Grosskraftwerk Mannheim

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Das Grosskraftwerk Mannheim (Abkürzung GKM) ist ein aus fünf aktiven Blöcken bestehendes Steinkohlekraftwerk in Mannheim-Neckarau. Das Kraftwerk wird in Form einer Aktiengesellschaft betrieben; die Aktien der Grosskraftwerk Mannheim AG verteilen sich mittelbar auf die drei Eigner RWE (40 Prozent), EnBW (32 Prozent) und MVV Energie (28 Prozent).

Inhaltsverzeichnis

Kraftwerk

GKM von der linken Rheinseite aus gesehen, Blöcke 6 bis 3
Blöcke 8 und 7
Baustelle des im Bau befindlichen Blocks 9
In Bau befindlicher Kamin vom Block 9

Das Kraftwerk besteht aus dem rheinabwärts liegenden Werk II mit den Blöcken 1-6 und den beiden neueren Blöcken 7 und 8. Die Kessel 11 und 12 von Block 1 sowie Kessel 13 des Blocks 2 sowie die zugehörigen Vorschaltmaschinen F und G wurden 1993 stillgelegt und die Kamine später entfernt. Die sogenannten Nachschaltmaschinen 11 bis 13 (Turbosätze, die auf einer durch das gesamte Kraftwerk laufenden 20 bar-Heißdampfschiene hängen) sowie die Bahnstrommaschine EB3 sind nach wie vor in Betrieb. Die Blöcke 3, 4, 6 (nach Umrüstung 2006 von Öl/Gas), 7 und 8 werden mit Steinkohle befeuert und liefern eine elektrische Leistung von 1675 Megawatt, davon 190 Megawatt als Bahnstrom (Block 3 dient seit 2006 als Reserve). Die Blöcke 1, 2 und 5 mit 715 MW wurden stillgelegt. 2007 genehmigte der Aufsichtsrat des Großkraftwerks den Bau eines neuen Blocks 9. Die geplante Leistung soll rund 900 Megawatt betragen. Der Neubau ist mit 1,2 Milliarden Euro geplant, die Inbetriebnahme soll 2013/14 erfolgen. Der noch in Betrieb befindliche Block 4 (220 Megawatt) soll dann abgeschaltet werden. Von Umweltschützern wird das Vorhaben trotz der Wirkungsgradsteigerung auf 46 % im reinen Kondensationsbetrieb (d. h. reine Stromerzeugung ohne Fernwärmeauskopplung) gegenüber den stillzulegenden Blöcken kritisiert, da zusätzliche Emissionen von Kohlendioxid zu erwarten seien [1]. Der Versuch, durch ein Bürgerbegehren den Bau zu stoppen, misslang, da bis zum Ablauf der Frist am 6. August 2008 nur etwa 16.500 der 20.000 benötigten Unterschriften zustande kamen.

Die Bundesnetzagentur hat Ende August 2011 Planungen veröffentlicht, die die Nutzung des Reserveblocks 3 (220 Megawatt) zur Bereitstellung von Reserveleistung zur Sicherung der Netzstabilität vorsehen. [2] Durch die Neuregelung des Atomgesetzes und den beschlossenen Kernkraftausstieg wird es laut Bundesnetzagentur nötig, ein solches Reservekraftwerk dauerhaft bereitzustellen.

Ein Teil der Abwärme des Grosskraftwerk Mannheim dient zur Versorgung von Mannheim und den umliegenden Gemeinden (bis nach Heidelberg und Speyer[3]) mit Fernwärme, wobei zum Teil oberirdisch verlegte Rohre zum Einsatz kommen. Zusätzlich beliefert das GKM auch Industriebetriebe mit Ferndampf. Auf diese Weise wird mit dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung der eingesetzte Brennstoff insgesamt im Jahresdurchschnitt 2007 zu 47 Prozent ausgenutzt. In den Wintermonaten erreicht das Werk stets Nutzungsgrade über 52 % (Jahre 2000-2008). Im Zuge des Neubaublocks wurde 2010 eine Fernwärmeleitung nach Speyer gebaut, so dass dort das alte städtische Fernheizwerk stillgelegt werden kann. Somit ist verbesserte Ausnutzung des Brennstoffes zu erwarten.

Die Kamine der Blöcke 7 und 8 sind mit 200 Metern Höhe das zweithöchste Bauwerk in Mannheim, nach dem Mannheimer Fernmeldeturm. Der Kamin des in Bau befindlichen Blocks 9 ist 180 Meter hoch.

Geschichte

Oberirdische Fernwärme-Leitung über B 36 in Mannheim-Rheinau.

