Centrum für Hochschulentwicklung

Centrum für Hochschulentwicklung
Centrum für Hochschulentwicklung
Gründer Reinhard Mohn und Hans-Uwe Erichsen
Typ gGmbH
Gründung 1994
Sitz Gütersloh
Personen

Geschäftsführer: Jörg Dräger und Frank Ziegele

Budget ca. 3 Mio. Euro pro Jahr
Angestellte ca. 20
Besitzer Bertelsmann Stiftung und die Stiftung zur Förderung der Hochschulrektorenkonferenz
Motto Reformwerkstatt für das deutsche und europäische Hochschulwesen
Website www.che.de

Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) wurde 1994 in Gütersloh von der Bertelsmann Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz als gemeinnützige GmbH gegründet. Das CHE versteht sich als „Reformwerkstatt“ für das deutsche Hochschulwesen. In Form fallspezifischer Projekte innerhalb von Hochschulen, übergreifenden Studien und Workshops zu aktuellen hochschulpolitischen Themen sowie Publikationen und Rankings zielt es darauf ab, das deutsche Hochschulwesen „zu liberalisieren und modernisieren“.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Das Centrum für Hochschulentwicklung wurde am 9. Februar 1994 in Gütersloh von der Bertelsmann Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz als Gemeinnützige GmbH gegründet und nahm am 1. Mai 1994 die Arbeit auf. Die Bertelsmann Stiftung und die Stiftung zur Förderung der Hochschulrektorenkonferenz sind ihre Gesellschafter. Das Centrum arbeitet an Konzepten zur Hochschulreform, als Projektpartner für Hochschulen und Ministerien und als Anbieter von Fortbildungsprogrammen.

In der Öffentlichkeit bekannt ist die GmbH vor allem durch das jährlich veröffentlichte Hochschulranking gleicher Studiengänge an verschiedenen Hochschulen. Mit Hilfe internationaler Vergleiche entwickelt das CHE außerdem Modelle zur Weiterentwicklung der deutschen Hochschulen.

Als Leitbild des CHE dient die Idee der „entfesselten Hochschule“, die „autonom, wissenschaftlich, profiliert und wettbewerbsfähig, wirtschaftlich, international und neuen Medien gegenüber aufgeschlossen“ sein soll. Diese Grundlagen finden sich exemplarisch im Buch Die entfesselte Hochschule von Detlef Müller-Böling, der von 1994 bis 2008 Leiter des CHE war. Neue Geschäftsführer sind Jörg Dräger und Frank Ziegele.

Nach eigenen Angaben beträgt der Jahresetat etwa 3 Mio Euro (Stand 2009)[1], knapp die Hälfte davon stellt die Bertelsmann Stiftung. CHE beschäftigt 20 Mitarbeiter.

Positionen

Bei der inhaltlichen Ausrichtung wird das Centrum von einem Beirat beraten. Dieser wird für jeweils zwei Jahre von der Gesellschafterversammlung berufen und setzt sich aus zwei Vertretern der Gesellschafter und acht „nationalen und internationalen Persönlichkeiten mit ausgewiesener Expertise im Bereich der Hochschul- und Bildungspolitik, der Hochschulleitung oder der Unternehmensführung“[2] zusammen. Aktuell (2009) gehören dem Beirat an: Peter Frankenberg, Peter Maassen, Joachim Metzner, Burkhard Rauhut, August-Wilhelm Scheer, Winfried Schulze, Gunter Thielen, Hans N. Weiler, Margret Wintermantel und Jürgen Zöllner.

Das CHE tritt unter anderem dafür ein, dass die Hochschulen „mehr Freiheiten“ bekommen, um im Rahmen staatlicher Rahmenvorgaben selbstverantwortlich zu agieren, um eigene Strategien entwickeln und verfolgen zu können. Sie sollen zum Beispiel das Recht haben, ihre Studierenden selbst auszusuchen, ihre interne Organisationsform selbst zu bestimmen und über ihre vom Staat zur Verfügung gestellten Budgets weitgehend frei zu verfügen. Das CHE befürwortet eigener Aussage nach auch „sozialverträglich gestaltete“ Studiengebühren, sofern diese direkt der Verbesserung der Lehre zugute kommen.[3][4]

