Judaisierer

Judaisierer
Illustration aus der Schedelsche Weltchronik (1493) zeigt Pelagius Hereticus und Johannes Chrysostomos.

Judaisierer ist ein Begriff aus der frühchristlichen Literatur und bezeichnet Judenchristen und Heidenchristen, die an jüdischen antiken Bräuchen festhielten. Wie es schon für Jesus von Nazareth gewesen war und noch für seinen Bruder Jakobus den Gerechten galt, hatten sie in Jerusalem mit dem Tempel und im Judentum ihr Zentrum.

Die frühchristlichen Juden- und Heidenchristen, die weiter an jüdischen Bräuchen oder dem Judentum festhielten, sich beschneiden ließen, des Schabbats allwöchentlich gedachten und ihn heiligten, und die nur für Juden verbindlichen Mitzvot (Gebote) hielten sahen sich der Kritik von zwei Seiten ausgesetzt. In Konsequenz der raschen Entfremdung der Heidenchristen vom Judentum unter dem Einfluss der paulinischen Theologie und der Missionierung der griechisch-römischen Heiden und Sklaven zum entstehenden Christentum, von der heidenchristlichen und andererseits vom Judentum. Im Zuge der Zerstörung des zweiten Jerusalemer Tempels, des niedergeschlagenen Bar Kochba-Aufstandes und der Zerstreuung (Galut) der palästinensischen Juden durch die römische Besatzungsmacht in Palästina löste sich diese Strömung jedoch auf.

Die von „judaisierenden Christen“-Missionaren verbreiteten Lehren wurden im Galaterbrief durch Paulus und später durch Justinus (Dialog 47[1]), Irenäus von Lyon (Adversus haereses. I 26,2[2]) und dem Kirchenvater Johannes Chrysostomos bekämpft.[3]

Am längsten hielt sie sich in der Form der Ebioniten und Nazarener bis Anfang des 2. Jahrhunderts. Eine Form des Christentums, die an jüdischen Riten festhält, stellt die Strömung der sogenannten messianischen Juden dar, die von allen bedeutenden christlichen und jüdischen Institutionen nicht als Juden, sondern als Christen angesehen werden.

Wortherkunft

Der Begriff kommt aus dem griechischen ἰουδαΐζω (ioudaizo). Es bedeutet „nach den jüdischen Sitten leben“. Belege für die Bedeutung finden sich in der griechischen Version des Buches Ester (8,17 EU) sowie neutestamentlich in Gal 2,14 EU. In der Bedeutung „die Juden begünstigen“ (Bell. Iud. 2,463[4]) wird es von Flavius Josephus gebraucht.[5]

Die neuere Forschung übersetzt die bekannten Reden „gegen das Judentum“ des griechischen Kirchenvaters Johannes Chrysostomos in neueren Arbeiten mit Reden „gegen judaisierende Christen“.[6] Lange galten sie als Kronzeugnis des christlichen Antisemitismus. Seine Reden sollten vielmehr die Frühchristen und Heidenchristen davon abhalten, jüdische Riten zu befolgten. Sie richteten sich also gegen Christen, welche noch die jüdische Riten befolgten.[7]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. ANF01, S.218 (Online: http://www.ccel.org/ccel/schaff/anf01.viii.iv.xlvii.html).
  2. ANF01, S.352 (Online: http://www.ccel.org/ccel/schaff/anf01.ix.ii.xxvii.html).
  3. Vgl.: J. Eckert, Judaisten, in: M. Görg, B. Lang (Hrsg.), Neues Bibel-Lexikon, Bd. 2, Benziger, Zürich: 1995, Kol. 398f.
  4. Bell. Iud. 2,457ff (en) (engl.)
  5. Vorkommen des Wortes „Ioudaizo“ vgl.: Dictionary and Word Search for „Ioudaizo (Strong’s 2450)“. Blue Letter Bible. 1996–2002. 4 May 2007 (engl.)
  6. Paul W. Harkins: Discourses Against Judaizing Christians (The Fathers of the Church, 68), 1999
  7. Robert L. Wilken: John Chrysostom and the Jews: Rhetoric and Reality in the late 4th Century; Berkeley: University of California Press, 1983.
    Jacob Neusner: Judaism and Christianity in the Age of Constantine: History, Messiah, Israel …; University of Chicago Press, 1987.

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