Ballastwasser-Übereinkommen

Ballastwasser-Übereinkommen

Das Ballastwasser-Übereinkommen (englisch International Convention for the Control and Management of Ships’ Ballast Water and Sediments) ist ein 2004 verabschiedetes internationales Abkommen im Rahmen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation. Ziel des Abkommens ist, die durch Ballastwasser verursachten Schäden an der Meeresumwelt zu mildern. Das Abkommen ist bislang nicht in Kraft getreten.

Anlage zur Ballastwasseraufbereitung

Inhaltsverzeichnis

Problem

Schiffe müssen zur Erhöhung ihrer Stabilität und zum Beladungsausgleich Ballastwasser aufnehmen, das in Tanks, in der Regel im Doppelboden, Vorpiek, Hinterpiek und in Seitenräumen, transportiert wird. Das Ballastwasser wird im Hafen aufgenommen, wandert mit dem Schiff um die Welt und wird samt der im Wasser enthaltenen Organismen in anderen Häfen wieder hinausgepumpt. Je nach Schiffstyp und Beladungszustand wird sehr viel (Tanker, Massengutfrachter), viel (Containerschiffe, Kühlschiffe, Autotransporter) oder wenig (Kreuzfahrt- und Fährschiffe) Ballastwasser transportiert. Durch die Verschleppung von Organismen im Ballastwasser entstehen seit langer Zeit Schäden wie durch die Wollhandkrabbe. Die riesigen Ballastmengen der Großtanker und riesigen Massengutfrachter verstärken die Bedeutung der Problematik in den vergangenen 20 Jahren erheblich. Die finanziellen Auswirkungen sind kaum kalkulierbar. Daher hat die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organization, IMO) im Jahr 2004 ein Ballastwasser-Übereinkommen verabschiedet. Es regelt die Bedingungen für den Austausch und die Behandlung von Ballastwasser.

Filter für eine Anlage zur Ballastwasseraufbereitung

Inkrafttreten des Ballastwasser-Übereinkommens

Die IMO ist die weltweit anerkannte Unterorganisation der Vereinten Nationen zur Entwicklung und Festlegung internationaler Standards für Schifffahrt, Schiffssicherheit und für den Meeresumweltschutz. Im Ballastwasser-Übereinkommen wird das Ballastwassermanagement, die Durchführung und die Überwachung festgeschrieben. Es tritt zwölf Monate nach dem Tag in Kraft, an dem wenigstens 30 Staaten, deren Handelsflotten insgesamt mindestens 35 v. H. des Bruttoraumgehalts der Handelsflotte der Welt ausmachen, ihre Ratifikationsurkunde bei der IMO als Verwahrer hinterlegt haben. In Deutschland ist das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie für die Zulassung von Ballastwasser-Behandlungssystemen zuständig. Bislang haben 27 Staaten diese völkerrechtlich verbindliche Erklärung abgegeben, sie decken etwa 25 Prozent der weltweiten Handelstonnage ab. Deutschland will das Übereinkommen 2010, spätestens jedoch 2013 unterschreiben. Ein genauer Zeitpunkt, zu dem das Ballastwasser-Übereinkommen völkerrechtlich in Kraft tritt, lässt sich gegenwärtig daher nicht vorhersagen.

Ballastwassermanagement

Für das Ballastwassermanagement gibt es derzeit zwei verschiedene Methoden:

  • Austausch von Ballastwasser auf See
  • Ballastwasseraufbereitung an Bord.

Ballastwasseraustausch

Die folgenden drei Verfahren zum Ballastwasseraustausch werden angewendet und akzeptiert: Beim sequentiellen Austausch von Ballastwasser wird zunächst ein Ballastwassertank vollständig entleert und anschließend wieder mit frischem Seewasser befüllt. Beim Durchflussverfahren wird ein befüllter Ballastwassertank konstant mit frischem Seewasser gespült und beim Verdünnungsverfahren wird von oben Seewasser in den Ballastwassertank gefüllt und simultan von unten Ballastwasser abgezogen, sodass der Füllstand bleibt.

Ballastwasseraufbereitung

Nach ihrem Wirkprinzip unterscheidet man mechanische, physikalische und chemische Verfahren zur Aufbereitung von Ballastwasser. Sie können einzeln oder im Verbund eingesetzt werden. Vielfach werden mechanische Trennprozesse mit physikalischen und chemischen Verfahren kombiniert.

Mechanische Verfahren

Mechanische Trennverfahren dienen häufig zur Vorkonditionierung von Ballastwasser. Mit Filtern oder Fliehkraftabscheidern entfernt man Organismen und Partikel aus dem Ballastwasser. Um Bakterien und Viren zu entfernen, lassen sich Membranen, wie sie z. B. bei der Trinkwassererzeugung (Umkehrosmose) eingesetzt werden, nachschalten. So können Mikroorganismen bis zu einer Größe von typischerweise 0,2 µm abgeschieden werden.