Das Grosskraftwerk Mannheim wurde 1921 von den Pfalzwerken, der Stadt Mannheim, der Badischen Landeselektrizitätsversorgung (später Badenwerk, heute EnBW) und der Neckar AG gegründet. 1923 gingen die ersten Kessel in Betrieb. Gründungsdirektor und bis 1952 Vorsitzender war Fritz Marguerre. Er baute mit den Kesseln 1 und 2 im Werk 1 (später Marguerre-Werk genannt) erstmals ein Hochdruckheißdampfkraftwerk, das mit Frischdampf von etwa 100 bar und 420 Grad Celsius arbeitete.

Der Frischdampf wurde zuerst auf eine Vorschaltturbine geleitet, danach (mit etwa 20 bar) wieder zwischenüberhitzt und auf eine der schon bestehenden Niederdruckturbinen aus dem alten 20-bar-Werk geleitet. Mit dieser Maßnahme konnte Marguerre den Wirkungsgrad des Kraftwerks deutlich erhöhen. Weitere Wirkungsgradverbesserungen wollte er durch die Einführung der doppelten Zwischenüberhitzung und einer weitgehenden Nutzung der verschiedenen Dampfdrücke und -temperaturen durch vielfache Anzapfungen an den Turbinen (zum Beispiel zum Antrieb von Pumpen oder Verdampfern) erreichen. Viele dieser Maßnahmen konnte er bereits im Werk 1 umsetzen: So wurden schon in den dreißiger Jahren benachbarte Industrieunternehmen mit Ferndampf, nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung, versorgt. Die doppelte Zwischenüberhitzung konnte er aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg mit Block 1 (Kessel 11 und 12) in neuen Werk II realisieren und erreichte mit 38,2 % Wirkungsgrad einen damaligen Rekordwert unter den Kondensationskraftwerken.

Im Dritten Reich wurde mit dem Bunkerwerk Werk Fritz ein komplettes Kraftwerk mit Kessel und Turbosatz unter einen Kohlenhaufen gebaut, um es vor Luftangriffen zu schützen. Dieser Bunkerbau ist heute noch zwischen Block 8 und Werk II von Rhein aus zu sehen. Nach dem Krieg demontierte die französische Besatzungsmacht das Werk. Die Wiedermontage scheiterte, so dass das Werk Fritz nie mehr in Betrieb ging.

1953 wurden erstmals mehr als eine Milliarde Kilowattstunden Strom abgegeben. Ab 1955 wurde auch Bahnstrom erzeugt. Dazu wurde im neuen Werk II jeweils an den Drei-Phasen-Generator der beiden 20-bar-Kondensationsmaschinen M11 und M12 (3.000 Umdrehungen pro Minute) eine Voith-Marguerre-Kupplung mit Getriebe angebaut. Darüber wurde dann ein Einphasenbahngenerator mit 1.000 Umdrehungen pro Minute angetrieben. Über die Kupplung konnte der Leistungsanteil der Turbine, der als Einphasenstrom abgegeben werden sollte, verstellt werden. 1959 begann die Versorgung Mannheims mit Heißwasser-Fernwärme aus Nutzung der Abwärme.

Nach stetiger Vergrößerung des Werkes kamen in den 1980ern erstmals Rauchgasentschwefelungsanlagen zum Einsatz. Dabei wurde im Block 7 das sogenannte Walther-Verfahren zur Entschwefelung erstmals großtechnisch eingesetzt, bei dem mittels Ammoniak anstelle von Kalkmilch entschwefelt wird. Anstatt Gips bildet sich dabei das als Düngemittel verwendbare Ammoniumsulfat. Aufgrund verschiedener verfahrenstechnischer Schwierigkeiten, die durch die Herstellerfirma nicht fristgerecht beseitigt wurden, wurde die Walther-Anlage durch eine konventionelle Kalkmilch-Entschwefelung ersetzt.

Die Liberalisierung des Strommarktes in Deutschland erzwang in den 1990ern drastische Kosteneinsparungen und einen erheblichen Abbau der einst 1.600 Arbeitsplätze auf heute weniger als die Hälfte. Dies wurde unter anderem durch erhebliche Reduktion des Werkstattpersonals erreicht.

Kennzahlen

Geschäftsjahr 2008
Umsatz in Millionen Euro [4] 502,9
– davon Strom 460,1
– davon Fernwärme 38,0
– davon Dienstleistungen 4,8
Überschuss 6,6
Mitarbeiter 578

2006 wurden 7,7 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen. Damit war das Grosskraftwerk auf Platz 10 der deutschen Emittenten. Mit 840 Gramm pro Kilowattstunde war dies der zweitbeste Wirkungsgrad der 30 größten öffentlichen Kohlekraftwerke in Deutschland.[5]

Einzelnachweise

  1. Mannheimer Morgen vom 15. Dezember 2007
  2. http://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/BNetzA/Presse/Berichte/2011/BerichtNotwResKKW31August2011pdf.pdf?__blob=publicationFile
  3. http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=7040798/1gru7nz/index.html
  4. Geschäftsbericht 2008
  5. Vergleich des WWF

Weblinks

 Commons: Grosskraftwerk Mannheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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