Adapter (Entwurfsmuster)

Adapter (Entwurfsmuster)

Der Adapter – auch die Hüllenklasse[1] oder der Wrapper (vom englischen wrapper für „Verpackung“ oder „Umschlag“) genannt – ist ein Entwurfsmuster aus dem Bereich der Softwareentwicklung und gehört zu der Kategorie der Strukturmuster (englisch structural patterns). Das Muster dient zur Übersetzung einer Schnittstelle in eine andere. Dadurch wird die Kommunikation von Klassen mit zueinander inkompatiblen Schnittstellen ermöglicht. Es ist ein Entwurfsmuster der sogenannten GoF-Muster (Gang of Four, siehe Viererbande).

Inhaltsverzeichnis

Verwendung

Der Adapter findet Anwendung, wenn eine existierende Klasse verwendet werden soll, deren Schnittstelle nicht der benötigten Schnittstelle entspricht. Dies tritt insbesondere dann auf, wenn Klassen, die zur Wiederverwendung konzipiert wurden – wie Werkzeugsammlungen oder Klassenbibliotheken – verwendet werden sollen. Diese stellen ihre Dienste durch klar definierte Schnittstellen zur Verfügung, die in der Regel nicht geändert werden sollen und häufig auch nicht geändert werden können, da sie von Dritten stammen. Des Weiteren wird der Adapter bei der Erstellung wiederverwendbarer Klassen benutzt, wenn diese mit unabhängigen oder nichtvorhersehbaren Klassen zusammenarbeiten sollen.

UML-Diagramm

Die sogenannte „Gang of Four“ (Viererbande) beschreibt zwei Realisierungsalternativen. Die erste ist der Adapter mit Delegation (der sogenannte Objektadapter), die zweite der Adapter mit Vererbung (Klassenadapter).

Adapter mit Delegation (Objektadapter)

Hierbei hat der Adapter eine Assoziation zu der zu adaptierenden Klasse und leitet die Anfragen per Delegation weiter.

Der Vorteil ist, dass der Adapter und der dahinterliegende Dienst ausgetauscht werden können; dafür muss die gesamte genutzte Schnittstelle implementiert werden, auch wenn nur ein Teil der Implementierung angepasst werden soll.

Objektadapter in UML-Notation

Objektadapter sind auch als Hüllenklasse oder Wrapper Class bekannt. Dabei können nicht nur andere Klassen gekapselt werden, sondern auch primitive Datentypen oder prozedurale Programmierbibliotheken.

Hüllenklassen für primitive Datentypen

Eine Anwendung für Hüllenklassen in objektorientierten Programmiersprachen ist, Klassen für Grunddatentypen zur Verfügung zu stellen, um die Handhabung zu vereinfachen und zusätzliche Funktionen zur Verfügung zu stellen. So gibt es z. B. in der Programmiersprache Java für den Typ int die Klasse Integer, für char die Klasse Character oder für float die Klasse Float (entsprechend auch Short, Long, Boolean und Double). Diese Hüllenklassen ermöglichen den objektorientierten Umgang mit primitiven Datentypen, zum Beispiel, um sie in ein Reflexionskonzept einzubinden.

Um die Verwendung von Hüllenklassen zu vereinfachen, wurde in Java 5 das so genannte Autoboxing oder Boxing eingeführt. Diese Technik ermöglicht die Verwendung von Hüllenklassen in der von primitiven Datentypen gewohnten Form. Statt der Objekterzeugung mittels Integer i = new Integer(100) kann einfach die Schreibweise Integer i = 100 genutzt werden. Ebenfalls kann die Referenzvariable i genutzt werden, als wäre sie eine gewöhnliche int-Variable. Die einfache Schreibweise und bessere Lesbarkeit geht auf Kosten einer erheblich schlechteren Ausführungsgeschwindigkeit.

Hüllenklassen für prozedurale Bibliotheken

Eine weitere wichtige Anwendung ist die Anpassung einer prozeduralen Bibliothek an ein objektorientiertes Softwaresystem. Hierbei werden die funktionsorientierten Dienste der Bibliothek in ein oder mehrere Objekte gekapselt. Diese Anwendungsform ist häufig als Entwurfsmuster Fassade zu finden.

Adapter mit Vererbung (Klassenadapter)

Ein Klassenadapter wird mit Hilfe von Mehrfachvererbung realisiert. Zum Einen erbt er die Implementierung der zu adaptierenden Klasse. Zum Anderen die zu Implementierende Schnittstelle. Der Aufruf erfolgt dann durch Selbstdelegation.