Physikalische Verfahren

Physikalische Wirkprinzipien sind z. B. eine thermischen Behandlung, UV- oder Ultraschall-Bestrahlung. Bei der thermischen Behandlung werden die im Wasser enthaltenen Organismen einer Temperatur ausgesetzt, die ausreicht, um sie abzutöten. Für die thermische Ballastwasseraufbereitung kommen im Wesentlichen drei Verfahrensweisen in Frage: Mischvorwärmung von Ballastwasser bei gleichzeitigem Spülen eines Ballastwassertanks, Erwärmung von Ballastwasser in den Tanks sowie die Erwärmung von Ballastwasser bei der Aufnahme oder Abgabe. Die Erwärmung des Ballastwassers erfolgt vorwiegend mit Motorkühlwasser oder sonstigen Wärmequellen wie z. B. Hilfskessel. Die Desinfektion von Ballastwasser durch UV-Bestrahlung ist ein ebenfalls aus der Trinkwasseraufbereitung bekanntes Desinfektionsverfahren. Eine wasserdurchströmte UV-Entkeimungseinheit besteht im Wesentlichen aus mehreren Quarzrohren, in denen sich UV-Lampen befinden. Bei der Ultraschall-Desinfektion wird das Wasser mit einem Schallfeld (20 bis 400 kHz) bestrahlt, sodass sich im Fluid wechselnde Unter- und Überdruckgebiete bilden. In einer Unterdruckphase des Schallfeldes entstehen im Wasser Dampfblasen, die in der nachfolgenden Überdruckphase implosionsartig kollabieren (Kavitation). Beim schlagartigen Zusammenfall der Dampfblasen entstehen Schockwellen, die zu einem Zerreißen der Zellmembranen führen und somit die im Wasser enthaltenen Organismen abtöten.

Desinfektion von Ballastwasser durch UV-Bestrahlung

Chemische Verfahren

Bei einer chemischen Ballastwasseraufbereitung werden dem Ballastwasser eine oder mehrere chemische Substanzen direkt oder indirekt durch Elektrolyse hinzugefügt, so dass eine toxische Reaktion abläuft, die zu einer Abtötung der schädlichen Wasserorganismen und Erregern führt. Für die Desinfektion von Ballastwasser kommen außerdem Substanzen wie z. B. Ozon, Chlor, Chlorderivate und Biozide in Frage. Die Ozondesinfektion ist ein ebenfalls aus der Trinkwasseraufbereitung bekanntes Verfahren und kann zur Abtötung von Bakterien und Viren im Ballastwasser verwendet werden. Da Ozon instabil ist, wird es im Allgemeinen vor Ort aus Luft oder Sauerstoff in Ozongeneratoren oder durch Bestrahlung der Luft mit UV-Lampen erzeugt. Chlor und Chlorderivate werden besonders auf Kreuzfahrtschiffen zur Desinfektion von Trinkwasser eingesetzt und töten vegetative Bakterien und viele Viren ab. Außerdem können verschiedene Biozide zur Abtötung von Wasserorganismen, Bakterien und Viren verwendet werden.

Betrieb ohne Ballastwasseraustausch

Inzwischen wurde ein Ballastwasser-System eines Containerschiffes vorgestellt, das im Betrieb ohne Ballastwasseraustausch auskommt und daher auf die aufwendige Ballastwasseraufbereitung verzichten kann. Mittels einer geeigneten Tankaufteilung sowie eines entsprechenden Pump- und Rohrleitungssystems wird mit einer genügenden konstanten Menge an Ballastwasser eine ausreichende Stabilität für die erforderlichen Beladungszustände des Schiffes durch Umpumpen zwischen den Tanks sichergestellt. Das Ballastwasser wird permanent im Schiff mitgeführt, ohne mit der marinen Umwelt in Berührung zu kommen und es können sich keine Sedimente ablagern. Der Vergleich mit dem baugleichem konventionellen Containerschiff, in dem verschiedene Beladungsfälle untersucht wurden, zeigt eine gute Eignung dieser Alternative. Neben der Kontrolle der Intaktstabilität wurde im Rahmen dieser studentischen Arbeit auch der Lecksicherheitsnachweis nach den aktuellen harmonisierten Vorschriften der SOLAS erbracht.

Literatur

  • International Maritime Organization: Ballast Water Management Convention. London: IMO, 2005
  • Christian Mehrkens.: Analyse der Ballastwasseraufbereitung auf Seeschiffen. Hamburg-Harburg, Technische Universität, Studienarbeit, 2006
  • Karl-Heinz Hochhaus; Christian Mehrkens: Ballastwasseraufbereitung –eine Übersicht; Schiff & Hafen, Nr. 3, 2007
  • Hartig, K.: Entwurf eines Containerschiffes für den Betrieb ohne Ballastwasseraustausch, Vortrag beim STG Sprechtag "Students meet Industry" am 29. Oktober 2010 an der Universität Duisburg-Essen

Weblinks

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