Hans Thomsen

Hans Thomsen

Hans Thomsen (* 14. September 1891 in Hamburg; † 1968 ebenda[1]) war ein deutscher Staatsbeamter und Diplomat

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Ausbildung und frühe Laufbahn

Nach dem Schulbesuch studierte Thomsen Rechtswissenschaft. 1910 wurde er Mitglied des Corps Guestphalia Heidelberg.[2] 1913 promovierte er in Heidelberg zum Dr. iur.. 1916 legte er die Erste Juristische Staatsprüfung ab. Anschließend trat er in den Auswärtigen Dienst. Noch im selben Jahr kam er als Referent bei der Handelsabteilung zur deutschen Gesandtschaft in Kristiania.

Weimarer Republik

Kurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde Thomsen 1919 ins Auswärtige Amt versetzt. Von 1921 bis 1923 amtierte er als Vizekonsul in Mailand und später in Neapel. Ein Jahr nach seiner Rückkehr ins Auswärtige Amt wurde er 1924 zum Legationssekretär versetzt. 1926 nahm er an der Völkerbundstaggung in Genf teil. 1926 wurde er zum Legationsrat befördert.

1932 wurde Thomsen als Legationsrat 1. Klasse zum Oberregierungsrat in der Reichskanzlei berufen, wo ihm unter anderem die Bearbeitung der Post des Kanzlers oblag.

NS-Zeit

Auch nach der nationalsozialistischen Machtergreifung verblieb Thomsen in der Reichskanzlei: In den Jahren 1933 bis 1936 amtierte er dort im Rang eines Ministerialrats als außenpolitischer Referent.

1936 wurde Thomsen als Botschaftsrat an die deutsche Botschaft in Washington D.C. versetzt. Im November 1938 übernahm er dort die Funktion des Geschäftsträgers, die er - seit 1940 im Rang eines Gesandten 1. Klasse - bis zur deutschen Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern am 11. Dezember 1941 beibehalten sollte.[3]

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs versuchte Thomsen einen Kriegseintritt der Amerikaner zu verhindern, indem er die isolationistischen Tendenzen in der amerikanischen Bevölkerung unterstütze: So ermutigte er Pressevertreter, die isolanistische Haltung der durch entsprechende Artikel als notwendig erscheinen zu lassen.[4] Außerdem versuchte er während der Präsidentschaftswahlen von 1940 die Isolationisten durch die Bestärkung der Anti-Kriegs-Haltung der Republikanische Partei zu stärken: Zu diesem Zwecke regte er an durch Geldzahlungen an einflussreiche Kongressabgeordnete diese dazu zu bewegen, möglichst viele Kollegen für die isolationistische Position zu gewinnen. Außerdem lancierte er über Mittelsmänner in den Büros von US-Kongressabgeordneten verschiedene gegen den Kriegseintritt gerichtete Zeitungsartikel.[5][6]

Während seiner Zeit in Washington gelang es Thomsen auch, in Erfahrung zu bringen, dass er den Amerikanern gelungen war, den Code der japanischen Chiffriermaschine PURPLE zu entschlüsseln, wovon er die deutsche Regierung im April 1941 informierte. Diese gab diese Information an die japanische Regierung weiter, ohne dass diese sie für ihre Kriegsführung nutzte.[7] In der Forschung Beachtung gefunden hat Thomsens Zeit in den Vereinigten Staaten zudem aufgrund eines kurz vor dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor erfolgten Versuchs von William Donovan, dem Chef des Office of the Coordinator of Information, Thomsen zum Überlaufen zu bewegen: Zuvor hatte Thomsen amerikanischen Kriegsgegner Informationen über die militärische Stärke des Deutschen Reichs und seiner Verbündeter zukommen lassen. So warnte Thomsen die Amerikaner am 13. November 1940 auch, dass sich die Japaner aufgrund ihrer geostrategischen Lage gezwungen sahen, in naher Zukunft die Vereinigte Staaten anzugreifen.[8] Außerdem ließ er Lowell wissen, dass im Falle einer japanischen Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten Deutschland ebenfalls eine Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten abgeben würde. Donovans Versuche Thomsen mit einer Million US-Dollar zu einer öffentlichen Abkehr vom Nationalsozialismus zu bewegen schlug dieser jedoch aus: Stattdessen kehrte er nach der Kriegserklärung Deutschlands, Japans und Italiens an die Vereinigten Staaten nach Deutschland zurück.[9]

1943 übernahm Thomsen als Nachfolger von Viktor Prinz von Wied den Posten des deutschen Botschaft in Stockholm, den er bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges innehaben sollte.