Klassenadapter in UML-Notation

Ein Klassenadapter kann dann sinnvoll eingesetzt werden, wenn die Programmiersprache (wie beispielsweise C++) die erforderlichen Sprachfeatures (Mehrfachvererbung, private Vererbung[2]) unterstützt. Java ist für diese Art von Adapter eher ungeeignet, da weder private noch Mehrfachvererbung zum Sprachumfang gehören. Der Versuch, diese Beschränkung über die Kombination von Klassenvererbung und Interface-Implementierung zu umgehen, führt dazu, dass die Adapterklasse ihren Klienten alle Methoden zur Verfügung stellt. Das Konstrukt kann zwar als Adapter verwendet werden, ist aber kein Adapter im Sinne des GoF-Buchs, welcher eine Schnittstelle in eine Andere überführt.

Beispiel – Klassenadapter

// C++ Code Beispiel
 
/* Die Schnittstelle, welche der Adapter implementieren soll */
class UsedInterface {
public:
  UsedInterface();
  virtual void operation() const;
};
 
/* Die Implementierung, welche der Adapter verwenden soll */
class Adaptee {
public:
  Adaptee();
  void adaptedOperation() const;
};
 
/* Die eigentliche Adapterklasse */
class Adapter : public UsedInterface, private Adaptee {
public:
  Adapter();
  void operation() const;
};
 
/* Implementierung des Adapters */
void Adapter::operation() const {
  Adaptee::adaptedOperation();
}

Konkretes Beispiel in C++

Wir haben zwei (kommerzielle) Bibliotheken gekauft (deren Implementierung wir nicht sehen und nicht ändern können). Die erste ist eine Bibliothek für algorithmische Geometrie. Sie enthält Algorithmen, die auf geometrischen Objekte wie Kreisen, Geraden und Ebenen arbeiten, z. B. einen Algorithmus, der testet, ob sich zwei Kreise schneiden. Die zweite ist eine GUI-Bibliothek, die ebenfalls Objekte wie Kreise und Geraden kennt und diese auf den Bildschirm zeichnen kann.

Nun wollen wir mit Hilfe der ersten Bibliothek feststellen, ob sich zwei Kreise schneiden, die wir als Objekte der zweiten Bibliothek vorliegen haben (bevor wir sie auf den Bildschirm malen).

Leider sind die Schnittstellen der beiden Bibliotheken inkompatibel. Sie unterscheiden sich nicht nur in der Bezeichnung der Klassen (Kreis vs. Circle), sondern auch in der Bezeichnung und Semantik der Methoden (getMittelpunkt() vs. getX() und getY()).

Die Algorithmen der Geometrie-Bibliothek arbeiten nur mit der öffentlichen Schnittstelle (dem Interface) der geometrischen Objekte. Ein Kreis beispielsweise muss nur Auskunft über seinen Radius und seinen Mittelpunkt geben können. Er wird durch eine abstrakte Klasse mit den entsprechenden Methoden getRadius() und getMittelpunkt() repräsentiert. Er hat keine Member-Variablen für Radius und Mittelpunkt, denn er könnte auch anders festgelegt sein: durch zwei Punkte auf dem Rand, die sich diametral gegenüberliegen, durch drei Punkte auf dem Rand oder implizit als die Lösungsmenge der Gleichung (ya)2 + (xb)2 = r2. Dadurch werden die Algorithmen unabhängig von der konkreten Darstellung der geometrischen Objekte. Punkte dagegen sind in der Bibliothek (konkret) als Struktur implementiert.

// Bibliothek für algorithmische Geometrie
 
struct Punkt {
  double _x, _y; // der Einfachheit halber public
  Punkt(double x, double y) : _x(x), _y(y) {}
};
 
class Kreis { // abstrakte Klasse, nur Interface
public:
  virtual double getRadius()      const = 0;
  virtual Punkt  getMittelpunkt() const = 0;
};
 
// Die Implementierung dieser Funktion stützt sich rein auf das Interface,
// also nicht auf konkrete Realisierungen:
bool schneidetKreisKreis(const Kreis& k1, const Kreis& k2) {
  double abstandDerKreise = abstand(k1.getMittelpunkt(), k2.getMittelpunkt());
  return abstandDerKreise <= (k1.getRadius() + k2.getRadius());
}