Kritik

Kritiker sehen in der Arbeit des CHE das Vorhaben einer neoliberalen Umgestaltung des Hochschulsystems. Das CHE betreibe Lobbyarbeit in Medien, Politik und Gesellschaft, um die Akzeptanz von Studiengebühren und Eliteuniversitäten zu erhöhen. Dabei wird u.a. ein Zusammenhang zwischen der Arbeit des CHE und dem steigenden Einfluss wirtschaftlicher Interessen auf staatliche Bildungseinrichtungen konstatiert, der nicht notwendigerweise im Interesse der Allgemeinheit liege.[5][6][7]

Als besonders brisant wird die Nähe des CHE zum Bertelsmann-Konzern gesehen. Da das Centrum wesentlich durch die Bertelsmann Stiftung finanziert wird, die Mehrheitseigentümerin der Bertelsmann AG ist, bezweifeln Kritiker die gesellschaftspolitische Neutralität und Uneigennützigkeit der Einrichtung und gehen davon aus, dass die Politik des CHE maßgeblich von Interessen und Vorstellungen des Medienkonzerns geprägt sei. [8] Das CHE agiere als PR-Agentur unter dem Deckmantel einer gemeinnützigen zivilgesellschaftlichen Stiftung.[5][6]

Im Kontext der Debatte um Studiengebühren geriet eine als manipulativ kritisierte Umfrage des CHE in die Kritik, die das Forsa-Institut im Auftrag der Stiftung durchführte. Die Befragten wurden nacheinander nach drei Studiengebührenmodellen gefragt, die sie jeweils befürworten oder ablehnen konnten. Aus der Bevorzugung eines Gebührenmodells durch die befragten Studierenden wurde in einer Presseerklärung des CHE darauf geschlossen, dass eine generelle Zustimmung von Studenten für die Einführung von Studiengebühren bestünde.[9] Die prinzipielle Zustimmung zu Studiengebühren war hingegen nicht abgefragt worden, d.h. die Befragten konnten sich nicht generell gegen Studiengebühren aussprechen. Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften forderte daraufhin, die Zusammenarbeit der Hochschulen mit dem CHE einzustellen.[10][11][5][6][12]

Nicht zuletzt ist das Hochschulranking umstritten. Vergleichskriterien wie Veröffentlichungsleistung oder Urteile der Professoren über die Fachbereiche werden als wenig objektiv kritisiert, die Wahrnehmung der Studenten bekomme zu wenig Gewicht, die an Studenten versandten Fragebögen seien stellenweise suggestiv.[13]

Die Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten unterstützt das Ranking des CHE seit 2007 wegen aus ihrer Sicht gegebenen Mängeln in der Methodik zur Messung der Forschung sowie kulturelle Faktoren nicht mehr. Einzelne Schweizer Hochschulen beteiligen sich weiterhin. Auch die österreichische Vertretung der Hochschulen ruft seit 2008 ihre Hochschulen nicht mehr dazu auf, sich am CHE-Ranking zu beteiligen - einzelne Universitäten sind in verschiedenen Fächern auf eigenen Wunsch weiterhin dabei. Aus Italien beteiligt sich seit 2008 die Freie Universität Bozen mit einzelnen Fächern am CHE Hochschulranking. [14] Studenten der Berliner Alice-Salomon-Fachhochschule beschlossen im Oktober 2007, das Ranking geschlossen zu boykottieren.[15] Im Juli 2009 kündigte der Fachbereich 3 (Sprach-, Literatur- und Medienwissenschaften) der Universität Siegen an, sich mit seinen Fächern nicht mehr am Ranking der CHE zu beteiligen. Als Begründung wird aufgeführt, das Ranking gebe (Zitat) dem rankenden Privatunternehmen die Möglichkeit, das öffentliche Bildungswesen faktisch zu steuern und es demokratischer Kontrolle zu entziehen. Das Ranking fördere die Ungleichheit zwischen Hochschulen. Es fördere (Zitat) die Entkopplung von Forschung und Lehre und trägt damit zur Demontage der traditionellen Stärken des deutschen Hochschulsystems bei. Die Bereitschaft zur Teilnahme nehme in Deutschland ab, zuletzt habe sich die mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Kiel daraus verabschiedet. Die Fachbereiche 2 und 8 der Universität Siegen nehmen ebenfalls nicht mehr am Ranking teil[16]. Im Juli 2009 hat der Historikerverband (Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, die Standesorganisation der deutschen Geschichtswissenschaft) beschlossen, sich am Ranking des CHE nicht zu beteiligen. Bis Anfang Oktober 2009 haben 21 Historische Institute und Seminare erklärt, sich nicht länger an CHE-Rankings beteiligen zu wollen.[17]

Centrum für Hochschulentwicklung und CHE Consult GmbH, Gütersloh

CHE Consult GmbH

Als Ausgründung aus dem Centrum für Hochschulentwicklung entstand 2001 die CHE Consult GmbH mit wirtschaftlicher Tätigkeit. Sie residiert im gleichen Gebäude wie die gemeinnützige Gesellschaft. Die CHE Consult GmbH sieht ihre Aufgabe in der Beratung von Hochschulen sowie der Durchführung von Projekten für Ministerien und Stiftungen.

