Fanny Angelina Hesse

Fanny Angelina Hesse

Fanny Angelina Hesse, geb. Eilshemius, (* 22. Juni 1850 in New York; † 1. Dezember 1934 in Dresden) war die Erfinderin der Nutzung von Agar-Agar als Geliermittel von Bakterienkulturmedien.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Fanny Angelina Hesse wurde 1850 in New York geboren. Ihr Vater Henry (Hinrich) Gottfried Eilshemius war 1842 aus Deutschland in die USA ausgewandert, ihre Mutter Cecile Elise war eine Tochter des Schweizer Malers Leopold Robert. 1872 bereiste Fanny Angelina Eilshemius mit ihrer Familie Europa. In Dresden begegnete sie dem jungen Arzt Walther Hesse, der damals Assistenzarzt in Pirna, Sachsen, war und den sie schon in den USA kennengelernt hatte. Am 16. Mai 1874 heiratete sie Walther Hesse in Genf. Das Ehepaar lebte danach unter anderem in Zittau, wo Walther Hesse als Arzt praktizierte und mehr als 10 Jahre in Schwarzenberg, Sachsen, wo Walther Hesse ab 1877 Bezirksarzt war. 1890 zogen die Hesses nach Dresden-Strehlen, weil Walther Hesse Bezirksarzt in Dresden wurde. Walther Hesse starb 1911. 1934 starb Fanny Angelina Hesse. Trotz ihrer bahnbrechenden Erfindung blieb sie weitgehend unbekannt.

Angelina und Walther Hesse hatten drei Söhne, darunter Friedrich Henry (1875–1960, Chefarzt des Waldsanatoriums Dresden-Blasewitz) und Gustav (1876–1945, Direktor der Universitätszahnklinik Jena).

Agar-Agar als Geliermittel für Bakterienkulturmedien

Hintergründe

In der Frühzeit der Bakteriologie wurden Flüssigkeiten, beispielsweise Fleischbrühe, als Bakterienkulturmedien benutzt. Das Problem bei Flüssigkulturen ist, dass verschiedene Bakterien darin eng beieinander gemischt vorliegen und sich nur schwer trennen lassen. Somit ist es schwierig, Reinkulturen von Bakterien herzustellen. Daher suchte man nach festen Kulturmedien und benutzte Kartoffeln, koaguliertes Eiweiß, Stärkebrei und Fleisch. Darauf wachsen Bakterien bei richtiger Beimpfung in getrennten Kolonien, jedoch ist es schwierig, die Bakterien zuverlässig so darauf zu verteilen, dass Kolonien aus einzelnen Bakterien-Individuen entstehen. Außerdem ist es schwierig, farblose Bakterienkulturen darauf zu erkennen. Robert Koch begann nach einem geeigneten Medium zu forschen, und er experimentierte mit Gelatine-Gelen, die er mit verschiedenen Stoffen versetzte. Gelatine wurde zu dieser Zeit bereits in der Mykologie als Kulturmedium oder als Geliermittel für Kulturmedien benutzt. Gelatine hat jedoch zwei entscheidende Nachteile: Zum einen wird sie von bestimmten Bakterien zersetzt und damit verflüssigt, zum anderen schmilzt sie bei der Inkubationstemperatur von 37 °C, welche für viele humanpathogene Bakterien erforderlich ist. Die Entdeckung von Agar-Agar als Geliermittel für Kulturmedien vermied diese beiden Probleme und dadurch wurden viele weitere Entdeckungen in der Bakteriologie erst möglich. Noch heute wird Agar-Agar in der Bakteriologie verwendet.

Umstände der Entdeckung

Walther Hesse wurde im Winter 1881–82 wissenschaftlicher Mitarbeiter von Robert Koch im Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin, wo er sich mit der damals neuen Wissenschaft Bakteriologie beschäftigte. Dabei erforschte er den Bakteriengehalt der Luft. Nach einem halben Jahr in Berlin kehrte er nach Schwarzenberg zurück, wo er zu Hause in einem eigenen kleinen Labor weiterforschte. In diesem Labor war seine Ehefrau Fanny Angelina Hesse, genannt Lina, als Technikerin und Zeichnerin tätig. Walther Hesse benutzte wie damals üblich für seine Studien als Kulturmedium Gelatine mit all ihren Nachteilen. Fanny Angelina Hesse schlug vor, Agar-Agar zum Gelieren der Kulturmedien zu benutzen, welches sie zur Zubereitung von Speisen benutzte. Sie hatte von ihrer Mutter ein Rezept für Fruchtgelee und Gemüsesülze mit Agar-Agar erhalten, welches diese wiederum von niederländischen Bekannten, die auf Java gelebt hatten, erhalten hatte. Agar-Agar eignete sich hervorragend für Kulturmedien, und Walther Hesse setzte Robert Koch umgehend über die Entdeckung seiner Ehefrau in Kenntnis. 1882 informierte Robert Koch die Öffentlichkeit über die Isolierung des Erregers der Tuberkulose und dabei erwähnte er auch erstmalig die Benutzung von Agar-Agar für Kulturmedien, jedoch nicht die Erfinderin.

Quellen

  • Wolfgang Hesse: Walther and Angelina Hesse – Early Contributors to Bacteriology. (vom Deutschen ins Englische übersetzt von Dieter H. M. Gröschel) In: ASM News. Bd. 58, Nr. 8, 1992, S. 425–428. PDF (Bem.: Wolfgang Hesse ist Enkel von Fanny Angelina und Walther Hesse.)
  • Arthur Parker Hitchens, Morris C. Leikind: The Introduction of Agar-Agar into Bacteriology. In: Journal of Bacteriology. Bd. 37, Nr. 5, 1939, S. 485–493. PMID 16560221 PDF
  • Lebenslauf von Walther Hesse im Biographischen Lexikon der Oberlausitz

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