Kriechbaum (Gemeinde Allerheiligen)

Kriechbaum (Gemeinde Allerheiligen)
Werksgebäude der Kamig in Kriechbaum

Kriechbaum ist eine Ortschaft der Gemeinde Allerheiligen im Mühlkreis in Oberösterreich mit 157 Einwohnern (Volkszählung 2001).

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Die Ortschaft Kriechbaum befindet sich am westlichen Rand des Gemeindegebietes von Allerheiligen im Mühlkreis auf einer Höhe von 340 m ü. A..

Wesentliches Fließgewässer ist der Kettenbach, der zunächst von Norden nach Süden fließt und die Grenze zur Nachbargemeinde Tragwein bildet und dann in einem rechten Winkel Richtung Westen abbiegt und durch das besiedelte Gebiet von Kriechbaum und wieder zurück auf das Gemeindegebiet von Tragwein fließt und dort in die Aist mündet.

Geologie

Kriechbaum befindet sich am Südrand des Mühlviertler Granitmassivs, der sogenannten Böhmischen Masse. Die Landschaft bildet in Kriechbaum eine durch tektonische Bruchvorgänge hervorgerufene gestreckte Mulde, in der sich im Tertiär vor vierzig Millionen Jahren ein abbauwürdiges Kaolinvorkommen gebildet hat. Das Gebiet war danach auf Grund der weiteren Absenkung vom Meer überflutet und von Meeresablagerungen überdeckt. Die Küstenlinie verlief damals in Ost-West Richtung auf einer Höhe von rund 420 Meter Seehöhe.[1] Das Kaolinvorkommen erstreckt sich auf die Gemeinden Allerheiligen (Kriechbaum), Perg (Weinzierl), Tragwein und Schwertberg.

Geschichte

Adelssitz in Kriechbaum in der Gemeinde Allerheiligen im Mühlkreis

Die Öder von Geiersberg waren ursprünglich Regensburger Vasallen, die im Umfeld der Burg Windegg saßen und dem jeweiligen Lehensherren dieser Herrschaft unterstanden. Das waren nach dem Aussterben der Hochfreien von Lengenbach 1236 die Herren von Kuenring. Ein Angehöriger der Familie wurde erstmals 1265 urkundlich erwähnt. Von ihrem Stammsitz auf der im 12. Jahrhundert errichteten Burg Geiersberg in Oberlebing in der Nähe des Reifeggergutes gründeten die Nachkommen des Öders Heinrich II. die drei Hauptlinien der Familie mit Sitzen in Schwertberg sowie Siegenhofen und Kriechbaum und gaben Geiersberg auf.

Der Siegenhof in der Nähe des Kettenbaches in der heutigen Ortschaft Kriechbaum wird erstmals um 1300 im Lehensbuch des Janns von Kapellen erwähnt. Erster Öder von Siegenhofen war Hartneid (1260 bis 1313), letzter war Lorenz V. (1490 bis 1494). Gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde der Sitz nur mehr als Bauernhof genützt.

Erster Öder von Kriechbaum war Heinrich II., der mit dem Geschlecht der Grellen versippt war (1270 bis 1335) Er errichtete um 1315 den Sitz und nannte ihn Kriechbaum wie der gleichnamige Sitz in Kastendorf bei Königswiesen, der im Besitz der Familie der Grellen war. Der Sitz war bis zum Ende des 15. Jahrhunderts im Besitz der Öder und wechselte dann mehrmals den Besitzer (Ende des 15. Jahrhunderts Walchen von Prandegg, 1534 Hoheneck, 1611 Tattenbach). Die Herren von Tattenbach ließen 1611 bis 1621 den Sitz neu erbauen. Weitere Besitzer waren 1631 Hanns Händl von Breitenbruck bei Katsdorf, Starhemberger und Kueffstein.

Mit dem Verkauf an den Bauern Jakob Klinger verlor der Sitz die Eigenschaft eines adeligen Landgutes, wurde aus der Landtafel gelöscht und der Herrschaft Riedegg zugeschlagen. Durch Grundstücksverkäufe entstanden kleinere Anwesen und Kleinhäuser.

Die Gewinnung, Verarbeitung und Vermarktung von Kaolin in Kriechbaum ist seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts in der Pfarrchronik von Tragwein dokumentiert. Ende des 19. und anfangs des 20. Jahrhunderts wurde die Kaolingewinnung professioneller und es interessierten sich Unternehmen dafür, beispielsweise 1910 die Prager Montanaktiengesellschaft, 1920 eine Wiener Genossenschaft und danach die KAMIG, die mehrheitlich der Familie Götzl gehört. Der Abbau von Kaolin erfolgte in Bergwerken. Die höchste Förder- und Produktionsleistung wurde in den Jahren zwischen 1960 und 1970 erreicht, wo jährlich bis zu 170.000 Tonnen Rohkaolin abgebaut wurden. Allein in Kriechbaum waren damals 250 Mitarbeiter beschäftigt, insgesamt hatte die Kamig zu dieser Zeit rund 500 Beschäftigte und war damit einer der größten Betriebe des Mühlviertels.

Durch die Entdeckung von Kaolinvorkommen, die im kostengünstigeren Tagbau erschlossen werden konnten, waren in den 1980er-Jahren Umstrukturierungen und Rationalisierungsmaßnahmen notwendig und die Vermarktung von Nebenprodukten wie Quarzsande wurde forciert.[2]

Bevölkerung, Kultur

Die Entwicklung der Siedlungen in Kriechbaum steht in engem Zusammenhang mit dem dortigen Kaolinabbau. Die Unternehmensleitung der Kamig hat die Bergleute und ihre Familien bei der Wohnraumbeschaffung in der Nähe ihres Arbeitsplatzes und beim Aufbau von Kultur-und Sporteinrichtungen unterstützt.

Seit 1930 wird die Barbarafeier jährlich im Dezember veranstaltet. Ebenfalls 1930 gründeten Bergarbeiter die Arbeitermusikkapelle Kriechbaum-Tragwein, die 1934 in eine Werkskapelle der Kamig übergeführt wurde und als Knappenkapelle Kamig bezeichnet wird.

1957 wurde der Fussballclub Kamig gegründet, ein Sportplatz errichtet und der Meisterschaftsbetrieb aufgenommen. 1963 schloss sich der FC Kamig dem ASV und der Union Tragwein an.

Literatur

  • Alois Aumayr, Roland Huber, Josef Kiesenhofer, Karl Kitzmüller, Leopold Mayböck, Martin Lehner, Gemeindeamt Allerheiligen im Mühlkreis (Herausgeber und Verleger): Allerheiligen im Mühlkreis 1492 bis 1992 - Ein Heimatbuch für Pfarre und Gemeinde Allerheiligen im Mühlkreis - 500 Jahre Wallfahrtskirche, Allerheiligen 1992

Einzelnachweise

  1. Romedio Giacomini: 180 Jahre Kaolingewinnung in Allerheiligen im Mühlkreis, in: Gemeindeamt Allerheiligen im Mühlkreis (Herausgeber und Verleger), Heimatbuch Allerheiligen im Mühlkreis 1992, S 300ff
  2. Festschrift 80 Jahre Kamig
48.314.65

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