Geschäftsführer sind Christian Berthold und Yorck Hener. Hauptgesellschafter ist Detlef Müller-Böling und Christian Berthold ist Gesellschafter, weitere Mitarbeiter der CHE Consult GmbH sind stille Gesellschafter.[18]

Früher gab es eine andere Eigentümerstruktur der CHE Consult. Gesellschafter waren die GAB Unternehmensberatung GmbH, Gesellschaft für angewandte Betriebswirtschaftslehre mit Sitz in Dortmund sowie Klaus Neuvians. Neben Mitarbeitern der der CHE Consult GmbH waren aber auch Mitarbeiter der CHE gGmbH als stille Gesellschafter beteiligt.[19]

Literatur

  • Jens Wernicke, Torsten Bultmann (Hg.): Netzwerk der Macht - Bertelsmann. Der medial-politische Komplex aus Gütersloh, 2. erweiterte Auflage Marburg 2007, ISBN 978-3-939864-02-8.
  • Detlef Müller-Böling: Die entfesselte Hochschule. ISBN 3-8920-4477-5.
  • Oliver Schöller: Bertelsmann geht voran!. In: UTOPIE kreativ, H. 155, 2003, S. 803–811 (PDF).
  • Markus Struben: Bild’ dir deine Meinungsumfrage! Demoskopie als Demagogie. In: BdWi-Studienheft Bildungsfinanzierung. Marburg 2002, S. 25–26.
  • Werner Biermann, Arno Klönne: Agenda Bertelsmann. Ein Konzern stiftet Politik. PapyRossa, Köln 2007

Einzelnachweise

  1. Centrum für Hochschulentwicklung: Über uns. [1]
  2. Centrum für Hochschulentwicklung: Beirat. Abgerufen am 4. November 2009 [2]
  3. Detlef Müller-Böling: Die entfesselte Hochschule. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung 2000
  4. Detlev Müller-Böling (Hg.): Hochschule weiter entfesseln - den Umbruch gestalten. Studienprogramme, Organisationsformen, Hochschultypen. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung 2005
  5. a b c Jens Wernicke, Torsten Bultmann (Hg.): Netzwerk der Macht - Bertelsmann. Der medial-politische Komplex aus Gütersloh, 2. erweiterte Auflage Marburg 2007, ISBN 978-3-939864-02-8.
  6. a b c Kyrosch Alidusti: Think Tank für Studiengebühren: Wie das Centrum für Hochschulentwicklung Politik an Hochschulen macht.
  7. Das Centrum für Hochschulentwicklung und die Hochschulreformen (www.nachdenkseiten.de)
  8. "Drahtzieher hinter den Kulissen – der Einfluss des Bertelsmann-Konzerns auf die Hochschulen" von Wolfgang Lieb
  9. CHE-Pressemitteilung vom 11. Dezember 2003: Studierende mehrheitlich für Studiengebühren
  10. [http://www.fzs.de/themen/studiengebuehren/1037.html Pressemitteilung des fzs vom 18. Dezember 2003.
  11. [http://www.fzs.de/themen/studiengebuehren/1039.html Pressemitteilung des fzs vom 14. Juli 2004.
  12. Süddeutsche Zeitung online, "Kritik an Umfrage zu Studiengebühren", 19. Dezember 2003
  13. Kerstin Meier: Rote Punkte für die Kölner Uni. In: ksta.de vom 3. Mai 2010 (gedruckt 4. Mai 2010 Seite 21
  14. Österreich beteiligt sich nicht mehr an CHE-Ranking Der Standard 21. August 2007.
  15. Ranking der Universitäten zunehmend unter Kritik Telepolis vom 23. Oktober 2007.
  16. http://www.uni-siegen.de/fb3/home/che-ranking/?lang=de
  17. http://www.vhd.gwdg.de/ abgerufen am 7. Oktober 2009
  18. CHE Consult GmbH: Über uns. Abgerufen am 26. Februar 2009. [3]
  19. CHE Consult GmbH: Über uns. Abgerufen am 30. Juni 2010

Weblinks

Siehe auch

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