Hans-Christian Köllmer

Hans-Christian Köllmer

Hans-Christian Köllmer (* 11. März 1947 in Arnstadt) ist ein Politiker der Freien Wählergemeinschaft Pro Arnstadt und der Bürgermeister seiner Geburtsstadt.

Inhaltsverzeichnis

Werdegang

Geboren wurde der Sohn von Dorothea Köllmer und dem Kaufmann Hans Joachim Köllmer in Arnstadt. Dort besuchte er von 1954 bis 1964 eine Polytechnische Oberschule und begann im Anschluss eine Lehre als Kfz-Elektromechaniker. In Erfurt absolvierte er seinen 18-monatigen Grundwehrdienst bei der NVA. Nach einem kurzen Ausbildungsverhältnis beim VEB Dienstleistungskombinat Arnstadt trat er ein Arbeitsverhältnis im elterlichen Betrieb Fritz B. Köllmer an und erlernte hier den Beruf des Wirtschaftskaufmannes. 1975 übernahm Köllmer gemeinsam mit der Tochter des bisherigen Gastwirtes, Gabriele Viola Reumschüssel, die Gaststätte Triglismühle in Siegelbach. Seit 1976 sind beide miteinander verheiratet und haben heute zwei Kinder.

Arnstädter Rathaus (März 2010)

In der Wendezeit 1989 war Hans-Christian Köllmer in der Bürgerbewegung Neues Forum aktiv und stellte sich im folgenden Jahr als Kandidat für die Bürgermeisterwahl in den Dörfern Siegelbach, Dosdorf und Espenfeld auf, welche er gewann. Nach der Eingemeindung dieser Ortsteile in die Gemeinde Arnstadt wurde Köllmer Ortsteilbürgermeister. Bald darauf war er Gründungsmitglied von Pro Arnstadt, einem Lokalverein der Freien Wählergemeinschaft. 1994 stellte sich Köllmer als deren Kandidat für das Bürgermeisteramt der Stadt Arnstadt zur Wahl und konnte diese Wahl für sich entscheiden. In den Jahren 2000 und 2006 (50,8 % der Stimmen)[1] wurde er im Amt bestätigt, das seit März 2010 mit einem Grundgehalt zwischen rund 6.200 und 6.600 Euro monatlich besoldet wird.[2]

Politisches Profil

Hans-Christian Köllmer rechnet sich dem „bürgerlich konservativen Lager“[3] mit einem „klaren Standpunkt Pro Wirtschaft/Industrie“[3] zu und setzt sich politisch für die Entwicklung der heimischen Wirtschaft, des innerstädtischen Handels und der weichen Standortfaktoren ein. Er möchte den Umbau der Stadt Arnstadt weiterführen und die Sanierung historischer Bauten, den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und lokale Vereine unterstützen.

Mediale Wahrnehmung

Im Dezember 2000, als in Österreich die FPÖ an der Bundesregierung beteiligt war, besuchte Köllmer deren Parteichef Jörg Haider. Das Treffen wurde auch deshalb kritisiert, weil alle anderen damaligen EU-Staaten die österreichische Bundesregierung offiziell boykottierten und Köllmer den Protest von jüdischen Gemeinden und Weltkriegsveteranen gegen einen Besuch Haiders in Rom abschätzig kommentierte. Ein formeller Abwahlantrag im Januar 2001 scheiterte mit elf zu dreizehn Stimmen.[4]

Im Jahr 2002, während der öffentlichen Diskussionen um den privaten Schusswaffengebrauch nach dem Amoklauf von Erfurt, hatte Köllmer im Zuge einer Visier-Aktion[5] einen Aufkleber mit der Aufschrift „Ich bin die Waffenlobby“ am Dienstwagen des Bürgermeisters befestigt. Dies rief mehrfach Kritik hervor.[6][7] Köllmer wurde in einem Beschluss des Stadtrates im Dezember 2002 angewiesen, den Aufkleber wieder zu entfernen.[8]

Im Juni 2009 wurde unter Duldung Köllmers das Stattfinden des 8. Thüringentags der nationalen Jugend in dem zentral gelegenen Schlosspark genehmigt.[9] Wenige hundert Meter entfernt fanden zeitgleich sowohl eine Demonstration gegen die Veranstaltung als auch das länger geplante, traditionelle Schlossfest statt. Im Vorfeld auf diesen Umstand angesprochen und mit dem Vorwurf konfrontiert, ein „kleiner Nazi[7] zu sein, antwortete Köllmer „Im Nazi ist mir zu viel Sozialismus drin“,[10] was starke Proteste hervorrief.

Im März 2010 geriet er verstärkt in die Kritik, die später mit einem Bericht der Gazeta Wyborcza auch in Polen thematisiert wurde.[11] Köllmer hielt im Dezember 2009 auf einer Bundesversammlung der Bürgerbewegung pro Deutschland eine Rede und unterschrieb Ende Januar 2010 deren offenen Brief zur Unterstützung Thilo Sarrazins,[12] nachdem der Politikwissenschaftler Gideon Botsch in einem Gutachten Sarrazin wegen seiner Äußerungen im September 2009 öffentlich Rassismus vorwarf.[13] Auf seine Tätigkeiten angesprochen, stellte Köllmer im März 2010 in einem Zeitungsinterview die Frage „Wird heute wieder ausgegrenzt, wie im Dritten Reich die Juden?“,[9] die sich auf rechte Gruppen bezog[14] und wofür er sich später entschuldigte.[15] All dies sowie Köllmers Ankündigung, pro Deutschland beitreten und in Thüringen zu mehr Geltung verhelfen zu wollen, führte zu einem Streit mit Thüringens Innenminister Peter Huber[16] und vielfach zu Rücktrittsforderungen, unter anderen von der deutschen Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt.[17] Ein formeller und insgesamt vierter[6] Abwahlantrag im Stadtrat bekam nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit und wurde mit elf zu dreizehn Stimmen abgelehnt.[18] Im Oktober desselben Jahres wurde der angekündigte Beitritt Köllmers in einer Kleinen Anfrage zu pro Deutschland im Bundestag thematisiert.[19]

