Adolf-Henning Frucht

Adolf-Henning Frucht

Adolf-Henning Frucht (* 2. September 1913 in Torgau; † 22. Oktober 1993 in Berlin) war ein deutscher Arzt und Physiologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Adolf-Henning Frucht war ein Ururenkel des Chemikers Justus von Liebig und ein Enkel des Theologen Adolf von Harnack, der die Stelle des im Ersten Weltkrieg gefallenen Vaters Ernst Emil Frucht von Adolf-Henning Frucht annahm.

Adolf-Henning Frucht studierte Medizin an den Universitäten Leipzig, Jena und Cincinnati. 1939 wurde er mit der Arbeit „Zur Physiologie des Blasinstrumentespiels“ in Leipzig promoviert.

In der Zeit des Nationalsozialismus unterstützte er seinen Onkel Ernst von Harnack im Goerdeler-Kreis und den Cousin seiner Mutter Arvid Harnack im Schulze-Boysen/Harnack-Kreis beim Widerstand gegen den Nationalsozialismus, beendete die Verbindungen jedoch nach kurzer Zeit, da er diese Tätigkeit für „zu selbstmörderisch und leichtsinnig“ hielt. Im Zweiten Weltkrieg war er als Truppenarzt eingesetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er zunächst Amtsarzt in Dippoldiswalde, arbeitete danach in der Hauptabteilung Gesundheitswesen der Landesregierung Sachsen und wurde 1948 Dozent am Physiologischen Institut der Universität Leipzig. 1953 erlangte er mit einer Arbeit zur Ultraschalldiagnostik die Habilitation.

1960 wurde Frucht als Professor für Physiologie an die Humboldt-Universität zu Berlin berufen und übernahm die Leitung des Instituts für Arbeitsphysiologie. In dieser Funktion erhielt er Kenntnis von Plänen der Sowjetunion zur Modifikation eines amerikanischen Kampfstoffes, die das westliche Frühwarnsystem für mindestens zwölf Stunden ausschalten und angeblich auch bei großer Kälte wirken konnte. Über diese Pläne informierte er durch familiäre Verbindungen den amerikanischen Geheimdienst. Nach einem Verrat wurde Frucht 1967 verhaftet und in der Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen inhaftiert. 1968 wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt und in die Justizvollzugsanstalt Bautzen II verbracht.

Frucht wurde 1976 von der DDR zunächst zum Agentenaustausch gegen das Ehepaar Günter und Christel Guillaume vorgeschlagen,[1] was jedoch nicht akzeptiert wurde. 1977 wurde er auf Vorschlag seines Anwaltes Wolfgang Vogel gegen den Stellvertretenden Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chiles Jorge Montes ausgetauscht.[2]

Nach seiner Entlassung lebte Frucht in West-Berlin. Er beschäftigte sich mit Fragen der wissenschaftlichen Moral und leistete unter anderem Beiträge zur Fritz-Haber-Forschung.

Adolf-Henning Frucht war in zweiter Ehe mit Maria Frucht verheiratet.

Publikationen

  • Zur Physiologie des Blasinstrumentenspiels. Dissertation. In: Pflügers Archiv für die gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere. Band 239, Heft 4. Springer, Berlin 1940, ISSN 0365-267x, S. 419–429.
  • Ultraschalldiagnostik. Die Anwendung hochfrequenter mechanischer Schwingungen als objektschonende Methode zur Erkennung von Materieeigenschaften in der Biologie. Habilitationsschrift. Medizinische Fakultät der Universität Leipzig 1953.
  • Die Grenzen der menschlichen Leistungsfähigkeit im Sport. Akademie-Verlag, Berlin 1960.
  • Fritz Haber und die Schädlingsbekämpfung während des 1. Weltkrieges und in der Inflationszeit. Vortragsmanuskript 1985. Veröffentlicht in: Eckart Henning (Hrsg.): Dahlemer Archivgespräche. Band 11. Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin 2005, ISSN 1431-6641, S. 141–158.
  • Adolf-Henning Frucht, Joachim Zepelin: Die Tragik der verschmähten Liebe. Die Geschichte des deutsch-jüdischen Physikochemikers und preußischen Patrioten Fritz Haber. In: Mannheimer Forum 1994/95. Piper, München 1995, ISSN 0177-5049.

Literatur

Film

  • Giftgas für Alaska. Der Fall Adolf-Henning Frucht. Autor: Helmut Wonschick, Regie: Reinhard Joksch. NDR, ARTE, 2004, 52 min. Auszug

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Giftgas für Alaska bei ARTE, 23. September 2007
  2. Anwalt Vogel plante Tausch der Störenfriede, Berliner Zeitung 7. November 1994

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