Erin Pizzey

Erin Pizzey

Erin Patria Margaret Pizzey geborene Carney (* 19. Februar 1939) ist eine britische Familienaktivistin und Autorin von Sachbüchern zur häuslichen Gewalt und Familien- und Frauenthemen. Sie wurde 1971 als Gründerin eines der ersten modernen Frauenhäuser in Großbritannien international bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Arbeit

Erste Frauenhäuser und „Vereinnahmung“

Erin Pizzey begann ihre Arbeit in einem Haus in Chiswick, einem Stadtteil von London, in dem sie missbrauchten Frauen Tee, Mitgefühl und einen Aufenthaltsort für sie und ihre Kinder anbot. Später eröffnete sie trotz behördlichen Widerstandes weitere Unterkünfte. Pizzeys Pioniertätigkeit und ihre entschlossene Öffentlichkeitsarbeit erhielten zunächst viel Zuspruch. 1975 stellte der Abgeordnete Jack Ashley, Baron Ashley of Stoke, im britischen Unterhaus fest: „Die Arbeit von Mrs. Pizzey war erstklassige Pionierarbeit. Sie war diejenige, die dieses Problem als Erste beim Namen nannte, die als Erste den Ernst der Lage erkannte und die als Erste etwas tat, indem sie das Hilfszentrum in Chiswick errichtete. Infolge dessen hat nun die gesamte Nation die Bedeutung dieses Problems erkannt.“[1]

Schon bald beklagte Pizzey jedoch, dass militante Feministinnen, zusammen mit den führenden Frauen der britischen Labour Party, sich ihres Anliegens bemächtigt und dieses benutzt hätten, um alle Männer zu dämonisieren, nicht nur in Großbritannien, sondern weltweit.[2] Nach dieser angeblichen Vereinnahmung stieg die Zahl der wegen häuslicher Gewalt Hilfe fordernden Frauen an, und öffentliche Fördermittel wurden bereitgestellt. Die Bewegung wurde inzwischen in „Women's Aid“ umbenannt und erhielt jedes Jahr Millionen an Fördermitteln aus verschiedenen Quellen, in erster Linie vom Staat.

Ursachenforschung zu häuslicher Gewalt

Pizzey erklärte nun, dass häusliche Gewalt zumeist auf Gegenseitigkeit beruhe, d.h. dass beide Partner gleichermaßen gewalttätig gegeneinander seien. Diese Schlussfolgerung habe sie aus Befragungen der Frauen im Frauenhaus gezogen, wobei die meisten Frauen sich als ebenso oder noch stärker gewalttätig als ihre Ehemänner gezeigt hätten. Sie wird zitiert mit den Worten [3] „Men are gentle, honest and straightforward. Women are convoluted, deceptive and dangerous.“ (deutsch: „Männer sind behutsam, ehrlich und aufrichtig. Frauen sind verworren, trügerisch und gefährlich.“). Pizzey bedauerte, dass die Bewegung, die sie begründet hatte, sich „vom Persönlichen ins Politische“ entwickelt habe. Diese Sichtweise wurde von Folgestudien bestätigt, wie etwa der von Malcolm J. George vom „Department of Physiology“ des Queen Mary and Westfield College in London.[4] Pizzey stellte fest:

„Es gibt so viele gewalttätige Frauen wie Männer. Aber es steckt viel mehr Geld darin, Männer zu hassen, vor allem in den Vereinigten Staaten - Millionen von Dollar. Es ist politisch gesehen keine gute Idee, das hohe Budget für Frauenhäuser zu bedrohen, indem man sagt, dass nicht alle Frauen dort ausschließlich Opfer sind. So oder so, die Aktivistinnen dort sind nicht da, um Frauen dabei zu helfen, mit dem fertig zu werden, was ihnen widerfahren ist. Sie sind da, um ihre Budgets zu begründen, ihre Konferenzen, ihre Reisen ins Ausland und ihre Stellungnahmen gegen Männer.“[5]

In ihrem Buch „Prone to Violence“ (deutsch: „Gewaltgeneigt“) [6], stellte sie die These auf, dass viele der Frauen, die im Frauenhaus Zuflucht suchten, aufgrund ihrer Persönlichkeit „missbrauchende“ Beziehungen eingingen. Das Buch beschreibt zahlreiche Beispiele gestörter Familien und diskutiert Gründe, warum die modernen staatlichen Betreuungseinrichtungen weitgehend ineffektiv seien. Ein Extrembeispiel schildert, wie eine Frau im Frauenhaus einer anderen den Teil eines Fingers abbiss.