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg wurde Thomsen als Zeuge vom Nürnberger Kriegsverbrechertribunal verhört. Anders viele andere hochrangige Diplomaten wurde er nicht im Rahmen der Wilhelmsstraßen-Prozesse angeklagt. In den frühen 1950er-Jahren trat er noch einmal als Vorsitzender des Roten Kreuzes in Hamburg öffentlich hervor.

Schriften

  • Englisches und deutsches Scheckrecht, 1913. (Dissertation)

Einzelnachweise

  1. Eintrag in den Akten der Reichskanzlei.
  2. Kösener Corpslisten 1960, 64, 1010
  3. Conrad Black: Franklin Delano Roosevelt. Weidenfeld & Nicolson, London 2003, ISBN 0-297-64631-1, S. 505.
  4. Michael C. Thomsett: The German Opposition to Hitler. McFarland, Jefferson/NC 1997, ISBN 0-7864-0372-1, S. 151.
  5. David Stout: How Nazis Tried to Steer U.S. Politics. In: New York Times. 23. Juli 1997, S. 17 (http://www.nytimes.com/1997/07/23/us/how-nazis-tried-to-steer-us-politics.html, abgerufen am 31. Oktober 2009).
  6. siehe auch die Erwähnung "Thomson" beim Verhör Ernst Wilhelm Bohle im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher am 25. März 1946 zeno
  7. David Kahn: The Codebreakers. The Story of Secret Writing. Scribner, New York 1996, ISBN 978-0-684-83130-5. Text aus dem Auszug, erstes Kapitel auf der WNYC-Website
  8. Mark Fritz: Cryptic messages fuel debate about what, when, US knew of Pearl Harbor attack. In: WWW II. The Secret History. The Boston Globe, 15. April 2001, abgerufen am 31. Oktober 2009 (englisch).
  9. Christof Mauch: The Shadow War Against Hitler. Columbia University Press, New York 2003 (Originaltitel: 0-231-12044-3, übersetzt von Jeremiah Riemer), ISBN 0-231-12044-3, S. 33–34.
Vorgänger Amt Nachfolger
Hans-Heinrich Dieckhoff Geschäftsträger des Deutschen Reichs in Washington
November 1938-11. Dezember 1941
Heinz Krekeler
Viktor Prinz von Wied Botschafter des Deutschen Reichs in Stockholm
1943–1945
Heinz Voigt



Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Hans Thomsen — (born 1891 in Hamburgcite book title = Hitler s Last Chief of Foreign Intelligence: Allied Interrogations of Walter Schellenberg first = Reinhard last = Doerries publisher = Frank Cass page = 367 url =… …   Wikipedia

  • Thomsen — bezeichnet: (2064) Thomsen, einen Asteroiden des Hauptgürtels Thomsen ist der Familienname folgender Personen: Adolph Theodor Thomsen (1814–1891), deutscher Politiker, Mitglied des Reichsrates, Abgeordneter des Preußischen Abgeordnetenhauses… …   Deutsch Wikipedia

  • Hans Peter Jorgen Julius Thomsen — Hans Peter Jörgen Julius Thomsen Pour les articles homonymes, voir Thomsen. Julius Thomsen Hans Peter Jörgen Julius Thomsen (16 février …   Wikipédia en Français

  • Hans Peter Thomsen — Hans Peter Jörgen Julius Thomsen Pour les articles homonymes, voir Thomsen. Julius Thomsen Hans Peter Jörgen Julius Thomsen (16 février …   Wikipédia en Français

  • Hans Peter Jørgen Julius Thomsen — (February 16, 1826 ndash; February 13, 1909) was a Danish chemist noted in thermochemistry for the Thomsen Berthelot principle.Thomsen was born in Copenhagen, and spent his life in that city. From 1847 to 1856 he taught chemistry at the… …   Wikipedia

  • Hans-Gert Pöttering — 23rd President of the European Parliament In office 16 January 2007 – 14 July 2009 Vice President …   Wikipedia

  • Hans-Ulrich Rudel — durant la Seconde Guerre Mondiale. Naissance 2 juillet 1916 Konradswaldau …   Wikipédia en Français

  • Hans-Valentin Hube — Tombe de Hans Valentin Hube au Cimetière des Invalides de Berlin Surnom Der Mensch …   Wikipédia en Français

  • Hans-Joachim Kahler — Naissance 28 mars 1908 Morhange (Moselle) Décès 14 janvier 2000 Hamburg Origine …   Wikipédia en Français

  • Hans Gollnick — Naissance 22 mai 1892 Gut Gursen Décès 15 février 1970 (à 77 ans) Schönau am Königssee Origine Allemand Allégeance …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”