Glasnost

Glasnost

Glasnost (russisch гласность anhören?/i „Offenheit, Redefreiheit, Informationsfreiheit“) bezeichnet als Schlagwort die nach seinem Amtsantritt (März 1985) von Generalsekretär Michail Gorbatschow in der Sowjetunion eingeleitete Politik einer größeren Transparenz und Offenheit der Staatsführung gegenüber der Bevölkerung.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Michail Gorbatschow 1987

Im März 1985 erklärte Gorbatschow erstmals, dass es notwendig sei, in der Sowjetunion große gesellschaftliche Veränderungen herbei zu führen. Im April-Plenum des Zentralkomitees vertiefte am 23. April 1985 Gorbatschow in seinem Referat „Über die Einberufung des ordentlichen XXVII. Parteitages der KPdSU …“ die erforderliche „Vertiefung der sozialistischen Demokratie und der Selbstverwaltung des Volkes.“ Das April-Plenum war ein erster Durchbruch der neuen Politik. Im Mai 1986 sprach Gorbatschow die Reformen im Smolny in Leningrad an und erste Andeutungen fanden sich nun auch in der westlichen Presse.

Auf dem XXVII. Parteitag der KPdSU führte am 25. Februar 1986 Gorbatschow in seinem Grundsatzreferat erstmals den Begriff Glasnost ein mit den Worten:

„Ohne Glasnost gibt es keine Demokratie, und es kann sie auch nicht geben … Es kommt darauf an Glasnost zu einem störungsfrei funktionierenden System werden zu lassen. Man braucht Glasnost im Zentrum, aber eben so sehr, ja vielleicht sogar noch mehr an der Basis, dort, wo der Mensch lebt und arbeitet.[1]

Gorbatschow leitete damit eine Lockerung der Haltung zur Rede-, Meinungs- und Pressefreiheit im Lande ein.

Im Westen wurde, vermutlich aufgrund des im Deutschen und Englischen bekannten Glas, der Begriff häufig als Transparenz interpretiert. Tatsächlich stammt Glasnost vom kirchenslawischen Wort glas (russ. голос/golos) ab, was „Stimme“ bedeutet und „die offene und umfassende Information über gesellschaftlich bedeutsame Aktivitäten und die Möglichkeit ihrer freien und eingehenden Erörterung“[2] bezeichnet. Es beinhaltet somit auch das demokratische Prinzip der Meinungsfreiheit. Entsprechend gebrauchte Gorbatschow den Begriff auf dem Parteitag. Der Begriff Glasnost wurde auch im 19. Jahrhundert von Reformzar Alexander II. verwandt, der damit die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen eingeführt hatte.

Gorbatschow beabsichtigte, mit Hilfe von Glasnost eine kritische öffentliche Diskussion über die krisenhafte sowjetische Wirtschaft auszulösen und so eine große Akzeptanz für die 1987 eingeführte Reformpolitik der Perestroika zu schaffen.

Auswirkungen

Glasnost ermöglichte den Medien eine kritische Berichterstattung über politische und gesellschaftliche Ereignisse. Die scharfen Debatten im Volksdeputiertenkongress übertrug das Fernsehen live und führte zu Entrüstung in der Öffentlichkeit angesichts der veröffentlichten Wahrheit über die wahre Situation des Landes oder gefälschter Produktionsstatistiken. Im Gewitter endlich angstfreier Diskussionen ging das alte Regime später unter. Des Weiteren wurden ehemalige Regimekritiker, wie etwa der Physiker Andrei Sacharow, aus den Gefängnissen freigelassen oder ihre Verbannung aus der Sowjetunion aufgehoben. Friedliche Demonstrationen ohne ein restriktives Eingreifen der Polizei wurden möglich. Die Kirchen, die zuvor von dem atheistischen Sowjetstaat bevormundet und unterdrückt wurden, waren wieder handlungsfrei.

So leistete Glasnost einen großen Beitrag zur Demokratisierung der Sowjetunion und des gesamten Ostblockes, die in ihrem Ausmaß und ihrer Entwicklung so nicht von Gorbatschow beabsichtigt war. Er wollte die Verhältnisse in der Sowjetunion durch Glasnost und Perestroika von festgefahrenen, stalinistischen Strukturen lösen, um mit einer verbesserten Politik unter anderem die desolate Wirtschaftslage in der Sowjetunion wieder zu verbessern. Gorbatschow beachtete jedoch nicht, dass die Stimmung im gesamten Ostblock bereits kippte und so wirkten die Reformen als Auslöser, der die sowjetische Vorherrschaft dort wanken und schließlich zusammenbrechen ließ.

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. Michail Gorbatschow: Erinnerungen; Seite 284, Siedlerverlag, Berlin 1995
  2. Bol'šoj tolkovyj slovar' russkogo âzyka, Sankt Petersburg, 2000: S. 208.

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Synonyme:

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