Emigration und Rückkehr

Nach Todesdrohungen gegen sie selbst, ihre Kinder und ihre Enkel sowie der Tötung ihres Hundes wanderte Pizzey von London nach Nordamerika aus und begründete dies damit, dass Feministinnen ihre Erkenntnisse mit allen Mitteln bekämpft hätten.[7][8] In den 1990er Jahren kehrte sie nach London zurück und wurde zur gefragten Beraterin von Politikern und Familienorganisationen.

Verleumdungsklage

Pizzey verklagte 2009 erfolgreich den Verlag „Macmillan Publishers“ wegen Verleumdung in dem Buch „A History of Modern Britain“ von Andrew Marr. In dem Buch war fälschlich behauptet worden, sie sei Mitglied der linken Terrorgruppe Angry Brigade gewesen, die in den 1970ern Bombenattentate verübt hatte.[9] Der Verlag rief die entsprechende Auflage des Buches zurück und veröffentlichte eine berichtigte Version.[10] Zuvor hatte Pizzey in einem Gespräch mit der Zeitung The Guardian erklärt, sie habe diese Bewegung wegen grundsätzlicher Differenzen verlassen: „I said that if you go on with this - they were discussing bombing Biba the legendary department store in Kensington - I'm going to call the police in, because I really don't believe in this.“ (deutsch:„Ich sagte, wenn Ihr das weiter plant - man diskutierte einen Bombenanschlag auf Biba, das legendäre Kaufhaus in Kensington - werde ich die Polizei rufen, denn ich glaube wirklich nicht daran.“).[11]

Sonstiges

Pizzeys Tochter Cleo Scott war 1977-1982 mit Mikey Craig, dem früheren Bassisten von Culture Club verheiratet.

Erin Pizzey unterstützt noch immer aktiv Opfer häuslicher Gewalt und ist Schirmherrin der Organisation „Mankind Initiative“.[12], die besonders männliche Betroffene berät. Obwohl die Frauenhaus-Organisation „Refuge“ von Pizzey gegründet wurde, findet sich ihr Name inzwischen an keiner Stelle des umfangreichen Internet-Auftrittes von „Refuge“ mehr, nicht einmal im Abschnitt zur Geschichte der Organisation.[13]

Veröffentlichungen

Sachbücher

Fiktionale Werke

Auszeichnungen

  • International Order of Volunteers For Peace, Diploma Of Honour (Italien) 1981.
  • Nancy Astor Award for Journalism 1983.
  • World Congress of Victimology (San Francisco) 1897 - Distinguished Leadership Award.
  • St. Valentino Palm d’Oro International Award for Literature, February 14th, 1994, Italien.

Einzelnachweise

  1. Mitschrift der Rede des Abgeordneten Jack Ashley
  2. How feminists tried to destroy the family in: The Daily Mail, 22. Januar 2007
  3. zitiert nach „Daily Mail“, London, 24. August 1988 [1]
  4. Riding the Donkey Backwards: Men as the Unacceptable Victims of Marital Violence von Malcolm J. George, in: The Journal of Men's Studies, Volume 3, Number 2, November 1994, S. 137-159
  5. Häusliche Gewalt ist weiblich, in: Novo-Magazin Nr. 45, März/April 2000
  6. „Prone to Violence“ von Erin Pizzey
  7. Feminists Deny Truth on Domestic Violence bei: „Fox news“, 30. Mai 2006
  8. Who's failing the familiy? von Erin Pizzey, in: The Scotsman, 30. März 1999 ]
  9. Campaigner accepts libel damages bei BBC, 1. April 2009
  10. Andrew Marr's publisher pays 'significant' damages to women's campaigner bei Telegraph.co.uk, 1. April 2009]
  11. 'Domestic violence can't be a gender issue' in: The Guardian, 26.November 2001
  12. Initiative ManKind mit Angabe der nationalen Schirmherrschaft Erin Pizzeys
  13. Refuge - Abschnitt zur Geschichte der Organisation

Internetquellen


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