Gewaltlosigkeit

Gewaltlosigkeit

Gewaltlosigkeit oder Gewaltfreiheit ist ein Prinzip, das Gewalt ablehnt und zu überwinden sucht.

Terminologisch wird gelegentlich zwischen gewaltlos (situativer Gewaltverzicht) und gewaltfrei (prinzipieller Gewaltverzicht) unterschieden.

Gewaltfreiheit geht davon aus, dass Gewalt oder deren Androhung Probleme nicht lösen, Ungerechtigkeit und Unterdrückung nicht beseitigen kann.

Gewaltlosigkeit wurde bereits von einigen Religionsstiftern des Altertums gefordert, beispielsweise von Siddhartha Gautama, Mahavira und Jesus von Nazaret. In der Neuzeit gilt der Inder Mahatma Gandhi als „Apostel der Gewaltlosigkeit“ und Pazifist schlechthin. Bei Gandhi hatte der Begriff der Gewaltlosigkeit aber eine andere Bedeutung, als man ihn heutzutage in Rückbezug auf Gandhi versteht. Ihm ging es um das Prinzip des Satyagraha, übersetzbar mit dem Begriff "Gütekraft", d.h. Festhalten an der Kraft der Wahrheit und der Liebe. Diese Kraft könne jeder einzelne besitzen und benutzen. Gandhis Idee ist: „Jede und jeder soll unabhängig davon, was irgend eine andere Person tut, damit beginnen gut zu sein; dann wird die Güte des einen zurückgestrahlt im andern.“

Begründend schreibt er:

"Die Grundbedeutung von Gewaltfreiheit ist Festhalten an der Wahrheit, Kraft der Wahrheit (Satyagraha). [...] Bei der Anwendung von Gewaltfreiheit entdeckte ich schon sehr früh, dass die Wahrheitssuche es nicht erlaubt, dem Gegner Gewalt anzutun. Er muss vielmehr durch Geduld und Mitgefühl von seinem Irrtum abgebracht werden."

Oft wird in diesem Zusammenhang auch der Begriff ahimsa gebraucht, der aus den Upanishaden stammt und von Gandhi aufgegriffen wurde. Ahimsa umfasst mehr als nur gewaltlosen Widerstand oder gewaltfreie Aktion. Ahimsa bezeichnet eine Lebens- und Geisteshaltung, die grundsätzlich eine Schädigung und Verletzung von Lebewesen aller Art vermeidet. Dazu gehören nach Gandhi auch negative Gedanken, Lüge, Hass und übermäßige Eile. Durch Leidensfähigkeit, Geduld und andauerndes Bemühen lernt der Mensch mit sich selbst und anderen in Frieden zu leben.

Ein häufiges Missverständnis von Gewaltlosigkeit ist die Gleichsetzung mit Wehrlosigkeit, Passivität und Tatenlosigkeit. Konflikte sollen aber nicht vermieden, sondern durch gewaltfreien Widerstand geregelt werden. Wesentliches Element der Erziehung zur Gewaltfreiheit ist ferner das Erlernen von Methoden der friedlichen Konfliktbearbeitung.

Der Eröffnungstag der ordentlichen Tagung der UNO-Generalversammlung wurde seit 1981 offiziell als Internationaler Friedenstag gefeiert. Am 7. September 2001 beschloss die Generalversammlung in ihrer Resolution 55/282, den Weltfriedenstag jedes Jahr am 21. September als einen "Tag der Gewaltlosigkeit" und der weltweiten Waffenruhe zu würdigen.

Dieses Datum ist eine Aufforderung an alle Nationen und Menschen, jegliche Feindseligkeiten an diesem Tag einzustellen. Auch die Waffen sollten an diesem Tag niedergelegt werden, um ohne Angst vor unmittelbarer Zerstörung humanitäre Hilfe leisten, Zivilisten aus umkämpften Gebieten bringen und Schutzräume errichten zu können.

Andere Vorschläge für den „Tag der Gewaltlosigkeit” sind z. B. der 2. Oktober, das Geburtsdatum Mahatma Gandhis (1869), bzw. der 9. Oktober. An diesem Tag gelang es 1989 den Leipzigern mit einer friedlichen Massendemonstration erstmalig, die SED-Machthaber an der Gewaltanwendung zu hindern.

Mit dem Thema Gewaltlosigkeit beschäftigten sich unter anderem Joan Baez, Theodor Ebert, Mahatma Gandhi, Mario Rodríguez Cobos, Hildegard Goss-Mayr, Martin Luther King, Aung San Suu Kyi, Albert John Luthuli, Bertha von Suttner, Henry David Thoreau, Leo Tolstoj und Lanza del Vasto.

Verwandte Themen

Literatur

  • Günther Gugel: Wir werden nicht weichen. Erfahrungen mit Gewaltfreiheit. Eine praxisorientierte Einführung. 3. Auflage. Institut für Friedenspädagogik, Tübingen 2003, ISBN 3-922833-97-7 (mit ausführlicher Bibliographie)

Weblinks


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