die für alle t paarweise unabhängig und identisch (meist gauß-)verteilt ist mit Erwartungswert μ und der Varianz σ2. Die Abhängigkeit beschränkt sich bei MA-Termen auf den Erwartungswert: Ist

Y_t=\alpha \sum_{j}^{} \epsilon_{t-j}

dann wird lediglich der Erwartungswert von Y mit jedem Zeitschritt um αμ verschoben. Yt selbst ist stochastisch bestimmt.

Auto-Regression

Anders beim Auto-Regressionsteil: Hier ist Yt deterministisch von der Vergangenheit abhängig. In

Y_t=Y_{t-1}+\epsilon

unterliegt Yt genau dann einer Störung, wenn Yt − 1 einer Störung unterliegt.

ARMA-Modelle in der Statistik

Regressionsmodelle spielen in der Statistik eine große Rolle. In der Ökonometrie müssen oft mehrere Zeitreihen der Form x1(t),x2(t)...xn(t) miteinander in Zusammenhang gebracht werden, die sog. Wirtschaftsindikatoren, also z. B. Zins, Arbeitslosigkeit, Investitionen usw. Man unterscheidet zwischen endogenen zeitabhängigen Variablen Y(t) (die also vom Modell erklärt werden) und exogenen Variablen X(t), die von außen definiert werden. Mit ihnen kann man das allgemeine lineare Gleichungssystem

BY=AX+\epsilon

formulieren. B, Y, A und X sind Matrizen mit sovielen Zeilen wie Beobachtungen und sovielen Spalten wie Variablen des jeweiligen Typs. Jeder Zeitpunkt zählt als Beobachtung. Geht ein und dieselbe Variable zu verschiedenen Zeitpunkten (also als Y(t), Y(t-1) usw.) in das Gleichungssystem ein, so zählt dies als mehrere Variablen. Die Gleichung Y(t)=\beta_1 Y(t-1)+\beta_2 Y(t-2)+\epsilon hat also drei Variablen. Das ist entscheidend für die ARMA-Modelle. \epsilon ist ein Vektor mit sovielen Zeilen wie Beobachtungen.

ARMAX und ARIMA

Ist der Regressor X dabei, spricht man von ARMAX-Modellen. Gehen nur die Differenzen von Y in das Modell ein, so dass hinterher die Modellprognosen wieder “integriert” werden müssen, so spricht man von ARIMA-Modellen, das I steht für "Integrated". Die Differenzen sollen hierbei für die Berechnung ein stationäres und um nicht-saisonale Trends bereinigtes Modell erzeugen.

Alle Modelle der ARMA-Familie haben dieses lineare Gleichungssystem zur Grundlage. Viele Systeme können mit einer einfachen linearen Regression geschätzt werden. Voraussetzung, dass die Standardfehler der Schätzer unverzerrt sind, ist, dass die Störterme \epsilon von Y nicht autokorrelieren, da Korrelation der Fehler untereinander zwar nicht den Schätzer selbst, jedoch den zugehörigen Standardfehler verzerrt (meist wird er stark unterschätzt). Wenn Autoregressionsterme der Form

y_t=\epsilon_t + \sum_{i=1}^n a_i y_{t-i}

vorliegen, liegt in der Regel eine solche Autokorrelation der Störterme vor.

Interpretation des Moving-Average-Teils

Das lineare Gleichungssystem wird um einen Term der Form

\epsilon=\sum_{j=1}^m \gamma_j \epsilon_{t-j}+\epsilon',

also um eine Autoregression der Fehlerterme erweitert. Praktisch spielen vor allem Erweiterungen der Ordnung 1:

\epsilon=\gamma_1 \epsilon_{t-1}+\epsilon'

eine Rolle. Das ist ein Markow-Prozess.

Der Begriff "MA" für solche rein stochastischen Prozesse ist eher irreführend. ARMA-Modelle sind also Simultan-Modelle für deterministische Zusammenhangsmodelle (AR-Anteil, entspricht Regressionsmodell) und stochastischen Prozessen (MA-Anteil).

ARMA-Modelle (auch ARMAX, ARIMA) werden durch nichtlineare Regressionsverfahren geschätzt.

Siehe auch

Autokorrelation, Digitales Filter, X-12-ARIMA

Literatur

  • Box, G.E.P. and Jenkins, G.M. (1970) Time series analysis: Forecasting and control, San Francisco: Holden-Day
  • McCleary, R. and Hay, R.A. (1986) Applied Time Series Analysis for the Social Sciences, Beverly Hills: Sage Publications
  • Hamilton, James D. (1994) Time Series Analysis, Princeton: Princeton University Press
  • Enders, W. (1995) Applied Econometic Time Series, John Wiley & Sons INC.
  • Mills, Terence C. (1999) The Econometric Modelling of Financial Time Series, 2nd Edition, Cambridge University Press
  • Tsay, Ruey S. (2005) Analysis of Financial Time Series, 2nd Edition, Wiley Series in Prob. and Statistics
  • Stier, W. (2001) Methoden der Zeitreihenanalyse, Springer

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