Die in der GUI-Bibliothek enthaltenen graphischen Objekte können sich auf den Bildschirm zeichnen. Ein Circle ist intern dargestellt durch drei Gleitkommazahlen, zwei für die Mittelpunkts-Koordinaten und eine für den Radius. Er kann Auskunft über seine Geometrie geben (getX() usw.):

// GUI-Bibliothek
 
class GraphicalObject {
  virtual void draw() = 0; // zeichne dich selbst auf den Bildschirm
};
 
class Circle : public GraphicalObject {
private:
  double _mx, _my; // Mittelpunkt x und y
  double _r;       // Radius
public:
  Circle(double x, double y, double r) : _mx(x), _my(y), _r(r) {}
  double getX() const { return _mx; }
  double getY() const { return _my; }
  double getR() const { return _r;  }
  void draw() { /* zeichne dich mit Bresenham-Algorithmus */}
};

Wie wir sehen, sind die Schnittstellen der beiden Bibliotheken unterschiedlich. Um nun doch einen Circle in einem der Algorithmen für Kreis benutzen zu können, schreiben wir uns einen Adapter für Circle-Objekte. Jedes Adapter-Objekt enthält einen zu adaptierenden Circle und implementiert die Schnittstelle von Kreis:

// Circle-Adapter zur Benutzung eines Circle als Kreis in der
// Geometrie-Bibliothek
 
class CircleAdapter : public Kreis, private Circle {
public:
  CircleAdapter(const Circle& c) : Circle(c.getX(), c.getY(), c.getR()) {}
 
  // Hier wird Circle so adaptiert, dass es auf Kreis passt
  double getRadius()      const { return getR(); }
  Punkt  getMittelpunkt() const { return Punkt(getX(), getY()); }
};

Nun können wir zwei Circle aus der GUI-Bibliothek als Kreis gesehen mit dem Algorithmus aus der Geometrie-Bibliothek auf Schnitt testen:

int main() {
  // Wir erhalten von der GUI-Bibliothek zwei Circles
  Circle c1 = Circle(1.0, 0.0, 2.0);
  Circle c2 = Circle(3.0, 0.0, 2.0);
 
  // stecken sie in einen Circle-Adapter
  CircleAdapter c1Adapter( c1 );
  CircleAdapter c2Adapter( c2 );
 
  // und benutzen Geometrie-Bibliothek zum Test auf Schnitt
  if (schneidetKreisKreis(c1Adapter, c2Adapter)) {
    ...
  } else {
    ...
  }
}

Vor- und Nachteile

Die Vorteile eines Klassenadapters bestehen darin, dass er sich genau einer Zielklasse anpasst und dadurch nur das Verhalten der Zielklasse überschreiben kann. Der Objektadapter kann auch Unterklassen mit anpassen.

Nachteilig wirkt sich aus, dass ein Klassenadapter nicht zur automatischen Anpassung von Unterklassen verwendet werden kann.

Akteure

Der Dienst bietet wiederzuverwendende Dienstleistungen mit fest definierter Schnittstelle an. Der Klient nutzt Dienste über inkompatible Schnittstelle und greift dabei auf adaptierte Schnittstelle zurück. Das Ziel definiert die Schnittstelle, die der Klient nutzen kann. Der Adapter adaptiert die Schnittstelle des Dienstes auf die Schnittstelle zum Klienten.

Beispiel

Der Zugriff der Elemente einer grafischen Benutzeroberfläche auf das dahinterliegende Modell kann über Adapter mit Delegation gesteuert werden. So kann beispielsweise eine Checkbox sowohl einen gepufferten Boolean-Wert als auch das unmittelbare Ergebnis einer Bedingung anzeigen. Dieses Muster wird unter anderem von Visualworks Smalltalk intensiv genutzt.

Verwandte Entwurfsmuster

Brücke und Adapter sind sich ähnlich. Die Brücke ist jedoch eine gezielte Designentscheidung zur Trennung einer Schnittstelle von ihrer Implementierung, während der Adapter einer nachträglichen Anpassung einer Schnittstelle an eine andere dient.

Fassade und Adapter sind eine Form der Hüllenklasse. Die Fassade verbirgt allerdings den Funktionsumfang einer Bibliothek ganz oder teilweise, während der Adapter nur die Schnittstelle verändert.

Einzelnachweise

  1. Generic Programming without Generics from JAVA5 (PDF, ≈ 33 KB, siehe auch Google-Text-Version) – Dokument beim Departement Informatik; Stand: 10. Juli 2011
  2. private inheritance

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