Im Dezember 2010 ließ Köllmer ein Plakat aufhängen, auf dem die finanzpolitische Sprecherin der Thüringer CDU-Landtagsfraktion, Annette Lehmann, zur „unerwünschten Person“ erklärt wurde. Vorausgegangen war ein Streit über den kommunalen Finanzausgleich zwischen mehreren Städten und dem Land Thüringen sowie missglückte Gesprächsversuche. Das Plakat trug die hoheitlichen Kennzeichen der Stadt und wurde aus dem Arnstädter Haushalt finanziert.[20] Nach einer Rüge durch die Thüringer Kommunalaufsicht wechselte es Anfang Januar von der Litfaßsäule auf dem Markt zu einem Nebeneingang des Rathauses.[21]

Mitgliedschaften

Neben der FWG Pro Arnstadt e.V. ist Köllmer Mitglied bei folgenden Vereinigungen:

Weblinks

Offizieller Internetauftritt von Hans-Christian Köllmer

Einzelnachweise

  1. Wahlergebnisse der Bürgermeisterwahl 2006 in Arnstadt auf einer Webseite des Thüringer Landesamtes für Statistik, aufgerufen am 22. Oktober 2010
  2. Thüringer Verordnung über die Besoldung der hauptamtlichen kommunalen Wahlbeamten auf Zeit bei juris, Besoldungstabelle. Für Beamtinnen und Beamte des Landes Thüringen. Gültig ab 1. März 2010 auf einer Webseite des DBB Beamtenbund und Tarifunion, beides aufgerufen am 9. November 2010
  3. a b Beschreibug auf hans-christian-koellmer.de, aufgerufen am 22. Oktober 2010
  4. CDU Arnstadt: Kollektiver Gedächtnisverlust oder Methode? Freies Wort, 13. März 2010, aufgerufen am 9. November 2010
  5. Mit offenem "Visier". taz.de, 2. August 2002, aufgerufen am 9. November 2010
  6. a b Stellungnahmen zum Abwahlantrag gegen H.C. Köllmer. spd-arnstadt.de, aufgerufen am 9. November 2010
  7. a b „Dieses Grundgesetz lehnen wir ab“. recherche-ost.com, 13. Juni 2009, aufgerufen am 9. November 2010
  8. Amtsblatt der Stadt Arnstadt und deren Ortsteile. Seite 5: Beschluß Nr. 2002/1080 vom 19.12.2002. Entfernung des Aufklebers „Ich bin die Waffenlobby“. arnstadt.de, 18. Januar 2003, aufgerufen am 9. November 2010
  9. a b Rechtspopulismus. Ein Bürgermeister auf Haiders Spuren, zeit.de, Juni 2010, aufgerufen am 9. November 2010
  10. Irritierendes aus Arnstadt: Rechtsextreme feiern "Thüringentag" neben städtischem "Traditionsfest". 27. Mai 2009, aufgerufen am 9. November 2010
  11. Brunatny burmistrz. wyborcza.pl, 15. Juni 2010, aufgerufen am 9. November 2010
  12. Offener Brief der Bürgerbewegung pro Deutschland an Thilo Sarrazin, datiert auf den 30. Januar 2010, auf einer Webseite von Pro Deutschland, aufgerufen am 9. November 2010
  13. Sarrazin-Streit geht in neue Runde. Gutachten spricht von Rassismus. ntv.de, 8. Januar 2010, aufgerufen am 9. November 2010
  14. Kritik an Arnstadts Bürgermeister nach NS-Vergleich. Freies Wort, 8. März 2010
  15. Arnstädter SPD fordert Rücktritt des Bürgermeisters. thueringer-allgemeine.de, 10. März 2010, aufgerufen am 9. November 2010
  16. Engagement bei "Pro Deutschland": Köllmer verärgert CDU. thueringer-allgemeine.de, 29. März 2010, aufgerufen am 9. November 2010
  17. Kritik an Köllmer und Kreistag. tlz.de, 22. März 2010, aufgerufen am 9. November 2010
  18. Abwahlantrag gegen Köllmer mit 13:11 Stimmen abgelehnt. thueringer-allgemeine.de, 21. Mai 2010, aufgerufen am 9. November 2010
  19. Erkenntnisse der Bundesregierung zu den Aktivitäten der Partei „pro Deutschland“, insbesondere zu deren Bundesparteitag am 17. Juli 2010 in Berlin. bundestag.de, 6. Oktober 2010, aufgerufen am 16. Februar 2011
  20. Plakataktion von Köllmer vorerst ohne Folgen. Freies Wort, 22. Januar 2011, aufgerufen am 16. Februar 2011
  21. Kommunalaufsicht rügt Plakataktion des Arnstädter Bürgermeisters. In: Thüringer Allgemeine, 5. Januar 2011, aufgerufen am 16. Februar 2011

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